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Tagebuch November 2023

1. November 2023


An diesem Feiertag brachte eine Cousine meiner Frau ein Kinderbett für den Nachwuchs unserer Tochter. Es war ein Gitterbett von IKEA, das noch quasi unbenutzt war, aber dennoch ein paar wenige Macken hatte. Vorab hatte die Cousine geäußert, ein Zerlegen sei nicht möglich, was aus einem Misstrauen gegenüber IKEA-Möbeln resultierte. So brachte der Lebensgefährte der Cousine das Bett zusammengebaut in einem Kastenwagen bei uns vorbei, und hochkant schleppten wir das Bett durch das Treppenhaus in das frisch tapezierte Kinderzimmer. Dort fand ebenso ein Maxi Cosi mit einem Aufsatz für den Kinderwagen Platz. Die beiden hatten sich gegen elf Uhr angekündigt, aber deutlich früher, kurz nach zehn Uhr, fuhr bereits der Kastenwagen vor unsere Garagenzufahrt. Mit der angekündigten Uhrzeit elf Uhr hatten wir Brötchen besorgt und eine demensprechende Menge an Wurst, damit die beiden bei uns frühstücken konnten, doch sie winkten ab. Sie mussten weiterfahren und bei Bekannten in Brühl ein weiteres Möbelstück abliefern. So durften wir alleine die größere Anzahl Brötchen essen, sie tranken aber eine Tasse Kaffee mit. Beim Kaffeetrinken händigten sie uns weitere Ausstattung für das Baby aus. Die Cousine hatte Söckchen genäht, die putzig und süß und hübsch aussahen. Zwei hübsche Strampler hatte sie ebenso mitgebracht, dazu fand sich in einer Papiertüte eine größere Menge Pempers in der kleinsten Größe wieder. Mützchen hatte sie ebenso in einer größeren Menge mitgebracht. Wie kalt musste es noch werden, damit das Baby so viele Mützchen tragen würde ! Nachdem die beiden uns verlassen hatten, drehten sich bei uns die Gespräche weiter um das Baby. Meine Frau stöberte in Ebay und in den Kleinanzeigen nach einem Stubenwagen. In Wesseling wäre ein Stubenwagen für 35 Euro zu haben gewesen, doch unsere Tochter zögerte. Wozu überhaupt ein Stubenwagen ?


2. November 2023


Lost Place auf der Wanderung nach Maria Laach. Auf freiem Feld, über der Abbruchkante eines Steinbruchs, erstreckt sich die Ruine unmittelbar neben dem Wanderweg. Dabei ist die Abfolge von Ruine, Wanderweg und Steinbruch, wo Bagger noch herum werkeln, surreal. In einem düsteren Grau ist all der Beton in Quader hinein gepresst, der den Gebäudekörper ohne Fenster umfasst. Auf einer Hinweistafel kann ich nachlesen, dass die Entstehungszeit in die Übergangszeit von den 1920er-Jahren in die nationalsozialistische Zeit fällt. Der Abtei Maria Laach angehörend, sollte ein Schullandheim gebaut werden, das die Schulformen der Realschule und des Gymnasiums integrieren sollte, indem die Trennlinien nicht scharf gezogen waren. Sozusagen der Vorläufer einer Gesamtschule, aber ohne die Hauptschule/Volksschule. Das Unterrichtsideal sollte ein ganzheitliches, christliches Menschenbild sein, so nachzulesen in einer Schrift zur Schuleröffnung mit dem Titel „Die Heimschule“. 1927 wurde der Schulbetrieb aufgenommen, bis 14 Klassen mit jeweils 11 Schülern unterrichtet wurden. Bereits in der Weltwirtschaftskrise fehlte das Geld für den weiteren Ausbau, dann kamen die Nationalsozialisten. Denen passte diese Schulform nicht in ihre Bildungskonzeption, so dass sie Gelder strichen. 1934/1935 wurde der Unterricht dort eingestellt. Fortan dienten die Gebäude als Heimstätte für Mädchen, die dort ihr Landjahr absolvierten. Mit Kriegsbeginn 1939 wurde das Gebäude militärisch genutzt. Als höchste Stelle dem Ahrgebirge vorgelagert, wurden hier Abschussrampen für V1-Raketen installiert, von denen sich nichts erhalten hat. Nach Kriegsende erfuhr das leer stehende Gebäude weder eine zivile, noch eine militärische Nutzung. Es verfiel zusehends, umgekehrt konnte sich aber niemand entschließen, es abzureißen. Um tiefer hinein zu schauen, dazu fehlte mir die Zeit. Das Gebäude beeindruckt aber in seiner Eigenschaft als „Lost Place“. Einzigartig dürfte der Typ eines ehemaligen Schulgebäudes aus den 1930er-Jahren sein, da viele Lost Places an anderen Orten Industrieanlagen umfassen. Die Steine scheinen wieder lebendig zu werden, die Natur hat an Raum zurück gewonnen, der Zerfall hat die Regelmäßigkeit der Fassade aufgelockert. Alles in allem ein höchst interessanter Ort jenseits der Zivilisation an einem Wanderweg, fernab der Besiedlung.

3. November 2023


Abends fand im großen Veranstaltungssaal am Marktplatz in unserem Ort eine sogenannte Wahlkampfarena statt, wozu sich die drei Bürgermeisterkandidaten Fragen stellten. Am 26. November sollte die Bürgermeisterwahl durchgeführt werden, die erforderlich war, weil der jetzige Bürgermeister aus gesundheitlichen Gründen zurück getreten war. Drei Kandidaten traten zur Wahl an, davon einer von der SPD, einer von der CDU und ein parteiloser Kandidat, und der Kabarettist Christoph Brüske moderierte die Diskussion und hatte eine Auswahl von Fragen vorformuliert. Die Wahlkampfveranstaltung war höchst informativ, obschon der Saal aus allen Nähten platzte und wir uns im Stehen quetschen mussten. Sachlich und konstruktiv ging es in den Diskussionen her, parteienübergreifend gab es mal einen Konsens, mal abweichende Meinungen, und für den parteilosen Kandidaten, ein Unternehmer aus der IT-Branche, waren die meisten Themen Neuland, weil er in die aktuellen Diskussionen nicht involviert war. Ganz oben auf der Themenliste stand die hohe Verschuldung der Stadt und das Haushaltssicherungskonzept, womit in zehn Jahren der Haushalt wieder ausgeglichen werden sollte. Vor der Höhe der Verbindlichkeiten von 89 Millionen Euro erschrak ich, davon umfassten alleine 70 Millionen Euro die Tilgung dieser Verbindlichkeiten. Aus dieser Verschuldung entwickelten sich die Themenfelder Schulen und Kindergärten. Der Schulbau des Gymnasiums und der Realschule war in die Jahre gekommen, zuletzt hatte es einen Überschwemmungsschaden gegeben, der Sanierungsbedarf war sehr hoch. So hatte man sich im Stadtrat für einen Neubau der beiden Schulen entschieden, dabei war von drei Varianten die teuerste ohne Containerbauten und mit einer eigenen Mensa ausgewählt worden. Über die Notwendigkeit, in die Bildung unserer Kinder zu investieren, gab es vom Prinzip her keinen Dissens. Es gab eine Vorgabe, dass Gesamtschulen eine eigene Mensa haben mussten, und bereits jetzt mussten Interessenten für die Gesamtschule abgewiesen werden, weil die Räumlichkeiten nicht ausreichten. Bei den Kindergärten gab es ebenso eine höhere Nachfrage als Plätze zur Verfügung standen. Dies habe man aber ausregeln können, zum einen, weil Personal gewonnen werden konnte, und zum anderen, weil Betreuungsplätze für eine 45 Stunden-Betreuung nur noch an Eltern vergeben wurden, die in Vollzeit tätig waren. Kosten in Höhe von 500.000 Euro waren zuletzt eingespart worden, da Verträge für Mitarbeiterinnen ausgelaufen waren, die selbst kochten. Das Mittagessen wurden nun von einem Catering-Unternehmen geliefert. Ein weiteres Diskussionsfeld bei Ausgaben und Haushaltssicherung war das Schwimmbad, das einen ähnlich hohen Sanierungsbedarf hatte wie die beiden Schulbauten. In die mittelfristige Finanzplanung war die Sanierung des Schwimmbades nicht mehr eingestellt worden, so dass das Hallenbad kurzfristig nur noch mit kleineren Sanierungen betrieben werden konnte. Dies fanden wir fragwürdig, da unsere Tochter dort in der Grundschule schwimmen gelernt hatte. Genau aus solchen Gründen, weil Hallenbäder geschlossen wurden, sanken die Schülerzahlen, die nicht schwimmen konnten. Dies führte dann – vielleicht – zu Badeunfällen im Rhein, weil Menschen ertranken, die nicht schwimmen konnte – so in diesem Jahr geschehen. Von Ausgaben und Haushaltssicherung ging die Diskussion über zu den Einnahmen, wovon die größten Positionen die Grundsteuer und die Gewerbesteuer waren. Dabei bot die Grundsteuer eine breite Angriffsfläche, weil zuletzt die Hebesätze um mehr als doppelte angehoben worden waren. Der Moderator rechnete für vier exemplarische Fälle vor, um welchen Euro-Betrag sich die Grundsteuer nach 2025 erhöhen würde. Diese Berechnungen wies der CDU-Kandidat allerdings vom Tisch, weil die Berechnungslogik sehr komplex war und in zwei Sachverhalte aufgelöst werden musste. Der erste Sachverhalt war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, wonach alle Immobilen neu zu bewerten waren – diese Bewertung war rund dreißig Jahre nicht angepasst worden. Bei diesem Sachverhalt wurde die Grundsteuer umverteilt, so dass neuere Immobilien zugunsten älterer Immobilien mehr zahlen müssten. Der zweite Sachverhalt war die Erhöhung der Hebesätze, wodurch sich bei allen Hausbesitzern die Grundsteuer erhöhen dürfte. Die Gewerbesteuer war das nächste Diskussionsfeld. Dort war interessant, dass der größte Arbeitgeber, die Evonik, mittlerweile verkauft worden war. Der neue Firmenbesitzer hatte seinen Firmensitz in unserer Stadt, so dass die Gewerbesteuer – wenn denn Gewinn erwirtschaftet würde – dem Haushalt der Stadt zugute kommen würde. Der CDU-Kandidat war ein Verfechter des Industriestandortes. Unter anderem wurden Produkte aus Quecksilber produziert, deren Produktion sehr energieaufwändig war. Die weitere Existenz hing von der aktuellen politischen Diskussion über einen Industriestrompreis ab. Frankreich bot etwa mit seinen Kernkraftwerken einen solchen günstigen Industriestrompreis an, hierzulande hatte sich die Debatte verflüchtigt, die der Wirtschaftsminister Habeck angestoßen hatte. Es wurde Wertschöpfung betrieben, so der CDU-Kandidat, zur Diskussion hätte ebenso gestanden, den Standort abzuwickeln, dort Logistikunternehmen anzusiedeln oder einfach nur Büroflächen dort zu bauen. Alle seien froh gewesen, dass der Standort erhalten worden sei. Alle Kandidaten sprachen von einem Potenzial an Gewerbeflächen, wobei einige Details interessant waren. So waren die Gewerbeflächen nacheinander zu erschließen und nicht punktuell. Direkt hinter der Autobahn A59, an der Stadtgrenze zu Troisdorf, lag zum Beispiel ein ausgewiesenes Gewerbegebiet. Der Landwirt hatte dort allerdings Rollrasen angepflanzt. Als Gewerbegebiet konnte dieses erst genutzt werden, wenn man dem Landwirt Ersatzflächen anbieten konnte. An neu gebauten Autobahnanschlussstellen konnte man sofort Gewerbegebiete ausweisen, was in sehr ferner Zukunft beim Neubau der Rheinspange, das war die Autobahn von Wesseling auf die Autobahn A59, der Fall sein könnte. Der parteilose Kandidat ging mit der etwas abgedrehten Idee ins Rennen, auf den Gewerbeflächen eine Biogasanlage zu bauen. Man diskutierte ergebnisoffen, man befand aber, dass die Rahmenbedingungen – wie etwa Größe oder Material, womit die Anlage zu betreiben sei - sehr zahlreich waren. Das große Diskussionsfeld Verkehr und Mobilität kam mit einem Zeitansatz von zehn Minuten leider zu kurz, weil zwei Stunden bereits diskutiert worden war und das Bedürfnis bestand, eine Pause zu machen. Mit einer These leitete der Moderator zu diesem Themenkomplex über. Wieso die Bürger so lange in ihrer Stadt verweilten, so fragte er. Weil man so schlecht heraus kommt, war die Antwort. Dies traf zu, denn zu vieles wurde in Projekten gedacht, wo die Phase von Planung und Ideenfindung unendlich lange dauerte, während nichts umgesetzt wurde. Drei Großprojekte befanden sich in der Denk- und Ideenfindungsphase: das war der Weiterbau der Umgehungsstraße, der Bau der Stadtbahn von Köln nach Bonn und die Rheinspange, eine neue Autobahnverbindung von der anderen Rheinseite an unserer Stadt vorbei zur Flughafenautobahn. Beim ersten Projekt sollte theoretisch im nächsten Jahr der Bau beginnen, verzögert hatte sich dies aufgrund einer Klage eines betroffenen Anwohners, wozu es aber eine ablehnende Gerichtsentscheidung gab. Die beiden anderen Großprojekte waren absolute Zukunftsmusik, wobei bei der Stadtbahn ein Baubeginn in den 2030er-Jahren anvisiert war. Gelder zur Planung waren jedenfalls in einer großen Größenordnung bereits bereitgestellt. Den Autobahnneubau bezeichnete der SPD-Kandidat im Kontext einer Verkehrswende als nicht mehr zeitgemäß. Heutzutage war große Wurf einer Verkehrsplanung schlichtweg nicht erkennbar, so dass viel Hickhack und Insellösungen betrieben wurden. Mit Einbahnstraßen habe man schlechte Erfahrungen gemacht, so in unserer Stadt, wo die Gegenspur zur Einbahnstraße effektiv zu weit entfernt läge. Die Frage einer Einbahnstraße in unserem Ort wurde gestellt, wo das Parken und der Verkehr einfach nur chaotisch waren. Auch dies wurde verneint wegen der schlechten Erfahrungen in unserer Nachbarstadt. Ich selbst hätte die Idee einer Fahrradstraße gehabt, ich äußerte die Idee aber nicht. Diskutiert wurde auch über Tempo 30-Geschwindigkeitsbeschränkungen, innerorts waren so 30 Stundenkilometer quasi zum Standard geworden. Der SPD-Kandidat erzählte anhand eines Zebrastreifens, wie wenig Handlungsmöglichkeiten man habe. Man müsse die Anzahl der Straßenquerungen durch Fußgänger nachweisen, diese Häufigkeiten seien vorgegeben und erst dann dürfe ein Zebrastreifen eingerichtet werden. In diesen zahn Minuten kam das Thema Verkehr und Mobilität effektiv zu kurz. Der CDU-Kandidat brüstete sich, dass in unserer Stadt Schnellbusse als Prototyp eingeführt worden seien, was mittlerweile ein gängiger und gut angenommener Standard des öffentlichen Personennahverkehrs sei, und dies über unser Stadtgebiet hinaus. Ein Wortbeitrag eines Bürgers belegte allerdings, wie wenig Ahnung der CDU-Kandidat hatte. Mit dem Schnellbus wollte er zur Universität fahren, ein Bus sei ausgefallen, so dass er länger als eine halbe Stunde warten musste. Dies könne nicht sein, meinte der CDU-Kandidat, da die Busse im Zehn-Minuten-Takt führen. Dies stimmte wiederum nicht, da der Zehn-Minuten-Takt nur zu Berufsverkehrszeiten galt. Ab halb neun bis gegen fünfzehn Uhr galt der Zwanzig-Minuten-Takt. Dass eine halbe Stunde Wartezeit (oder mehr) denkbar war, hatten wir selbst erlebt. Tagsüber war ein Schnellbus ausgefallen, wodurch ein Termin bei der Postbank im Hauptpostamt über den Haufen geschmissen worden war. Nach der Pause verließen wir die Wahlkampfarena mit ihren hoch interessanten Themen, zu denen wir einiges Neues erfuhren. Am nächsten Tag informieren wir uns in Youtube, wie denn die Diskussionen weiter gegangen waren.

4. November 2023


Wild aufgeschichtet zwischen den Treppenstufen, Schnipsel von Müll haben sich dazu gesellt, häuft sich das Herbstlaub unsystematisch an. Es ist Zeichen der Vergänglichkeit, dass pflanzliches Leben abstirbt und verrottet. Ein Kreislauf von Werden und Vergehen, der sich wiederholt, wenn im nächsten Frühjahr das Laub von Neuem sprießt. Der Herbst – die Jahreszeit des In-Sich-Kehrens und des Besinnens auf seine eigene Vergänglichkeit. Ich schätze mich glücklich, dass die Aktivitäten im Garten wegen der Dunkelheit begrenzt sind. Die Temperaturen sind erträglich geworden, wenngleich sie sich immer noch im zweistelligen Bereich bewegen, so dass die Menschen zeitweilig draußen sitzen und dort ihren Kaffee oder ein anderes Getränk genießen. Regen hat die Luft sauber gewaschen, Regen mit Unterbrechungen, so richtigem, ausdauernden Landregen folgte der Sonnenschein. Dann riss der Himmel nach einpeitschendem Regen plötzlich auf, und im Handumdrehen löste blauer, blank geputzter Himmel die trübe, regenverhangene Stimmung ab. Dann kamen die Stürme dazu. Der Wind fegte die Blätter hinweg, die sich in Nischen, Senken und im Windschatten von Gebäuden sammelten. Oder auf Treppenstufen. In solch einem Umfang, wie sich das Herbstlaub hier gesammelt hat, kommt die Straßenreinigung nicht nach. Abgetrocknet, sehen diese Haufen von Blättern sogar ungefährlich aus. Rutschgefahr scheint nicht zu bestehen, dennoch watete ich vorsichtig über die Stufen. Nach den Stürmen hat es sich beruhigt. Der Kreislauf von Gehen und Kommen hat die Treppenstufen längst wieder erfasst.   

5. November 2023


In der 44. Kalenderwoche habe ich mich – wieder einmal – über die Krankenkasse geärgert. Diese Ärgerei entsteht immer wieder, weil die Krankenkasse bei der Abrechnung als Privatpatient genau hinschaut, welche Leistungen mit welchen Steigerungssätzen mit wieviel Euro abzurechnen sind. Oft genug bleiben irgend welche Euro-Beträge an uns hängen, die wir selber zahlen müssen. So hatten zuletzt der Zahnarzt und die Kieferorthopädin bestimmte Leistungen oberhalb der höchst möglichen Steigerungssätze abgerechnet. Dadurch musste ich beim Zahnarzt 275 Euro und bei der Kieferorthopädin 110 Euro zuzahlen. Mit Ärzten in Preisverhandlungen zu treten, ist mir fremd. Anders stellt sich die Situation bei Kassenpatienten dar. Bei denen werden die richtigen Steigerungssätze mit den richtigen Euros abgerechnet, ohne dass der Patient etwas mitbekommt. Anderenfalls sagt die Krankenkasse, was zuzuzahlen ist. Gerade den Zahnarzt halte ich für höchst sensibel. Mit ihm bin ich sehr zufrieden, bei mir ist ständig etwas an den Zähnen zu machen, und die ganze Abrechnungsthematik läuft dem zuwider, dass er für gesunde Zähne sorgt. Die Einreichung und die Erstattungen von Arztrechnungen durch die Krankenkasse sind ein furchtbar lästiges Thema. Sie erzeugen nicht nur eine Unmasse von Papier, sondern bei uns als Patienten bleiben oftmals Beträge hängen, die die Krankenkasse nicht erstattet (glücklicherweise sind es meist kleinere Beträge). Im Fall des Zahnarztes werde ich beim nächsten Termin das Gespräch in dieser Richtung suchen. In all den ganzen letzten Kalenderwochen ist der Garten liegen geblieben, als wir uns mit Aufräumen und Zimmer herrichten beschäftigt hatten. Der Auslöser dafür, dass ich Unkraut und Brennesseln vor unserem Wintergarten entfernt hatte, war ein Streit mit meiner Frau. Bei einer Telefonkonferenz hatte ich die Kamera eingeschaltet, so dass man unseren chaotischen Garten sehen konnte. Nur einen kleinen Teil habe ich entfernen können, aber reicht das ? Was ich machen kann und wozu ich die Zeit habe, ist viel zu wenig. Und ich bin gespannt, wie es im nächsten Frühjahr mit Nachwuchs und Baby weiter gehen wird, ein vernünftiges Arbeiten wird wahrscheinlich nicht möglich sein. In dieser Kalenderwoche hat meine Frau ihre Arbeit wieder aufgenommen. Bei der Arbeit zeigte ihre Arbeitskollegin stolz Fotos: sie hatte einen neuen Hund. Im Sommer musste ihr bisheriger Hund eingeschläfert werden. Ihr neuer Hund stammt aus Bosnien. Er musste den Umweg über Rumänien nehmen, damit er nach Deutschland überführt werden konnte. Das hing mit Impfungen zusammen, dass diese EU-einheitlich sein sollen. Hunde benötigen, um eingeführt zu werden, einen EU-Heimtierausweis sowie eine Tollwutimpfung. Dies ist nur von der EU zugelassenen Tierärzten erlaubt. Daher der Umweg über Rumänien, da Bosnien nicht zur EU gehört. Schließlich gab es in der 44. Kalenderwoche ein weiteres Negativerlebnis. Die Betreuungsleistungen des Schwagers wurden nämlich gekündigt. Und zwar zu Ende November, diesmal infolge Personalmangels. Es fehlte einfach an Personal, um alle Kunden betreuen zu können. Ein Auswuchs des allgemeinen Pflegenotstandes, wovon diesmal der Schwager der Leidtragende war. Wir lernen daraus, dass man besser den Mund nicht aufmachen sollte. Dies hatte nämlich meine Frau Ende letzten Jahres und Anfang diesen Jahres gegenüber der Lebenshilfe getan, weil gegen den Fruchtfliegenbefall nichts unternommen wurde und so weiter. Man muss die Leistungen so hinnehmen, wie sie sind, seien sie auch noch so unzureichend. Wegen der Mangelsituation können sich die Pflegedienste ihre Kunden aussuchen. Diesmal hängen wir richtig in der Klemme, dass sich womöglich kein Anbieter finden lässt, der die Betreuungsleistungen des Schwagers wahrnimmt.


6. November 2023


Meine Frau war mit dem Schwager und der Behindertengruppe kegeln, währenddessen fuhr ich mit dem Bus in die Stadt, wo zufälligerweise das Leuchten statt fand. In einer Bäckerei am Bertha-von Suttner-Platz trank ich einen Kaffee, danach drehte ich eine Runde durch die Fußgängerzone, wo allerlei Gebäude, Kirchen, das Beethovenhaus und andere Sehenswürdigkeiten angestrahlt wurden. Es dämmerte, als das Farbspektrum mit seinen unterschiedlichen Farben begann zu wirken. Verbunden mit einem verkaufsoffenen Sonntag, hatte es Jahre gegeben, in denen wir mit der ganzen Familie dieses Event aufgesucht hatten. Es war viel Volk unterwegs, so dass es aussah, dass die Innenstadt entgegen dem Trend wieder an Attraktivität gewonnen hätte. Auf dem Münsterplatz hatte sich eine Reihe von Imbissen und Getränkeständen installiert, und ich erinnerte mich, dass hier unsere Freundin Thita mit ihrem Street-Food-Imbisswagen zugegen war, als wir von einigen Jahren mit unserer Familie dieses Event aufgesucht hatten. Ich nutzte den verkaufsoffenen Sonntag, um in dem riesigen Buchladen am Marktplatz zu stöbern. Zuletzt hatte ich dies vor mehreren Monaten gemacht, so dass die Anzahl der neu erschienenen Bücher groß war. Noch größer war das Gedrängele, anscheinend waren die Kunden bereits angestachelt vom Einkaufsfieber vor Weihnachten. Gedrängele vor den Buchauslagen, die Rolltreppen waren voll, die Warteschlangen vor den Kassen waren lang. In der Buchecke der Psychologie und Philosophie stellte ich zufrieden fest, dass der vierte Band der Geschichte der Philosophie von Richard David Precht erschienen war. Die drei ersten Bände besaß ich bereits, sie waren ausgezeichnet, fesselnd und verständlich geschrieben. Ich kaufte dieses Buch, das Buch über die 1848er-Revolution hatte ich soeben ausgelesen und ich war gespannt, das Zeitalter der Moderne mit den Augen der von Richard David Precht beschriebenen Philosophen kennen zu lernen. Um den im Halbstundentakt verkehrenden Bus zu bekommen, verblieb etwas Zeit, vom Markplatz bis zum Busbahnhof zu bummeln. Das Menschengedrängele war groß, aber nicht zu groß, so dass ich mir in Ruhe die eine oder andere schön angeleuchtete Fassade anschauen konnte. Der Street-Food-Imbisswagen unserer Freundin war diesmal nicht auf dem Münsterplatz präsent, und auf dem Weg zum Busbahnhof konnte ich beobachten, wie sich eine größere Anzahl von Familien in dem Café beim Puppenkönig zusammen hockten.

7. November 2023


Am Geburtstag des Schwagers waren wir im griechischen Restaurant essen. Es war dasselbe Restaurant, wohin er an diesem Samstag eine größere Gruppe von Freunden zum Essen einladen wollte. Er erzählte, dass seine Gruppe im Internet bestellte Sachen verpacken würde, Wein, Seife, Bücher und so weiter. Das sah so aus, als hätte seine monotone Tätigkeit der Tackernadeln eine Abwechslung erfahren. Äußerst zögerlich verneinte er, dabei wollte er nicht wirklich damit heraus rücken, was los war. Wir haben nichts, antwortete er schließlich, dabei wechselte er in einen schärferen und lauteren Ton. Ob er denn jemanden aus seiner Gruppe nennen können, der diese neue Verpackungstätigkeit machen würde. Ein einziges Mädchen kramte er aus einem Gedächtnis heraus. Man könne ihn weder mit den Tackernadeln noch mit den Verpackungen aus den Internetbestellungen beschäftigen, also stehe er quasi nur herum, er langweilte sich und könne nichts machen. In Einzelfällen war dies auch in der Vergangenheit vorgekommen, dass keine Arbeit vorhanden gewesen sei. Weiter erzählte er, dass die Tante eines Mädchens aus seinem Freundeskreis gestorben sei. Sie war an Krebs erkrankt, ins Krankenhaus eingeliefert worden und ein paar Tage später verstorben. Wir erzählten von einem anderen Mädchen aus einem Freundeskreis, das in demjenigen Behindertenwohnheim, wo meine Frau gearbeitet hatte, Wäsche gefaltet hatte. Zur Entlastung, um Personalmangel zu beheben, war sie von der Werkstatt in das Wohnheim gewechselt, nun wechselte sie wieder zurück in die Behindertenwerkstatt. Dies war allerdings ein anderer Standort als derjenige, wo der Schwager arbeitet. Sie war in der Elektroabteilung tätig dort, wo der Standort der Dynamit Nobel-Werke aufgegeben worden war. Ein weiterer Freund des Schwagers arbeitete an diesem Standort. Wir sprachen über den Wunsch des Schwagers, noch einmal in Urlaub zu fahren. Im Vorjahr war er zweimal mit einem Reiseveranstalter, der speziell für Behinderte Reisen organisierte, in Urlaub gefahren. In diesem Jahr war dies finanziell nicht möglich gewesen. Der Schwager war begeistert gewesen, und die beiden Urlaube hatten für fünf Tage jeweils 1.800 Euro gekostet. Bei der Urlaubsgestaltung waren seine Medikamente zu berücksichtigen gewesen, zweimal täglich Augentropfen, Wassertabletten und das Anziehen der Stützstrümpfe, was zusätzlich kostete. Dazu kam mittlerweile der Rollator, was den Preis nochmals in die Höhe trieb. Wenn man mit ihm einen ganz normalen Pauschalurlaub – Mallorca oder sonstwo außerhalb der Ferienzeiten – machen würde, wäre er mit rund 1.000 Euro gut dabei. Dabei schlossen sich seine Geburtstagsfeier und ein Urlaub gegenseitig aus. Im Zeithorizont sah es erst für das nächste Jahr so aus, dass wir gemeinsam – inklusive Tochter und Baby – in Urlaub fahren könnten. Zunächst freute sich der Schwager auf seine Geburtstagsfeier, danach würde man weiter schauen.

8. November 2023


„Visionary Mountains, above and so far, like answers to questions of live … and the longing to survive”, so besingt Manfred Mann mit seiner Earth Band auf der 1975 eingespielten LP “Nightingales and Bombers” die Bergwelt. Die Synthesizer schwingen mit in der Sinfonie der Berge, aber welche Berge meint er ? In Großbritannien lebend, müssten er sich von irgendwelchen Mittelgebirgen in Wales oder Nordengland inspiriert gefühlt haben, deren Gipfel in den Pennines oder im Peak District sechs- bis siebenhundert Meter hoch sind. So visionär, wie er die Berge beschreibt, müssen sie ihm vieles gegeben haben. Den Bergen muss er sehr verbunden gewesen sein, Rückzugsort und Inspiration muss er dort gefunden haben, die Natur muss er hautnah gespürt haben. „The words I create“, singt der Lead-Sänger Mick Rogers unter anderem, so dass die Berge wohl auch Anstöße für Textkompositionen gegeben haben. Wie bei vielen anderen Stücken, leiten intensive Synthesizerklänge das Stück ein und beenden dieses genauso. Derweil suche ich auf der Wanderung nach Maria Laach nach meiner eigenen Inspiration. Wieder einmal auf einem philosophischen Trip, indem ich den vierten Band der Geschichte der Philosophie von Richard David Precht lese, suche ich Antworten auf die Fragen nach dem Sinn des Lebens. Leider bleiben viel zu viele Fragen unbeantwortet, während ich auf die imposante Bergkulisse des Siebengebirges schaue. In der Nähe der Ruine des Schullandheims aus den 1930er Jahren hatte ich den höchsten Punkt der Wanderung erreicht. Oberhalb des Steinbruchs, wo Bagger sich emsig zu schaffen machten, am Rande des Vulkankraters des Laacher Sees, hatte freies Feld den Blick frei gelegt zum Rheintal hin. Dieses Tal verschwand hinter Bergen und Erhebungen, dahinter türmte sich die traumhafte Kulisse der Gipfel des Siebengebirges auf. Die vulkanischen Ursprünge von Maria Laach und des Siebengebirges schienen mit einem Mal dicht beieinander, getrennt durch den Rhein, vereinigt durch Manfred Mann’s unsichtbare Synthesizerklänge der „Visionary Mountains“. Ich spürte all die Energie, die von den Bergen ausging, und hinter diesem fulminanten Aussichtspunkt senkte sich der Wanderweg allmählich hinein in den Krater von Maria Laach.

9. November 2023


Mehr als einen Monat war es her, als es mich nach Koblenz verschlagen hatte, dass mir diese NS-Gedenkstätte in der Nähe des Schlosses aufgefallen war. Sie stellte Einzelschicksale dar von Verschleppten von den Nationalsozialisten, von Verfolgten und Ermordeten. Die NS-Gedenkstätte, die zwei rote Sandsteinblockhälften und vier rostige Stahlkäfigwinkel formte, bezog sich nicht genau auf den Tag der Reichskristallnacht. Die beiden exemplarischen Schicksale, die ich nachlas, spielten sich auch nicht in Konzentrationslagern ab. Vielmehr waren diese Menschen aus ihren Heimatländern in Litauen und Weißrussland in das Rheinland verschleppt worden, wo sie als Zwangsarbeiter arbeiten mussten. Der eine in einem Tunnel im Ahrtal, die andere in einem heute nicht mehr existierenden Stahlwerk in Bad Hönningen. Beiden Schicksalen war gemeinsam, dass die Arbeitsbedingungen schlecht waren, unter der unzureichenden Ernährung erkrankten sie häufig, daraufhin erklärte man die beiden für geisteskrank und schickte sie in eine Heil- und Pflegeanstalt nach Andernach. Als sich der Zustand der Weißrussin nicht verbesserte, unterzog man sie einer Elektrokrampfbehandlung. „Ist zu keiner Arbeit brauchbar, vollständig stupidiös, dabei negativistisch“, so hieß es in ihrer Krankenakte. Man experimentierte mit einem Verfahren, das heutzutage wirksam ist und ausgereift, damals führte dieses aber zu schweren Nebenwirkungen wie etwa epileptischen Anfällen. Im September 1944 wurde sie in eine andere Heil- und Pflegeanstalt nach Hadamar verlegt, im selben Monat verstarb sie nach einem fortschreitenden Verfall der körperlichen und geistigen Kräfte. An die Toten und Gefallenen zweier Weltkriege erinnern hierzulande eine Vielzahl von Gedenkstätten, das Leid zweier Weltkriege soll sich nicht wiederholen. Dass von europäischem Boden kein Krieg mehr ausgehen soll, das hat sich seit dem Ukraine-Krieg im letzten Jahr überholt. Die Option, Krieg zu führen, erscheint wieder denkbarer. Leider lassen sich solche Kriegstreiberphantasien nicht so einsperren in Stahlkäfigwinkel wie die Zwangsarbeiter.

10. November 2023


Eine Doppelhaushälfte für 600.000 Euro sei noch zu haben, dies war eine der wesentlichen Botschaften beim SPD-Stammtisch, wo wir uns als Gäste eingefunden hatten. Gäste waren ausdrücklich willkommen, so war es im Internet formuliert worden, und dieser Eindruck war uns in kleiner Runde entgegen gebracht worden. Bei Wahlen hatten wir zwar die SPD gewählt, doch darüber hinaus hatten wir nichts mit der SPD zu tun. Der Bürgermeisterkandidat und der Fraktionsvorsitzende waren dabei, insgesamt war die Runde aber überschaubar. Besonders interessant war ein anwesendes Pärchen mit einem Sohn, der gerade 14 Wochen alt war. Dies schärfte unsere Vorstellungskraft, was im nächsten Jahr nach der Geburt unseres Enkelkindes auf uns zukommen würde. Besonders intensiv dürfte das kleine Stück Mensch auf unsere Tochter gewirkt haben, die mit uns gekommen war. In der Runde wurde über die örtliche Gastronomie oder über Wahlkampfplakate diskutiert, wir konnten aber auch unsere Informationsbedarfe platzieren. Wir erfuhren mehr über die Finanzen darüber hinaus, was in der Wahlkampfarena am letzten Freitag kommuniziert worden war. Der Haushalt der Stadt finanzierte sich bei den Einnahmen nicht nur über die Grundsteuer und die Gewerbesteuer, weitere Einnahmen über Gebühren und Verwarnungsgelder waren vergleichsweise niedrig. Vereinnahmt wurden auch Anteile aus der Einkommensteuer, wovon dann wiederum ein Anteil an den Kreis abgeführt werden musste. Wir kamen auch auf Immobilien und Neubaugebiete aus. Investitionen in Immobilien versprachen in der Randlage von Köln und Bonn Gewinn, dies äußerte sich in den Neubaugebieten. So fuhr ich mit dem Fahrrad auf den Weg ins Büro regelmäßig durch ein Neubaugebiet, wo vor vier, fünf Jahren eine rege Bautätigkeit geherrscht hatte. Die dazugehörigen Häuser waren nun bewohnt, es gab aber noch etliche Lücken bei den Grundstücken, die unbebaut waren. Unkraut wucherte dort, auf den Brachflächen konnte man keinerlei Vorbereitungen einer Bautätigkeit erkennen. Gleichzeitig war der Markt bei Grundstücken leergefegt, und wenn denn irgendwo die wenigen Grundstücke angeboten wurden, hatten die Preise schwindelerregende Höhen erreicht. Spekulanten, erhielt ich als Antwort in dieser Gesprächsrunde. Man habe nicht erkennen können, ob die Käufer tatsächlich die Absicht gehabt hätten, dort zu bauen. Schaute man auf die Immobilienpreise, so ließ sich gutes Geld machen Immobilien, und dies wurde skrupellos ausgenutzt. Dem hätten die Verantwortlichen bei dem aktuell ausgewiesenen Neubaugebiet „Am Obstgarten“ entgegen gewirkt, indem die Käufer eine Verpflichtung eingehen mussten, dort innerhalb von zwei Jahren zu bauen. Für dieses Neubaugebiet hatte die Nachfrage das Grundstücksangebot bei weitem überstiegen, so dass man aufgrund von Kriterien wie etwa den Vereinszugehörigkeiten die Vergabe entschied. Nun war diese Vergabe abgeschlossen, mit einer Ausnahme: eine Doppelhaushälfte war für 600.000 Euro noch zu haben. Aber wer konnte einen solchen Preis bezahlen ? Wohneigentum zu besitzen, war in diesen Zeiten nur noch etwas für Besserverdienende. Ganz viel Eigenkapital und ein hohes Monatseinkommen waren vonnöten, um solche wahnsinnigen Größenordnungen überhaupt noch finanzieren zu können. Dem stand die Einkommensentwicklung entgegen, die Gehälter drücken zu wollen, wie es eben ging und sich bei den Tarifrunden zu mäßigen, wenn es denn solche gab. Es war ein interessanter Abend beim SPD-Stammtisch. Gleichwohl hatte ich an Politik nie ein riesiges Interesse verspürt. Zu vieles ging im Taktieren und in der Spielerei um Macht unter. Dazu gehörten unter anderem machtbesessene Politiker. Diese saßen hier allerdings nicht am Tisch, so mein Eindruck. Es wurde locker geplaudert, und trotz meiner Distanz zu Politik war es interessant gewesen, die Gesichter von der SPD kennen gelernt zu haben.

11. November 2023


Am Vormittag ein Kochtopfset im Lager von Möbel Porta abholen, zwischendurch einige Karnevalisten an den Bushaltestellen, abends Geburtstagsessen des Schwagers. Heute habe ich erfahren, dass die Besonderheiten des Tages in Unauffälligkeiten aufleben, denn es war eine Abwechslung, durch Porz-Gremberghoven zum Lager von Möbel Porta – einst Möbel Hausmann – zu fahren. Die Fahrt geschah durch reines Industriegebiet. Porz-Gremberghoven war in den 1920er Jahren rund um den Güterbahnhof entstanden, der auch heute noch beträchtliche Ausmaße annahm. Den Ortskern von Gremberghoven umriss eine denkmalgeschützte Eisenbahnersiedlung, wo die Arbeiter in mehrgeschossigen Wohnblocks im Grünen wohnen sollten. In der Nachkriegszeit hatte sich daran ein großflächiges Industriegebiet angeschlossen, wo Lagerräume, Logistik, Autohäuser, produzierendes Gewerbe und auch das Möbelhaus Porta, welches das Möbelhaus Hausmann aufgekauft hatte, angesiedelt waren. In diesen größeren Größenordnungen wirkten die unterschiedlichen Industriebetriebe noch deutlicher. Von der Autobahnausfahrt befuhr ich die breite Fahrspur der Bundesstraße, wo das dichte Grün von hochgeschossenen Stadtbäumen mehrere Wohnsiedlungen verdeckte. Eine große Ampel wies nach links, und eine Stichstraße führte zu einem Entwicklungszentrum der Deutz AG. Ich fuhr aber geradeaus und querte eine Brücke über dieselbe Autobahn, von der ich soeben abgefahren war. Der Güterbahnhof lag ein Stück weit im Rücken, so dass ich die breite Aneinanderreihung der Bahngleise, wo der Puls mehrerer S-Bahnen, Regionalexpresse und Regionalbahnen schlug, bis zum Möbelhaus nicht zu Gesicht bekommen sollte. Gegenüber dem Möbelhaus lag eine Fabrik, die Kunststoffe herstellte. Große siloartige Kessel beeindruckten an der Straßenecke, Kessel, dessen blanker Stahl im Sonnenlicht glänzte und eine saubere Industrie ohne nennenswerten Schadstoffausstoß vorgaukelte. Bevor ich das Paket mit dem Kochtopfset im Lager des Möbelhauses ausgehändigt bekam, musste ich warten. Womöglich hing die Wartezeit von mehr als fünfzehn Minuten damit zusammen, dass der Geschäftsführer im Lager aufkreuzte und in einer anderen Angelegenheit Druck machte, die nicht zur Zufriedenheit eines anderen Kunden verlaufen war. Nach dieser Wartezeit erhielt ich das Paket, und der Mitarbeiter an der Warenausgabe machte sogar einen entspannten Eindruck. Danach arbeitete ich die Einkäufe ab, am frühen Abend trafen wir uns mit anderen Behinderten, um den Geburtstag des Schwagers zu feiern. Vierzehn Gäste hatte der Schwager im griechischen Restaurant eingeladen, und der Abend verlief unspektakulär. Die Gespräche mit den anderen beiden Behinderten aus der Dreier-WG, wozu ich mich gesellt hatte, brachten keinerlei nennenswerten Erkenntnisse. Am Nachbartisch hörte ich allerdings ein paar Mal das Wort „Beschäftigungstherapie“ heraus, womit die Arbeiten in der Behindertenwerkstatt gemeint waren. Ein Kunde der Post, den meine Frau zufälligerweise im Restaurant getroffen hatte, äußerte diese Bewertung von Verpackungstätigkeiten oder Tackernadeln, die man allgemein als stupide und langweilig einstufte. Der Tag war voll gequetscht gewesen, er hätte aber auch hektischer verlaufen können. Da der Lärmpegel im Restaurant sehr hoch war, war ich froh, wenn ich am Ende des Tages zu Hause vor dem Fernseher eine Flasche spanischen Rotwein trinken konnte.

12. November 2023


In der 45. Kalenderwoche erlebten wir die Nachteile, dass unsere Tochter den Frauenarzt gewechselt hatte. Er verhielt sich nämlich nicht so, wie wir es gerne gehabt hätten. War ihr übel oder war ihr Kreislauf am Boden, so schrieb er sie nicht krank, dazu musste sie den Hausarzt aufsuchen. Einmal schickte sie der Hausarzt zurück, weil die Symptome Ursachen in der Schwangerschaft hatten. In diesem Fall hatte sie dreimal einen Arzt aufgesucht, zuerst Hausarzt, dann Frauenarzt, wieder Hausarzt, bis sie endlich eine Krankschreibung in den Händen hielt. Ebenso zeigte sich der Frauenarzt widerspenstig, als sie Magnesium von der Krankenkasse erstattet bekommen haben wollte. Die Krankenkasse hatte unserer Tochter gesagt, dass sie die Kosten für Magnesium erstatten würde, wenn der Frauenarzt dafür ein Rezept ausstellen würde. Dies lehnte aber der Frauenarzt ab, weil Magnesium ein Nahrungsergänzungsmittel sei, aber kein Medikament. Aus diesem Grund hatte unsere Tochter zu einem anderen Frauenarzt gewechselt, der seine Praxis im Krankenhaus in Sieglar hatte. Nun benötigte unsere Tochter das Medikament Cariban, das gegen Übelkeit in der Schwangerschaft half. Die gynäkologische Praxis im Krankenhaus war aber nicht durchgängig besetzt. Am Wochenende hatte unsere Tochter die letzte Tablette gegen ihre Übelkeit genommen. Als sie am Montagmorgen dort anrief, erhielt sie die Antwort, es sei erst am Mittwoch ein Arzt anwesend, der ein solches Rezept ausstellen könne. Dieses Beispiel zeigt, dass unser Gesundheitssystem allgemein auf einem hohen Standard sein mag, dass aber bestimmte Ärzte oder organisatorische Rahmenbedingungen diese Standards maßgeblich verschlechtern können. Krankgeschrieben war in der 45. Kalenderwoche auch eine Arbeitskollegin meiner Frau, die sogar auf der Intensivstation lag. Sie litt an einer anhaltenden Übelkeit, der Kreislauf spielte verrückt, sie bekam kaum noch Luft, und als ihr Zustand beinahe lebensbedrohlich wurde, lieferte man sie ins Krankenhaus direkt auf die Intensivstation ein. Dort behandelte man sie mit Medikamenten. Ihr Zustand hat sich nun stabilisiert. Seit längerer Zeit ist es uns gelungen, meine Mama noch einmal zu besuchen. Bei der Beerdigung des Onkels hatte mein Bruder sie im Rollstuhl fortbewegt, grundsätzlich ist ihre Mobilität in ihrem Alter von 87 Jahren schlechter geworden. Inklusive Treppen steigen, gelingt es ihr, sich im Haus fortzubewegen und sich selbst zu versorgen. Mit dem Rollator sich draußen fortzubewegen, klappte immer schlechter, im Ort war sie mit ihrem Elektromobil unterwegs. Einen Rollstuhl benötigt sie zu Hause nicht, dieser war nötig geworden wegen der langen Strecke zum Friedhof bei der Beerdigung. Darüber hinaus kam ein Pflegedienst täglich vorbei, um Stützstrümpfe anzuziehen und Tabletten vorbei zu bringen. Einmal monatlich schaute der Hausarzt vorbei und schaute gesundheitlich nach dem rechten.  Wie so oft, war zwischen mir und meinem Bruder die Kommunikation aneinander vorbei gelaufen. Zwischen fünf und sechs Uhr hatte ich mich angekündigt, Frau und Tochter wollten aber noch mitgekommen sein, so dass sich die Ankunftszeit verzögerte. Prompt war er, wenige Minuten, bevor wir eingetroffen waren, weggefahren zu einem Freund, den er besuchen wollte. Meine Mama erzählte, dass seine Frau nicht nur ausgezogen war, sondern sie seien nun getrennt. Zu ihr pflegte er keinen Kontakt mehr, allerdings zu seiner Tochter, sie hänge sehr an ihm. Mit ihr sei er nach Berlin gefahren, wo eine Freundin wohne. Aufgrund der Trennung ihrer Eltern war sie vom Rheinland nach Berlin gezogen. In Berlin hatte er übernachtet, er hatte sich Berlin angeschaut und war mit ihr wieder nach Hause gefahren. Meine Mama fragte uns, ob wir das Bett ihrer Enkeltochter gebrauchen könnten. Zerlegt in Einzelteile, stand es in der Garage, wir hatten allerdings keinen Bedarf, da das Hochbett unserer Tochter noch in ihrem alten Kinderzimmer stand. Die Katze des Bruders war ebenso ein Gesprächsthema. Früher erzählte sie die Geschichte von der Katze so, dass, wenn der Bruder und seine Frau abwesend waren, jemand vorbei schauen würde, den die beiden kannten, um die Katze zu versorgen und gleichzeitig nach der Mama zu schauen. Heute klang diese Geschichte so ziemlich anders. Niemand habe sich um die Katze gekümmert, dies hätte meine Mama machen müssen und sie hätte sogar die Katzentoilette sauber gemacht. Mein Bruder hatte sogar Streuselkuchen besorgt, wovon ich ein paar Stücke und unsere Tochter ganz wenig gegessen hatte. Schade um den Kuchen, dass der Bruder nicht so lange warten konnte. Nach anderthalb Stunden verließen wir das Elternhaus wieder, und auf der Rückfahrt im Dunkeln bretterten wir über die leere Autobahn.


13. November 2023


Ein Anruf, der uns kurz nach halb sieben Uhr morgens aus dem Schlaf riss. Der Schwager rief am Telefon an, er habe schlecht geschlafen. Er habe schlecht geträumt, wegen der Urne. Es ging um den Tod einer Tante einer Bekannten aus der Werkstatt. Das war so weit hergeholt, wie es klang. Er hatte keinen besonderen Kontakt zu dieser Tante, allerdings trauerte seine Bekannte aus der Werkstatt sehr. Was gab ihm den Anlass, sich ihrer Trauer anzuschließen ? Wir vermuteten, dass beim Tod des Vaters vor fünf Jahren und beim Tod der Mutter vor 27 Jahren noch vieles unverarbeitet war. Bei seinen beiden Elternteilen war die Urne beigesetzt worden. Nun wieder die Urne. Mehrere Tage hatten sich nun die Albträume wiederholt. Am Montag, beim Essen im Restaurant hatte er uns vom Tod der Tante der Bekannten erzählt, am Wochenende von den Alpträumen und der Urne, nun wieder. Wir bekamen nicht zusammen, was in ihm vorging. Dass er uns wegen Kleinigkeiten anrief, kam häufig vor. Wegen Einkäufen rief er an oder wenn er einen Spaziergang gemacht hatte. Häufig rief er an, wenn er nicht wusste, was er sich kochen sollte, gleichzeitig war sein Kühlschrank voll mit Fertiggerichten, mit Bockwurst, die er sich selbst gekauft hatte, mit Dosengulasch oder Tiefkühlpizza. Die Inhalte seiner Telefonate waren häufig unwichtig, häufig plagte ihn wohl auch die Langeweile. Nun bimmelte das Telefon zu solch einer Unzeit, dass er glaubte, wir wären zu jeder erdenklichen Zeit ansprechbar. Bald würde zu solch einer frühen Uhrzeit der Pflegedienst kommen, um ihm Augentropfen zu geben und um ihm die Stützstrümpfe anzuziehen. Dann würde er in die Werkstatt gebracht, wo er hoffentlich auf andere Gedanken kommen würde. Die Urne sollte gefälligst aus seinem Kopf verschwinden. Er sollte die Ereignisse zwar nicht verdrängen, aber bitte nicht mit wer weiß was für Unwichtigkeiten bei uns anrufen.


14. November 2023


Ganz viel mitgeschrieben habe sie, meinte unsere Tochter. In der Berufsschule hatte sie einen Termin gehabt mit ihrem Ausbildungsleiter und einer Kollegin der Berufsschule, in dem es um die Fortsetzung der Ausbildung nach der Geburt ihres Kindes ging. Im Moment galt weiterhin das Beschäftigungsverbot, und am 20. Dezember sollte die Mutterschutzfrist beginnen. Die beiden konnten unserer Tochter ein Novum anbieten: eine Teilzeitausbildung. Diese Ausbildung in Teilzeit gab es bereits bei der dreijährigen Ausbildung zur Pflegefachfrau. Nun wurde diese auch für die einjährige Ausbildung zur Pflegefachassistentin eingeführt. Wie lang die Ausbildung in Teilzeit genau dauern sollte, das hatte sich unsere Tochter nicht notiert, sie sollte aber vielleicht doppelt so lang dauern, dafür aber auch nur mit der Hälfte der Ausbildungsvergütung. Unter Berücksichtigung dessen, dass sie sich um ihr Kind kümmern müsse, hörte sich dies sinnvoll an. Bei den Praxiseinsätzen würde sie in Früh-, Spät-, Nacht- und Wochenendschicht arbeiten müssen. Dies würde entzerren, als Mutter für das Baby ständig da sein zu müssen. Ebenso war die Dauer der Elternzeit noch offen. Dazu hatten die GFO Kliniken ihr bereits einen Antrag zugeschickt. Möglicherweise wollte sie am 1. September nächsten Jahres ihre Ausbildung fortsetzen, sie befand sich allerdings noch in einer ersten Phase des Überlegens. Genau dies rieten ihr der Ausbildungsleiter und die Kollegin der Berufsschule, darüber in Ruhe nachzudenken und sich auch mit uns zu konsultieren, da wir eine Teillast der Betreuung des Kindes würden auf uns nehmen müssen. Ausbildung in Teilzeit machte Sinn, über die Dauer der Elternzeit würde unsere Tochter noch herum denken müssen. Bis zum Beginn er Mutterschutzfrist würde sie wohl eine Entscheidung getroffen haben.

15. November 2023


Wanderung über den Rand des Vulkankraters. Erwandert habe ich den Bausenberg, der von der Autobahn A61, Abfahrt Niederzissen, als Berg weithin sichtbar ist. Auf der Straße wären es zwei Kilometer von Waldorf nach Niederzissen gewesen, der Wanderweg führte aber von hinten zu dem erloschenen Vulkan. So wurden aus den zwei Kilometer fast sechs Kilometer, die Wanderung führte durch jede Menge Wald, dem Berg nähere ich mich aus unterschiedlichen Richtungen, wobei ich die Hufeisenform des Kraters erst beim Erwandern miterlebte. Die Ausbrüche von Lava hatten dicke Felsbrocken hinterlassen, die als monolithische Gesteine den schmalen Weg versperrten. Eine eigene Wanderroute führte über den Trichter des einstigen Vulkans, wo von dem schmalen Grat beiderseits das bewaldete Gelände stark abfiel. Anfangs war der Weg schmal und voller Gesteinsbrocken, nach vielleicht fünfzig Metern verschwanden die Felsbrocken, der Weg wurde breiter und sicherer. An lichteren Stellen hatte man einen Wahnsinnsausblick auf Niederzissen, auf die nahe Autobahn A61, auf das Brohltal und auf das ansteigende Bergmassiv, das von den vulkanischen Aktivitäten des Wehrer Kessels und von Maria Laach geprägt war. Ich wanderte auf dem Rundweg mit dem Kürzel M1, welches die Hufeisenform des Vulkankraters nachbildete. Diese Hufeisenform war – zumindest in Deutschland – einzigartig. Im Gegensatz zu kreisrunden Vulkankratern ergoss sich die Lava nicht gleichmäßig in die Umgebung, sondern in diejenige Richtung des offenen Hufeisens, so dass sich die Lava in ein Seitental des Rheins ausgoss. Dieses Seitental des Rheins wies nach Bad Breisig, auf dessen Weg man die Lava im Stadtteil Gönnersdorf nachverfolgen konnte. Am Ende der Hufeisenform knickte der Wanderweg ab, das Gelände fiel ab, und über einen Zubringer des Wanderwegs „Eifelleiter“ gelangte ich nach Niederzissen.

16. November 2023


Sieht so eine Verkehrswende aus ? Bei der Wanderung nach Niederzissen war die Autobahnbrücke der Autobahn A61 weithin sichtbar. Auf der Höhe vor Waldorf, beim Blick über die Häuser von Waldorf hinweg, nach dem Verlassen von Waldorf im Rücken der Abfahrtsschilder der Autobahnausfahrt Niederzissen. Aus allen Perspektiven bot sich dasselbe Bild: der Verkehr kroch über die Autobahnbrücke, die Autos schlichen, bisweilen standen sie sogar. Stau zwischen der Anschlussstelle Niederzissen und dem Autobahndreieck Sinzig. Die dahinter liegende, weitere Autobahnbrücke über das Ahrtal war ein Nadelöhr, so dass sich die Staus dort permanent wiederholten. Die von der Öffentlichkeit geforderte Verkehrswende sah dann so aus, dass Autobahnen ausgebaut werden sollten, mehr Fahrstreifen, breitere Autobahnen, um den Verkehrsfluss wieder herzustellen. Von Punkt A nach Punkt B wandernd, übte ich mich derweil in der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, um mich vom Anfangs- und Endpunkt fortzubewegen. Natürlich wäre man mit dem Auto schneller, natürlich verspätete sich die Bahn – moderat. Natürlich fuhr der Bus in diesen entlegenen Regionen der Eifel nur einmal stündlich, und natürlich käme schnell die Diskussion, ob öffentliche Verkehrsmittel eine sinnvolle Alternative seien. Meine persönliche Antwort konnte nur Ja lauten. Mangelsituationen wurden verwaltet. Die Ressourcen waren knapp, sei es Gelder für den Ausbau von Straßen, Gelder für den Ausbau des Schienennetzes oder Personal für Lokführer oder Busfahrer. In der Vergangenheit wurde gerne vorgerechnet, wie viele unproduktive Zeit entsteht, wenn Menschen im Stau stehen. Eines habe ich nach Beendigung dieser Wanderung erfahren: die Busfahrt von Niederzissen nach Sinzig durch die Hügellandschaft, vorbei an all den Streuobstwiesen, war dermaßen entspannend, das Landschaftserlebnis war nach getaner Wanderung dermaßen groß, dass ich auf eine Autofahrt gerne verzichtet habe.

17. November 2023


Es kam mir so vor, als hätte sich Ehrenfeld in wenigen Jahren stark verändert, und beim Vorbeischreiten an dem persischen Restaurant wurde mir klar, dass ich mich bedroht fühlte. Der arabische Schriftzug war übermächtig, Persien setzte ich mit dem Iran gleich, ich zeichnete eine weltpolitische Karte rund um Israel. Die Gastronomie hatte ihre verbindende Funktion vom Orient zum Westen verloren. Dönerbuden, libanesische Imbisse, Falafel und Schawarma, orientalische Süßigkeiten bestimmten entscheidend das Straßenbild der Venloer Straße. Die Ausgewogenheit mit einheimischen Restaurants und Cafés war abhanden gekommen, allenfalls fand man wenige davon kurz vor der Inneren Kanalstraße. Gastronomie als Bedrohung ? Noch vor kurzem hatte unser Sohn das abschreckende Beispiel der Keupstraße in Köln-Mülheim genannt, dass er sich vor lauter Ausländern dort nicht mehr auf die Straße trauen würde, was ich von mir gewiesen hatte. Terroranschläge und die Anschläge der Hamas hatten uns aber gelehrt, dass man nicht in die Köpfe hinein schauen konnte. Das Vielvölkergemisch auf der Venloer Straße in Ehrenfeld hatte mich stets bereichert. Als Gegenbeispiel, dass sich Parallelgesellschaften des Islam bilden würden, hatte ich gerne Köln-Ehrenfeld genannt, dass man auf der Straße wie selbstverständlich miteinander umgehen würde. Heute aber, beim Gang über die Venloer Straße, sah ich das Straßenleben mit einem Mal ganz anders. Heute fielen mir etliche bis unter die Augen verschleierte Frauen auf, das hatte es vor wenigen Jahren nicht gegeben. Arabische Schriftzüge in den Restaurants, Billigläden mit Ramschware, in Friseurgeschäften wurden Männern mit Vollbärten Frisuren mit Halbglatze geschnitten, und an der großen Straßenkreuzung machten die Minarette der Zentralmoschee dem Fernsehturm Konkurrenz. Lag es darüber hinaus an dem trüben Regenwetter, dass Ehrenfeld nicht mehr so schön und bunt war, wie ich es sonst kannte ? Bedrückend waren auch die Einkaufsströme in den Supermarkt Kaufland, der gegenüber dem denkmalgeschützten 4711-Gebäude lag. Hinter dem Eingang wurde man erschlagen mit Sonderangebotsschildern, und das Vielvölkergemisch der Käuferscharen sammelte sich vor den Kassen. Ich dachte an die Werte des Westens, die hier von allen Seiten eingekreist waren von orientalischen, asiatischen und afrikanischen Strukturen. Strukturen, die religiös, patriarchalisch und archaisch geprägt waren, so wie vielleicht bei uns vor Beginn der Aufklärung. Heute mochte ich dieses Köln-Ehrenfeld nicht mehr, das sich in diesem einzigen Schriftzug des persischen Restaurants manifestierte.

18. November 2023


Dass ich zweimal eine längere Strecke erwandert hatte, kam mir vor wie eine Neuentdeckung. Zweimal waren es fünfzehn Kilometer, die ich in einem Stück durch gewandert war, mit einem atemberaubenden Landschaftserlebnis, beide Male in der Eifel, einmal von Andernach nach Maria Laach, das andere Mal von Sinzig nach Niederzissen. Etwas mehr als vier Stunden hatte ich jeweils gebraucht, was meinen Körper vom Ausmaß der Anstrengung an frühere Rennradtouren denken ließen. Am Ende der Wanderungen waren die Füße schwer gewesen, der Gang schleppte sich dahin, das Herz war auf Touren gekommen, die unterschwelligen Anzeichen eines Brustschmerzes waren so rasch verschwunden, wie sie gekommen waren. Die Anstiege hatten mir nichts ausgemacht, die Streckenlänge hatten die Beine gemeistert. Voller Inspiration und voller Tatendrang schaute ich nun nach vorne: was würden die nächsten fünfzehn Kilometer sein ? Wanderkarten hielt ich in der Hand mit lauter tollen Streckenideen, doch der Haken war im Vergleich zu den Rennradtouren, dass ich hin und zurück fahren musste, um zum Ausgangs- und Endpunkt zu gelangen. Rennradtouren verliefen vom Büro zum Zielort nach Hause zurück, bei Wanderungen musste ich mich erst in die Bahn setzen, zurück hatte bei den beiden letzten Eifel-Touren noch eine Busfahrt dazwischen gelegen, bevor ich in die Bahn eingestiegen war. Selbst wenn ich die Wanderungen ins Siebengebirge verlegte, lag immer eine Fahrt mit Straßenbahn und Bus dazwischen. Es blieb aber dabei: Niederzissen und Maria Laach waren eine Art von Revolution, die das Landschaftserlebnis auf eine Augenhöhe mit den Rennradtouren gehoben hatten. So wurden Städte, die ich gerne besuchte, kombiniert mit ländlichen Gegenden, wo die Beobachtungen ganz anders strukturiert waren. Diese Symbiose von Stadt und Land sollte mich fortan beflügeln, in die Ausgewogenheit von Bebauung und Natur sollte ich eintauchen, Körper und Geist sollten diese Ganzheit der Materie durch dringen. Was sollte die nächste Tour sein ?

19. November 2023


In der 46. Kalenderwoche stand mit einem Mal unser Kätzchen Lilly im Mittelpunkt. Morgens, als ich das Haus zum Büro verlassen hatte, war noch alles in Ordnung, als ich sie für eine halbe Stunde hinaus ließ. Tagsüber bemerkte dann meine Frau, dass ihre Pfote am rechten Hinterbein blutig war, außerdem humpelte sie dort. Sie hatte sich verletzt, die Pfote war dick, das stellte die Tierärztin fest. Sie bekam eine Spritze, ab Samstag musste sie vier Tage lang ein Antibiotikum nehmen. In derselben Kalenderwoche organisierte meine Frau für unsere Tochter gleich mehrere Plastikbeutel Anziehsachen für das noch nicht geborene Baby. Davon war wiederum ein Teil der Anziehsachen für Mädchen, was wir aussortierten, dazu mussten wir noch einen Abnehmer finden. Wir hofften, dass die schwangere Freundin unserer Tochter ein Abnehmer sein könnte, doch sie wusste noch nicht, ob ihr Kind ein Mädchen oder ein Junge sein würde. Sie hatte erst in der folgenden Woche einen Termin beim Frauenarzt. Unsere Tochter hatte eine positive Nachricht zu vermelden, denn das Jobcenter hatte sich nicht nur mit Anfragen, Rückfragen und benötigten Unterlagen geregt. Sie erhielt für den Monat August 2023 Bürgergeld. Ab September wurde das Bürgergeld abgelehnt, das hatte unsere Tochter aber auch gar nicht beantragt, da sie eine Ausbildungsvergütung aus ihrer Ausbildung erhielt. In der 46. Kalenderwoche hatte sich der Gesundheitszustand der Arbeitskollegin meiner Frau so sehr verschlechtert, dass sie auf der Intensivstation lag. Ihr war übel und sie musste sich ständig übergeben, wozu meine Frau vermutete, dass sie sich über ihren aus Bosnien importierten Hund vielleicht hätte angesteckt haben können. Ein konkretes Krankheitsbild mit einer konkreten Diagnose hatten die Ärzte nicht feststellen können. Auf den Hund passte übrigens ihre Mutter auf, wobei meiner rau aufgefallen war, dass sie seit längerer Zeit ihren Freund nicht mehr erwähnt hatte. In ihren Gesprächen kam er nicht mehr vor, so dass zu vermuten war, dass sie sich – Mitte 40 – von ihm getrennt hatte.


20. November 2023


Instrumente des Todes nennen King Crimson sie, das Leben beschreiben sie als einen rissigen und kaputten Pfad. Das Schicksal der gesamten Menschheit liegt in den Händen von Narren. Haben sie damit etwa einen Donald Trump gemeint ? Oder andere Politiker, die die Verantwortung des Regierens nie verstanden haben ? „Yes I fear tomorrow I’ll be crying“, so endet in langen Tonlagen virtueller Schreie das Stück “Epitaph” von King Crimson, das diese Band des progressiven Rock im Jahr 1969 veröffentlicht hatte. Angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage dürften diese Textpassagen so manchem Menschen aus der Seele sprechen. Die Welt ist längst labil geworden, und zumindest in meinem Alter Ü60 nehmen die Momente zu, dass einem die Endlichkeit des Daseins bewusst wird. Dass es solche Grabsteine gibt, die senkrecht in einer Wand aufgerichtet sind, das habe ich erst im Kölner Dom erfahren. Ein normaler Friedhof hat keine Wände, wie sollten sich dort solche Grabplatten als Wandmonumente wieder finden ? Im Chor des Kölner Doms kann man eine größere Anzahl solcher Epitaphe entdecken, überwiegend handelt es sich dabei um die Gräber früherer Kölner Erzbischöfe, die, prominent platziert, dort ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Symbole wie Totenschädel, Sense oder Urne unterstreichen als Beiwerk zum Epitaph die Vergänglichkeit des Lebens. „Die Saat der Zeit wurde gesät“, so haben King Crimson diese Vergänglichkeit ebenso ausgedrückt. Die Namen mancher früherer Kölner Erzbischöfe – wie etwa Walram von Jülich oder Siegfried von Westerburg – sagen mir etwas, ihre Gräber haben aber nicht die Form eines Epitaph, sondern, waagerecht auf dem Boden liegend, die Form eines steinernen Hochgrabes mit Liegefigur. Ein sehr bekannter Vertreter der Kölner Erzbischöfe in Form eines Epitaph ist der Kurfürst Clemens August, der in Bonn und Brühl die maßgeblichen Prachtschlösser gebaut hat. Auf demselben Epitaph haben sich die insgesamt fünf aus dem Herrscherhaus Wittelsbach stammenden Kurfürsten verewigt, das waren außer Clemens August seine Vorfahren Ernst, Ferdinand, Maximilian Heinrich und Josef Clemens. Den Giebel des Epitaph ziert das Wappen des Wittelsbacher Herrscherhauses. All die Epitaphe lassen nachdenken. Bei so viel Ehrfurcht ist mit allerdings weniger zum Weinen zumute, wie King Crimson es besingen.

21. November 2023


Als ich heute dieses leerstehende Ladenlokal in der Innenstadt erblickte, ging mir der Begriff der Transformation durch den Kopf. Die Vorsilbe „trans“ bedeutet „durch“, was man als unterschiedliche Zustände interpretieren kann, die dann in eine neue Form überführt werden. Eine Art von Metamorphose sozusagen, eine Verwandlung in diese neue Form. In diesem leerstehenden Ladenlokal tut sich etwas, Geräte und Materialien stehen bereit, um es herzurichten. Als ehemaliges Testzentrum während der Corona-Epidemie habe ich einen emotionalen Bezug zu den Räumlichkeiten. Zeitweise habe ich mich dort einmal wöchentlich testen lassen, die Empfangstheke stand dort, die damalige Testkabine ist nun durch eine Rigipswand abgesperrt. Sehr genau habe ich die Abläufe vor Augen, wie der Testabstrich gemacht wurde, zeitweise stand die Warteschlange bis vor die Eingangstüre. Nun, nach Ende der Corona-Epidemie, werden die Räumlichkeiten einem neuen Verwendungszweck zugeführt werden. Es werden Verkaufsräume werden, eine Praxis für Ärzte oder etwas komplett anderes, an das ich gar nicht gedacht hätte. Kurzum: eine Verwandlung in eine neue Form. Diese Verwandlung als „great transformation“ hatte einst, im Jahr 1944, der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Karl Polanyi nieder geschrieben. Gegenstand der Transformation sei die vorindustrielle Agrargesellschaft, die zur Marktwirtschaft transformiert sei. Mit dieser Marktwirtschaft hatte sich die Wirtschaft gegenüber der Gesellschaft verselbständigt, und es wirkten die kapitalistischen Prinzipien der Gewinnmaximierung. Der Mensch war auf seinen Eigennutzen bedacht, seine Arbeitsleistung wurde in Waren übersetzt. Daraus bildeten sich Arbeitsmärkte. Sofern kein Sozialstaat implementiert wurde, war der Mensch diesen Wirkmechanismen der Arbeitsmärkte schutzlos ausgeliefert. Diesen Begriff der „great transformation“ haben sich heutzutage die Klimabewegungen auf die Fahne geschrieben. Die Gesellschaft soll sich dahin gehend verwandeln, dass jeder einzelne seinen Beitrag für die Eindämmung der Klimakatastrophe erbringt. Auto stehen lassen, Fahrrad fahren, öffentliche Verkehrsmittel benutzen, im Winter auf Erdbeeren aus Afrika verzichten, weniger heizen, Beleuchtung nur dann einschalten, wenn es nötig ist, und so weiter. Eine ganze Gesellschaft muss umgebaut werden, wenn wir einen ökologischen Raubbau an unserer Natur durch unser eigenes Verhalten betrieben wie bisher. Demokratien müssen sich wandeln, der Staat muss lenken. Die Debatte, wo der Staat verbieten sollte oder Freiheiten gewähren sollte, ist in vollem Gang. Was das denn auch heißen mag: das Werk von Karl Polanyi aus dem Jahr 1944 ist aktueller denn je. Im Kleinen wird dieses leer stehende Ladenlokal seine eigene Verwandlung in eine schicke Boutique, ein nettes Café oder einen schönen Kramladen durchmachen.

22. November 2023


Stabilität, Respekt & grüne Transformation. Ja, eine solche Werbung braucht unsere Bevölkerung, um vielleicht einmal das Konstrukt Europa positiv wahrzunehmen. Dabei dürfte meine eigene Wahrnehmung einer Dauerbaustelle Europa identisch sein mit derjenigen in der Bevölkerung. Uneinigkeit bis Unmöglichkeit, mit einer Stimme für alle achtzehn Länder zu sprechen, dazu ständiges Gezänk über Flüchtlinge. Rechtspopulisten wie Viktor Orban, die auf einen Sonderweg pochen. Angst vor Rechtspopulisten in anderen EU-Ländern, dass die EU auseinander gesprengt wird. In meiner eigenen Meinung werde ich dabei bleiben, dass die EU vielleicht das größte Friedensprojekt der Geschichte darstellt. Europa hat sich an zwei Weltkriegen auseinander gerissen, und dies soll nie mehr geschehen. In gewissem Sinne weist dieser Slogan auf dem Plakat genau in die richtige Richtung, als Sollzustand, man darf sich etwas wünschen. Die EU muss aber auch daran arbeiten, dorthin zu kommen. Stabilität, zumindest, was den Wechselkurs des Euro betrifft, haben wir. Der Respekt, wenn man dies als öffentliche Meinung auffasst, ist abgrundtief schlecht. Und die grüne Transformation: die brauchen wir alle, weniger Autoverkehr, grünen Strom, weniger CO2-Ausstoß, Energieverbrauch senken, weniger Schadstoffe, weniger Plastikmüll und so weiter. Die EU wird sich in dieser Hinsicht wohl wie alle EU-Länder verhalten, dass es zu viele Gruppen und Gruppierungen gibt, die genau das Gegenteil wollen. Ebenso jeder einzelne, der sich gegenteilig verhält. Was tun ? Die ganze Menschheit steht vor einer gewaltigen Aufgabe, und so lange sich Nationen in Form von Kriegen die Köpfe einhauen, und so lange Panzer und Kampfjets und Hyperschallraketen einen CO2-Ausstoß sondergleichen produzieren, sehe ich zumindest diese grüne Transformation als kritisch an. Solche Plakate ändern daran nichts, und selbst die EU wird in ihren Möglichkeiten beschränkt sein, Kriege auf fremden Territorien zu verhindern.

23. November 2023


Besuch der Ausstellung über die Postmoderne in der Bundeskunsthalle. Für den Zeitraum von 1967 bis 1992 stellte die Ausstellung vielerlei Strömungen aus der Architektur, dem Design, der Musik, der Philosophie und anderen Strömungen zusammen. Etliche Exponate waren mir zu modern, zu banal oder auch zu abgedreht, dennoch gelang es der Ausstellung ganz gut, das zu extrahieren, was den Zeitgeist dieser Epoche ausmachte. Unabhängig von der 1968er-Bewegung hatte sich die Welt globalisiert, sie war zu einem globalen Dorf geworden. Man gab sich bizarr und exzentrisch, nichts war unmöglich, oder wie die Ausstellung es bezeichnete: anything goes. Die Menschen lebten in einem Zeitalter der Massenproduktion, gleichzeitig gab es innerhalb dieser für die Massen hergestellten Güter einen Gegentrend, dass Produkte ganz individuell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten waren. Untergehend in der Masse, schauten die Menschen nicht mehr hin, sie ließen sich ablenken durch Unterhaltung in den Massenmedien, bis sie der Realitätsverlust einholte. In der Masse wurden Menschen zunehmend zur Funktion von Daten- und Kapitalströmen. Die Ausstellung zeigte, wie sich Menschen – wie eine Grace Jones – sich in die Exzentrik einfügten, so wurden sie zum Bestandteil eines abgedrifteten Kunstwerks. Der Referenzzeitraum bis 1992 lag noch vor dem Informationszeitalter, dennoch zeigte die Ausstellung die ersten Personal Computer, so den damaligen Verkaufsschlager von Olivetti. Außerdem zeigte die Ausstellung das Modell Karin eines Citroen-Sportwagens, ausgestattet mit einem Navigationsgerät, der futuristisch aussah, über einen Prototypen hinaus hatte dieses Fahrzeugmodell es allerdings nie geschafft. Unter die Haut ging ein Film, der das Ausmaß von Umweltzerstörungen zeigte. Dabei kam das Jahr 1972 mit dem Bericht des Club of Rome, dass die natürlichen Ressourcen nicht in dem bisherigen Umfang verbracht werden können, nicht in der Ausstellung vor. Der Film aus dieser Zeit, der vielleicht in Lateinamerika und den USA entstanden war, schockierte hingegen. Er zeigte endlose Stromtrassen in kahler Landschaft, riesige Bagger, die im Tagebau Erze förderten, Kraftwerke, qualmende Industrieanlagen von babylonischem Ausmaß, Luftaufnahmen von Parkplätzen in einem ebenso großen Ausmaß, den Flächenverbrauch von Autobahnkreuzen und vieles mehr. Neugierde weckte die Ausstellung bei den relevanten philosophischen Strömungen. Michel Foucault war mir ein Begriff, ich hatte ihn aber nie gelesen, von Jacques Derrida, Baudrillard, Gilles Deleuze oder Francois Lyotard hatte ich aber nie gehört. Gerne würde ich das eine oder andere Buch dieser Philosophen lesen. Den Schlusspunkt der Ausstellung bildete ein weiteres Buch: das Ende der Geschichte von Francis Fukuyama. Ein Buch, das 1992 drei Jahre nach dem Mauerfall voll im Trend lag, sich aber in der Folgezeit nicht bewahrheiten sollte. Der Kapitalismus hatte nicht über den Rest der Welt gesiegt, viele Nationen auf der Welt widersetzten sich den Werten des Westens und dem Kapitalismus (obschon sie in höchstem Maß kapitalistisch wirtschafteten). Das Ende der Geschichte war allerdings nur eines der Merkmal der Postmoderne, die übrigen Strömungen waren zu zersplittert, zum Teil auch gegensätzlich.  

24. November 2023


Längere Unterbrechung im Büro durch den Black Friday. Meine Frau rief mich auf dem Handy an, sie suchte Angebote für eine neue Waschmaschine. Unsere Waschmaschine war dabei, ihren Geist aufzugeben. Immer häufiger blieb sie stehen mit der Fehlermeldung „Ablauf kontrollieren“. Anfangs wusch sie weiter, wenn wir die Start-Taste drückten, zuletzt wusch sie eine Zeitlang weiter, bis sich diese Fehlermeldung „Ablauf kontrollieren“ nicht mehr wegdrücken ließ. Ein Monteur, den wir bestellt hatten, diagnostizierte, dass die Pumpe erneuert werden musste, außerdem hatte die Waschmaschine einen Lagerschaden, was die Reparaturkosten auf über 600 Euro in die Höhe trieb. Unsere jetzige Waschmaschine war zwölf Jahre alt, so dass diese Verschleißerscheinungen normal waren. Meine Frau hatte im Internet nach Black Friday-Angeboten gesucht und war fündig geworden. Von Bauknecht war ein Modell für 348 Euro zu haben, was unseren Ansprüchen genügte. Sie verglich, suchte andere Fabrikate, fand aber nur die No-Name-Marke Privileg, die günstiger gewesen wäre, die wir aber nicht wollten. Bei den 348 Euro der Bauknecht-Marke packte wir noch eine zusätzliche Garantie drauf sowie Aufbau und Anschluss, da waren wir bei 438 Euro, alles zusammen für eine funkelnagelneue Waschmaschine. Durch das Vergleichen und Abwägen ging das Telefonat längere Zeit hin und her, bis die Interner-Bestellung durchgelaufen war und die Auftragsbestätigung im E-Mail-Postfach eingegangen war. Bezahlen mussten wir noch, dies sollte über eine Rechnung geschehen, die wir noch erhalten würden, sie war erst nach der Lieferung zu bezahlen. Durch die kaputte Waschmaschine hatten wir einen Wäschestau, ein wenig Wäsche wuschen wir in der Waschküche der Dreier-WG. Auf die Lieferung mussten wir noch eine Woche warten, so dass der Wäscheberg sich bis dahin vergrößern würde. Das Telefonat, das wir während meiner Arbeitszeit geführt hatten, war intensiv und lang, es hatte sich aber gelohnt.


25. November 2023


Nachdem wir einkaufen gewesen waren, war ich nicht mit dabei gewesen. Während unser Sohn und ich uns mit dem Verstauen der Einkäufe beschäftigten, zogen meine Frau mit unserer Tochter und dem Schwager los zum Weihnachtsmarkt in unserem Ort, der die irre führende Bezeichnung „Adventsmarkt mit Weihnachtsbaumerleuchten“ trug. Bis zum ersten Advent mussten wir noch eine Woche warten, die Beleuchtung des Weihnachtsbaumes auf dem Marktplatz strahlte bereits, beim Einschalten waren die Weihnachtslieder vom Chor und Gesangsverein bereits gesungen worden. Zur späten Stunde würden die Stände des Weihnachtsmarktes wieder abgebaut werden, denn einen Tag später, am Totensonntag, durften nirgendwo hierzulande Weihnachtsmärkte öffnen. Gleich zu Beginn der Marktstände trafen die drei Besucher frühere Arbeitskollegen meiner Frau aus der Zeit, als sie im Behindertenwohnheim gearbeitet hatte. Sie gehörten zu einem Stand der Lebenshilfe. Beim Gang über den Weihnachtsmarkt traf unsere Tochter eine frühere Klassenkameradin aus der Grundschule. Sie ging nun aufs Gymnasium, machte übernächstes Jahr ihr Abitur und wollte danach auf Lehramt studieren. Ihr war überhaupt nicht bekannt gewesen, dass eine Woche vor dem ersten Advent dieser Weihnachtsmarkt statt fand. Einen Thriller hatte sie geschrieben, und dieses Buch wollte sie veröffentlichen. Die Marktstände scharten sich im wesentlichen um den Marktplatz sowie ein Stück weit um die beiden dorthin führenden Hauptstraßen. Dicht neben dem Marktplatz befand sich der Stand des Chefs meiner Frau, der einen Gartenmarkt inne hatte. Er hatte ein eigenes Zelt aufgebaut mit Deko-Sachen für das Weihnachtsfest, die zwar sündhaft teuer waren. Aber regen nachgefragt wurden. An einem anderen Stand interessierte sich unsere Tochter für Modeschmuck. Für 29 Euro kaufte sie sich Ohrringe. Meine Frau unterhielt sich längere Zeit mit ihr, sie hatte ein Atelier für Modeschmuck im Nachbarort in der Nähe des einstigen Sportplatzes, der nun mit einem Altenheim und seniorengerechten Wohnungen bebaut war. Dicht nebenan, befand sich der Stand des Fördervereins des anderen Behindertenwohnheims. Die drei begrüßten die Leiterin des Fördervereins, die ihnen berichteten, dass Marmelade kaum noch zu haben war. Sie war etwas ratlos, Ware für den Weihnachtsmarkt eine Woche später im Nachbarort verkaufen zu können, wo ich selbst wahrscheinlich als Helfer im Einsatz sein würde. Natürlich wollte der Schwager einen Glühwein trinken, was sich in diesem Jahr so ergab, dass er sich nicht am Glühwein, sondern an einem Punsch erwärmte. Die drei wollten nämlich den Weihnachtsmarkt auf und ab schlendern, dazwischen kam aber ein winterlicher Platzregen. Sie standen gerade am Stand der Lebenshilfe, als der Regenschauer los brach. Dort gab es aber keinen Glühwein, sondern Punsch zu trinken, und so kam der Schwager in den Genuss eines Punsches, warm und mit reichlich Alkohol. Als der Gang über den Weihnachtsmarkt beendet war, aßen die drei noch in einem Restaurant. Da zu viele Weihnachtsmarktbesucher in das Restaurant am Marktplatz drängten, suchten die drei das Restaurant auf der Oberstraße, ein Stück weiter entfernt, auf. Während die drei dort Cevapcici und Schnitzel aßen, ließen unser Sohn und ich uns eine Pizza nach Hause liefern.

  

26. November 2023


In der 47. Kalenderwoche waren Küchenmöbel für die Dreier-WG geliefert worden. Anstelle des Buffetschranks war eine Küchenzeile mit Wand-, Hängeschränken und einer Kühl-Gefrierkombination passend genau in die Nische hinein aufgebaut worden. Am Vortag hatten wir noch den Buffetschrank abgebaut, dabei hatte der eine WG-Bewohner kräftig mitgeholfen, das schwere Unter- und Oberteil in die Garage abzutransportieren, um dieses an den Sperrmüll zu stellen. Mit dem neuen Kühlschrank wollten wir später die beiden Hochschränke bereinigen, die unsinnigerweise beschafft worden waren. In der ursprünglichen Einbauküche gab es einen Kühlschrank, der aber für drei Personen nicht ausreichte. Zwischenzeitlich hatten wir von einem Freund einen weiteren gebrauchten Kühlschrank organisiert, gleichzeitig hatte aber der eine WG-Bewohner einen solchen Hochschrank besorgt. Den von uns organisierten Kühlschrank hatten wir etwas später zu unserer Tochter nach Freiburg transportiert, da kam der andere WG-Bewohner ebenso mit einem eigenen Kühl-Hochschrank an. In der Küche standen nun zwei Hochschränke, die Platz raubten und kaum gefüllt waren. Das absolut widersinnige war, dass der eine WG-Bewohner immer wieder Lebensmittel in den Kühlschrank des Schwagers stellte, obschon sei eigener Kühlschrank kaum gefüllt war. Dieser WG-Bewohner, der immer wieder Geldschwierigkeiten hatte, lieferte in dieser Kalenderwoche weitere Beweise, dass er mit Geld nicht umgehen konnte. Bei seinen Wocheneinkäufen hatte er sechs Hähnchenschenkel gekauft, die sehr groß waren und die er in der Verpackung eingefroren hatte. Sie waren somit nicht mehr teilbar und mussten zusammen zubereitet werden. Am Freitag hatte er Hähnchenschenkel in ihrer Verpackung aus dem Gefrierfach herausgelegt, danach hatte er sich aber den Speiseplan anders überlegt. Er ging nämlich in die Imbissbude und kaufte sich für die zehn Euro, die er noch im Portemonnaie hatte, eine Pizza. Danach war seine Geldbörse leer, neues Geld bekam er erst am Montag wieder. So legte er die Hähnchenschenkel mit einer Verzögerung von mehreren Stunden in das Gefrierfach zurück. Am Samstag und am Sonntag besorgte ich für die WG-Bewohner Brötchen, wofür der WG-Bewohner keinen Belag zum Essen hatte. Es stand nur noch Marmelade in seinem Kühlschrank, die er dann auf den Brötchen aß. Ob und wie er die sechs Hähnchenschenkel am Wochenende zubereitet hatte, wissen wir nicht. Dem Schwager haben wir jedenfalls geraten, nicht davon mitzuessen, weil die zeitliche Dauer zwischen dem Heraus- und Wieder-Hineinlegen zu groß war. In der 47. Kalenderwoche gerieten wir selbst einmal mehr in die Mühlen der Bürokratie hinein, diesmal war der Verursacher das Finanzamt. Wir hatten nämlich bei der Bausparkasse die Wohnungsbauprämie für das Jahr 2020 beantragt, wozu wir den Steuerbescheid für das Jahr 2020 beigefügt hatten. Darauf teilte uns die Bausparkasse mit, dass wir die Frist zum Jahresende 2021 nicht eingehalten hätten. Diese Frist konnten wir aber gar nicht einhalten, weil wir den Steuerbescheid erst im Juni 2023 erhalten hatten. Die Steuererklärung hatte wir etwa im September 2021 eingereicht, mithin hatte das Finanzamt etwa ein Jahr und acht Monate gebraucht, um den Steuerbescheid auf die Reihe zu kriegen. Dies dürfte unterschiedliche Gründe gehabt haben, sicherlich auch, dass die Daten in irgendeine Ablage geraten waren, die nicht beachtet wurden. Diesen zeitlichen Versatz mit der sehr langen Bearbeitungsdauer wollte uns nun das Finanzamt bescheinigen. Wir hoffen, dass wir mit dieser Bescheinigung nun Erfolg haben werden bei der Bausparkasse mit der Gewährung der Bausparprämie.


27. November 2023


Sie wünsche sich den Klimawandel, so äußerte sich meine Frau angesichts der ungewöhnlichen nasskalten Witterung, bei der die Meteorologen sogar das Wort „Schnee“ in den Mund nahmen. Usselig kalt war es geworden. Vorgestern hatte es auf dem Weihnachtsmarkt in unserem Ort, worüber meine Frau und der Schwager spaziert waren, einen solch kräftigen Platzregen gegeben, dass sich die beiden unterstellen mussten. Nach einer Regenpause gestern Morgen regnete es erneut, heute nun Dauerregen ohne Regenpause. Wenige Grade über Null hatte der Regen eine unangenehme Form angenommen. Der Posttower stand im trüben Schleier, einsam und verlassen hatte der alleinstehende Baum seine Blätter verloren, Unkraut und Gestrüpp auf der Brachfläche wirkten noch verlorener, unsortierter und apathischer. Ich glaubte dass jeder Tropfen, der meine Übergangsjacke aufsog, in meine Glieder ziehen würde. Die Bewegungen erlahmten, ich drohte fest zu stehen und noch mehr zu erfrieren, danach suchte ich Schutz unter dem Dach der Straßenbahnhaltestelle, um wenigstens dieses Gefühl der Nässe stoppen zu wollen. In diesen Momenten hatte ich mir ebenso den Klimawandel zurück gewünscht, ohne diesen Dauerregen von morgens früh bis abends spät, der einen erstarren ließ und die Aktivitäten lähmte. Noch zögerten die Regentropfen, sich in Schnee zu verwandeln, der bei uns im Rheinland so oder so höchst selten vorkam. Einstweilen fuhr die Straßenbahn ein und im Inneren presste ich mich ganz dicht an die wärmende Heizung.

28. November 2023


Vom Fenster der Teeküche aus konnte ich beobachten, wie fragmentiert die Kölner Stadtlandschaft war.  Nicht in Bonn, sondern in Köln trafen wir uns diesmal mit unserem Team in einem Standort in der Kölner Stadtmitte. Wo einst der Maler Rubens sein Atelier in seiner Kölner Schaffenszeit gehabt hatte, war in den Nachkriegsjahren eines unserer Dienstgebäude aus dem Boden gestampft worden, das lange Zeit als Technikgebäude gedient hatte, nun waren Büroräume dort untergebracht, in denen wir unsere Tagung abhielten. In der Teeküche holten wir unseren Kaffee, und vom Fenster aus schaute ich auf das Durcheinander der gleichzeitig historischen und blassen, jüngeren Stadt. Im Zentrum des Ausblicks stand die romanische Kirche St. Maria im Kapitol, die auf römischen Ruinen erbaut worden war. Vor zwei Jahren hatte ich mir das Innere dieser imposanten Kirche mit ihrem Kleeblattchor angeschaut. In dieser historischen Substanz gingen die umgebenden Wohnbauten gesichtslos unter. Grau wie der Himmel, fügte sich die Farbgebung in das trübe Wetter ein. Kalt, so wie die Temperaturen um die Null Grad, gab sich die Wohnarchitektur. Balkone stülpten sich nach außen, jegliche Individualität ging in den Grautönen unter. Gleichförmig war die Linienführung, die dennoch jegliche Kontinuität vermissen ließen. Hier wohnen im Zentrum der Stadt ? Die Wohnlage mochte exzellent sein, aber zu verbaut, zu aufgewühlt und zu chaotisch. Im Mittelpunkt stand zwar dieses grandiose Zentrum der Kirche St. Maria im Kapitol, aber nicht vermochte die Bildkomposition zu beruhigen. Nervös entwickelten sich die Stockwerke von links nach rechts, und in der Ferne, auf der anderen Rheinseite, kratzten Hochhäuser an den Wolken. Das Gesamtbild war wie der umrauschende Verkehr, wovon man dank der Mehrfachverglasung nichts hören konnte: nervös, unstet, unruhig, ein ungemütlicher Ort.

29. November 2023


Wenn ich auf all die statt gefundenen Tagungen im Team zurück blicke, so sind die Erinnerungen durchweg positiv. Stets war es nett gewesen, im Kreis der Kollegen zusammen zu sein, mit ihnen zu plaudern und im lockeren Gespräch ein gewisses Quantum an Alkohol zu trinken. Wir schätzen uns untereinander, wir haben uns stets als Team gefühlt. Dies ist einer der Gründe, dass ich mich im Berufsleben immer wohl gefühlt habe und wohl auch bis zum letzten Arbeitstag zur Zurruhesetzung arbeiten werde. In diesen Tagen war wieder solch ein Treffen mit Arbeitskollegen, die diesmal aus dem ganzen Bundesgebiet kamen, so aus Hamburg, Bremen, Leipzig. Wir trafen uns in Köln, gingen über den Weihnachtsmarkt auf der Domplatte, tranken ein, zwei, drei Tassen Glühwein und aßen schließlich in einem Brauhaus, das zwischen dem Dom und dem Hauptbahnhof lag. Wir saßen ziemlich lange zusammen und tranken auch einige Gläser Kölsch, dabei verließ ich die gesellige Runde gegen zehn Uhr, und dabei erzählte die eine Kollegin aus Bremen, dass ihre Tagungen in ihrem alten Team, bevor sie in unser Team gewechselt war, nicht immer harmonisch waren. Sie erzählte namentlich von einer Tagung, bei der ihre Vorgesetzten nicht gerade ein sensibles Händchen hatten im Umgang mit ihren Mitarbeitern. Bei dieser Tagung sollte sich jeder Mitarbeiter selbst bewerten in einer Notenskala von eins bis zehn. Anschließend wurden diese vom Vorgesetzten bewertet, wobei die Einschätzungen weit auseinander klafften. Den Vorgesetzten passte sehr vieles nicht, was sie im vollen Plenum kund taten, und die Mitarbeiter bekamen einen sehr langen Katalog ab, was alles besser werden musste. Auf einen Mitarbeiter, der Bildungsurlaub genommen hatte, hatte es ein Vorgesetzter besonders abgesehen. Ihr seid intelligente Menschen, ihr habt das bewusst gemacht, so war die Formulierung des Vorgesetzten zum Bildungsurlaub. Der Mitarbeiter durfte allen berichten, was und wie er sich mit welchen Inhalten weiter gebildet hatte. Keiner meiner Vorgesetzten hatte jemals einen solchen Stil gehabt. Ein Kuriosum ereilte uns am zweiten Tag unserer Tagung. Als unsere kommissarische Leiterin kurz nach neun Uhr unsere Tagung beginnen wollte, ertönte ein nervender Warnton. Der dumpfe, betäubende Ton hörte effektiv nicht auf, bis wir begriffen, dass jemand einen Feueralarm ausgelöst hatte. Wir dachten an eine Brandschutzübung, die in gewissen Zyklen – meines Wissens einmal jährlich – durchzuführen war. Über eine Treppe und einen Seitenausgang schritten wir nach draußen, dabei packte ich mich warm in meiner dicken Jacke mit Schal und Handschuhen ein, denn draußen zog der Wind, es war eisig kalt und wenige Schneeflocken verirrten sich. Dass die Herumsteherei in der unangenehmen Kälte nichts mit Übung zu tun hatte, begriffen wir, als gleich mehrere Feuerwehrwagen hintereinander mit Martinshorn und Blaulicht eines der umliegenden Gebäude ansteuerten. Der Alarm war echt. Als wir nach längerem Herumstehen in unseren Tagungsraum zurück kehrten, hörten wir aus Gesprächen heraus, dass es in irgend einem Technikraum einen Schwelbrand von Kabeln gegeben habe. Danach setzten wir unsere Tagung fort, und ein Ergebnis der Tagung war diese Tafel mit all den Kärtchen, an welchen Themen wir im neuen Jahr 2024 arbeiten wollten.   

30. November 2023


In Maastricht spürte ich, dass die Verbindung zwischen Cafés, Musik und Poesie genau das ausmachte, was ich brauchte. Die Cafés waren wahnsinnig zahlreich und hatten eine Originalität, wie ich sie hierzulande nicht kannte. Die Tische waren aus Holz, die Wände holzvertäfelt bis auf Brusthöhe, darüber grau gestrichenes Ziegelmauerwerk. Die Theke hing voller Gläser, auf grauen Wandtafeln hingen Zettel mit den hiesigen niederländischen und belgischen Biersorten. Dieses Café hatte Stil, eingebettet in eine Innenstadt, die historisch wie aus einem Guss war – allerdings war hier auch nichts im zweiten Weltkrieg zerstört worden. Untermalt wurde meine Anwesenheit von einer Musik, die von rockigen Tönen zu synthesizer-geprägter Musik wechselte. Erst lief Crowded House mit dem Stück „all about the weather“, dann zwei, drei unbekannte Synthesizer-Stücke, dann Simon & Garfunkel. Die Verbindung machte aus, dass der Fluss der Gedanken wie selbstverständlich war, die Gedanken kamen und gingen, sie hörten nicht auf und waren noch inspirierender als hierzulande, wo es durchaus auch schöne Cafés gab. Genau dies machte den Mehrwert dieses Besuches von Maastricht aus. Was es hier in Maastricht nicht gab, das waren diese Bäckereiketten, wo man nebenher, wenn man seine Brötchen gekauft hatte, einen Kaffee trinken konnte. In Maastricht hatte man hingegen eine Vollausstattung mit gemütlichen Cafes, wo man sich in sich konzentrieren konnte. Nichts zerstückeltes und fragmentiertes, keine Stilbrüche zwischen alter und neuer Architektur, kein unaufgelöstes Nebeneinander von Billig und Qualitativ-ansprechend, keine Gleichzeitigkeit von Hasten, Eilen und Bummeln, auch keine Drogenabhängigen oder Bettler in der Innenstadt. Zu Hause fand ich auch meine Orte zum Verweilen, diese waren aber ungleich schwieriger zu finden als in Maastricht.


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