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Tagebuch Dezember 2019

1. Dezember 2019

Der Sonntag schritt voran, wir hatten zu Mittag gegessen, und um den Tag nicht nur in den eigenen vier WĂ€nden zu verbringen, beschlossen wir, den Bonner Weihnachtsmarkt zu besuchen. So fuhren wir los mit Schwager und Tochter. Zu viert war der Start auf dem MĂŒnsterplatz etwas holprig, da es voll war. Das GedrĂ€ngele war groß und die Warteschlange war lang, um in den KĂ€the-Wohlfahrt-Laden zu kommen. Dasselbe GedrĂ€ngele setzte sich fort, als ich nach einem Plan gefragt wurde. Diesen Plan, den ich in Form eines spontanen Bummelns und Schauens entworfen hatte, versperrte dann dieses GedrĂ€ngele, weil bei unserem Weg quer ĂŒber den MĂŒnsterplatz die Sicht auf die StĂ€nde des Weihnachtsmarktes versperrt war. Die Absicht zum Bummeln wich einer NervositĂ€t. Vertane Zeit, das dachten wir, denn die zu Hauf vorhandene Arbeit blieb zu Hause liegen. Obschon sich das GedrĂ€ngele an den StĂ€nden im Abschnitt der FußgĂ€ngerzone vor Karstadt lichtete, gestaltete sich unser Bummel nicht einfacher. Der Schwager war auf GlĂŒhweintrinken und Krakauer fixiert. GegenĂŒber von Karstadt gab es einen GlĂŒhweinstand, er wollte aber nicht im Stehen seinen GlĂŒhwein trinken, sondern sich hinsetzen. Das erschwerte unseren nicht vorhandenen Plan, auf welchen Wegen wir wohin bummeln wollten, erheblich. So bummelten wir vorbei an FreßstĂ€nden, wovon ein Stand, der frittierte Kartoffelscheiben anbot, besonders lecker aussah. Der Bottlerplatz gegenĂŒber C&A sah dann mit seinem MenschengedrĂ€ngele nicht ganz so katastrophal aus. Einige HandwerksstĂ€nde waren umringt von Besuchern, aber an vielen anderen StĂ€nden war die Sicht frei. An dem Stand mit Pralinen ĂŒberlegte unsere Tochter sehr lange, sie schaute, war interessiert, wollte sich von mir beraten lassen, sie war unschlĂŒssig, bis sie dann doch keine Pralinen wollte. Moment fĂŒr Moment, hatte sich unsere Grundstimmung sich ins Positive verwandelt. Einmal umkurvten wir die HandwerksstĂ€nde auf dem Bottlerplatz, dann wurstelten wir uns durch den dichteren Menschenstrom zum Friedensplatz hindurch. Dort erweckte ein Stand mit unterschiedlichsten Aufschriften von Vornamen und einem einheitlichen Katzenmotiv, die auf Tassen hinein graviert waren, unsere Aufmerksamkeit. Wir kauften keine Tasse, aber mit einem Schlag löste sich das Problem des GlĂŒhweintrinkens. An dem GlĂŒhweinstand auf dem Friedensplatz sah der Schwager es nicht mehr als erforderlich an, den GlĂŒhwein im Sitzen zu trinken, sondern er begnĂŒgte sich mit einem Stehplatz. Derweil trank ich einen Kaffee, wĂ€hrend Tochter und Ehefrau nichts tranken. Anstatt dessen aßen sie ein paar StĂ€nde weiter eine Bratwurst. Am anderen Ende des Friedensplatzes gab es an einer Imbissbude Krakauer zu essen, und so konnten wir die WĂŒnsche des Schwagers – GlĂŒhwein und Krakauer – vollends zufriedenstellen. Was hektisch begonnen hatte, war lĂ€ngst in Harmonie ĂŒbergegangen. Noch einmal bummelten wir an den zum MĂŒnster zugewandten StĂ€nden des Weihnachtsmarktes vorbei, dabei musste ich einen Abstecher in die Seitengasse zur Commerzbank machen, da Ebbe in meiner Geldbörse herrschte. Der Gang zum Geldautomaten war kurz, und danach konnte ich meinen Hunger stillen, da ich noch nichts gegessen hatte. Ich aß abseits des Weihnachtsmarktes, bei Pomm Fritz, wo man Fritten essen konnte, die so ungefĂ€hr aus frischen Kartoffeln gemacht waren wie in den Niederlanden. Dort ließ ich es mir schmecken – und der Rest der Familie stibitzte sich so manche Fritte von den beiden großen Portionen mit Mayonnaise und mit Ketchup.

2. Dezember 2019

Mit dem Überschreiten der Ü60-Altersgrenze rĂŒcken die EinschlĂ€ge nĂ€her. EinschlĂ€ge, die es im zwischenmenschlichen Umfeld sicherlich auch vor dieser Altersgrenze gegeben hat, aber man nimmt sie deutlicher wahr. Neuestes Beispiel ist ein Facebook-Freund, mit dem ich mich einmal im Jahr getroffen habe, eher hĂ€ufiger als seltener als dieses eine Mal. Im Januar hatte ich ihn das letzte Mal getroffen, da stand eine Augen-OP an. Eigentlich war er weitsichtig, aber mit einem Mal hatte sich die SehschwĂ€che umgekehrt. Die OP wurde durchgefĂŒhrt, und im Juni wollte ich mich wieder treffen. Er antwortete diffus, dass mit den Augen etwas nicht stimmen wĂŒrde, so dass er sich nicht treffen könne. Ich befĂŒrchtete schlimmes, als er einige Monate spĂ€ter in Facebook postete, man wĂŒrde eine Weile lang nichts mehr von ihm hören. So kam dann kein Lebenszeichen ĂŒber Facebook, persönliche Nachrichten blieben unbeantwortet. Erst jetzt, Anfang Dezember, erfuhren seine Facebook-Freunde, was los gewesen war. Das Sehvermögen hatte sich so rapide verschlechtert, dass es gegen Null gegangen war. Die Ursache dafĂŒr waren allerdings nicht die Augen selbst, sondern die Ärzte diagnostizierten einen Gehirntumor. Dieser war gutartig, er konnte entfernt werden, und mein Facebook-Freund fand sich mitten im Leben zurĂŒck und konnte wieder normal sehen. Als ich dies las, lief es mir eiskalt den RĂŒcken herunter. Die Krankheitsentwicklung war plötzlich gewesen, in weniger als einem Jahr traten die Symptome hervor und verschlechterten sich kontinuierlich. Und vor der Entfernung des Gehirntumors mochte es eine Frage auf Leben und Tod gewesen sein, ob mein Facebook-Freund jemals aus der Narkose wieder aufwachen wĂŒrde und wenn ja, wie. Seine Erfahrung muss grausam gewesen sein, wie sein Leben an einem seidenen Faden hĂ€ngt.

3. Dezember 2019

Wie ein Bahndamm in Köln-Ehrenfeld die Erinnerung an den Nationalsozialismus beschwört. Der Widerstand gegen die Nationalsozialisten gestaltete sich schwierig, weil Gedanken und GesprĂ€che bis in die Familien hinein kontrolliert wurden - so sollten etwa Kinder ihre Eltern und Verwandte und Eltern ihre Kinder und Verwandte denunzieren. Mithin war Kritik an Hitler und den Nationalsozialisten, an ihren Ideologien, ihrem Handeln oder ihren PlĂ€nen nicht nur in der Öffentlichkeit lebensgefĂ€hrlich. Nachdem der Bombenkrieg einen Großteil der StĂ€dte des Rheinlandes zerstört hatte, formierte sich ab 1943 Widerstand. Jugendliche rotteten sich in den Kriegsruinen zusammen, die Hitlerjugend lehnten sie mit ihrer gleich geschalteten Ideologie ab. Die losen Bewegungen im Rheinland, die naturverbunden waren, die gerne mit der Gitarre unterwegs waren und in ihren Liedern gegen die Nationalsozialisten stichelten, fassten sich als Edelweißpiraten zusammen. Die Jugendlichen verteilten FlugblĂ€tter, sie schmierte Parolen gegen die Nationalsozialisten auf HĂ€userwĂ€nde und Eisenbahnwaggons. Einer von ihnen, der damals 16-jĂ€hrige BartholomĂ€us Schink, stieß im SpĂ€tsommer 1944 zu einer Gruppe um den geflohenen KZ-HĂ€ftling Hans Steinbrink. Die Gruppe sammelte im zerbombten Köln Waffen und Sprengstoff, um einen – wie auch gearteten „Endkampf“ – gestalten zu können. Bei Auseinandersetzungen mit der Gestapo schießen sie schließlich auf örtliche NS-FĂŒhrer und Polizisten. Drei von ihnen, darunter BartholomĂ€us Schink, wurden festgenommen. Genau an dieser Stelle, unter diesem Bahndamm in Köln-Ehrenfeld, wo die Bahnlinie von Köln nach Aachen verlĂ€uft, wurden die drei Edelweißpiraten ohne Gerichtsverfahren am 10. November 1944 in Köln öffentlich gehĂ€ngt. Diese ErhĂ€ngung durch die Nationalsozialisten fasst die Wandmalerei in dem Zitat zusammen „Edelweißpiraten haben sie sich genannt, wo diese Blume war, da war Widerstand.“ Übersetzt in viele europĂ€ische Sprachen, rauschen ĂŒber die Betondecken die ZĂŒge hinweg.

4. Dezember 2019

In der Vorweihnachtszeit lĂ€ĂŸt es sich leider nicht vermeiden, dass man an allen Ecken mit Weihnachtsliedern berieselt wird, oftmals auf eine unpassende Art und Weise, wo sie im falschen Moment am falschen Ort das falsche Hintergrundambiente abgeben. So geschehen am Kölner Alten Markt im CafĂ©, wo der Blick aus dem Fenster auf den Weihnachtsmarkt in all seiner Harmonie nach draußen stach. Die Hintergrundmusik, die ansonsten eine Mainstreammischung aus Rock und Pop spielte, von Michael Jackson bis Madonna, dudelte nun mit Bruce Springsteen vor sich hin. Nun, zuerst verhĂ€lt es sich so, dass ich trotz seiner unstrittigen GrĂ¶ĂŸe und Beliebtheit ĂŒberhaupt nichts mit Bruce Springsteen anfangen kann. Die starke Inbrunst und die AusdrucksfĂ€higkeit seiner Stimme, die zweifelsohne besteht, lĂ€uft vollkommen meinen GeschmĂ€ckern zuwider. Falls möglich zappe ich zu Hause auf dem Radio zu einem anderen Sender, wenn ich Bruce Springsteen höre. Und nun sang Bruce Springsteen – passend und unpassend zugleich – in der Vorweihnachtszeit mit dem Weihnachtmarkt auf dem Alten Markt im Hintergrund ein Weihnachtslied. Aus voller Kehle schmetterte er dahin „Santa Clause is coming into Town“. Das war abscheulich, wie sich die weihnachtlichen KlĂ€nge aus seiner Stimme, die er voll aufgedreht hatte, aufdrĂ€ngten. Den KlĂ€ngen aus den Lausprechern, die etwas lauter waren als ZimmerlautstĂ€rke, suchte ich zu entfliehen, doch es gelang mir nicht. Ich befĂŒrchtete schlimmes, was die GemĂŒtlichkeit des CafĂ©s betraf, doch bei dem nachfolgenden MusikstĂŒck kam die Entwarnung. Es war ein Blues, dessen StĂŒck ich nicht kannte. Definitiv war es kein verkapptes Weihnachtslied, denn weder kam ein Santa Clause, noch Christmas oder ein Tannenbaum vor. Der Blues Ă€chzte und krĂ€chzte mit seiner schleppenden Stimme vor sich hin, und so war die Harmonie zurĂŒck gekehrt.

5. Dezember 2019

Eine weitere Negativ-Nachricht bei unserem Umbauvorhaben im Haus des verstorbenen Schwiegervaters, die uns allerdings nicht umhauen sollte. Wir waren davon ausgegangen, dass das Behindertenwohnheim, wo der Schwager wohnt, das Haus des verstorbenen Schwiegervaters anmietet, um dort betreutes Wohnen umzusetzen. Mit der Wohnheimleiterin hatte meine Frau dazu einen Termin, doch das Wohnheim sieht nun keinen Bedarf mehr. Es sind allerdings ZusammenhĂ€nge in die BegrĂŒndung eingeflossen, die obskur klingen und darauf beruhen, was man im Ort so umher erzĂ€hlt. Klatsch und Tratsch haben somit ein gewisses Gewicht an der Entscheidungsfindung gehabt. Ausschlaggebend war eine Situation, als der Schwager krank war und sich in demjenigen Behindertenwohnheim aufhielt, wo meine Frau gerade arbeitete (also nicht das Wohnheim, wo der Schwager wohnt). Meine Frau erzĂ€hlte, dass der Schwager bei Krankheit zum Haus Hildegard gehen muss, weil in seinem Wohnheim tagsĂŒber keine Betreuer anwesend sind. Dort geht er aber nie hin und dem Haus Hildegard ist es auch egal, wo er sich aufhĂ€lt. Meine Frau erzĂ€hlte weiter, dass Arztbesuche und Krankheiten allgemein ein Problem seien. So hĂ€tte es FĂ€lle gegeben, dass ihr zugesichert worden sei, dass das Wohnheim mit dem Schwager zum Arzt gehen wĂŒrde. An dem betreffenden Tag fand dann aber eine Teambesprechung statt, so dass er erst einen Tag spĂ€ter zum Arzt kam, weil meine Frau an diesem Tag arbeiten musste. Diese und andere Unzufriedenheiten habe man sich im Ort herum erzĂ€hlt, welche dann bei dem GesprĂ€ch meiner Frau mit der Wohnheimleiterin und einer weiteren Mitarbeiterin heraus gekramt wurden. Die Betreuung des Schwagers sei unzureichend, das wĂŒrde man sich im Ort erzĂ€hlen. Das hatte zwar nichts mit der Argumentation zu tun, dass es keine Bewohner gibt, die fĂŒr dieses betreute Wohnen in Frage kommen. Es wurde aber in aller Breite mit meiner Frau diskutiert. Die beiden Damen gaben dann meiner Frau andere Ansprechpartner aus anderen TrĂ€gern, die betreutes Wohnen anbieten. Von diesen Ansprechpartnern haben wir noch keine RĂŒckantwort.

6. Dezember 2019

Soeben haben wir einen mitreißenden Abend in der Realschule erlebt. In der dortigen Aula hat der Theaterverein Rheidt sein diesjĂ€hriges StĂŒck „Der Trödelkönig“ aufgefĂŒhrt. Uns ein TheaterstĂŒck des Theatervereins anzuschauen, diese Idee hatten wir, nachdem der Theaterverein sein Interesse bekundet hatte, GegenstĂ€nde aus dem Haus des verstorbenen Schwiegervaters fĂŒr die BĂŒhnenkulisse zu verwenden. Daraus wurde zwar nichts, aber das TheaterstĂŒck glĂ€nzte vor hervorragenden Akteuren auf der BĂŒhne. Dabei war der Hauptdarsteller kurios: eine mehr als 2.000 Jahre lang konservierte Mumie spielte die Hauptrolle. Allzu viel soll nicht verraten werden, aber ĂŒber das Eigenleben der Mumie entwickelte sich eine Komik, bei der ich mich bisweilen gekrĂŒmmt habe vor Lachen, wobei die Gesangseinlagen exzellent waren. Das erste Mal haben wir eine AuffĂŒhrung des Rheidter Theatervereins besucht, und es war bestimmt nicht das letzte Mal.

7. Dezember 2019

Irgendwie hatte der Einfall etwas besonderes fĂŒr sich, Bekleidung aus dem Haus des verstorbenen Schwiegervaters an den Mann – oder besser – die Frau zu bringen. Von der bereits 1996 verstorbenen Schwiegermutter waren mehrere KleidungsstĂŒcke dabei, die besonders verschnörkelt oder verziert waren, die RĂŒschen trugen oder auch selbst genĂ€ht waren. Meine Frau ordnete diese KleidungsstĂŒcke dem Modestil des „Vintage“ zu, und so suchten wir fleißig im Internet nach Mode-Vintage-LĂ€den. Diese gab es beinahe nicht in unserer Stadt oder in Bonn, aber in einer grĂ¶ĂŸeren Anzahl in Köln. Diese kontaktierten wir ĂŒber Facebook, wobei die Vintage-Boutique „ZeitschĂ€tze“ in der Kölner SĂŒdstadt Interesse zeigte. Ich solle vorbei kommen, und die Vintage-Anziehsachen einfach mal zeigen. Dies tat ich dann, wobei die Parkplatzsuche in der SĂŒdstadt in der NĂ€he des Ubierrings eine Herausforderung war. Bestimmt fĂŒnf Minuten musste ich zu Fuß laufen, doch der Fußweg lohnte sich. Es war ein wirklich hĂŒbscher Laden, der auf Alt getrimmt war und wo sich stĂ€ndig Kunden umschauten. Die AtmosphĂ€re war locker und gelöst, und die Inhaberin musterte genau die einzelnen KleidungsstĂŒcke und nahm elf Vintage-Anziehsachen entgegen. Auf Kommission, was bedeutete, dass sie diese StĂŒcke bis nach Karneval im nĂ€chsten Jahr in ihr Angebot nahm. Sie schĂ€tzte Verkaufspreise ein, die wir beim Verkauf erhalten wĂŒrden. Nach Karneval sollten wir uns wieder melden. Es war ein interessanter Exkurs in die Welt der Vintage-Mode.

8. Dezember 2019

An welchen Orten mich ein gewisser Teil meines Lebens umgetrieben hat. Vier Jahre lang hatte es mich regelmĂ€ĂŸig in dieses GebĂ€ude am Rande der Kölner SĂŒdstadt verschlagen. Das war im Zeitraum von 1997 bis 2001, als dieser breite und ausladende Bau die Fachhochschule Köln beherbergte. In diesen RĂ€umlichkeiten, wovon mir vor allem der breite und ehrwĂŒrdige Treppenaufgang im Eingangsbereich in Erinnerung geblieben ist, war wiederum die FernuniversitĂ€t Hagen untergebracht, wo ich in kleinen Lerngruppen meine Kurse absolvierte, die dann in Klausuren mĂŒndeten. Neben Familie und Beruf war das Fernstudium hammerhart, ab und an habe ich die Klausuren erst im zweiten Anlauf geschafft. Die Erinnerung ist aber durchweg positiv. Die Dozenten, die ihre TĂ€tigkeit ebenso nebenberuflich ausĂŒbten, hatten stets ein hohes Fachwissen und konnten die abstrakte bis trockene betriebswirtschaftliche Materie gut erklĂ€ren. Bis heute gilt ihnen meine Bewunderung, wie sie Bewertungswahlrechte in der Steuerbilanz, die Lagrange-Methode, die Portefeuille-Theorie nach Markowitz, die Gutenberg-Produktionsfunktion oder statistische Rergressionsanalysen vermitteln konnten. Die Dozenten waren genauso hoch motiviert wie die anderen studentischen Mitstreiter, zu denen sich einzelne Kontakte bis heute erhalten haben. Nach 2001 wurde das Studienzentrum der FernuniversitĂ€t Hagen von Köln nach Leverkusen verlegt. 2006 hatte ich schließlich das Fernstudium abgeschlossen, als ich den akademischen Titel eines Diplom-Kaufmanns geschafft hatte.

9. Dezember 2019

Wie der Apfel sich auf der Jugendstilfassade zu einem tragfĂ€higen Symbol entwickelt. Diese Kombination ist gar nicht so selten: gerade die Fassaden von KaufhĂ€usern und anderen großen Ladenlokalen tragen in FußgĂ€ngerzonen, wie hier auf der Kölner Schildergasse, den Jugendstil. SĂ€ulen, BlĂ€tterwerk von Pflanzen oder auch Tierdarstellungen umfassen den Jugendstil, der um die 1900er-Jahrhundertwende seine BlĂŒtezeit erlebte. Konzerne – wie hier Apple – suchen ebenso eine Symbolkraft ihrer Produkte, weil die Kundschaft stĂ€rker Symbolen zuneigt ist als einem Produktportfolio aus abstrakten Typenbezeichnungen. So ist bei Apple der Apfel selbstsprechend und mit seinem heraus geschnittenen Kreisanteil sogar unverwechselbar. Der Apfel und der Jugendstil sind zu einer Einheit geworden. Zu den floralen Mustern im Giebelbereich gesellt sich der Apfel des Weltkonzerns. Im Inneren des GeschĂ€ftslokals dreht sich nach seiner Bestimmung alles um iPhones und iPads. Was fĂŒr ein riesengroßes Warenangebot aus dem Hause Apple dort prĂ€sentiert wird, sprengt jede Vorstellungskraft.

10. Dezember 2019

In diesen Tagen hieß es: Daumen drĂŒcken. Das hatten wir groß auf unserem Terminkalender notiert, der sich in diesen Tagen der Vorweihnachtszeit voll gekritzelt ist vor lauter Terminen. Damit wir diesen Weg weisenden Termin nicht vergessen in den Tagen voller Betriebsamkeit, die vor lauter Terminen untergehen. Es galt, Daumen zu drĂŒcken fĂŒr die mĂŒndliche PrĂŒfung unserer Tochter, welche ihr Medizinstudium abschloss. Es war die allerletzte PrĂŒfung, bei der die Studenten eine Krankheitsdiagnose lebender Patienten erstellen mussten. Wie der Rest des Studiums, klappte diese letzten PrĂŒfung in Form der Krankheitsdiagnose bestens. Mit Bravour hat sie bestanden. Herzlichen GlĂŒckwunsch zum akademischen Grad einer Ärztin !

11. Dezember 2019

Locker und ungezwungen, wie eigentlich in all den Jahren zuvor, haben wir uns mit unseren Arbeitskollegen auf dem Bonner Weihnachtsmarkt versammelt. Die Resonanz hĂ€tte grĂ¶ĂŸer sein können, aber unser Abteilungsleiter und die vier Teamleiter glĂ€nzten mit ihrer kompletten Anwesenheit. Das gab dem Treffen eine Geschlossenheit und auch GemĂŒtlichkeit, so dass wir mit etwa zwölf Kollegen gut zusammen standen. Der GlĂŒhwein floß, und so mancher von uns musste abstinent bleiben, weil er oder sie mit dem Auto nach Hause zurĂŒck fahren mussten. Zuletzt diskutierten wir lebhaft, alle horchten, und wir beschworen vergangene Zeiten, die wir durchlebt hatten. Welche Kollegen unsere WeggefĂ€hrten gewesen waren, Namen kursierten, und ein gestandenes ResĂŒmee durchlebte alle Zeiten: in unserer Firma laufen sich alle frĂŒher oder spĂ€ter wieder ĂŒber den Weg. Ein ResĂŒmee war allerdings neu und gleichzeitig trivial. Es gibt einen jahreszeitlichen Verlauf, dass zu Jahresbeginn gejammert wird, weil viel zu wenig Geld budgetiert worden ist, so dass das operative GeschĂ€ft droht zu erlahmen. In der Weihnachtszeit werden die Mitarbeiter dann in höchsten Tönen gelobt, was auch wichtig ist, da viele Mitarbeiter, die direkt mit Kunden zu tun haben, einen wirklich harten Job ausĂŒben. Das ist dann aber auch so, dass die Mitarbeiter ihren Job so gut gemacht haben, dass die gesteckten Ziele in vielen Jahren erreicht werden. Jammer und Lob im Jahresverlauf: das Fazit ist, dass es richtig ist, das GeschĂ€ft ĂŒber das Geld zu steuern. Offenbar muss man gegen eine gewisse TrĂ€gheit ansteuern. Die Mitarbeiter können, wenn sie motiviert sind, einen guten Job machen. Die Kunst, sie zu motivieren und Wert zu schĂ€tzen, scheitert in der Regel nicht am Geldmangel.

12. Dezember 2019

Es gibt StĂ€dte und Orte, die solch eine Dynamik entfalten, dass man sie mit einem Mal nicht mehr wieder erkennt. Beispiel Troisdorf: noch im Januar dieses Jahres war ich mit dem Auto in diese Stadt gefahren. Vom Parkhaus am Bahnhof war ich zu Fuß unterwegs in die FußgĂ€ngerzone, der Rohbau eines mehrgeschossigen Baus stemmte sich in die Höhe. Der Fußweg lĂ€ngs der Baustelle war versperrt, so dass man die Straßenseite wechseln musste. Firmenwagen, deren Arbeiter auf der Baustelle tĂ€tig waren, vergrĂ¶ĂŸerten das Baustellenchaos. Nun war alles fertig und sah wie geleckt aus. Schmutz und Dreck waren verschwunden, die direkte NĂ€he zum Bahnhof scheint ein idealer Standort fĂŒr Hotelketten zu sein. Die Anbindung mit Eisenbahn zu den StĂ€dten Köln und Bonn ist ideal, und so werden Übernachtungen rege nachgefragt werden. Ein Konglomerat von Dienstleistungsbetrieben schart sich um die Gleise und um den Bahnsteig, wenn im wilden Tempo weiß-rot gestreifte ICEs vorbei rasen. An einem Bankschalter kann man sich mit flĂŒssigem Bargeld versorgen, wenn man sich im Fitness-Studio fit hĂ€lt oder dem Hobby des Tanzens in einer Tanzschule nachgeht. Bahnreisende können sich an einem Kiosk mit Zeitungen eindecken, und nach einer Fitnesseinheit oder nach einer absolvierten Tanzstunde kann man in einer Pizzeria gesellig beisammen sein. Die Konglomerate des Konsums wachsen zu urbanen Zentren zusammen. Alles ist stĂ€ndig in Bewegung und ringt nach VerĂ€nderung. Der Verbraucher bestimmt mit seinen Konsumgewohnheiten das Gesicht der Stadt.

13. Dezember 2019

Eine Zeit vor dem Kölner Dom ? Wer heutzutage den himmelwĂ€rts strebenden Kirchenraum dieser gotischen Kathedrale betritt, der vermag sich kaum vorzustellen, dass es einen VorgĂ€ngerbau gegeben hat. Ein genaueres Bild davon, wie diese VorgĂ€ngerkirche ausgesehen haben könnte, gibt ein Fußbodenmosaik. Wenige Jahre nach der Fertigstellung des Kölner Doms im Jahr 1880 wurden Fußbodenmosaike im Chorbereich verlegt, welche die bedeutendsten Kölner Erzbischöfe darstellen. Eines dieser Mosaike stellt den Erzbischof Hildebold dar, dessen HĂ€nde diesen romanischen Kirchenbau halten. Als wĂ€re die Last nicht schwer genug, stĂŒtzen zwei Mönchsgestalten die Kirche. Die Umrandung der Darstellung trĂ€gt die Aufschrift: „Herr Hildebold. Erzbischof von Köln, Erzkaplan Karls des Großen, regierte die Kirche von Köln vom Jahre 785 bis zum Jahre 819. Er begann den Alten Dom.“ In der Tat war es dieser Erzbischof Hildebold, der diesen großartigen Kirchenbau, von dem null und gar nichts erhalten ist, veranlasste. Die Idee zu diesem Kirchenbau mag er von dem karolingischen Zentralbau des Aachener Doms mitgebracht haben, denn Karl der Große hatte ihn als Gelehrten in seine Kaiserpfalz berufen. Um 800 beauftragte ihn Karl der Große, fĂŒr den Sitz des Erzbischofs in Köln eine neue Bischofskirche zu bauen. Die Fundamente fĂŒr diese fulminante Kirche wurden allerdings erst 818, einige Jahre nach dem Tod Hildebolds gelegt. Diese Kirche muss vor 857 fertiggestellt worden sein, denn die Annalen des Klosters Fulda erwĂ€hnen, dass der „Alte Dom“ durch einen Blitzschlag getroffen worden war, wobei drei Menschen getötet wurden. Mit 97,50 Meter war die LĂ€nge imposant und umfasste rund zwei Drittel der GrundflĂ€che des heutigen Kölner Doms. Grabungen unter dem Kölner Dom belegten im Jahr 1948 die Existenz einer frĂŒheren Kirche um 800. Viereinhalb Jahrhunderte wurde die Kirche als Gotteshaus genutzt, sie erlebte sogar die ÜberfĂŒhrung der Gebeine der Heiligen Drei Könige im Jahr 1164. Das Meisterwerk der Goldschmiedekunst, der Dreikönigsschrein, stand etwa nach 1200 im „Alten Dom“. Mit der Grundsteinlegung des „neuen“ Kölner Doms musste der „Alte Dom“ weichen. Er wurde abgebrannt, und die stehen gebliebenen Kirchenmauern wurden abgebrochen. Wie der stolze romanische Kirchenbau einst ausgesehen haben kann, dies hĂ€lt das Mosaik des einstigen Erzbischofs in seiner Hand.

14. Dezember 2019

Das Chaos nimmt in unserem Haus weiter seinen Lauf, nachdem wir uns entschieden haben, aus GrĂŒnden des Bundesteilhabegesetzes sowie aus KostengrĂŒnden ab dem 1. Januar nĂ€chsten Jahres den Schwager vorĂŒbergehend bei uns aufzunehmen. Die Grundsituation könnte sich klĂ€ren, nachdem uns gestern die öffentlich bestellte Gutachterin das Wertgutachten des Hauses des verstorbenen Schwiegervaters zugesandt hat. Die Planungssicherheit sollte nun gegeben sein, wenn der Wert der Immobilie bekannt ist. Allerdings Ă€ndert dies nichts an der Tatsache, dass wir das GĂ€stezimmer fĂŒr unseren Schwager herrichten mĂŒssen. Auch dort steht reichlich Krempel herum, wobei die Katzen sich allerdings freuen, dass die TĂŒre zum GĂ€stezimmer gerne offen steht und ein PlĂ€tzchen zum Einkuscheln im Bett bereit hĂ€lt. Der Zeitdruck bis zum Jahresende ist groß. Das Bett mit unserer Tochter muss getauscht werden, die Sachen mĂŒssen aus dem Behindertenwohnheim ausgerĂ€umt werden, ein Kleiderschrank fehlt fĂŒr die Anziehsachen des Schwagers. Es sind wieder einmal viel zu viele Dinge gleichzeitig abzuarbeiten, und das kurz vor Weihnachten. In diesem Umfeld gestaltet es sich selbst schwierig, einen Weihnachtsbaum aufzustellen.

15. Dezember 2019

Ein Novum, das bezeichnend war fĂŒr die Zeitnot in diesem Jahr. Im BĂŒro hatte ich mit meiner Frau und meiner Mutter telefoniert, dazu wollte ich noch eine Sache fertig erledigen fĂŒr meinen Chef. Die Regionalbahn um 17.07 Uhr hatte ich am Bonner Hauptbahnhof verpasst. Und um pĂŒnktlich um 18 Uhr am verabredeten Treffpunkt in Köln zu erscheinen, musste ich den Intercity um 17.22 Uhr nehmen. Mit der nĂ€chsten Regionalbahn wĂ€re ich erst nach 18 Uhr in Köln gewesen. DemgegenĂŒber hatte mir in den vergangenen Jahren ein ausreichendes Zeitkontingent zur VerfĂŒgung gestanden, einmal durch den Dom zu laufen und eine Kleinigkeit zu essen. Das war in diesem Jahr nicht so, und nachdem ich am Hauptbahnhof hastig eine Portion Fritten in mich hinein gestopft hatte, traf ich den frĂŒheren Arbeitskollegen um 18 Uhr an der Kreuzblume vor dem Dom. Unser alljĂ€hrlicher Gang ĂŒber den Weihnachtsmarkt am Alten Markt bot ausreichend Gelegenheit, uns auszutauschen. Es ĂŒberwogen GesprĂ€chsthemen, dass ihm der Freundeskreis seiner LebensgefĂ€hrtin bisweilen zu exklusiv und auch zu abgehoben war. Dazu kam eine gewisse Last durch die anhĂ€ngende Familie seiner LebensgefĂ€hrtin, eine Last, die von der Tochter plus Enkeltochter seiner LebensgefĂ€hrtin ausging. Wegen schlechter schulischer Leistungen sowie aufmĂŒpfigen Verhaltens in der PubertĂ€t war die Enkeltocher, 14 Jahre, zum Problem geworden. Bereits einmal hatte die Enkeltocher der in Berlin lebenden Familie die Privatschule gewechselt, und nun wollten die Eltern die Tochter auf eine andere Privatschule hinaus werfen. Dagegen intervenierte die LebensgefĂ€hrtin, aber auch der bei OsnabrĂŒck wohnende leibliche Vater. Nachdem die Enkeltochter eine zeitlang bei ihrem leiblichen Vater wohnte und auch dort zur Schule ging, holte die Mutter sie wieder zurĂŒck mit dem Ergebnis, dass sie nun auf Mallorca eine internationale Schule besucht. Die Familie der Tochter der LebensgefĂ€hrtin hatte jede Bodenhaftung verloren, ihr Mann besaß eine Leiharbeiterfirma und sie schwammen in Geld. Ein Ferienhaus am Gardasee hatten sie bereits gebaut. Nach Verkauf dieses Ferienhauses kauften sie sich ein anderes Ferienhaus auf Mallorca, wo die Enkeltocher dann die Schule besuchte. Widersinnig war dabei, dass der Vater Flugangst hatte. Um nach Mallorca zu gelangen, fuhr er mit dem Auto bis Marseille und dann mit der FĂ€hre nach Mallorca. Der Reichtum der LebensgefĂ€hrtin meines frĂŒheren Arbeitskollegen, die frĂŒh Witwe geworden war, resultierte aus Immobilienbesitz in Form von mehreren MietshĂ€usern. Eine Dreiergemeinschaft besaß die MietshĂ€user, von denen zwei sich von ihren Immobilien trennen wollten. Die LebensgefĂ€hrtin wollte diese Anteile kaufen, doch ein Immobilienmakler hatte sich eingeschaltet, so dass die Verkaufspreise in die Höhe schossen. Mit diesem zu hohen Verkaufspreis kam kein Hypothekendarlehen mit einer Bank zustande, so dass die LebensgefĂ€hrtin ihren Immobilienbesitz verkaufen musste. Aber was mit dem Verkaufserlös machen ? Sie kaufte sich nun eine Ferienimmobilie an der niederlĂ€ndischen NordseekĂŒste, wobei ich schmunzelte ĂŒber ihre Probleme mit der niederlĂ€ndischen Sprache. Das Verkaufsprospekt war auf Deutsch, aber die ganze Kaufabwicklung geschah auf NiederlĂ€ndisch. So hatten sie eine E-Mail erhalten, bis wann sie den Kaufpreis auf welches Konto zu zahlen hatten. Eine zeitlang spĂ€ter waren sie zur Abwicklung des Kaufs nach Middelburg gefahren. Weil sie die E-Mail auf NiederlĂ€ndisch nicht verstanden hatten, hatten sie den Kaufpreis auch nicht gezahlt, was wiederum Voraussetzung fĂŒr den Kauf der Ferienwohnung war. Unerledigter Dinge mussten sie dann von Middelburg nach Hause zurĂŒck fahren. Mangels NiederlĂ€ndischkenntnissen war die VerstĂ€ndigung zudem in Middelburg schwierig. Als die LebensgefĂ€hrtin ihre MietshĂ€user noch besaß, hatten sie – genauso wie wir – mit einem öffentlich bestellten Gutachter fĂŒr Immobilien zu tun. Dabei ging es um einen Rechtsstreit, weil eine Mieterin sich benachteiligt fĂŒhlte, da die WohnflĂ€chenberechnung falsch sei. Da die FlĂ€chenberechnungen gerichtsfest sein mussten, wurde ein öffentlich bestellter Gutachter benötigt. Schnell verdientes Geld, in seinem zweiten Leben wĂŒrde er sich zum öffentlich bestellten Gutachter umschulen lassen, das meinte mein Freund. Die digitale Messung der WohnflĂ€che hĂ€tte die Zeit eines Mausklicks gedauert, dann noch ein bißchen Rechnerei – und dafĂŒr hatte der öffentlich bestellte Gutachter 600 Euro pro Wohneinheit in Rechnung gestellt. Zum Freundeskreis der LebensgefĂ€hrtin gehörten so manche Artgenossen mit einem dicken Portemonnaie, darunter wohnte einer in Vancouver/Kanada. Einen mehrwöchigen Besuch hatten sie im nĂ€chsten Jahr eingeplant, wobei mein GegenĂŒber durchaus Lust verspĂŒrte, Vancouver kennen zu lernen. Allerdings ging es im unmittelbaren Anschluss nach Mallorca zu anderen Freunden, was dann wiederum absolute UnlustgefĂŒhle erzeugte. Er mochte die Freunde nicht, die dichte Aufeinanderfolge von lĂ€ngeren Reisen und Mallorca zĂ€hlte nicht unbedingt zu seinen Lieblingsinseln. In einem Punkt hatte er den Snobismus des Freundeskreises adaptiert: er hatte einen Golfkurs absolviert. Er wurde auch angesprochen, ob er fĂŒr 3.000 Euro im Jahr Mitglied werden wollte. Dies lehnte er dankend ab, da man auch ohne Mitgliedschaft auf dem Golfplatz bei DĂŒsseldorf Golf spielen konnte. In DĂŒsseldorf wiederum hatte sich die andere Tochter der LebensgefĂ€hrtin eine Eigentumswohnung gekauft. Die Tochter, eine ĂŒberzeugte Singlefrau, spielte kein Golf, aber es war der helle Wahnsinn, was der Immobilienmarkt in DĂŒsseldorf so hergab. Fette 300.000 Euro hatte sie fĂŒr 50 Quadratmeter bezahlt, und das nicht einmal bei bester Stadtlage in der Innenstadt. Die eigene Tochter, 32, war keine solch ĂŒberzeugte Singlefrau. Langsam bekam sie Torschußpanik, was die Suche nach ihrem Traummann betraf. Sie trauerte einem Traummann nach, mit dem sie im letzten Jahr den Tannenbaum geschmĂŒckt hatte, der aber keinerlei Absichten hegte und dies mehrfach bekundet hatte. Seine Ex-Frau, die seit 6-7 Jahren wieder verheiratet war, war ĂŒbrigens nach Schleiden in der Eifel gezogen. Ihr Mann arbeitete in der Eifel, und so hatten sie die stĂ€dtischen Strukturen von Mönchengladbach mit ganz viel Landschaft in der Eifel getauscht, wo man dementsprechende Fahrwege zum Einkaufen benötigte, aber mit jede Menge beschaulicher Landschaft in direkter NĂ€he. Was trieb den Freund sonst so um ? Er fotografierte WassertĂŒrme, wegen der NĂ€he in der Umgebung von Mönchengladbach. Er war sogar in Wegberg gelandet, dabei hatte er allerdings ein kleineres Konfliktpotenzial mit seiner LebensgefĂ€hrtin. Da die Strecke nur 20 Kilometer betrug, wollte er diese mit dem Fahrrad gefahren sein. Der LebensgefĂ€hrtin war die Fahrt durch das Stadtgebiet zu gefĂ€hrlich, so dass sie die FahrrĂ€der auf dem Auto bis Rheindahlen mitgenommen haben wollte. Das lehnte er wiederum ab, so dass er alleine fuhr. Geplant hatte er eine Fahrradtour auf alten Bahntrassen, durch das Bergische Land und durch das Hohe Venn. Achja, wir sprachen auch ĂŒber unsere schlechten ZĂ€hne. WĂ€hrend ich in KĂŒrze die teleskopierende BrĂŒcke eingesetzt bekommen wĂŒrde, hatte er vor etlichen Jahren acht ZĂ€hne gezogen bekommen, und dies unter Vollnarkose. Die Behandlung war gut verlaufen, dort hatte er nun Implantate. Ebenso wie bei mir war sein Rechnungsbetrag fĂŒnfstellig – dieser lag bei 12.000 Euro. Diesen Betrag hĂ€tte er eigentlich bar vorauszahlen sollen, was ihn eine gewisse MĂŒhe kostete, den Zahnarzt davon zu ĂŒberzeugen, dass er erst die Rechnung bei der Krankenkasse einreichen mĂŒsse.

16. Dezember 2019

Eine ganze Terminserie von Zahnarztterminen beanspruchte mich in den letzten ZĂŒgen des Kalenderjahres. Der Termin am 3. Dezember war schon heftig, als fĂŒnf ZĂ€hne abgeschliffen worden waren. Bis Weihnachten sollte ich die sogenannte teleskopierende BrĂŒcke erhalten, womit alle meine fehlenden ZĂ€hne am Oberkiefer ĂŒberbrĂŒckt werden sollten. Noch trug ich die Provisorien auf den fĂŒnf abgeschliffenen ZĂ€hnen. Zwei Implantate wĂŒrden in die teleskopierende BrĂŒcke einbezogen werden, so dass die BrĂŒcke auf insgesamt sieben ZĂ€hnen befestigt wird. Ein Wunderwerk der Zahntechnik sollte es werden, das hoffentlich bis an mein Lebensende halten wird.

17. Dezember 2019

Wie in anderen Situationen, war der Anruf des Bruders kurz und knapp. Die Stresssituation drang in seinem Telefonat durch, dass die Mutter im Krankenhaus lag und dass er alle wichtigen Personen zu informieren hatte. Dabei musste ich die Krankheitsdiagnose eines Oberschenkelhalsbruches einordnen, ein Sturz, ein Bruch und wie man im Krankenhaus vorzugehen dachte. Das Telefonat mit unserer Tochter und die Suche in Google stellten dann die begrifflichen Irritationen klar: dass der Hals von den Verletzungen betroffen war, ließ schlimmes befĂŒrchten, doch was man normalerweise unter „Hals“ verstand, war damit nicht gemeint, da vielmehr der Oberschenkelhals zur HĂŒfte gehörte, die folglich Gegenstand des Bruchs war. Das war aber immer noch schlimm genug, da die Heilung einen operativen Eingriff erforderte, wovon nicht nur wegen der BetĂ€ubung Gefahr ausging. Zudem wĂŒrde in der Ü80-Altersklasse die Heilung langsam verlaufen mit einem dementsprechend lĂ€ngeren Krankenhausaufenthalt. Da sich der Vorfall kurz vor dem Weihnachtsfest ereignet hatte, war ein Verbleib ĂŒber das Weihnachtsfest wahrscheinlich.

18. Dezember 2019

Auf was fĂŒr MerkwĂŒrdigkeiten wir gestoßen sind, als wir einen Abnehmer fĂŒr drei Pelze gesucht haben, von denen ein bis zwei der 1996 verstorbenen Schwiegermutter gehört hatten. Wir hatten die Kleinanzeigen aufgeschlagen in einem derjenigen WochenblĂ€tter, von denen unser Briefkasten zuhauf ĂŒberflutet wird. Selten bis gar nicht lesen wir die Berichte ĂŒber die Belanglosigkeiten des Lokalgeschehens, diesmal schauten wir in die Kleinanzeigen hinein. Gleich mehrfach interessierten sich HĂ€ndler fĂŒr allerlei Trödel und insbesondere Pelze. Also riefen wir an, wobei ausnahmslos Handy- und keine Festnetznummer angegeben waren. Der erste HĂ€ndler, mit dem wir telefonierten, kam aus Bochum. Pelze ja, dafĂŒr interessiere er sich grundsĂ€tzlich, aber fĂŒr drei Pelze von Bochum in unsere Gegend zu fahren, das sei irreal und unrentabel. Die zweite Dame, die wir erreichten, kam nicht weit weg von Bochum, nĂ€mlich aus Oberhausen. Das Echo war dasselbe wie aus Bochum. Zu weit weg, fĂŒr die Ausbeute von nur drei Pelzen lohnte sich die Anfahrt nicht. Wie kam es denn, dass HĂ€ndler aus dem Ruhrgebiet in unser Anzeigenblatt gerutscht waren ? Setzten sie auf eine breite Streuung, dass in Haushaltsauflösungen, egal wie weit entfernt sie lagen, große SchĂ€tze schlummerten ? Beim dritten HĂ€ndler mit dem sehr deutsch klingenden Namen Manfred Schmidt hatten wir schließlich Erfolg. Er kam zwar aus Krefeld, war aber hĂ€ufig im Großraum Köln-Bonn unterwegs. Er kooperierte sogar mit der ZDF-Sendung Bares fĂŒr Rares, er war Schmuckexperte und arbeitete mit Susanne Steiger zusammen, dessen Schmuckladen ich in Bornheim entdeckt hatte. Wegen des Schmuckes, den wir ihm nur in kleinen Mengen anbieten konnten, suchte er uns am nĂ€chsten Tag auf. Die Pelze waren dabei ein Mitnehmprodukt, von denen er zwei mitnahm. Die Ausbeute von 210 Euro war nicht schlecht, aber einen großen Berg von Anziehsachen wĂ€lzten wir weiterhin vor uns her.

19. Dezember 2019

Noch fĂŒnf Tage bis Heiligabend, und die WocheneinkĂ€ufe gestalteten sich bei real im HUMA-Einkaufszentrum in St. Augustin Ă€ußerst entspannt. Am frĂŒhen Vormittag war wenig los, in Ruhe fĂŒllte sich unser Einkaufswagen, niemand drĂ€ngelte sich zwischen den Regalreihen. Last-Minute-EinkĂ€ufe im schlimmsten MenschengewĂŒhl wollten wir auf wenige ResteinkĂ€ufe beschrĂ€nken. Da wir zugunsten der frĂŒheren Uhrzeit auf das FrĂŒhstĂŒck zu Hause verzichtet hatten, holten wir dies im HUMA-Einkaufszentrum nach. Wir entschieden uns, ein StĂŒckchen wie in Frankreich zu frĂŒhstĂŒcken. Die EPI-Boulangerie-Patisserie warb damit, dass sie Baguette nach der echten französischen Rezeptur backte. Aber wir probierten kein Baguette, wir studierten Leckereien mit wohl klingenden französischen Namen wie Eclairs, Chouquette oder Brioche an der Auslage. Wir wĂ€hlten eine „tarte flambĂ©e“, die man zwar mit „Flammkuchen“ ĂŒbersetzen konnte, die aber ganz anders aussah und schmeckte, wenn wir denn einmal Flammkuchen gegessen hatten. Die „tarte flambĂ©e“ war aus BlĂ€tterteig gemacht, die Rundform war viel kleiner als ein Flammkuchen und bedeckt mit einer dicken FĂŒllung aus SpeckwĂŒrfeln, die sehr herzhaft schmeckte. Bis uns die „tarte flambĂ©e“ serviert wurde, dauerte es ein wenig, weil diese im Backofen nochmals aufgewĂ€rmt wurde. Die AtmosphĂ€re, sich ein bißchen wie in Frankreich fĂŒhlen zu können, floss locker und lĂ€ssig dahin. Eine Insel der Ruhe inmitten des allzu hektischen Treibens vor Weihnachten.

20. Dezember 2019

Es fĂŒhlte sich so an, als hĂ€tten sich die Wogen des Mobbings etwas beruhigt. Die Schule neigte sich den Weihnachtsferien zu, und da ich Urlaub hatte, fuhr ich unsere Tochter zur Schule. Obschon das Aufstehen bei unserer Tochter zĂ€h war, beeintrĂ€chtigten weder Kopfschmerzen noch Bauchweh seit mehreren Wochen unsere Tochter. Ob sie mit Freude zur Schule ging, das wussten wir nicht. Aber im Hintergrund ahnten wir, dass in der Vorweihnachtszeit ein StĂŒckchen Frieden zu ihren MitschĂŒlern eingekehrt war. Sie nahm Teil an der Kommunikation in ihrer Klasse, was nicht immer so war. Am letzten Tag vor den Weihnachtsferien wurde gewichtelt, und schon Wochen vorher drĂ€ngte sie, auf dem Bonner Weihnachtsmarkt oder sonstwo ein Wichtelgeschenk zu besorgen. Vor einer Woche war es dann soweit, als wir mit unserer großen Tochter aus Freiburg den Bonner Weihnachtsmarkt besuchten. Nachdem sie auf dem Weihnachtsmarkt nichts schenkbares gefunden hatte, kaufte sie beim Kaufhof einen Markierstift und einen Bleistift. Schön eingepackt, ging es nun mit dem Wichtelgeschenk und einem Ein-Liter-Kakao-Tetrapak in die Schule. Der Abschied von der Tochter war eine gewisse Zeremonie. Aus dem Auto wollte sich nicht an dem Rondell, sondern auf dem Parkplatz neben dem Kindergarten heraus gelassen werden. Und dies nicht direkt vor dem Schultor, sondern eher auf der Mitte des Parkplatzes. Ich zĂŒndete den Motor aus und umarmte sie, wir wechselten weiche und warme Worte vor dem Schulunterricht. Leise vor sich her tappsend, schritt sie zum Schulhof. Nach der Schule, als sie nach Hause kam, war alles in bester Ordnung. In den ersten beiden Unterrichtsstunden hatten sie einen Film ĂŒber Huckleberry Finn geschaut. Das Wichtelgeschenk, das sie zurĂŒck erhalten hatte, waren Deostifte. Ein Wichtelgeschenk, ĂŒber welches der Schenker offensichtlich nachgedacht hatte.

21. Dezember 2019

Als Mann hatte ich Horror vor dieser Situation und in den vergangenen Jahren war ich daran vorbei gekommen, weil ich mit meiner Frau zusammen den Weihnachtsbaum ausgesucht hatte. Nun, in diesem Jahr, war die Zeit ohnehin knapp vor Weihnachten, weil das Chaos herum stehenden Hausrats groß war und viel zu viel aufzurĂ€umen war. So beschloss meine Frau, dass ich in diesem Jahr alleine den Weihnachtsbaum auszusuchen hatte, und dies ziemlich knapp vor Weihnachten, als die Auswahl von passablen, Weihnachtsbaum-tauglichen WeihnachtsbĂ€umen nicht gerade viel versprechend war. Ich drohte, in eine Falle der Unmöglichkeit zu laufen: zu groß, zu klein, zu dĂŒnn, zu dick, zu licht, krumm gewachsen, schiefe Spitze oder was auch immer, unser Wunsch-Weihnachtsbaum mit den Ideal-Maßen wĂŒrde nie und nimmer zu kriegen sein. So bewegte ich mich dann auf dem Weihnachtsbaum-GelĂ€nde ganz weit nach hinten, wo dann doch ein Weihnachtsbaum in gewisser Hinsicht den Ideal-Maßen entsprach – zumindest nach meinem Empfinden. Die freundlichen Jungs mit der MotorsĂ€ge fuhren dann flugs mit ihrem Quad zu den hinteren Weihnachtsbaumreihen am anderen Ende des kahl gesĂ€gten WĂ€ldchens, vorne am Eingang netzten sie ein und sagten die Frei-Haus-Lieferung am Folgetag zu. Gut gelaunt und im Glauben, vieles richtig gemacht zu haben, erhielt ich sogleich zu Hause einen DĂ€mpfer. Voller Überzeugung zeigte ich meiner Frau Fotos auf dem Smartphone, Fotos unseres Weihnachtsbaums mit einem Loch in der Mitte. Oben war der Weihnachtsbaum schön dicht, unten genauso, aber in die Mitte schob sich eine LĂŒcke ohne TannengrĂŒn. Das gefiel meiner Frau ĂŒberhaupt nicht, und wie schlimm oder weniger schlimm der Weihnachtsbaum tatsĂ€chlich aussehen wĂŒrde, das wĂŒrde uns erst dann so richtig ins Auge springen, nachdem er in unserem Wintergarten aufgestellt sein wĂŒrde.

22. Dezember 2019

Inmitten der Herausforderung, unseren Wintergarten so herzurichten, dass wir dort unseren Weihnachtsbaum aufstellen konnten, kostete ich die kleine Auszeit aus, in unsere Nachbarstadt zum Briefkasten der Stadtverwaltung zu fahren. Die Antwortkarte, um den Stadtwerken den ZĂ€hlerstand der Wasseruhr mitzuteilen, war wieder aufgetaucht. Den ganzen Tag waren wir mit RĂ€umen, SpĂŒlen und Saubermachen beschĂ€ftigt. Und der Berg von Hausrat aus dem Haus des verstorbenen Schwiegervaters schwand nur allmĂ€hlich. Hier ein unansehnlicher Tonkrug zum Wegwerfen, dort ein paar Streichholzschachteln, die sich zu den ĂŒbrigen Schachteln gesellen konnten. Hier ein Messbecher, dessen Schrift so abgewetzt war, dass man sie nur noch schemenhaft entziffern konnte, dort ein paar Deckel, zu denen die Plastikdosen fehlten. Viel zu viel blieb auf den angestammten PlĂ€tzen stehen. Am spĂ€ten Nachmittag war ich froh, mich fĂŒr ein paar Schritte nach draußen bewegen zu können. Vom Parkplatz zum Briefkasten der Stadtverwaltung, dann die Suche nach einem Briefkasten der Deutschen Post, da ein Brief seinen Weg zur Behindertenwerkstatt finden sollte. Ein kurzer Fußweg durch den plĂ€tschernden Regen ĂŒber den Marktplatz, auf dem eine große AbrißlĂŒcke klaffte. Der Regen plĂ€tscherte durch die klare Luft. Trotz der uninspirierenden Umgebung des monotonen Platzes setzten sich lĂ€ngere Ketten von Gedanken in Gang. Zeit zum Innehalten hatte ich allerdings nicht, zumal der Platz keinerlei Orte zum Verweilen bot. Vom Briefkasten schritt ich zurĂŒck an dem Lokal „Gertrudenhof“, wo ich in das großzĂŒgige, aber weitgehend entleerte Innere schauen konnte. Der Regen tröpfelte in mein Gesicht, benetzte die Brille. Tropfen verzerrten den Blick auf Schautafeln, worauf Gemeinschaften wie der VdK oder der Junggesellenverein informierten. Die paar Minuten Abwechslung von der GeschĂ€ftigkeit zu Hause gingen viel zu schnell vorbei.

23. Dezember 2019

Hatte sich grundlegend in ihrem Kopf etwas verĂ€ndert ? So schlecht der Fortschritt in den Weihnachtsvorbereitungen war, um so umwĂ€lzender war der Vorschlag, der in den vergangenen Jahren undenkbar gewesen wĂ€re. Um viertel vor sieben kam der Zug unserer Tochter am Bonner Hauptbahnhof an, und meine Frau schlug vor, gemeinsam unsere Tochter abzuholen und im Anschluss ĂŒber den Weihnachtsmarkt zu bummeln. Diesem Vorschlag, alle AufrĂ€umerei links liegen zu lassen und uns angenehmeren Dingen zuzuwenden, konnte niemand widerstehen. Voller Panik stellte unsere kleine Tochter bei der Annahme des Vorschlags fest, dass der gemeinsame Bummel durch die Innenstadt sogar zwingend notwendig war, weil sie noch gar nicht alle Geschenke beisammen hatte. So waren wir nach der Ankunft des Intercitys froh, dass wir alle zusammen gefunden hatten, wobei unsere kleinere Tochter den Gang ĂŒber den Weihnachtsmarkt mit ihrer Suche nach fehlenden Weihnachtsgeschenken im wesentlichen festlegte. Bei TKMaxx ließen wir sie alleine, damit niemand das Geschenk bemerkte. WĂ€hrend sie bei Thalia mit meiner Frau Ausschau hielt, schlurfte der Rest zum chinesischen Restaurant am Marktplatz. Allen Weihnachtsstress schob ich bei gebratenem Reis mit Huhn beiseite, das ich mit Messer und Gabel aß, wĂ€hrend die ĂŒbrige Familie sehr geschickt dabei war, mit StĂ€bchen zu essen. Wir waren so spĂ€t zu Hause, etwa gegen halb 10, dass das Weihnachtsfest ganz weit entfernt schien.

24. Dezember 2019

Es war ein hartes StĂŒck Arbeit, bis wir den Weihnachtsbaum im Wintergarten stehen hatten und die Bescherung statt finden konnte. So spĂ€t wie in diesem Jahr, es war so gegen halb acht Uhr abends, als wir essen konnten und die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum lagen, waren wir noch nie zeitlich unterwegs. Nach Wochen der Gelassenheit und ohne Zeitdruck, dass die Bescherung nahe rĂŒckte, war nun alles auf einmal zu erledigen. Erst vor dem Mittagessen eröffnete mir meine Frau, dass das Wohnzimmer mit all dem herum stehenden Hausrat einmal auszurĂ€umen sei, dass der Fußboden frei sein solle, um mit dem Staubsauger in einer Komplettaktion gesaugt werden solle. Dieses Chaos von Hausrat beförderte ich in den Flur, wo wir dann Teil fĂŒr Teil, StĂŒck fĂŒr StĂŒck, in kleinerem Umfang aussortierten und wegwarfen, in grĂ¶ĂŸeren Teilen in Kisten verstauten und danach ab in den Untiefen unseres Kellers. Bis wir danach gegessen hatten, war es bereits einiges nach 15 Uhr, wobei wir uns zwischendurch darĂŒber stritten, dass eine Katzentoilette aus dem Wintergarten in den Keller gehörte. Im Wintergarten hatten wir nunmehr dieselbe Aktion vor uns wie im Wohnzimmer, wobei wir uns zum einen grĂ¶ĂŸeren Teil mit Stapeln von Papierkram befassen mussten. Dies zog sich wiederum genauso zĂ€h in die LĂ€nge. Einen kleinen Teil entsorgten wir, die grĂ¶ĂŸeren Teile wanderten im Endeffekt in den Keller. In der Summenbetrachtung krankte vieles daran, dass es schwierig war, Abnehmer fĂŒr unseren ĂŒberflĂŒssigen Hausrat aus dem Haus des verstorbenen Schwiegervaters zu finden. Als alles leer war und wir unseren Weihnachtsbaum aufstellen, sah dieser nicht so schlimm aus wie befĂŒrchtet, da wir die lichte Seite mit dem Loch zur Wand hin positionierten. Beim SchmĂŒcken des Weihnachtsbaums halfen unsere Töchter fleißig mit, wĂ€hrend sich unser Sohn um die Batteriebeleuchtung kĂŒmmerte. So nahm die anstehende Bescherung doch eine harmonische und positive Wendung, so dass das Werk des aufgestellten Weihnachtsbaums, der Geschenke im Wintergarten und der gekochten Hackfleischsoße am Heiligabend dann doch vollbracht war. Es war aber ein hartes StĂŒck Arbeit mit einem Marathon des AufrĂ€umens und WegrĂ€umens, was wir allzu lang vor uns hergeschoben hatten.

25. Dezember 2019

Beim FrĂŒhstĂŒcken am Ersten Weihnachtsfeiertag hieß es: tief durchatmen. Die Anstrengung am Heiligabend war groß gewesen. Ein großer Kraftakt, den aufgetĂŒrmten Hausrat in Wohnzimmer und Wintergarten beiseite zu rĂ€umen, Ordnung und Übersichtlichkeit wieder herzustellen und unter dem Weihnachtsbaum uns gegenseitig zu beschenken. Dass wir im Wohnzimmer wieder dorthin treten und gehen konnten, wohin wir wollten, erschien nach Monaten der totalen Unordnung wie ein Wunder. Regungslos saß ich nunmehr am FrĂŒhstĂŒckstisch, ich suchte jede Bewegung zu vermeiden und bei einer heißen Tasse Kaffee wieder klaren Kopf zu bekommen. Die VerĂ€nderungen waren geradezu revolutionĂ€r, und wir waren erleichtert, in einer viel langsameren Taktung die beiden Weihnachtsfeiertage vor uns zu haben.

26. Dezember 2019

Solch ein Pech hatten wir am Weihnachtsfest noch nie gehabt, dass jemand aus unserer Familie ĂŒber Weihnachten im Krankenhaus gelegen hatte. So wurde der Besuch beim Bruder mit seiner Familie zur Durchgangsstation, auf der wir einige Tassen Kaffee und Mineralwasser tranken. Bei der aufgetischten Kuchenauswahl von Coppenrath & Wiese war ich der einzige, der davon aß. Unser Sohn und Tochter studierten ihre Manga-Comics, wĂ€hrend unsere große Tochter ihre sich auf dem Wohnzimmerboden ausbreitende Katze liebevoll streichelte. In der AtmosphĂ€re der sterilen weißen WĂ€nde lief der Besuch im Krankenhaus dementsprechend unromantisch ab. NĂŒchtern nahmen wir die Fakten zur Kenntnis: mit einer Eisenplatte war der Bruch stabilisiert worden, mittlerweile war der selbststĂ€ndige Gang zur Toilette wieder möglich, rund zehn bis vierzehn Tage wĂŒrde der Krankenhausaufenthalt dauern, und nach der Entlassung sei eine REHA empfehlenswert. Die Wiedersehensfreude mit unserer Familie war stark gewöhnungsbedĂŒrftig. In den unpersönlichen AblĂ€ufen des Krankenhausbetriebs stockte die zwischenmenschliche Kommunikation, wenngleich sie noch am selben Tag ihr Bruder und ihre Schwester besucht hatten. Sie klagte ĂŒber das Essen im Krankenhaus, und darĂŒber hinaus ließ sie demĂŒtig die Ursachen ihres Krankenhausaufenthaltes ĂŒber sich ergehen. Allzu lange dauerte unser Krankenhausbesuch nicht. Im Gegensatz zu unseren „normalen“ Besuchen kamen wir diesmal nicht ĂŒber die Phase der gegenseitigen TuchfĂŒhlung hinweg, der ansonsten ein herzlicheres und innigeres Wiedersehen folgte.

27. Dezember 2019

Besuch der Ausstellung „California Dreams“ in der Bundeskunsthalle. In chronologischer Reihenfolge und mit vielen anschaulichen Exponaten erzĂ€hlt die Ausstellung von der Besiedlung der amerikanischen PazifikkĂŒste, dem atemberaubenden Wachstum von San Franciscos durch den Gold Rush im 19. Jahrhundert bis zu den zeitgenössischen Bewegungen der 1968er-Flower-Power-Kultur oder des Silicon Valley. Das Bild, welches das Christentum im Namen der Kolonisierung abgegeben hat, ist in der Ausstellung nicht gerade rĂŒhmlich. Ab 1776, nachdem der Franziskaner-Pater Junipero Serra die Mission „San Francisco de Asis“ gegrĂŒndet hatte, konnten die spanischen Kolonialherren an der amerikanischen WestkĂŒste Fuß fassen. Diese Mission, die im wesentlichen eine militĂ€rstrategische Bedeutung hatte, zeigt ein GemĂ€lde, das die Malerin Oriana Weatherbee Day von 1877 bis 1884 gemalt hatte. Das geschĂ€ftige Treiben sieht nur auf den ersten Blick idyllisch aus. Die Missionare hatten es mit eingeborenen und indigenen VolksstĂ€mmen zu tun, die Indianern nicht unĂ€hnlich waren. Die Mission fungierte als eine Art von Umerziehungslager. Baracken waren der Missionsstation angegliedert, das GelĂ€nde war eingezĂ€unt. Die indigenen JĂ€ger, Sammler und Fischer wurden zu Gemeinschaften zusammengefasst und interniert. Missionare predigten das Christentum, und im Namen des Christentums war Zwangsarbeit auf den Feldern der Mission abzuleisten. Der Schein auf dem GemĂ€lde trĂŒgt. Es war kein harmonisches Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen, sondern eine Garnison von Soldaten befand sich in direkter Nachbarschaft. Fluchtversuche wurden drastisch bestraft. Diesen Wink gibt der Galgen, der einem beilĂ€ufigen Normalzustand angenommen hat, so dass Soldaten ĂŒber solche Geschehnisse hinweg plaudern. 1833 endeten diese Institutionen der UnterdrĂŒckung, nachdem viele Missionen sĂ€kularisiert, also aufgelöst wurden. „California Dreams“, eine lohnenswerte Ausstellung, die noch bis 12. Januar 2020 zu besichtigen ist.

28. Dezember 2019

Im Umfeld all unserer Umbau- und FinanzierungsaktivitĂ€ten, mit all unserem Ärger mit dem Amtsgericht und dem ErgĂ€nzungsbetreuer, im Umfeld all unserer AufrĂ€umaktivitĂ€ten, bei denen das Weihnachtsfest eine viel kurze Insel der Ruhe gewesen ist, in diesem Umfeld folgt nun die nĂ€chste grĂ¶ĂŸere Aktion. Umzug des Schwagers aus dem Behindertenwohnheim in das GĂ€stezimmer unseres Hauses, bevor er nach Fertigstellung in das Haus des verstorbenen Schwiegervaters umziehen soll. Was in seinem Zimmer im Behindertenwohnheim steht, mĂŒssen wir nun in unser Haus transportieren. Wegen des Sessels, der lang und sperrig ist, hilft ein Freund. Wir fahren zurĂŒck zu uns nach Hause, beide Fahrzeuge vollbeladen mit dem Sessel, Kartons, Regalen und Koffern. Am nĂ€chsten Tag rĂ€ume ich mit unserer Tochter den Kleiderschrank aus, der Unmassen an Anziehsachen enthĂ€lt – darunter alleine 16 Jacken (!!!) und soviel UnterwĂ€sche, die kein Mensch braucht. Es sind aber auch noch Puzzlespiele, BĂŒcher oder Kartons mit GlĂ€sern zu transportieren. Kurzum, soviel, dass wir in unserem Haus erneut ĂŒberschwemmt werden mit Massen von Hausrat, was wir wiederum verstauen mĂŒssen oder auch zu einem kleineren Teil entsorgen werden. GlĂŒcklicherweise wird dieser Zustand nur vorĂŒbergehend andauern, es ist aber noch unbekannt, wie lange.

29. Dezember 2019

Wieso das Kölner LebensgefĂŒhl BodenstĂ€ndigkeit vermittelt. Arbeiter haben das Stadtleben geprĂ€gt, das zeigt sich in Ehrenfeld. In der Epoche der Industrialisierung schossen die Fabriken wie Pilze aus dem Boden, weit verzweigte Gleisanlagen von Eisenbahnen fĂŒhrten in Werkshallen hinein. Das Innenleben einer Glasfabrik in den alten Werkshallen zeigt zum Beispiel die UnterfĂŒhrung unter dem Bahnhof Köln-Ehrenfeld auf einer Fotografie. Daneben schwört der Musiker Rolly Brings auf sein Kölner LebensgefĂŒhl: „IHREFELD, DU RUSSJEPUTZTE MADAMM, AHL MÄDCHE WAT ES AAN DIR NOR DRAAN ? DU RÜCHS NOH BIER UN AUSPUFF, NOH FRITTE UN KEBAB: IHREFELD, DU HÄS MI HERZ JESCHNAPP.“ Im Umfeld dieser morbiden, dunklen und aufgewĂŒhlten BahnunterfĂŒhrung eine treffende Charakterisierung.

30. Dezember 2019

Die Wellen des Chaos schwellen in unserem Haus wieder an. Was der Schwager aus dem Behindertenwohnheim – insbesondere aus dem Kleiderschrank – mitgebracht hat, ist reichlich bis ĂŒberreichlich. Es sind nicht nur die Jacken, die er in einer solchen Anzahl besitzt, dass er sie nie und nimmer tragen kann. Unter T-Shirts, Pullovern und Sweat-Shirts sind jede Menge dabei, die wir ihn nie haben tragen gesehen. Seine Antwort auf unsere Frage, wo und mit wem er sie gekauft habe, war: mit den Betreuern und im Urlaub. Der Kauf von Bekleidung ist anscheinend sehr unkoordiniert abgelaufen. Es scheint niemals aussortiert worden zu sein, welche Bekleidung verschlissen ist oder nicht mehr passt. Obschon jede Menge tragbare Bekleidung vorhanden war, ist einfach dazugekauft worden, und dies in einer viel zu großen Menge. Dazu hatte auch der Schwiegervater beigetragen, der fleißig ĂŒber das Internet Anziehsachen bei Walbusch bestellt hatte. Kein Hemd war gebĂŒgelt, nichts war ordentlich gefaltet, obschon der Schwager geĂ€ußert hatte, dass man mit ihm gebĂŒgelt hĂ€tte. Beim Sichten der UnterwĂ€sche fuhr der Schrecken in unsere Glieder, als wir vollkommen verdreckte Unterhosen mit gewissen braunen Streifen entdeckten. Das Chaos tĂŒrmte sich zwar wieder auf, die Situation war aber im Vergleich zum verstorbenen Schwiegervater anders. Die meisten Anziehsachen konnten wir in KleiderschrĂ€nke verstauen, der ĂŒbrige Hausrat war bereits in Umzugskisten verstaut oder wĂŒrde noch verstaut werden. Irgendwann wĂŒrde all dies in das umgebaute Haus transportiert werden. Wir mussten uns nicht dauerhaft den Kopf darĂŒber zerbrechen, den Hausrat einer sinnvollen Verwendung zuzufĂŒhren. Das verlieh der Sache dann doch wieder eine Perspektive.

31. Dezember 2019

Am letzten Tag des Jahres hieß es Abschied zu nehmen vom Behindertenwohnheim. Das AusrĂ€umen des Zimmers lief mehr nach einer Routine ab, die letzten Wolldecken, BierglĂ€ser, HandtĂŒcher in unser Auto zu verstauen. Ein Freund half uns, den bis zum letzten Moment benötigten Fernseher mit dem dazugehörigen Schrank mitzunehmen. Unsere eigenen Assoziationen mit dem Behindertenwohnheim waren nicht unbedingt positiv, der Abgang hĂ€tte schöner ausfallen können, als die Leiterin es ablehnte, uns Bewohner fĂŒr das betreute Wohnen im umzubauenden Haus des Schwiegervaters zur VerfĂŒgung zu stellen. Alles in allem, ein bĂŒrokratischer Apparat, bei denen sich die Behinderten in ihre AblĂ€ufe fĂŒgen mussten, was nicht immer dem Wohl der Behinderten dient. Wir waren froh, diesen unseligen Ort zu verlassen. Das Treppenhaus hinab schreitend, betrachtete ich dennoch die positive Energie der HĂ€ndeabdrĂŒcke, die belegten, was die HĂ€nde von Behinderten alles zu schaffen vermöchten.

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