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Tagebuch Februar 2019

1. Februar 2019

Obschon es leicht am tauen ist, hat es in den letzten Tagen so viel geschneit, dass eine ordentliche Menge Schnee liegen geblieben ist. So wurde das morgendliche Warten an der Bushaltestelle zu einer leichten Verzauberung. Eine banale Situation, der an Glanz und Schönheit gewann. Der Bürgersteig war geräumt, während der Schnee weiß auf den Dächern schimmerte. Straßenlaternen stocherten in die Kälte hinein, der kalte Schein der Autoscheinwerfer huschte über den Asphalt. Die Morgendämmerung schickte erste Lichter über die Schneeflächen, ein zarter Schleier von Wolken hing über dem stahlblauen Himmel. Ich genoss in einer Situation das Warten, was mir bei normalen Wetterlagen lästig erschien.

2. Februar 2019

Es ist das gewisse Etwas, was diesen Schwarzwälder Schinken ausmacht. Ist es eine Art von Geheimrezept, das ihm eine geschmackliche Note verleiht, wie man sie hierzulande im Rheinland nicht kopieren kann ? Unkopiert, unerreicht, original hat meine Frau, während ihres 6-Tages-Aufenthalts, den Schwarzwälder Schinken vom Freiburger Wochenmarkt mit nach Hause gebracht. Welcher Stand es war, das kannte ich von unserem Freiburg-Urlaub im letzten und vorletzten Jahr. Ich meine, es wäre eine Metzgerei im Umland von Freiburg – sprich im Schwarzwald – gewesen. Es müssen ganz besondere Gewürzmischungen gewesen sein, ebenso die Räucherung, die Trocknung und die Lagerung, welche diesem Schwarzwälder Schinken ein besondere Geschmacksnote verliehen haben. Das Aroma des Schwarzwälder Schinkens, der diesmal wirklich aus dem Schwarzwald stammte, war mit seiner schwarzbraunen farblich abgehobenen Schwarte besonders kräftig und würzig.

3. Februar 2019

Gut versorgt hatten wir unsere Tochter am heutigen Sonntag. Ihr Jugendchor probte ein Musical, und da die Proben umfangreich waren, wurden diese auf den Sonntag ausgedehnt. Von 10.30 Uhr bis 15.30 Uhr dauerte die Probe, einen ganzen Tag war der Chor beisammen. Die Chorleiterin organisierte, dass der Chor rundum versorgt war. Zu einem gemeinsamen Frühstück traf sich der Chor, mittags orderte sie von einem Lieferservice Pizzen. Wenn sie sich so umfassend um das leibliche Wohl gekümmert hatte, muss die Probe Spaß gemacht haben. Unsere Tochter strahlte auf jeden Fall über ihr ganzes Gesicht, als ich sie um 15.30 Uhr mit unserem Auto abgeholt hatte.

4. Februar 2019

Der Kölner Dom und die Grabmäler seiner Erzbischöfe. Die Machtfülle der Kölner Erzbischöfe war groß, da sie im Mittelalter als Vertreter des Papstes die Krönungszeremonie der römisch-deutschen Könige im Aachener Dom durchführten. Als Kurfürsten vereinigten sie ab dem 13. Jahrhundert gleichzeitig die kirchliche und weltliche Macht in sich. Seit dem 4. Jahrhundert sind große Namen von Kölner Erzbischöfen und Kurfürsten hervorgegangen, von denen viele im Chor des Kölner Doms begraben sind. Eine der ganz großen Namen beschreibt das Hochadelsgeschlecht der Wittelsbacher, zu deren Herrschaftsterritorium von 1583 bis 1761 das Kurfürstentum Köln gehörte. Insgesamt fünf Kölner Kurfürsten entstammten dem Haus Wittelsbach, darunter Clemens August von Bayern, der von 1723 bis 1761Kölner Kurfürst war. Er dürfte der bekannteste Kurfürst aus dem Hause Wittelsbach sein, der sich in seinen Bauprojekten wie dem Schloss Augustusburg in Brühl oder dem Schloss Clemensruh in Bonn-Poppelsdorf verewigt hat. In einer Seitenkapelle des Kölner Doms sind unter dem Wittelsberger Wappen die Kölner Kurfürsten Ernst, Ferdinand, Joseph Clemens und Maximilian Friedrich mit dem Namenszusatz „von Bayern“ begraben.

5. Februar 2019

Ausstellung im Kölner Hauptbahnhof. Insgesamt zwanzig Jugendliche wurden portraitiert, die auf der Straße gelandet waren, die wohnungslos waren und ohne Eltern, ohne Schule oder ohne Job aufwuchsen. Die Ausstellung unter der Überschrift „entkoppelt“ fotografierte die Jugendlichen, sie erzählte deren Biografien und auch nach vorne deren Perspektiven. Die Schicksale berührten und ähnelten sich in den Ursachen. Die Eltern waren alkohol- oder drogenabhängig oder häufig abwesend. Aufgewachsen bei Oma, Opa oder bei Pflegefamilien, gab es in der Erziehung oftmals Prügel beziehungsweise die Erziehung funktionierte effektiv nicht. Als Kinder, 12 oder 13 Jahre alt, landeten sie früh auf der Straße oder rissen aus Heimen aus. Vom Prinzip her wollten alle raus aus der Situation, wobei sie großem Umfang Hilfe und Unterstützung benötigten, Hilfe und Unterstützung, die von Behörden, von Jugendämtern und Streetworkern kommen musste. Die entkoppelten Jugendlichen benötigen verlässliche Anlaufstellen und Betreuer, die Vertrauen wachsen lassen. Sie benötigen Wohnraum sowie Arbeit und Beschäftigung, woran sich ein Selbstbewusstsein entwickeln kann. All diese Rahmenbedingungen sind fragil und zerbrechlich, so dass Perspektiven und Entwicklungen scheitern können. Doch die Hoffnung überwiegt in den Einzelportraits.

6. Februar 2019

Schaut man mehrere Jahrzehnte zurück, so haben sich die Stilrichtungen der Karnevalslieder gewandelt. Dass zum Beispiel bei Kasalla die Post abgeht, wenn sie ihre Stadt mit K besingen, solche rockigen Töne wären früher im Karneval undenkbar gewesen. Aber Karneval vereinigt sich ja Generationen übergreifend. In der Gegenwart singen die Karnevalsjecken neben Karnevalsliedern von Kasalla, Brings oder den Bläck Fööss auch die alten Gassenhauer eines Willi Ostermann, eines Karl Berbuer oder eines Jupp Schmitz. Solche Traditionen wissen die Karnevalisten zu würdigen, indem sie diese Urgesteine des Karnevals in Denkmälern verewigt haben. Eines dieser Denkmäler findet man zwischen der Hohen Straße und dem Rathaus, mitten in der Altstadt Kölns, auf einem Plätzchen mit der treffenden Namensgebung „Jupp-Schmitz-Plätzchen“. Der 1901 geborene Schmitz hatte eine klassische Pianistenausbildung erhalten, als er damit begann, Stummfilme am Klavier zu begleiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg er in den Karneval ein, indem er mit seinem Stück "Wer soll das bezahlen" über den Karneval hinaus bekannt wurde. Mit diesem eingängigen Refrain traf er 1949 den Geist der Nachkriegszeit, da die Kriegszerstörungen noch überall im Stadtbild zu sehen waren und da das Geld an allen Ecken und Enden fehlte. Zur Ikone des rheinischen Karnevals wurde er mit dem Stück „Am Aschermittwoch ist alles vorbei“. Der "Schnäuzer", wie er wegen seines markanten Oberlippenbartes genannt wurde, starb am 26. März 1991. Drei Jahre später enthüllte man ihm zu Ehren jenes Denkmal am bald darauf so benannten Jupp-Schmitz-Plätzchen. Dort sitzt er nun komponierend unter winterkahlen Bäumen und schwingt seine Tasten am Klavier.

7. Februar 2019

Morgens dunkel, abends dunkel, häufig Regen, morgens Frost, ein Haufen Schnee in der letzten Woche: erst heute gestalteten sich die Wetterverhältnisse so, dass sie eine Fahrt mit dem Rennrad ins Büro zuließen. All die übrigen Tage im neuen Jahr waren öffentliche Verkehrsmittel angesagt, mit all den dazugehörigen Holprigkeiten, ausgefallene Schnellbusse, morgendliche Endlosstaus vor der großen Ampel im Nachbarort, nicht funktionierende Heizungen im Bus bei Kälte. Es gab aber auch etliche Tage, an denen die Fahrt mit Bus und Bahn nach Plan verlief. Hätte ich dem gestrigen Wetterbericht geglaubt, dann hätte ich die heutige erste Fahrt im neuen Jahr mit dem Rennrad ins Büro schieben müssen, denn ein dickes Regengebiet hätte uns überqueren sollen. Jede Menge Wolken tummelten sich zwar am Morgenhimmel, doch daraus fielen gerade ein paar schlappe und dünne Tropfen Regen. Stark angefeuchtete Stellen auf dem Radweg reichten aus, die Fahrradbekleidung und den Rucksack zu verdrecken, dennoch machte die Fahrradfahrt Laune und Spaß im neuen Jahr. Ich bekam Lust auf mehr, und bald würden bestimmt die ersten Touren – Siebengebirge oder Ahrtal ? – nach draußen locken.

8. Februar 2019

Wenn der Rhein das Stimmungsbild färbt, wenn das Spiel der Wellen die Gedanken lose treiben läßt und wenn sich die Effekte des Lichtes über dem Lauf des Stromes erheben, dann besinne ich mich gerne auf William Turner. In seinen Reisen, die ihn ab 1817 an den Rhein führten, war er ein Meister der Malerei, dessen Lebenswerk sich mit dem Licht befasste. Er schaute mitten hinein, in die Kraftfelder des Lichtes, in all die Wechselspiele und Schattierungen, in Tageszeiten und Jahreszeiten. Er reflektierte das Licht in den vier Elementen Erde, Wasser, Feuer und Luft, so wie Aristoteles sie geformt hatte. Den Landschaften des Rheins aus Burgen, Felsen und Wasser verlieh er eine spannungsgeladene Energie, die in dem Wellenspiel des Wassers einen ausgleichenden Ruhepol fand. Am ersten Tag im neuen Jahr, an dem ich mit dem Fahrrad den Rhein entlang fuhr, flossen die Farben des Rheins aus den Gemälden des William Turner seicht dahin. Es war das Stückchen Sandstrand am Rheinufer in Beuel, das mich faszinierte. Den wuchtigen Klotz der Kennedybrücke, über den sich der Autoverkehr plagte, hatte ich hinter mich gelassen. Das Stückchen Sandstrand markierte ziemlich genau diejenige Stelle, wo die Fähre der Gierponte bis 1895 im Schatten der Kennedybrücke, bis diese gebaut wurde, über den Rhein verkehrte. Das zarte Geäst einer Weide zerfloss im Abendhimmel, weiße Punkte von Muscheln zerstreuten sich über dem Sand, die Pfoten von Hunden hatten vielerlei Spuren auf den Sand gezeichnet. Die Jahreszeit war verkehrt. Die Menge an Licht über diesem Stückchen Sandstrand versetzte mich unwillkürlich in den Sommer, in die heiße Jahreszeit oder gar an Strände des Mittelmeers. Doch daran war noch nicht zu denken. William Turner, der die Facetten des Lichtes in unterschiedlichen Jahreszeiten studiert hatte, hätte in dieser Abendstimmung die stille Variante des Lichtes auf der anderen Rheinseite gemalt. Den Gegensatz zwischen den dunklen Häusersilhouetten und dem letzten, aufbegehrenden Schwung des Abendlichtes. Oder den Übergang von einem zarten Gelb des Himmels in ein eisernes Grau aus langgestreckten Ovalen von Wolken. Mütter mit kleinen Kindern unterbrachen die Stille und das Licht. Laufräder parkten am Geländer, die Formen der Spannung über dem Rhein gingen in Harmonie und in Ruhe über. Vorsichtig, an den Armen der Mütter, spazierten die Beine der Kleinen die Treppenstufen hinab. Alle zusammen mussten aufpassen, denn die Stufen waren uneben bis ausgetreten. Eine kraxelige Aktion für alle, bis das Stückchen Sandstrand erreicht war. Und dann rieselte der Sand zwischen kleinen Händen und zarten Fingern und zauberte ein Lächeln auf die Gesichter der Kinder. Sand, der sich bei einem Hauch von Wind entspannte und am Ufer des Rheins verflüchtigte. Die Abendstimmung mit ausgewogenen Tönen und Schattierungen war perfekt.

9. Februar 2019

Bei den Wocheneinkäufen bei REWE zufälliges Treffen mit einem Freund, den ich im September im Bus getroffen hatte, davor aber bestimmt sechs bis sieben Jahre nicht mehr. Überraschend hatte ich bei dem Treffen im Bus davon Kenntnis genommen, dass er ab April 2018 im Ruhestand ist. Bei dieser Busfahrt war er unterwegs zu einem Lehrgang nach Düsseldorf, woran er für sein ehrenamtliches Engagement für die Kirche teilnahm. Das Ehrenamt war Voraussetzung dafür, dass seine beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge ohne Abzug von finanziellen Abschlägen berechnet wurden. Seine Grundvoraussetzungen waren im Vergleich zu mir anders. Er war jünger als ich, doch finanziell konnte er sich die niedrigeren Versorgungsbezüge leisten. Anders waren auch die Grundvoraussetzungen bei der täglichen Arbeit. Er hatte auf Posten gesessen, die sich mit IT-Anwendungen befassten. Bei Reorganisationen veränderten sich diese Tätigkeiten stark oder fielen sogar weg. Irgendwann fehlte die Perspektive, nach vorne schauen zu können, wenn erfahrungsgemäß Tätigkeiten früher oder später wegfallen würden. Dafür war allerdings der Arbeitsdruck sehr hoch, Ergebnisse vorweisen zu müssen. Er schätzte es, dass es noch Verbindung zu früheren Arbeitskollegen gab. Rund zwei- bis dreimal in der Woche sei er in der Kantine des Dienstgebäudes im Landgrabenweg, um mit den Kollegen gemeinsam Mittag zu essen. Bei mir waren diese Tätigkeitsprofile genau umgekehrt gelagert, dass diese über sehr lange Zeiträume erhalten blieben, vielleicht zeitweise wegfielen, später aber wieder belebt wurden. Es gab allerdings bei mir Phasen, die eher unangenehm waren. Personalabbau berechnen, den Abbau umsetzen, weil es immer wieder um Kosten und um Einsparungen ging. Sein Ehrenamt übte er aus, damit er sein Arbeitspensum nicht direkt von einer Vollzeittätigkeit auf Null reduzieren musste. Sein Ehrenamt, bei dem er sich viel mit IT, Verzeichnisstrukturen, Ordnerablagen und Virenprogrammen beschäftigte, wollte er nach einem Zeitraum von einem Jahr weiter reduzieren. Er pflegte bereits seine Mutter in Wilhelmshaven, die er ungefähr einmal monatlich aufsuchte. Seine beiden Brüder waren so sehr beschäftigt, dass seine Hilfe willkommen war. Bereits diese Pflegetätigkeit hätte ausgereicht, dass seine Versorgungsbezüge ohne finanzielle Abschläge gezahlt worden wären. Sein Ehrenamt bei der evangelischen Kirche mache ihm Spaß, ohne dass er dafür irgendeine finanzielle Vergütung erhalte. Den zeitlichen Umfang der Tätigkeit wolle er allerdings reduzieren, um mehr Zeit für sich und seine Familie zu haben.

10. Februar 2019

Die Kostümsitzung in Zündorf, die ich gestern zum dritten Mal miterlebte, hatte wie in den Vorjahren eine Reihe von Knallern dabei, die mich begeisterten. Der erste dicke Knaller war Guido Cantz, den wir bereits mehrfach Live – mit seinem eigenen Programm – erlebt hatten. Sein Humor war gekonnt, an den Dingen des Alltags Anstoß zu nehmen, die ihm querliefen, und daraus die Zuhörer zum Lachen zu bringen. Dabei ließ er sogar seine Heimatstadt Porz nicht aus. Wofür steht die Abkürzung PORZ ? Postleitzahl ohne richtiges Zentrum. Diese Anspielung bezog sich auf all die Baustellen, worunter die Stadt leiden musste. Ladenlokale standen in Porzity leer, und in der Vergangenheit war es den zahllosen Baustellen nie gelungen, die Innenstadt von Porz wirklich zu verschönern. Bitterböse Witze teilte er an Erdogan aus, dessen Anwesenheit bei der Einweihung der Moschee vom Flughafen bis nach Ehrenfeld ein Verkehrschaos ohnegleichen verursacht hatte. Er amüsierte sich über die Namensschöpfung der neuen CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, weshalb er mit der Abkürzung AKK viel besser klar kam. Als hätten sich die beiden abgesprochen, griff Bernd Stelter als Redner, mit seinen beiden Händen die Gitarre berührend, die Person der Annegret Kramp-Karrenbauer wieder auf. Wie Guido Cantz, sperrte sich seine Aussprache gegen das umständliche Namenskonstrukt. In seiner Phantasie stellte er sich vor, sie würde in zwei Jahren zur neuen Bundeskanzlerin gewählt und die Nachrichtensender aus aller Welt müssten sich in ihrer Landessprache an der Aussprache abarbeiten. Er simulierte, welche Wortungetüme die Nachrichtensprecher auf Englisch, Französisch, Niederländisch oder Schwedisch zu bewältigen hätten. Vor der Pause brachten die Klüngelköpp und die Paveier den Saal zum Kochen. Ihre Karnevalsmusik war nicht nur Stimmungsmache, sondern auch musikalische Einlage und Variation. Mittendrin in ihrem Stück „mer sinn us Kölschem holz“ wechselten sie ihre Instrumente auf Trommeln, und ihr gemeinsamer Trommelwirbel heizte ein und peitschte den Rhythmus voran, ein gelungenes Intermezzo. Es war der erste Live-Auftritt der Paveier, den ich erlebte. Ein überzeugender Auftritt, der mich feststellen ließ, dass die Urheber des Stückes „Leev Marie“ nicht Brings sind, sondern die Paveier. Danach sangen die Paveier ein Stück, das mich begeisterte: Nie mehr Alkohol. In einem Rhythmus, der ähnlich wie eine Polka klang und nicht abebbte, besangen sie, wie nach einer durchzechten Nacht bei einer schönen Frau die tragischen Ereignisse ihren Lauf nahmen. Die schöne Frau war weg, die Geldbörse und die Kleidung ebenso, draußen brachte ihn ein freundlicher Polizist zu seiner Wohnung, wo ihm seine Freundin eine Ohrfeige verpasste. Nie mehr Alkohol, das beschloss der Leidende aus diesen Ereignissen, doch gleichzeitig gestand er sich seine Schwächen ein: bis zum nächsten Mal, also doch wieder Alkohol. Der Schluss der Kostümsitzung endete allerdings im Mittelmaß. Bruce Kapusta war kein Höhepunkt der Veranstaltung, sondern zog das Niveau etwas nach unten. Karnevalslieder und der Klang einer Trompete ? Erstens passte dies nicht ganz zusammen, zweitens sang Bruce Kapusta zeitgenössische Stücke, die aus der Feder von ganz anderen Urhebern stammten, wie zum Beispiel „Leev Marie“ von den Paveiern, und drittens kam der Klang der Trompete nur bei wenigen Soloeinlagen zur Geltung. Das war schade für eine ansonsten gelungene und schöne Kostümsitzung.

11. Februar 2019

Herpes-Virus, den braucht echt niemand, weder Mensch noch Tier. Das Wochenende, nachdem ich aus Freiburg zurück war, die Augen von Stella und Rambo, da war was nicht in Ordnung. Montag war ich mit den Beiden beim Tierarzt. Bei Rambo war die Flüssigkeit im Auge klar, erstmal Bepanten zum Pflegen. Bei Stella sah es schon ernster aus. Fataler Weise haben wir uns erst mal für eine Augensalbe mit Cortison entschieden. Die hatte beim letzten Augeninfekt (Jumbo) eigentlich gut und schnell geholfen. Montag, eine Woche später, mit drei Transportboxen zum Tierarzt, auch Jumbos Augen fingen an. Bei ihm wurde ein Abstrich zum Labor geschickt. Mittwoch war das Ergebnis da, NIEDERSCHMETTERND. Der Virus von Oskar hat es geschafft, die Drei anderen Fellnasen zu infizieren. Rambo hatte es sehr schnell hinter sich. Stellas Auge kann man seit kurzer Zeit wieder erkennen. Bei ihr hatte sich der Virus schon im Mundbereich eingenistet. Nasenbluten, die Schmerzen lassen sich nur erahnen. Jumbo macht uns noch Sorge, der Krankheitsverlauf steht Stellas in nichts nach. Wir sind voll eingespannt fünf Mal Floxal, kurze Zeit später Virgan, Schmerzmittel, die beiden Kleinen mögen uns nicht mehr, immer kommt jemand, nimmt sie und gibt ein Medikament.

12. Februar 2019

Düsseldorf, an der Stadtgrenze zu Meerbusch. In Sichtweite von der Straßenbahnschleife der Linie 74 nach Lörick, wo das gelbe Ortseingangsschild aus dem gedrungenen Verlauf der Nebenstraße heraus stach, endete also Düsseldorf. Von der Straßenbahnhaltestelle aus schlenderte ich vorbei an dem Böhler-Park, einem Gewerbegebiet, das sich um Reste alter Fabrikhallen scharte, die zu den Böhlerwerken aus dem Gründungsjahr 1914 gehörten. Der Vor-Ort-Termin in unserem Telekom-Gebäude, das den Böhlerwerken gegenüber lag, brachte, wie viele andere Vor-Ort-Termine, so manche wegweisende Erkenntnisse. „Trau den Zahlen nicht, die durch die Maschine gemessen werden“, das war die eine Erkenntnis. Der Mitarbeiter, dem ich an diesem Tag über die Schulter geschaut hatte, meinte damit die Vielschichtigkeit von IT-Anwendungen, wovon unterschiedliche IT-Welten unterschiedliches Zahlenmaterial produzierten. Man müsse wissen, wo die richtige Zahl steht, welche Zahlen nicht zusammen passen, welche Zahlen genauer sind, welche Zahlen ungenauer sind und welche Zahlen überhaupt nicht stimmen. Fehler- und Schmutzeffekte verwässern einen Teil der Zahlenwelt. Man muss filtern und sie richtig interpretieren Eine zweite Erkenntnis des Kollegen war: „Alle schimpfen auf Roboter und auf künstliche Intelligenz, aber sie haben durchaus einen Nutzen.“ Damit meinte er denjenigen Ausschnitt seines Arbeitspensums, welches Roboter automatisieren können. Dies seien monotone bis stumpfsinnige Tätigkeiten, die das Denkvermögen wenig beanspruchen. Umgekehrt ließen Roboter dann schwierigere und komplexere Fälle übrig, womit er sich viel lieber befasse. Wie bei anderen Vor-Ort-Terminen, an denen ich das Tagesgeschäft in unseren Call-Centern kennen lernte, war es ein lehrreicher und interessanter Tag.

13. Februar 2019

In diesen Tagen, an denen der Vorfrühling schnuppert, sind die Temperaturunterschiede krass. An die 14 Grad hat der Wetterbericht tagsüber gemeldet, doch in frühen Morgenstunden ist von solchen Ankündigungen ganz und gar nichts zu spüren. Der Frost hat das morgendliche Geschehen im Griff, allgegenwärtig bedeckt sich die Landschaft mit seinem Rauhreif. Warm und dick muss ich mich einpacken bei der Fahrt auf dem Fahrrad ins Büro. Trotz Winterhandschuhen und Schal frieren Ohren und Nase. Trotz der Dauerbewegung des Tretens dringt die Kälte in Füße und Zehen ein. Es ist so kalt, dass sich an exponierten Stellen, wo der Regen Pfützen hinterlassen hat, Eisflächen gebildet haben. Wasser ist gefroren, in weiß-glitzernden Büscheln liegt das Gras platt auf dem Erdboden, vom Rauhreif erdrückt. Der Hintergrund stellt so etwas dar wie den Auftakt. Über dem Siebengebirge geht die Sonne auf, und der Übergang wird im Tagesverlauf krass sein. Von Frost und Kälte zu vorfrühlingshaften Temperaturen, von Winterhandschuhen und Schal zum kurzärmeligen Hemd. Wie beim Fieberthermometer, gerät das Kälte- und Wärmegefühl durcheinander. Orientierungslos in den Gefühlsregungen, weiß man bald gar nicht mehr, ob man sich drinnen in der wohligen Wärme einkuscheln soll oder ob man sich draußen von der wärmenden Sonne bescheinen lassen soll.

14. Februar 2019

Es war ein Tag, an dem ein Schock die angenehmen Ereignisse des Tages überlagerte. Die Post im Briefkasten, das Öffnen des Briefumschlags glich einem Bombenfund. Das war ein Schreiben der HUK, die im Rahmen der Krankenversicherung zuständig war für die Auszahlung der Beihilfe. Sie hatte sich verrechnet und forderte nun einen Betrag von 907,82 Euro nach. In den nächsten Tagen galt es nachzudenken, zu prüfen, zu verifizieren oder zu falsifizieren, eine Vorgehensweise zu entwickeln. Die Freude, dass ich mich genau an diesem Tag mit meinem Freund traf, mit dem ich die eine oder andere Rennradtour gemacht hatte, war dahin. Ich fuhr rüber, nicht mit dem Rennrad, sondern mit unserem Auto, an den Rotter See. Dort gingen wir essen im Sieglarer Grill, der fünf Gehminuten von seiner Wohnung entfernt lag. Der Inhaber war entweder Türke oder Araber, und auf der Speisekarte gab es Döner, Pizza, Nudeln, Burger. Die Tortellini mit Schinken und Sahnesoße, die ich aß, waren sehr lecker. Wir redeten viel über Rennradtouren, auch über unsere Haustiere, Hunde und Katzen, für die wir alles taten und wofür wir keinen Zeitaufwand scheuten. Allerdings sah ich viele Pläne an unseren zeitlichen Restriktionen scheitern. Weil es zu Hause an Vorhaben und Aufräumaktionen nicht vorwärts ging, fehlte die Akzeptanz für längere Touren. Was wir ins Auge gefasst hatten, war gar nicht einmal so lang und ausgedehnt. Nach Köln, rund um die Wahner Heide, im Troisdorfer Brauhaus essen gehen. Wieder einmal wurde mir bewusst, dass ich zu Hause einen Plan brauchte. Und den hatte ich in der Regel nicht. Wir konnten noch so viele Pläne aushecken: nur einen kleinen Bruchteil davon würden wir realisieren können.

15. Februar 2019

Beim Aufräumen in unserem Schlafzimmer ist ein Altbestand französischer Zeitungen zum Vorschein gekommen, der bei irgend welchen Aufräumaktionen von Zeitungen übersehen worden ist. Es sind alte Ausgaben des Nouvel Observateur odes des L‘Express, teilweise fünf Jahre und älter, die ich seiner Zeit gern gelesen hatte, zum einen, um meine Französischkenntnisse auf Vordermann zu halten, und zum anderen, weil ich die journalistische Qualität geschätzt hatte. Beim Sichten und Durchblättern der alten französischen Wochenzeitungen konnte ich dies aus heutiger Sicht bestätigen, so dass ich einen eher kleinen Teil entsorgen werde. Die journalistische Qualität sehe ich in der Form des Portraits, denn der Nouvel Oberservateur portraitiert in jeder Ausgabe auf einer Seite eine Persönlichkeit, diese Durchgängigkeit kenne ich von keiner deutschen Zeitung. Und dann beinhalten die Sichtweisen, wie an ökonomische Themen heran gegangen wird, einen Mehrwert. In den Texten steckt viel mehr Kritik an der Konsum- und Wachstumsideologie als in deutschen Zeitungen. Ökonomische Modelle werden auf den Prüfstand gestellt, und Wachstumsideologie, Innovationen und Zukunftsperspektiven werden nicht so blind als einzig mögliche Vision, der alle hinterherrennen müssen, dargestellt. In deutschen Zeitungen muss man einiges tiefer zwischen den Zeilen lesen, um kritische Untertöne heraus zu lesen.

16. Februar 2019

4.500 Arbeitsplätze, das ist jede Masse. Großbaustellen haben in Bonn um sich gegriffen, die das Stadtbild jetzt und in Zukunft grundlegend verändern werden. Die geplanten Bauten sind dann noch größer, noch ambitionierter und noch wagemutiger. Diese großspurige Veränderung spürt man besonders rund um das damalige Bonn-Center, das vor zwei Jahren gesprengt worden ist. Wie soll der Sinn einer solchen Sprengung anders definiert sein, als dass an dieser Stelle neu gebaut wird ? Der Bedarf an Büroflächen wächst. Der Bauboom im früheren Regierungsviertel ist ungebremst, vor allem rund um den Trajektknoten. Alle schauen positiv und voller Perspektiven nach vorne, da sich in der früheren Bundeshauptstadt weniger Industriebranchen niedergelassen haben, die sich in einer Abwärtsspirale befinden, sondern Institutionen und Forschungsbereiche, die wachsen. Vollgepackt mit Perspektiven, träumen die Stadtplaner einen Traum. Die frühere Bundeshauptstadt als Zukunftsvision mit einer Skyline von Hochhäusern. Wo früher das Bonn-Center stand, soll nun ein dreiteiliger Bürokomplex mit einem Hochhaus am Neuen Kanzlerplatz in Bonn mit 28 Stockwerken gebaut werden. Mit den geplanten 101,5 Metern Höhe wird das Hochhaus zum dritthöchsten Gebäude in der Stadt aufsteigen – nach dem Post Tower mit 163 Metern und dem Langen Eugen mit 114 Metern. Den Großteil der 4.500 Arbeitsplätze wird nicht die UN belegen, die inzwischen auf 23 Institutionen am Standort Bonn angewachsen ist, sondern die Postbank. Bald soll sich an dieser Großbaustelle der eine Baukran auf acht Baukräne vermehren, damit das Skelett des Hochhauses aus Stahl und Beton in die Höhe wachsen wird.

17. Februar 2019

Ist es typisch, dass dieser allgemein gültige Begriff der Landwirtschaft entnommen ist ? Ein engstirniges und in Silos fest gehaftetes Denken wird sicherlich nicht nur unter Landwirten verbreitet sein. Vielmehr dürfte diese Krankheit des Silodenkens mit Spezialistentum eng einher gehen. Der Mensch hat aufgehört, in anderen Kategorien zu denken, er fühlt sich eingeschlossen in seinem Kasten, wo er nur nach oben und nach unten schauen kann. Die Denkansätze über und unter ihm kann er noch erkennen, während er sich dem Querdenken verschließt. Dieser Mensch ist nicht vernetzt, er ist Gefangener der Zuständigkeiten seines Bereichs. Die Kästchen seiner Organisationseinheit kann er zu einer Festung ausbauen, die alles, was von außerhalb kommt, dann abwehren kann, wenn es mit dem eigenen Denken und den eigenen Aufgaben nicht vereinbar ist. Es kommt dann auch zu keiner Auflösung unterschiedlicher Zielsetzungen, da jeder nicht das übergeordnete Ganze betrachtet, sondern nur das eigene Wohl und die Vereinbarkeit mit dem eigenen Kästchen der eigenen Organisationseinheit. Solche Denkwelten sind weniger typisch für die Landwirtschaft, sondern eher für eine Bürokratie. Die Züge einer Bürokratie können bisweilen krankhaft sein, wobei ich gerne an Endlosflure und das Einheitsweiß von Behörden denke.

18. Februar 2019

Frust über dem Aktenordner. Die ersten Recherchen zu den Nachforderungen der HUK waren ernüchternd. Es gab tatsächlich Überzahlungen, bei denen die von der HUK ausgezahlte Beihilfe plus der Kassenleistungen der Postbeamtenkrankenkasse den Rechnungsbetrag der dazugehörigen Arztrechnungen überschritten hatte. Die Recherche gestaltet sich allerdings äußerst mühselig, da jede einzelne Rechnung mit den Erstattungsbeträgen der HUK und der Postbeamtenkrankenkasse gesichtet werden muss. Das sind abendfüllende Beschäftigungen für mindestens eine Woche, an denen ich besseres zu tun gehabt hätte. Bei diesem Wälzen von Papier baut sich ein neues Feindbild der Krankenkassen auf: in der Mehrzahl der Fälle muss ich zuzahlen, entweder weil Höchstsätze überschritten werden oder weil bestimmte Leistungen vor vornherein abgelehnt werden, und von dem, was die Krankenkasse weniger zahlt, darf sie Geldbeträge zurück fordern. Das Vertrauensverhältnis, wenn es ein solches mit der Krankenkasse gegeben hat, ist dahin. Ein Kampf gegen die Bürokratie der Krankenkassen, wo die Vorgaben bisweilen absurd und nicht nachvollziehbar sind. Ich bin noch auf der Suche nach einer Strategie, wie ich mich am besten aus dieser Affäre der Nachforderungen heraus ziehen kann.

19. Februar 2019

Die Einöde rund um den S-Bahn-Haltepunkt Helmholtzstraße offenbarte, welche verkrampften Aktionen Arzttermine nach sich zogen. Arzttermine wahrzunehmen, kostete mich stets eine gewisse Überwindung, alleine aus einer Furcht heraus, dass sie sich zu Zeitfressern entwickeln könnten. So auch heute. Die Fahrt mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof zur Helmholtzstraße war ein Engpassfaktor, da die Bahn nur alle halbe Stunde fuhr. Das war unzeitgemäß, wenn man etwa das Intervall der Bahn nach Euskirchen mit anderen S-Bahnen von Köln nach Troisdorf, nach Düren, Düsseldorf oder Neuss verglich. An der Verzögerung trug ich allerdings auch selbst meine Schuld. In die Straßenbahn eingestiegen, bemerkte ich, dass ich mein Job-Ticket vergessen hatte. Nachdem ich vom Büro zurück war, hatte ich die S-Bahn vom Bonner Hauptbahnhof nach Euskirchen um 13.40 Uhr verpasst. Eine halbe Stunde später fuhr die nächste S-Bahn zur Haltestelle Helmholtzstraße in Duisdorf, wo in fünfminutiger Entfernung die Hautärztin ihre Praxis hatte. Weil ich zu spät zum Termin bei der Hautärztin eintraf, musste ich dort eine gewisse Wartezeit in Kauf nehmen. Das Malheur geschah, als der Arzttermin beendet war. Auf dem Weg zur S-Bahn-Haltestelle Helmholtzstraße sah ich die S-Bahn einfahren. Zum Rennen war das Stück zur S-Bahn zu weit, und so musste ich mit ansehen, wie die Bahn anfuhr, wie die roten Waggons sich zögernd wieder von der Stelle bewegten und dann in Richtung Hauptbahnhof entschwanden. Die Einöde der Haltestelle vor Augen, die rundum von Feldern umgeben war, musste ich überlegen. Eine halbe Stunde in der stumpfen Monotonie von platten Feldern zu verbringen, bis die nächste S-Bahn anrollen würde, dabei drohte ich zu verblöden. Ich entschied mich, umzukehren auf die Rochusstraße. Eine Bushaltestelle war nicht weit. Genau acht Minuten musste ich auf den nächsten Bus warten, dessen Fahrzeit mit 13 Minuten allerdings einiges länger dauerte als die Fahrt mit der S-Bahn. Bis ich im Büro zurück war, war es 16 Uhr. Zwei Stunden und fünfundvierzig Minuten hatte mein Ausflug zur Praxis der Hautärztin gedauert. Ein wahrer Zeitfresser, der mir für eine Dauer von vielleicht 15 Minuten ärztliche Beratung den ganzen Nachmittag zerschossen hatte.

20. Februar 2019

Mit der Nitratbelastung des Grundwassers ist nicht zu spaßen. In der Regenzeit des Winters füllt sich die Grundwassermenge wieder auf, dessen Reservoir für die Trinkwassergewinnung genutzt wird. Mit den Regenfällen sind aber auch Pflanzenschutzmittel und Düngemittel dem Grundwasser zugeführt worden. Dadurch kann der Anteil an Nitraten steigen, welche im Stoffwechsel des Körpers zu Nitriten umgewandelt werden. Rote Blutkörperchen können dann zerstört werden, die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff kann ins Stocken geraten, Gefäße können verstopfen. In geringen Mengen sehen Mediziner die Nitritbelastung als unkritisch. Wird aber der EU-weite Grenzwert von 50 Mikrogramm Nitrat pro Liter Grundwasser überschritten, dann schlagen Behörden und Mediziner Alarm. Genau dieses Szenario mit Messwerten bis 77 Mikrogramm ist zuletzt im linksrheinischen Gebiet bei Swisttal eingetreten. Dann müssen die Wasserwerke weitere Stufen der Wasserfilterung des Trinkwassers einbauen, damit im Trinkwasser die Grenzwerte unterschritten werden. Und was ist auf der rechten Seite des Rheines los ? Nichts ist bekannt über Messungen, Messwerte und Auswertungen. Anstatt dessen äußern sich unsere Stadtwerke pauschal über ihre Internetseite: „Die Nitratwerte konnten seit 1989 um über 40 % gesenkt werden. Unser Wasser ist frei von Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmitteln aus der Landwirtschaft.“ Unsere Landwirte scheinen diese Pauschalaussage als Freibrief aufzufassen, dass sie auf ihren Felder volle Wagenladungen von Düngemitteln ausschütten können. In Form von weißen Kügelchen verteilt sich das dichte Geflecht des Nährstoffdüngers reichlich auf den Feldern. So reichlich, dass der Dünger, platt gefahren und aufgerieben, den Wirtschaftsweg nicht ausgespart hat.

21. Februar 2019

Es war eine Fahrradfahrt auf der Konrad-Adenauer-Brücke, die unterschiedliche Blickwinkel auf den Post-Tower mit sich spielen ließ. Das Wellenspiel des Rheins plätscherte leise vor sich hin, die Schiffe schoben ihre Lasten vorwärts, die Häusermasse der Bonner Innenstadt baute sich zaghaft an der geknickten Linie des Flusses auf. Über einem wolkenlosen Himmel senkte sich die Sonne herab, noch unwillig, sich über der Rheinaue und dem früheren Regierungsviertel zu verabschieden. Sonnenbeschienen, den ausklingenden Winter und Frühjahrstemperaturen in sich vereinigend, erhob sich die Parklandschaft der Rheinaue munter und gelassen über den Ufern des Rheins. All mein Geschimpfe und Gemeckere über den viel zu klobig geratenen Post-Tower wandelte sich in diesem Moment. In der Gelassenheit des späten Nachmittags fügte sich der Post-Tower während der Fahrradfahrt über die Konrad-Adenauer-Brücke harmonisch ein. Zunächst betrachtete der Gang der Sonne das 162 Meter hohe Hochhaus aus der Distanz, dann strich die Scheibe der Sonne mit all ihrer Eleganz über die Hochhausfassade. Als die Sonne den Post-Tower überdeckte, stachen ihre Strahlen exakt in das Herz hinein. Schließlich setzte die Sonne ihr Schauspiel über den Langen Eugen und den Würfel des WCCB fort, nachdem ich die Konrad-Adenauer-Brücke mit meinem Fahrrad verlassen hatte. Exakt ausgezirkelt war derjenige Punkt, wo die Sonnenstrahlen sich in der Mitte des Post-Towers fest gebissen hatten. Es war die Suche nach einer Lücke im Hochhaus, die von der Distanz der Brücke aus weder zu sehen noch zu erahnen war. Ein Spalt, der das Gefüge aus Stahl und Glas zerteilte und nur aus der Nähe oder im Inneren des Hochhauses sichtbar war. Und um diese Lücke drum herum strahlte der Leuchtkegel der Sonne mit all ihrer geballten Kraft. Dieser Kegel spiegelte sich auf dem Rhein, zerfaserte das Spiegelbild des Hochhauses und löste die Elemente der Hochhausfassade im Flussverlauf des Rheins in sich auf.

22. Februar 2019

Rheinbach, die Suche nach Übersichtlichkeit. Obschon Dynamik und Wachstum Rheinbach nicht ausgespart haben, hat sich im Inneren ein gewisser Kern von Unveränderbarkeit bewahrt. Erste Radtouren, als ich noch kein Rennrad besaß, hatten mich nach Rheinbach geführt. Als Kleinstadt ist der Stadtkern, der zudem eine historische Vergangenheit aufweist, kleinteilig strukturiert, kleine Geschäfte, Eiscafés, das Brauhaus und andere Gastronomie, das Kneipenlandschaft sieht vielfältig aus, ohne dass ich sie jemals kennen gelernt hätte. Die Orte des Kennenlernens weisen eine Kontinuität auf, Orte, die es heute noch gibt und die wohl auch bald nicht verschwinden werden. Was sonst komplex und überladen erscheint, reduziert sich in Rheinbach auf das wesentliche. Rheinbach, ein Sprung zurück zur Vereinfachung. Allzu gerne verheddern wir uns, weil Problemfelder den Überblick versperren, weil sich Grundstrukturen zu einem ungeahnten Gebilde verwachsen. Egal, wo man hinein stochert: die Welt hat sich mit Problemfällen aufgebläht. Man bekommt Angst, dass einen die Dynamik der Welt überrennt. An dieser Stelle wird der Kopf wird frei, Eskapaden des Denkens werden eingefangen, wenngleich die Rentnerversammlung bei Kamps am Bahnhof in sich verstockte. In einer Dreiergruppe hockten sie aufeinander, sie überdauerten die Zeit meiner Anwesenheit, und einer von ihnen machte einen so häufigen Gang auf die Toilette, dass der Drang seiner Blase unermesslich gewesen sein musste. Dieser dicke unappetitliche Typ, begann dann eine Diskussion über Uhren, wer sich mit Uhren auskennen würde und wer nicht. Er schimpfte auf bestimmte Uhrmacher und diskutierte über Luxusuhren, die bis zu 400.000 Euro kosten konnten. Eine engstirnige Diskussion, die ganz im Gegensatz stand zu den übersichtlich aneinander gereihten Stellen und Orten in Rheinbach, die es lohnten, erkundet zu werden.

23. Februar 2019

Zu ihrem Geburtstag lm Dezember letzten Jahres hatten wir unserer Freundin zwei Theaterkarten für das Strück „Tratsch im Trteppenhaus“ mit Peter Millowitsch geschenkt. Unsere großen Kinder waren im Alter unserer Tochter, als wir das letzte Mal im alten Millowitsch-Theater waren, und das war locker zehn Jahre her. Damals war Peter Millowitsch noch der Inhaber des Theaters gewesen, das seit dem Jahr 1936 bestanden hatte. Inzwischen hatte sich das Millowitsch-Theater in „Volksbühne am Rudolfplatz“ umbenannt, nachdem Peter Millowitsch als Produzent und Regisseur aus Altersgründen ausgeschieden war. Der Theatersaal war filigran und fein ausgestattet, so wie er in unserer Erinnerung geblieben war. Der Drang meiner Frau hatte unsere Plätze in die erste Reihe verlegt. Angemessen und kurz war unsere Wartezeit, bevor das Stück begann. In der allerersten Reihe, konnten wir unsere Beine so baumeln lassen, wie wir lustig waren. Als Bühnenvorhang sich hob, präsentierte sich das Bühnenbild so, als sei die Zeit stehen geblieben. 1962 im Hamburger Ohnsorg-Theater uraufgeführt, lebte das Bühnenbild von der statischen Variante und der Unveränderbarkeit, so dass der Tratsch im Treppenhaus seinen Gang nehmen konnte. Im vergilbten Touch der 1950er Jahre benötigte das Geschehen im Treppenhaus nur ganz wenige Utensilien: eine Treppe, einen schmalen Flur und vier Türen, und dieses Bühnenbild sollte sich über alle Akte nicht verändern. Der Humor und das Lachen lebte von den beiden Hauptdarstellern Peter Millowitsch, der den verstockten Steuerinspektor Brummer im Ruhestand spielte, und der Klatschtante Meta Boldt, gespielt von Heidi Mahler, die es sich mit allen anderen Hausbewohnern verscherzte. Mit viel Humor führte das Theaterstück zurück in die Republik der 1950er und 1960er Jahre. Zaghafte Küsse, ein zur Sicherheit abgeschlossenes Schlafzimmer der Geliebten, Unschuld, Zurückhaltung. Mit ihrem kleinbürgerlichen Familienverhalten rauften sich die Schauspieler auf der Bühne zusammen und repräsentierten den Zeitgeist der Nachkriegszeit. Es war ein schöner und unterhaltsamer Abend, an dem wir sehr viel gelacht hatten.

24. Februar 2019

Natürlich sind in diesen Tagen der bevorstehenden Karnevalswoche die karnevalistischen Dekorationen unübersehbar. So sind in der Innenstadt die Flaggen mit den Stadtsoldaten überall präsent, und darüber hinaus spürt man, rechtsrheinisch in Beuel, dass sich alles um Waschen und die Wäscherprinzessin dreht, die an Weiberfastnacht ihre Herrschaft übernehmen wird. Diese Tradition zeigt sich auch in den Schaufensterauslagen. So spannt sich in der Mitte des Schaufensters einer Bäckerei eine Wäscheleine. Dekoriert mit Luftschlangen, Ballons, Hüten und drei Clownsfiguren, hängen Wäschestücke von der Leine tief herab. Es sieht sogar aus, als sei die Wäsche steril und blütenweiß gebleicht und gewaschen. Da mag man sich kaum vorstellen, wie kunterbunt es bald an den Karnevalstagen zugehen wird.

25. Februar 2019

Beim Ausfüllen vom Anmeldeformular in der Kleintierklinik Fixheide, in Leverkusen, fiel mir auf, das unser kleines Katzenmädchen heute Geburtstag hat. Stella wird heute ein halbes Jahr alt. Wo muss sie ihren Geburtstag verbringen?? In der Tierklinik, ohne Jumbo, ohne Rambo, ohne Oskar, ohne der Familie. Seit Freitag kann sie keinen Kot absetzt. Es ist eine einzige Quälerei. Ein Einlauf am Freitag und eine Stuhl fördernde Paste übers Wochenende haben keine Besserung gebracht. Die Menge, die sie frisst, ist sehr nahe an der „0“. Sehr selten, aber es steht der Verdacht einer Darminvagination im Raum. Eine dreiviertel Stunde nach der offiziellen Öffnungszeit kamen wir an, die Tür wurde uns geöffnet und dann ging alles sachlich schnell. Anmeldeformular ausfüllen, Stella in einer kurzen Untersuchung vorstellen und schon mal eine Unterschrift, wenn sie eine Narkose für eine OP braucht. Sie braucht dringend eine Infusion, sie ist dehydriert, getrunken hat sie auch nicht mehr richtig, die letzten Tage. Heute Abend warten wir dann auf einen Anruf, wie die Diagnose ausfällt und was gemacht werden muss. WARTEN

26. Februar 2019

Angekommen! Stella ist wieder zu Hause. Heute Morgen große Ungewissheit??? Telefonate die keine Antwort hatten / brachten. Später … Sie können ihre Stella zwischen 17 und 19 Uhr abholen. 😸 Autobahn / Berufsverkehr – Familienausflug der anderen Art. Die Röntgenbilder waren deutlich, das was auch immer im Darm steckt, steckt da immer noch. Es wäre keine Darminvagination. Kein Darmverschluss. ….???? In der Tierklinik hat sie gefressen. Immerhin!!! (Kennt das jemand? Früher, als die Kinder klein waren: zu Hause hingen sie völlig in den Seilen, dann ist man beim Kinderarzt im Wartezimmer und sie blühen auf, sind total aufgedreht und machen einen fitten Eindruck, man möchte sie schnappen und nach Hause gehen.) Stella hat heute Abend gefressen, eine Minimenge, mit überreden noch einen und noch einen Bissen zu nehmen. Wir warten ab.

27. Februar 2019

Es besteht durchaus noch Anlass zur Hoffnung. Mit Mathe kann es unsere Tochter nicht so ganz, und so hatten wir uns zu einem Gespräch mit ihrer Klassenlehrerin getroffen. Zufälligerweise lese ich im Moment den Bestseller von Andrea Wulf „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur und zufälligerweise habe ich in einem Radio-Interview herausgehört, dass sie mit Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern auf Kriegsfuss stand. Merkwürdigerweise hatte sie genau in diesen Disziplinen ihre Vorlieben als Schriftstellerin entwickelt. Ihr Buch „Vermessung der Welt“ wurde zum Bestseller, in ihrer aktuelle Biografie über Alexander von Humboldt befasst sie sich sehr eingängig mit Mathematik und Naturwissenschaften. Eine solche Neigung zu diesen Fachgebieten hätte sie in ihrer Schulzeit nie für möglich gehalten. Es ist also nicht auszuschließen, dass unsere Tochter auf dem Gebiet der Mathematik noch Großes bewegen wird. Sie muss nicht gerade Bestsellerautorin werden, das wird dann ihren Neigungen und Interessen vorbehalten sein.

28. Februar 2019

Auf der Fahrt ins Büro suchte ich mich so durch die Stadt zu winden, um dem beginnenden Karnevalstrubel an Weiberfastnacht zu entkommen. Auf der Hermannstraße in Beuel gelang dies nicht so ganz, denn in der Bäckerei, wo ich einen Kaffee trinken wollte, hatte sich eine Warteschlange voller verkleideten Jecken und Narren bis zur Straße gebildet. Mit dieser Normalität, die sich alsbald in einen Ausnahmezustand verwandeln sollte, galt es den restlichen Tag klar zu kommen. Die Normalität fand ich sodann auf dem Münsterplatz in der Bäckereikette Mr. Baker, wo das von Migranten geprägte Menschengemisch ein unkarnevalistisches und unverkleidetes Erscheinungsbild bot. Dort trank ich meinen Morgenkaffee zum Munterwerden, und nur eine als Polizistin verkleidete Blondine sah dem Karnevalstreiben entgegen. Ihre Jacke mit der Aufschrift „POLIZEI“ auf ihrem Rücken sah täuschend ähnlich, und ich musste zweimal hinschauen, dass das Landeswappen auf der Schulter fehlte und dass ihre schwarze Leggings ganz und gar keiner wirklichen Polizeiuniform entsprach. „Noch bin ich brav“ wechselte sie Worte und spielte damit auf die bevorstehende Feierlaune an. Im Büro angekommen, sprachen mich Kollegen gleich mehrfach auf meine Fahrradbekleidung an. Meine Verkleidung sei ganz originell. Eine schöne Idee sei es, mich als Fahrradfahrer zu verkleiden, und vom Prinzip her bräuchte ich mich gar nicht umzuziehen. In unserem Großraumbüro glänzten viele Kolleginnen und Weiber durch Abwesenheit, da sie bei karnevalistischen Aktionen in anderen Gebäuden die Regie übernahmen. Da auch etwas gearbeitet werden musste, blieb es nicht aus, dass Besprechungen statt fanden, die dann mit einem Hauch von Karneval begleitet wurden. Eine Kollegin hockte in ihrer Verkleidung in der Besprechung, ein anderer Kollege begrüßte uns in seinem originellen Outfit als ET. In einer Box mit einem aufmontierten Fahrradlenkrad schlich er sich in den Besprechungsraum, und unter einem Tuch als Kopfbedeckung lugte der Kopf des ET hervor. Mit dem Fahrrad sei er ins Büro gekommen, und en ET habe er in seiner Box ins Büro mitbracht. Mit dem ET und den anderen Kollegen besprachen und diskutierten wir jede Menge, und die Tonlage war in der Besprechung naturgemäß sehr locker. Gegen 12 Uhr machte ich mich auf meinem Rennrad auf den Nachhauseweg, und in Beuel knubbelte es sich auf der Hermannstraße vor lauter Narren. Mit der Wäscherprinzessin feierten alle, und auf dem Rheindamm mogelte ich mich an all den feiernden Narren vorbei.

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