top of page

Tagebuch Februar 2017

1. Februar 2017

Das Marienkrönungsfenster im Kölner Dom. Unmittelbar nach der Grundsteinlegung im Jahr 1248 wurde der Chor im hochgotischen Baustil gebaut, und in demselben hochgotischen Stil entstanden hoch hinaus und himmelwärts, in schwindelerregende Höhen, die ersten Fenster. Wie durch ein Wunder, haben mehrere Fenster im Chor die Kriegszerstörungen des Zweiten Weltkrieges überstanden. Das älteste, bis heute erhaltene Fenster datiert aus dem Jahr 1250. Das sogenannte Marienkrönungsfenster aus dem Jahr 1330 ist ebenso dem Hochmittelalter zuzuordnen. Auf dem zweiten Fensterabschnitt von unten erheben sich Christus und Maria, die gekrönt auf einer Thronbank sitzen. Sie verkörpern das himmlische Brautpaar aus dem Hohelied Salomos. Der Unterbau stellt den Thron Salomos dar. Auf den Treppenstufen zum Thron stehen zwölf Löwen, die die zwölf Apostel symbolisieren sollen. Die reiche Rahmenarchitektur repräsentiert das himmlische Jerusalem. In den oberen Baldachinen stehen sechs Engel als Wächter der Himmelsstadt, darunter Propheten mit Spruchbändern. Leider ist meine Fotografie nicht so scharf, dass man sämtliche Details erkennen kann.

2. Februar 2017

Frankfurt, die Heimatstadt eines Claus Theo Gärtner („Ein Fall für zwei“) oder einer Hannelore Elsner („Die Kommissarin“). Während einer Dienstreise nach Frankfurt machte ich vom Hauptbahnhof aus einen kurzen Abstecher bis zur Fussgängerzone, der „Zeil“. Ein wenig spürte ich in den Seitenstraßen, wie Verbrechen und Kriminalgeschichten unter meinen Füßen prickelten. Zweilichtige Gestalten trieben sich herum, eine leicht bekleidete Frau, die man der Prostituiertenszene hätte zuordnen können. Drogensüchtige hatten sich im Bahnhofsviertel vereinzelt. Ende der 2000er Jahre hatten mich Dienstreisen häufiger nach Frankfurt befördert, das ich gerne aus der Perspektive eines Claus Theo Gärtner oder einer Hannelore Elsner wahrgenommen habe: warmherzig, leidenschaftlich, auf eine seltene Art gleichzeitig rauh und sensibel, mit den Hochhausfassaden und alten Bürgerhäusern so gegensätzlich wie keine andere deutsche Stadt, mit ihren schrägen Typen eine ideale Kulisse für Kriminalfilme. Ich selbst hatte Frankfurt stets harmlos kennen gelernt, mit dem Römer und der Paulskirche im Kern eine zu tiefst historische Stadt. Auch die Größe hatte mich beeindruckt, die sich mit ihren Wolkenkratzern noch höher in den Himmel schraubte wie jede Kathedrale. Eine halbe Stunde atmete ich die Atmosphäre dieser Bankenmetropole ein, dann ging es mit dem ICE wieder zurück nach Hause.

3. Februar 2017

Zweimal im Jahr ist es ein gewisser feierlicher Moment, wenn die Zeugnisse in der Schule ausgegeben werden. Ein angespannter Blick auf die Noten, ein Gesamtbild, das sich aus den Einzelnoten formt. So eine Art Rückblick, welches Leistungspotenzial in einem steckt und wie viel davon abgerufen worden ist, obschon Noten nicht die ganze Wahrheit darstellen. „Non scolae, sed vitae discimus“: wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben, so beschreibt es der römischen Philosoph Seneca. Was die Lernbereitschaft und die Noten unserer kleinen Tochter betrifft, können wir uns nicht beklagen. Ohne genaue Noten zu nennen: es ist noch etwas Luft nach oben, aber mit der Freude, mit der sie in die Schule geht, hat sie ein gewisses Optimum erreicht.

4. Februar 2017

Viel zu steif wäre ich gewesen, so kommentierte mich meine Frau. Immerhin: ihr und einer früheren Nachbarin war es gelungen, mich als Anti-Karnevalisten zu der Karnevalssitzung des Garde-Korps nach Köln-Zündorf zu schleppen. Zu ¾ hatte sich das durchaus gelohnt, denn die Karnevalssitzung war prominent besetzt. Große Namen waren dabei, so Guido Cantz, Jürgen Hausmann und die Höhner. Sehr gut gefiel mir auch der „Tuppes vom Land“ als Büttenredner oder als letzter Programmpunkt die Domstürmer, eine Blaskapelle, die sich erweitert hatte um eine schottische Dudelsack-Gruppe, und in einer ungewöhnlichen Zusammenstellung, aber in einer tief orchestrierten Spielweise Karnevalslieder spielte. Schunkeln, gute Laune, auf den Tischen stehend, mitsingen, das war so ungefähr das Viertel, in dem genötigt wurde, auf Kommando lustig sein, und dann viel zu steif wirkte. Da mir die Karnevalssitzung in Summe gefallen hat, habe ich zugesagt, im nächsten Jahr wieder dabei sein zu wollen.

5. Februar 2017

Bis zum offiziellen Beginn der Karnevalssession an Weiberfastnacht befinden sich die Karnevalisten mit Frohsinn, guter Laune, Humor, Spaß und einem gepflegten Narrentum in Lauerstellung. Dies bemerke ich unter anderem, wenn ich mit meinem Fahrrad die Kennedybrücke befahre. Der Karneval hatte ja einst, als das Rheinland 1815 nach dem Wiener Kongress Preußen zugeschlagen wurde, eine auflehnende Stoßrichtung gegen jeglichen preußischen Militarismus. Daher auch die uniformierte Prinzengarde gestern in Köln-Porz-Zündorf. Vor der Bonner Kennedybrücke bin ich verblüfft, dass eine Armee von Stadtsoldaten im Karnevalsgeschehen von Beuel mitmischt. Stadtsoldaten ? Obschon es eine Parodie sein sollte, hatte ich mich bereits gestern in Köln-Porz-Zündorf über die militärischen Klänge gewundert. Die Märsche, auf die marschiert und auch getanzt wurde, beförderten die Karnevalisten in eine Zeitreise mitten in das Kaiserreich zurück, vor 1900 oder am Vorabend des Ersten Weltkrieges. „Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wiederhaben“, skandierte die Musikkapelle, während die Säbel gezogen wurden. Beim Einzug wurde der Laridah-Marsch gespielt, der in den letzten Kriegswallungen 1918 komponiert wurde. Die Zeitreise führte sogar zurück in die KuK-Doppelmonarchie von Österreich-Ungarn, als die Prinzengarde zum Radetzky-Marsch ihre Beine schwang. Johann Strauß hatte den Marsch für den Siegertypen des Feldherren Radetzky nach der Schlacht von Custozza 1848 komponiert, welche den Einfluss der Habsburger KuK-Monarchie in Sardinien und Piemont sicherte. Also eine große Verehrung von Feldherren, Militär und Schlachten, passend zum Soldatentum der Stadtsoldaten, die mit ihrer Identität bestimmt genau das Gegenteil meinen. Egal. In der Tradition gehören die Märsche zum Karneval dazu, so wie es die Schützenvereine bei ihren Schützenfesten und ihren Schützenumzügen genauso tun.

6. Februar 2017

Nach den Regenfällen der letzten Tage glichen die Feldwege einer Mondlandschaft. Das Stück Feldweg war vor Troisdorf-Kriegsdorf vor einigen Jahren mit Schotter befestigt worden. Seitdem wechseln sich besser befestigte Wegeabschnitte mit Kuhlen und Senken ab, in denen sich die Pfützen sammeln, nachdem es geregnet hat. Zur Sommerzeit sind diese Stellen mit normalen Fahrrädern gut befahrbar, nun ist der Feldweg etwas beschwerlicher. Pfützen muss man großflächig umkurven, und mit all diesen kraterähnlichen Vertiefungen bleiben die Analogien zur Mondlandschaft in mir hängen.

7. Februar 2017

Die Kunst, in den Banalitäten des Alltags etwas Romantisches zu entdecken. Unsere Wocheneinkäufe erledigen wir gerne in einem Einkaufszentrum, wo die Supermärkte LIDL, ALDI, dm, REWE eng zusammen liegen. In den niedrigen Flachbauten von ALDI, dm, TAKKO und Deichmann hebt sich die Innenbeleuchtung krass von dem verwaschenen Grau der Parkfläche ab. Die banalen Dinge des Einkaufens wandeln sich, wenn über den Flachbauten der Sonnenuntergang lodert, der den letzten Momenten des Tageslichtes dramatische Formen verleiht. Entschlossen marschieren Wolkenfetzen über den Horizont, tauchen die Wolkengebilde in ein fast gespenstisches Schwarz und kontrastieren mit einem hellen, funkelnden Streifen des letzten Sonnenlichtes, der bald zergeht und sich selber auflöst in dem sich verabschiedenden Tag.

8. Februar 2017

Böse Überraschung im E-Mail-Eingang. Von einem Gläubiger namens GiroPay24 GmbH hatte ich eine Zahlungserinnerung über 76,33 Euro erhalten mit der Androhung, die offene Forderung an ein Gericht weiter zu leiten, falls die Forderung zu einer Bestellnummer 341007189 bis zum 9.2. nicht beglichen würde. Der Gläubiger verwies auf eine Datei im Anhang, die Einzelheiten zu der Forderung enthalten sollte. Da ich mit alledem nichts anzufangen wusste, weder die Giropay24 GmbH, noch der Betrag von 76,33 Euro, noch die Bestellnummer 341007189, öffnete ich die Datei, um näheres über die Forderung zu erfahren. Doch diese ließ sich nicht öffnen, da diese auf den Dateityp „com“ endete. Die vollständige Dateibezeichnung lautete „Dieter Wimmers 07.02.17.com“. Ich antwortete auf die E-Mail, doch ich erhielt die Antwort als unzustellbar zurück. Als ich in Google den Gläubiger Giropay24 GmbH suchte, musste ich feststellen, dass ich auf kriminelle Machenschaften herein gefallen war. Als Anhang hatte ich einen Trojaner geöffnet, der sich nun auf meinem Rechner befand. Das McAfee-Virenscannprogramm, das ich durchlaufen ließ, fand auch prompt zwei verdächtige Dateien. Ich hoffe, dass kein weiterer Schaden entstehen wird.

9. Februar 2017

Ohne den Kunden geht bei Dienstleistungen nichts. Der Kunde muss mit dabei sein, zwingend, als externer Faktor, so heißt es im Fachchinesisch der Betriebswirtschaftslehre. Der Kunde wird somit zum Bestandteil der Dienstleistung, was bedeutet, dass der Dienstleister am anderen Ende des Prozesses Arbeit zum Kunden rüberschieben kann. Ganz einfach: er lässt den Kunden für sich arbeiten, obschon dieser für die Dienstleistung bezahlt hat. Zum Beispiel Paketdienste. Da bei uns oftmals jemand zu Hause ist und die meisten Nachbarn berufstätig sind, ist unsere Adresse eine Art Sammelstation für Pakete in unserer Nachbarschaft. Das ist auch gut so, nicht nur, weil dies dem Paketzusteller die Arbeit eines weiteren Zustellversuchs erspart, sondern auch, weil dies die Kommunikation in unserer Nachbarschaft fördert. So kann es an einzelnen Tagen passieren, dass locker drei bis vier Pakete für die Nachbarschaft bei uns abgegeben werden. Wie vorgestern, allerdings mit dem gravierenden Fehler, dass der Paketzusteller des Deutschen Paketdienstes auf der Benachrichtigung zu einem Paket einen falschen Adressaten hinterlegt hatte. So klingelte abends unser Nachbar, der zwei Häuser weiter wohnt, mit einer Benachrichtigung in der Hand. Das Paket, das in unserem Flur stand, war allerdings nicht für ihn bestimmt, sondern für eine Frau in der nächsten Seitenstraße, die mindestens fünfzig Meter entfernt wohnt. Das Paket in unserem Flur ist groß, sperrig und so schwer, dass wir keine Lust haben, dieses rund fünfzig Meter durch die Gegend zur richtigen Adressatin zu schleppen. Einstweilen haben wir die – 59 Cent pro Minute teure – Hotline des Deutschen Paketdienstes angerufen, der uns dann zugesagt hat, dass der Zusteller noch einmal versuchen würde, das Paket zuzustellen. Gestern und auch heute fanden wir lediglich Benachrichtigungen des Zustellers, weil dieser genau diejenigen Zeiten erwischt hatte, dass gerade niemand in unserem Haus war. So versperrt das große, sperrige, schwere Paket weiterhin unseren Hausflur. Wir sehen schon den Moment auf uns zukommen, dass wir uns, des Paketes überdrüssig, mit der fünfzig Meter entfernt wohnenden Nachbarin zusammentun und gemeinsam das große, sperrige, schwere Paket zu ihr herüber schleppen.

10. Februar 2017

Ein Brunnen mitten in der Stadt und ein höchst ungewöhnlicher Treffpunkt. Am 16. Oktober 1906 besuchte Kaiser Wilhelm II. die Stadt, um ein Denkmal zu Ehren seines Großvaters Kaiser Wilhelm I. zu enthüllen. Dieses Kaiserdenkmal, welches nun vor dem Restaurant „Kaisergarten“ steht, hat dem Platz zwischen der Bahnlinie und der Universität seinen Namen „Kaiserplatz“ gegeben. Dementsprechend nennt sich die Brunnenanlage mit ihren drei amboßartigen Platten, die nicht gerade Schönheit verkörpern, „Kaiserbrunnen“. Gemütlich ist es dort nicht gerade, wenn sich zeitweise Punker oder andere zwielichtige Gestalten treffen. Die Skateboardfahrer sind keineswegs zweilichtig. Sie testen ihren jugendlichen Elan und ihre Fahrkünste.

11. Februar 2017

Schnee, ein seltenes Ereignis. Über Nacht hatte sich alles in eine weiße, wie mit Puderzucker bestreute Landschaft verwandelt. In dieser weißen Winterlandschaft zeigt sich auch der Rhein. Die Uferbewachsung glitzert schneeweiß, Äste und Zweige zeichnen kräftige, weiße Linien. Derweil tuckern die Schiffe auf dem Rhein aufwärts und abwärts.

12. Februar 2017

Was haben die feiernden Narren im Biene-Maja-Kostüm, als verkleidete Kuh oder als Funkemariechen mit weiß-glänzender Perücke und geflochtenen Zöpfen gemeinsam ? Sie sitzen im Rollstuhl und feiern mit den übrigen Bewohnern des Behindertenwohnheims „Haus im Tal“ den Karneval. Dazu hatte die Lebenshilfe Rhein-Sieg ein buntes Programm zusammengestellt. Verschiedene Tanzgruppen traten auf, von ganz klein bis zur gemischten Männer-Damen-Tanzgruppe, die auf Hardrockrhythmen die Fetzen fliegen ließ. Zum Abschluß wurde der Karnevalsprinz empfangen, ein Mottolied auf die gelungene Veranstaltung anzustimmen.

13. Februar 2017

Einsichten auf einem Bierdeckel. Eine interessante Idee, Bierdeckel mit historischen Motiven zu gestalten. Anton Woensam, geboren 1490, kennt so mancher von seiner Kölner Stadtansicht von 1531, welche auf einem Holzschnitt die Stadt Köln über dem Rhein vom Bayenturm im Süden bis zur Kunibertspforte im Norden zeigt. Woensam hatte Köln in seiner wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit im Mittelalter erlebt und dies in einer großen Anzahl von Zeichnungen, Buchmalerei, Holzschnitten oder Kupferstichen dokumentiert. In seinen Darstellungen befasste er sich auch mit Häfen, Lagerstätten und der Schifffahrt auf dem Rhein. Niederländer waren kleinere Lastkähne, auf denen die unterschiedlichsten Waren für den täglichen Bedarf befördert wurden.

14. Februar 2017

In meinem Inneren kribbelt es, wenn die Februarsonne lacht. Wenn die Sonnenstrahlen wohlige Wärme spenden und die Scharen Menschen bescheinen, die sich nach draußen an die frische Luft locken lassen, manche in losen T-Shirts bekleidet. Das ist die Zeit, mich nach der dunklen Zeit des Winters wieder aufs Fahrrad zu schwingen. Die Tage werden häufiger, dass ich mit dem Fahrrad ins Büro fahre. Das ist ein Aufbruch in eine neue Welt, weil mein Kopf mit einem Mal frei ist und meine Wahrnehmung in neue Dimensionen vorstößt. Die Sonne genießen, die frische Luft streicht an mir vorbei. Zahlreiche neue Perspektiven tun sich auf, wenn ich auf die Stadt schaue. Eine Säule vor der Kennedybrücke zählt mit ihrem digitalen Zifferblatt, in welcher Anzahl die Fahrradfahrer in der Stadt unterwegs sind. Ich werde der 3.009. Fahrradfahrer sein. Die Säule vermittelt den Eindruck, dass die Gemeinschaft der Fahrradfahrer stetig wächst.

15. Februar 2017

Unfälle und Katastrophen, so gut wie nie erleben wir sie hautnah, glücklicherweise. Gemeinhin denken wir an Flugzeugabstürze oder Terroranschläge, als größtmögliche Katastrophe, bei dem die meisten Opfer und Toten zu beklagen sind. Doch dem ist nicht so. Die Bedrohung durch den Straßenverkehr etwa ist weitaus größer. Autofahrer, die Geschwindigkeiten maßlos übertreten, die betrunken durch die Gegend fahren, die Rotlichter missachten oder die Fußgänger oder Fahrradfahrer schlichtweg übersehen, können an jeder Straßenecke zur tödlichen Gefahr werden. Wie oft hören wir sie, kilometerweit, die Martinshörner und wie oft sehen wir die Blaulichter von Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr, die im Minutenabstand aufeinander folgen. Die Unfallorte kennen wir nicht, allenfalls erfahren wir Lokalteil der Tageszeitung darüber. Namenlos ist der Unfall, der in Troisdorf-Bergheim eine ganze Ampelanlage umgenietet hat. Bei näherem Hinsehen läuft mir das kalte Grauen den Rücken hinunter, welche Szenen sich hier abgespielt haben müssen. Die Wucht, die in die Ampel hinein gefahren ist, die Intensität der Aufpralles, die die Ampelanlage weggeknickt hat, die rohe Gewalt, die das Straßenschild auf den Boden gedrückt hat.

16. Februar 2017

Sonnenaufgang über der Leitplanke. Am Ende der Fahrbahn, genau in dem Loch, das sich zwischen den Baumwipfeln diesseits und jenseits des Autobahnzubringers öffnet, ist die blendende Scheibe der Sonne aufgegangen. Die Sonne beschreibt den Gang der Dinge: nachdem der Tag angebrochen ist und nachdem die Menschen aus ihren Betten gekrochen sind, bewegen sie sich in ihren Fahrzeugen zu ihren Arbeitsplätzen. Auch ich bewege mich zu meinem Arbeitsplatz. Auf meinem Fahrrad habe ich Tempo aufgenommen, während sich die Autofahrer jenseits der Leitplanke in Geduld üben müssen, denn dem Stau können sie nicht entkommen. Jeden Tag reproduziert sich dieses Geschehen, könnte man meinen. Auto reiht sich an Auto, die Motorengeräusche bremsen mehr ab als dass sie vorwärts kommen. Und doch überwiegt die Einzigartigkeit des neuen Tages, eine positive Erwartungshaltung, welche Erlebnisse und zu entdeckenden Schönheiten dieser Tag bereithalten wird.

17. Februar 2017

Dieser Bücherstapel beschreibt ziemlich gut den Zustand meiner Ideensammlung in meinem Kopf. Mein Gehirn arbeitet ständig auf Hochtouren, so vieles schwirrt in meinem Kopf herum. Ich muss es auswählen, sortieren, anordnen, gliedern, damit es Form und Struktur erhält. Unsortiert und chaotisch, bleiben so manche Ideen ein Produkt der Phantasie, weil sie sich stapeln. Das meiste kann ich nur in Kurzform abarbeiten – als Post in Facebook. Und dies auch nur in solchen Fällen, wenn ich meine Gedanken in nicht allzu vielen Sätzen auf ein Foto reflektieren kann. Um meine Ideen in ausführlicher Form in meinem Blog niederzuschreiben, dazu fehlt mir momentan effektiv die Zeit. Dieses knappe Gut Zeit sorgt nun dafür, dass Das ist schade, dass sich die Ideen in meinem Kopf stapeln. Ständig muss ich priorisieren, was wichtig ist und weniger wichtig, was dringend ist und weniger dringend, und der Anteil, was ich nicht realisieren kann, ist sehr hoch. Eine unbefriedigende Situation.

18. Februar 2017

Es war ein Dankeschön unserer Nachbarn, weil wir auf ihr Haus aufgepasst hatten. Ein Mitbringsel aus den Niederlanden, wo unsere Nachbarn ein verlängertes Wochenende verbracht hatten. Normalerweise mache ich um niederländisches Bier einen großen Bogen. „Heerlijk, helder, Heineken“, dieser Werbespruch hatte sich in den 1980er Jahren eingeprägt. Und genauso eingeprägt hatte sich die unkultivierte und ungepflegte Verfahrensweise, dass die Niederländer nicht abwarten konnten, bis sich die Pilskrone bildete, sondern diese mit einem Stab abstrichen. In Windeseile bekam ich dann ein helles, durchsichtiges Gesöff serviert, dem die Herkunft aus Gerste, Hopfen und Malz kaum anzusehen war. Egal, ob Heineken, Amstel oder Dommelsch, dementsprechend wässrig und geschmackslos schmeckte das Bier. Doch das war heute grundlegend anders. Der Geschmack des Bieres „Brand Up“, das in Wijlre, nicht unweit von Aachen, gebraut wird, ging durch Leib und Seele. Ein tiefer, intensiver Geschmack, voller Bitterstoffe, so ungefähr auf der Linie von Bitburger oder Jever – meine deutschen Lieblings-Pilssorten. Noch ein Stück kräftiger und würziger im Geschmack – und somit vielleicht sogar eine Stufe vollmundiger als Bitburger oder Jever. Mit all seinen Hügeln und der höchsten Erhebung in den Niederlanden ist in Limburg, dem südlichen Zipfel der Niederlande, vieles anders – so auch das Bier. Wie das Land, so die Leute, diesem Werbespruch von Jever könnte sich die Brauerei Brand anschließen. Seit 1340 wird dort Bier in der ältesten Brauerei der Niederlande gebraut. Dort verstehen die niederländischen Bierbrauer ihr Handwerk und lassen meine früheren Erfahrungen mit Heineken, Amstel oder Dommelsch vergessen.

19. Februar 2017

Nach der allzu geschäftigen Weihnachtszeit, nach Krankheit und einem allzu dichten Termingedrängele haben wir es diesen Sonntag erstmals wieder geschafft, Besuch herzlich willkommen zu heißen. Es war Thita, unsere thailändische Freundin, die mit ihrem rollenden Imbiss „Frau Panya Thaifood“ vom Frühjahr bis zum Herbst in Deutschland und Österreich, auf Märkten und sonstwo unterwegs ist. Sehr, sehr viele Kilometer legt sie zurück, so dass sie sich am Wochenende nur zur winterlichen Jahreszeit mit uns treffen kann. Lange und viel haben wir miteinander geredet. Termine haben wir festgelegt, wann wir wieder in die Springmaus gehen wollen. Dabei haben wir leckeren Bratwurstkuchen, unterlegt mit Blätterteig und Weißkohlgemüse, zu Mittag gegessen.

20. Februar 2017

Wie schön, dass man die Eindrücke aus dem Urlaub dauerhaft zu Hause konservieren kann. Nicht nur im Fotoalbum, das man erst heraus kramen muss, oder, festgehalten mit der Digital-Kamera, auf einem Rechner oder einem Laptop, den man erst hochfahren muss. Die Idee ist nicht schlecht, die Stimmung am Meer auf ein Garagentor zu malen, so dass alle Passanten an der Schönheit der Stimmung teilhaben können. Felsen fallen steil ab und könnten aus Rügen oder der Normandie, aber auch von anderen Steilküsten stammen. Der Moment der Stimmung, wenn die Sonne aufgeht (oder untergeht), ist kollossal. Ein flammender Horizont in Gold, Orange, Rot in den sanften Schwingungen des Wellenspiels. Momente, die Gefühle für eine Ewigkeit in Edelmetalle verwandeln. Die Urlaubserinnerungen auf der Leinwand eines ganz normalen Garagentores.

21. Februar 2017

In dem Mietshaus gegenüber kommen und gehen die Mieter. Umzüge gehören zum Alltagsbild, und die Mieter wechseln ungefähr so schnell, wie man täglich die Hemden wechselt. Nichts ist beständig, nur der alte Mann, der sich täglich mühselig in gebeugtem Gang zu seinem Ford Focus bewegt, gehört zur langjährigen Mieterschaft. In der vorherigen Wohnung des Hausmeisters lassen sich diesmal die Nachmieter Zeit. An den Wochenenden herrscht dann regsame Betriebsamkeit. Ein Aufmarsch von Handwerkern rückt an, hinter den Fenstern sieht man aufgestellte Leitern. Menschen strecken sich zur Decke. Hin und her, auf und ab bewegt sich handwerkliches Geschick. Das Umzugsprojekt scheint in der Mietwohnung wohl einen größeren Umfang angenommen zu haben, denn nach rund vier Wochen können wir von außen nicht wirklich erkennen, was die Handwerker so umtreibt.

22. Februar 2017

Schneeglöckchen, die Vorboten des Frühlings. Strahlend weiß, reichlich unscheinbar am Wegesrand, sprießen die ersten Zeichen des Frühlings aus dem gemulchten Erdboden hervor. Versteckt zwischen Baumgruppen am Zaun, senken sich die schneeweißen Blütenköpfe zum Rhein, wo sie eine Harmonie bilden mit dem Posttower und dem Langen Eugen auf der anderen Rheinseite.

23. Februar 2017

Nun sind sie also wieder los, die Jecken und Karnevalisten, trotz Wind, Boen und Sturm. Unter widrigen äußeren Bedingungen haben die Weiber die Rathäuser erstürmt, nun feiern sie, sie schunkeln und singen Karnevalslieder und liegen sich in den Armen. Diejenigen, die sich in Vollblutkarnevalisten verwandelt haben, stehen nach dem 11.11. vollends unter Strom und unter Dauerstress. Einen solchen ganz normalen Mittwoch in der Karnevalszeit eines begnadeten Karnevalsredners beschreibt Guido Cantz in seinem Buch „Wo ist der Witz ?“: 13:30 Uhr Auftritt in einer Damensitzung im Gürzenich in Köln, 15:00 Uhr Auftritt in einem Zelt vor 1.800 Frauen in Lindlar, 16:45 Uhr Damensitzung in der Sülztalhalle in Kürten, 18:30 Uhr Damensitzung mit „nur“ 1.000 Frauen in Hürth-Efferen, 20:30 Uhr Auftritt im Maritim-Hotel am Düsseldorfer Flughafen, 21:00 Uhr Sitzung in Neuss, 22:30 Uhr Sitzung der roten Funken im Maritim-Hotel Köln, 23:30 Uhr Rückkehr zu einer Galaveranstaltung im Kölner Gürzenich, 0:30 Uhr Ankunft zu Hause. Und das über einen Zeitraum von rund drei Monaten. Ähnlich stramm dürfte das Tagesprogramm des Bonner Prinzenpaares Mirko I. und Patty I. sein. Ihr Bus, den ich mehrere Male im Stadtgebiet gesichtet habe, eilt von Ort zu Ort. Ihr Fahrer legt nun eine Pause ein, und irgendwo in der Nähe der Thomas-Mann-Straße dürften Mirko und Patty feierlich empfangen werden.

24. Februar 2017

Um die Mittagszeit ging es an Weiberfastnacht heiß her im Eingangstürbereich der Straßenbahn. Verkleidet als Frosch, Bauarbeiter oder Känguruh, gröhlten und sechs junge Männer in ihren Karnevalskostümen vor sich her. Aus Flaschen floß Bier in ihre durstigen Kehlen hinein, und auf dem Boden plärrte ein CD-Player, der die Rhythmen des Karnevals quer durch die Straßenbahn schmiss. Glaubte man dem Musikstück, so trauerte die Sechsergruppe ihren verflossenen Geliebten nach. „Ich bin solo … ich bin solo … ich bin solo … scheißegal“, trällerten sie auf der Melodie von „I am sailing“ von „Rod Stewart“. Dabei steigerten sie ihre Gefühle von Trauer in das Wort „scheißegal“ in eine solche ohrenbetäubende Lautstärke hinein, dass mich die Fäkaliensprache zu nerven begann. Genervt war ich sowieso an Weiberfastnacht, da am Vortag war meine Mutter in das Erkelenzer Krankenhaus eingeliefert worden war. Verstopfung, Mangel an Natrium und viel zu niedriger Blutdruck, so dass sie Infusionen bekommen musste. So fand ich dann abends nicht im Karnevalstrubel von Weiberfastnacht wieder, sondern im Erkelenzer St. Johannes-Krankenhaus.

25. Februar 2017

Ein gar nicht so ungewöhnliches Vorhaben, das mich sogleich über die Tücken der Fahrkartenautomaten stolpern ließ. Mit der Deutschen Bahn von Troisdorf-Spich nach Erkelenz, samt meinem Rennrad im Fahrradabteil. Für den Verkehrsverbund Rhein-Sieg hatte ich ein Job-Ticket, so dass ich erst ab Rommerskirchen eine Fahrkarte brauchte. Das Ringen mit dem Fahrkartenautomaten an der S-Bahn-Haltestelle Troisdorf-Spich begann viel versprechend: der Automat war flexibler und anpassungsfähiger geworden, denn ich konnte den Startbahnhof auf Rommerskirchen ändern – was vor etwa einem Jahr noch nicht möglich war. Fahrkarte auswählen, EC-Kartenzahlung, das klappte alles. Doch dann die Fahrradkarte. Auf dem Automaten suchte ich Sonderkarten, Sonderfahrkarten oder ähnliches. Gesamtes Angebot, Angebot nach Kategorien oder alle Angebote von A bis Z, dort suchte ich die dringend benötigte Fahrradkarte. Das war aber nix, nur Sparangebote, Monatskarten, ICE-Zuschläge, Rail & Fly und vielerlei anderer Kram, nur keine Fahrradkarte. Ich kapitulierte, bevor die Situation in der Warteschlange hinter mir außer Kontrolle geraten könnte. Nach dem Umsteigen im Kölner Hauptbahnhof der nächste Versuch am Fahrkartenautomaten. Hilflos tippte ich irgend etwas ein: eine Fahrt zum Köln-Bonner Flughafen, wo ich gar nicht hinwollte. Und siehe da: wie aus dem Nichts tauchte ein grüner Button „Fahrradkarte“ auf, der separat zum Fahrtziel Flughafen ausgewählt werden konnte. Schnellstens drückte ich den grünen Touchscreen, doch sogleich folgte der nächste Frust. Ich hatte lediglich einen 5 €-Schein griffbereit, ich musste aber mit passendem Kleingeld zahlen. Im Haupteingangsbereich des Kölner Hauptbahnhofes gelang es mir schließlich, einen Automaten zu finden, der meinen 5 €-Schein wohlwollend akzeptierte. Das war nicht gerade ein Kundenerlebnisdesign, wie es sich das abgehobene Management wünscht und vorstellt.

26. Februar 2017

Rückkehr vom Krankenlazarett in meinem einhundert Kilometer entfernten Elternhaus. Zu Hause angekommen, ging es hektisch weiter, als ich so zeitgerecht kochen musste, damit wir uns den Karnevalszug um 12.11 Uhr ansehen konnten. Meine Frau musste arbeiten, und so zog ich mit unserer Tochter in unseren Ortskern, wo mir all die verkleideten und kostümierten Karnevalsjecken noch hektischer und betriebsamer vorkamen als in den Vorjahren. Der Zug war schön, wie immer, und in einer Fußgruppe entdeckte unsere Kleine ihre frühere Klassenlehrerin der Grundschule, die mit ihrer Fußgruppe nach mehrjähriger Abwesenheit wieder am Karnevalszug teilnahmen. Mich begeisterte der Wagen des Theatervereins, der meiner Sehnsucht nach Venedig Flügeln verlieh. Eine venezianische Gondel hatten sie nachgebaut, und die Augenmasken der Gondolieri deuteten den venezianischen Karneval an.

27. Februar 2017

Es war wie in den Vorjahren. Am Rosenmontag war ich vormittags im Büro, weil ich ansonsten Urlaub hätten nehmen müssen. Mittags zu Hause, Familie bekochen, meine Frau musste bis 14 Uhr arbeiten. Ein oder zwei oder drei Tassen Kaffee trinken, nachdem sie von ihrer Arbeit zurückgekehrt war, wir verquasselten uns, und längst hatte sich das Zeitfenster geschlossen, dass wir uns in unserem Nachbarort den Rosenmontagszug, der bereits seit 12.30 Uhr losgegangen war, hätten ansehen konnten. „Aber nächstes Jahr“, so fassten wir zusammen, während uns der brühheiße Kaffee inspirierte, und wir wussten genau, dass im nächsten Jahr die Dinge nicht so grundlegend anders verlaufen würden. Als der Rosenmontag noch Brauchtumstag war - und für mich kein Arbeitstag -, hatten wir sogar Pläne geschmiedet, uns in Köln den Rosenmontagszug anzusehen. Es kam so wie bei anderen großen Plänen, dass dieser eine Nummer zu groß geriet: zu groß wären die Menschenmassen, zu unsicher die Sicht, genug zu sehen zu bekommen, zu groß die Gefahr, unsere Kinder aus den Augen zu verlieren, dazu der Aufwand, zu sehr früher Uhrzeit zwischen großen Menschenmassen in der Straßenbahn zusammen gequetscht zu werden. So siegte heute, wie in all den Vorjahren, die Bequemheit, zu Hause zu bleiben und den Kölner Rosenmontagszug am Fernseher zu verfolgen. In einer Kameraposition, wie auf eine Bühne gerichtet, kommentiert von Guido Cantz, war dies wohl auch die bessere Lösung als Live in Köln dabei zu sein.

28. Februar 2017

Die Hauptakteure treten nach dem gestrigen Rosenmontagszug in Orange auf. Mit 55 Kilowatt und 2.700 Umdrehungen drehen sich in der Minute die runden Kehrbürsten. Knicke lenken die beiden Bürsten in Ecken und Winkel, so dass die Kehrmaschine der Bonn Orange den Bürgersteig allen Unrat in sich hinein schluckt, den der Rosenmontagszug übrig gelassen hat. Sie leistet saubere Arbeit, und was die Kehrmaschine nicht schafft, das kehren die drei Straßenfeger weg. Ein befreiendes Gefühl, durch eine saubere Stadt spazieren zu können.

Guten Tag ! Hallo ! Bonjour ! Prettige dag ! Buenas dias ! Willkommen auf meinem Blog !

SOZIALE NETZWERKE

  • Wix Facebook page
  • Wix Google+ page

BONNER BLOGS

NEUESTE POSTS

ARCHIV

bottom of page