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bei 33 Grad Hitze an der Siegfähre

An solchen Tagen, wenn die Hitzewelle auf ihren Siedepunkt zuläuft, weiß ich nicht, wie ich mich drehen und wenden soll. Die Hitze steht, sie sammelt sich zwischen den Häuserschluchten. Die wenigen seichten Luftzüge sind unfähig, für Abkühlung zu sorgen. Von Kopf bis Fuß hänge ich im Schweiß. Bewegungen und Regungen laufen in einem trägen, dumpfen Mechanismus ab. Ich kann so viel Flüssigkeit in mich hinein schütten, wie ich will: mein Durstgefühl verschwindet nicht, und meine ausgetrocknete Kehle giert nach etwas , was sie nicht bekommen kann.

Wohin flüchten bei dieser Affenhitze ? Das Thermometer ist auf 33 Grad hoch geschnellt. Am liebsten würde ich mich verkriechen. In einen Ort der Abkühlung, vielleicht einen Kühlschrank, zurück in den vergangenen Winter oder auf den Nordpol. Das kann mir die Köln-Bonner Bucht nicht bieten, im Gegenteil. Um Abkühlung zu finden, müsste ich in umliegende Wälder ausschweifen, in das Siebengebirge, den Kottenforst oder die Eifel. Doch ich hänge fest in dem Talkessel zwischen dem Rhein, dem Bergischen und dem Vorgebirge, wo wie in einem Kochtopf die Hitze zum Siedepunkt gebracht wird. Wälder sind hier Mangelware, und in der Rheinaue oder sonst wo muss ich verzweifelt suchen nach Schatten spendenden Bäumen.

Ich habe beschlossen, in einem Biergarten meinem Durst Erleichterung zu verschaffen. Trotz meiner Vorliebe für Cafés bin ich nicht der Typ, der häufig in Biergärten unter freiem und offenen Himmel seinen Kaffee genießt. Merkwürdigerweise. Da ziehe ich Eiscafés vor, gerade bei dieser Hitze. Ein leckeres Spaghetti-Eis kann ebenso für Kühlung von innen sorgen, vorübergehend.

Ich finde, dass es Biergärten im Rheinland nicht mit denjenigen aus dem ursprünglichen Biergartenland Bayern aufnehmen können. Die lässige, kommunikative, vertraute und familiäre Atmosphäre unter alten Baumbeständen findet man hier im Rheinland kaum. Echte Brotzeiten mit Weißwurst, Brez’n oder Schweinshax‘n, lassen sich nicht ins Rheinland kopieren, obschon entlang des Rheins die Biergärten wesentliche Punkte markieren, wo man einkehren kann.

Selbst vor der Siegfähre trifft mich die Hitze wie ein Schlag. Hin- und herparkende Autos wirbeln auf dem Schotterplatz Staub auf. Auf den Fahrradabstellplatz knallt die Sonne herunter. Die Parkmöglichkeiten bilden eine Schneise der Sonne. Wie gehabt, muss ich Schatten suchen zwischen Pappeln, Weiden, Linden.

Die hohen Temperaturen beanspruchen allerdings auch eines für sich: es ist angenehm leer. Es gibt eine gewisse Auswahl von freien Tischen mit einem ungehinderten Blick auf die Sieg, die nach den vergangenen Regenfällen ordentlich Wasser mit sich führt. Am Wochenende bei schönem Wetter wäre so etwas ein Glücksfall, denn dann platzt der Biergarten aus allen Nähten.

Im Gefüge der Biergärten hat die Siegfähre ihren eigene, unverwechselbare Lage. Aus dem Rothaargebirge kommend, plätschert die Sieg 155 Kilometer vor sich hin, bis sie nach einer letzten, entschlossenen Biegung in den Rhein mündet. Wie ihr Name verrät, beherbergt sie eine Fährstation, die einzige auf ihrem gesamten Flussverlauf. Ihre Fahrgäste transportiert sie übrigens ganz ohne Motor, indem sie die Strömung über ein Seil von dem einen Ufer auf das andere treibt. Im Fachjargon des Fährwesens handelt es sich um eine Einmann-Gierfähre. Das ist eine der letzten Nachfahren aus einer Zeit, als Brücken eine absolute Seltenheit waren. Der Fährmann gibt den Takt an. Mit der Strömung ist die Überfahrt der Inbegriff der Langsamkeit, der sich meine eigenen trägen Bewegungen anpassen.

Die glühende Scheibe der Sonne ist so weit gewandert, dass der zur Sieg weisende Gebäudeteil Schatten spendet. Ja, hier kann man es halbwegs aushalten. Ich bequeme mich an einen der freien Tische. Ich beobachte die Badenden in der Sieg, wie kleine Kinder sich bis zu den Knien in das flache Ufer hinein wagen. Andere Familien breiten sich mit Kind und Kegel auf der Liegewiese aus. Kinder ziehen Schwimmflügel an, und ab geht es in die kühlenden Wasser der Sieg.

Bei solch einer Witterung muss es ein Kristall-Weizenbier sein. Nicht alles löscht meinen Durst nachhaltig, und in großen Schlucken schütte ich das erfrischende Getränk meine Kehle hinunter. Zwei, drei weitere lange Schlucke, und in dem langgezogenen Weizenbierglas schwimmt nur noch eine Pfütze von Restschaum. Das zweite Glas Weizenbier vollendet die Abkühlung von innen heraus.

Als ich die Siegfähre wieder verlasse, trifft mich der Schlag. Der Abstellplatz, wo ich mein Fahrrad wieder aufschließe, liegt in der sengenden Sonne. Kein Luftzug, die 33 Grad lähmen jede Bewegung. Schwerfällig, ungefähr wie im Stillstand, steige ich auf mein Fahrrad auf.

Die Abkühlung der zwei Weizenbier hält noch eine Zeitlang. Doch der Weg nach Hause durch die Felder ist schwer, ohne Schatten spendende Bäume, geschweige denn, Wälder.

Zu Hause kann ich so viel Flüssigkeit in mich hinein schütten, wie ich will, das Durstgefühl bleibt. Erst später am Abend, als ich auf Kristall-Weizenbier umsteige, fühle ich mich erleichtert. Der Hitzepegel sinkt, und die Kühlung von innen spüre ich immer deutlicher.

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