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der Weihnachtsmann vor dem Souvenir-Shop

Man stelle sich den typischen Touristen vor, der von den hiesigen Bräuchen und von der hiesigen Kultur keinerlei Ahnung hat. Der, seine Fotoausrüstung im Anschlag, auf Beutezug ist nach Fotomotiven, die in einem Atemzug alles aussagen sollen über die Stadt, die Menschen und Lebensgewohnheiten, die er gerade bereist.

Ob US-Amerikaner, Japaner, Chinese, Araber: wenn Großstädte während des Europa-Trips im Eiltempo vorbeirauschen, wenn das Zeitmanagement ein rigides Programm vorschreibt, wenn Sehenswürdigkeiten wie im Film vorbei fliegen, dann sucht der Tourist nach landestypischen Klischees, die in ihrer Einfachheit in wenige Formen hinein gepreßt werden können. Der Kölner Dom, die Altstadt, der Rhein. In Formen gebracht, sind dies die gotischen Doppeltürme, das Rheinpanorama mit Groß St. Martin, der breite Strom des Rheins mit Ausflugsschiffen und der Hohenzollernbrücke.

Weihnachtsmann vor dem Schaufenster (1)

Was der weit gereiste Tourist, in Ewigkeit gemeißelt, in Erinnerung behalten will, danach sucht er in Andenkenläden. Seine Erinnerungen an Köln, reduziert auf wenige typische Formen, wird er dort finden. Eine Auswahl seiner überquellenden Eindrücke fasst er in greifbaren Gegenständen zusammen, die der Nachwelt in seiner Heimat erhalten bleiben sollen. Stofftaschen, T-Shirts, Wanderstöcke und jede Menge andere Mitbringsel, gespickt mit seinen Klischeevorstellungen von Köln, warten auf ihn. Und in der Vorweihnachtszeit überragt dieses Gemengelage der Weihnachtsmann.

Auf dem Bürgersteig sieht es so aus, als ob der Weihnachtsmann den Lockvogel spielen soll. In dem Andenkenladen türmt sich, was an Touristen verramscht werden soll. Das Schaufenster ist so vollgestopft mit Nippes, Krimskrams und Dies und Das, dass der Blick sich schwer tut. Alles ist gut, was das Markenzeichen von Köln trägt, und das ist vor allem der Dom, aber auch die Silhouette der Altstadt oder gar, als Unterscheidungsmerkmal von ganz weit angereisten Nationen, die Deutschlandfahne. Wie schön läßt es sich doch shoppen fernab der Heimat mit einer Stofftasche, die die Aufschrift „KÖLN“, mit dem Dom als Untermalung, trägt. Bierkrüge in allen Variationen, als Kölschstange, Maßkrug oder Weizenbierglas, tragen das ständig wiederkehrende Motiv des Kölner Doms, das effektiv nicht fehlen darf.

Postkartenständer

Den Mund weit geöffnet, könnte man meinen, der Weihnachtsmann würde gar ein Lied singen, während er sich einem Rollgestell voller Schlüsselanhänger und Flaschenöffner gegenübersieht, die an einer Lochwand aus Blech kleben. Rote Herzen bekunden auf den Flaschenöffnern ihre Liebe zur Domstadt: I love Köln, dessen Schriftzug mit dem roten Herzen quer über die sperrige Holzmaserung des Flaschenöffners verläuft. Der Weihnachtsmann wird vielleicht Zeuge sein, dass die Liebe bisweilen eine große Rolle in der Domstadt spielt. Verliebte könnte es in den Souvenirshop ziehen, wenn sie ihre Spuren bis in alle Ewigkeit hinterlassen wollen. Köln ist die Stadt der Liebesschlösser, von denen die Hohenzollernbrücke vollhängt. Liebesschlösser sind in dem Andenkenladen erhältlich, und auf dem ganz normalen Vorhängeschloß kann sich das Liebespaar ihre Namen eingravieren lassen, an der Hohenzollernbrücke hängen sie es auf, anschließend werfen die beiden die Schlüssel in den Rhein als Zeugnis dafür, dass sie für immer zusammenbleiben wollen.

Der Weihnachtsmann hat also eine wichtige Funktion als Beobachter, aber mal im Ernst: ich finde ihn kitschig. Eingehüllt in seinen Mantel, der in einen violetten Farbton abdriftet, ringen seine bleichen Hände aus Plastik nach Fassung. Seine runde Brille aus Blech schiebt den Gesichtsausdruck eines altklugen Lehrers beiseite.

Auf dem niedrigen Podest stehend, eingerahmt vom Schaufenster voller Kölnisch Wasser, könnte er in einem Werbespot für 4711 mitspielen. Werbespots sind, das lehrt die Vorweihnachtszeit, nicht einmal etwas außergewöhnliches für Weihnachtsmänner. Wieso nicht 4711 ? Parfums sind handliche Mitbringsel für Touristen, die Formen der Fläschchen sind originell, die Produktion der Duftwasser hat in Köln eine lange Tradition. Im Gegensatz zu vielen anderen Souvenirs ist gar nicht einmal etwas Kitschiges daran.

Weihnachtsmann vor dem Schaufenster (2)

Fast könnte man meinen, dass der Weihnachtsmann voyeuristische Züge trägt. Sein Blick belehrt und durchdringt die Passanten. US-Amerikaner, Japaner, Chinesen, Araber mögen ihn vielleicht für einen grenzenlosen Optimisten halten: stets gut gelaunt, freundlich, bestimmt, der aus seinem Dasein als Gutmensch nebenher Geschenke an Kinder verteilt.

Wenn die Touristen es noch touristischer haben wollen, dann müssen sie an den Polarkreis nach Lappland reisen. Im sogenannten Santa-Claus-Village am Korvatunturi-Fjäll ist der Weihnachtsmann ganzjährig zu Hause. Leibhaftig kann man ihn begrüßen und er schüttelt die Hände. Er betrachtet es als seinen Lebensinhalt, für alle Menschen da zu sein, für das Wohl der Kinder zu sorgen, die Liebe der Erwachsenen zu pflegen und die Weihnachtsbotschaft mit ihrer Liebe und guten Wünschen in der Welt zu verbreiten. Vielleicht findet sich ein Stück davon in Köln.

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