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Tagebuch Dezember 2020

1. Dezember 2020 Orte aufsuchen, wo ich mir die Beine vertreten kann, wenn die Dunkelheit die Aktivitäten draußen immer früher beeinträchtigt. Mit Erreichen des Dezembers werden die Zeitfenster immer kürzer, dass man sich nach den Nachmittagsaktivitäten für einen Spaziergang nach draußen wagen kann. Ich hatte mir Zündorf ausgesucht, weil der Weg zum Rhein kurz und übersichtlich war. Mit ein bißchen Helligkeit schritt ich die engen Gassen hinab. Schwarz-weiß gefächertes Fachwerk vermittelte eine Atmosphäre der Gemütlichkeit. Auf dem Platz vor der Groov suchten Gaststätten dem Lockdown zu entkommen. Getränke gab es „to go“, ebenso Glühwein zum Mitnehmen. Dies nutzten auch einige Passanten, indem sie herumstanden, sie suchten die Gruppenbildung zu vermeiden und tranken Bier oder Glühwein. Wenige Gestalten mit blassen Umrissen begegneten mir, als ich den Weg im Halbdunkeln zum Rhein schritt. Immer geradeaus, war das Ziel des Rheins nicht zu verfehlen. Knorrige Baumstämme begleiteten den Weg, der in der parkähnlichen Anlage der Zündorfer Groov verlief. Die Fähre von Zündorf zum Kölner Stadtteil Weiss war vollkommen verwaist. Das Fährboot dümpelte im Dunkeln vor sich her. Die Schiffe auf dem Rhein hatten sich einsam in ihre Fahrspur gelegt. Das Wellenspiel des Rheins verwischte sich in fahlem Licht. Einsam und alleine verschwand meine Persönlichkeit vor dem breiten Flussbett. Voller Ehrfurcht hielt ich einige Minuten inne, bevor ich meine Spazierrunde zurück drehte. Der Lockdown hatte an dieser Stelle nicht allzu viel verändert. Es war einsam und still. Es war Zeit, in sich zu kehren.

2. Dezember 2020


In den letzten Tagen ist es zur Regeltätigkeit geworden, im Home Office den Handwerkern hinterher zu telefonieren. Wenn meine Frau das Haus verlässt, bekomme ich den Auftrag, welche Handwerker dies sind. Dabei handelt es sich grundsätzlich um Handwerker, die schwierig erreichbar sind, die sich unter ihren Anschlüssen nicht melden oder nicht zurückrufen. Die Telefonate, die im Endeffekt nicht zustande kommen, sind eine undankbare Tätigkeit. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ertönt das Freizeichen – und danach tut sich nichts. Läuft die Mobilbox an, ruft niemand zurück, wenn man darauf spricht. Dasselbe Ergebnis erzielt man, wenn sich die Büroangestellte am Telefon meldet. Sie notiert, dass der Chef zurückrufen soll, was dann aber nicht geschieht. Die Situation überreizt sich, wenn es tagtäglich dieselben Handwerker sind. Diese Regeltätigkeit, Handwerkern während der Home Office-Tätigkeit hinterher zu rennen, wäre nichts als langweilige Routine, wenn nicht Termine gnadenlos gesetzt wären. Zum 1. Januar nächsten Jahres will die 3er-WG einziehen, und bis dahin müssen noch ein paar Handwerker ihre Gewerke abarbeiten, damit die Einbauküche eingebaut werden kann. Hinterher rennen müssen wir momentan dem Elektriker, dem Fliesenleger, dem Türenbauer und dem Lüftungstechniker. Der Liefertermin für die Einbauküche ist auf nächste Woche, auf den 11. Dezember terminiert. In der Küche sind die Elektroinstallationen noch nicht vollständig, die Türen und die Lüftungsgeräte fehlen, die Fensterbank ebenso. Des weiteren haben wir dem Metallbauer hinterher telefoniert, der das Balkongeländer montieren soll. Bei dem Türenbauer telefonieren wir in ein großes Loch hinein, dass er zurückrufen will, er tut es aber nicht. Der Fliesenleger ist kritisch, weil die Fensterbank, die er verlegen soll, essentiell ist für die Küchenanrichte. Der Lüftungsbauer reagiert nicht. Den Elektriker können wir hingegen verstehen, als wir ihn dennoch erreicht haben. Sein Auszubildender ist Corona-positiv getestet worden. Fünf Mitarbeiter befinden sich bis Freitag in Quarantäne. In der nächsten Woche, wenn er wieder mit voller Mannschaft arbeiten kann, sind wir an der Reihe, damit in der Küche die Elektrik fertig sein wird und es an den Elektrikern nicht scheitern soll, dass die Einbauküche eingebaut werden wird.

3. Dezember 2020


Der Super-GAU wäre denkbar, nachdem es im Behindertenwohnheim, wo meine Frau arbeitet, einen positiven Covid 19-Fall gegeben hat. Ein Behinderter, der im übrigen keinerlei Symptome zeigt, ist positiv getestet worden. Schlimmstenfalls könnte es weitere Infektionen geben, meine Frau nicht ausgenommen. In der Ausübung ihrer Hauswirtschaftstätigkeit hatte sie sich in gebührendem Abstand zu dem Infizierten befunden. Alle Wohnheimbewohner sind nun getestet worden und befinden sich isoliert in ihren Zimmern. Für meine Frau ist es bereits der vierte Test, wovon die drei vorherigen negativ waren. Nach all den Tests herrscht Hochspannung auf das Testergebnis. Zwischen Hoffen und Bangen sieht die Hochrisikogruppe diesem Ergebnis entgegen. Über den E-Mail-Eingang bekommt meine Frau das Ergebnis mitgeteilt. Einen 40-stelligen Code musste meine Frau eingeben, doch bislang ging lediglich die ungewisse Nachricht „kein Befund“ ein. Wir warten und hoffen, dass das Behindertenwohnheim samt uns von einem weiteren Covid 19-Fall verschont bleiben.

4. Dezember 2020


Der Papierkrieg wird nicht besser, sondern schlimmer, das sagte meine Frau. Der Papierkram verteilte sich nicht nur über den Tisch, sondern auch über den Stuhl. Bis nach Mitternacht hatte meine Frau Schreiben zu dem Mietvertrag ausformuliert, den der Schwager als Mieter mit meiner Frau als Vermieterin abschließen wird. Über das Konstrukt des Ergänzungsbetreuers soll dieser stellvertretend den Vertrag für meinen Schwager unterschreiben. In demselben Schriftverkehr soll gleichzeitig das Amtsgericht über dieses Thema informiert werden, dass der Schwager umziehen wird, wozu ein Mietvertrag abzuschließen ist. Weitere vertragliche Regelungen sind nach dem Umzug zu treffen, was die Betreuungstätigkeiten beim betreuten Wohnen betrifft. Mit seiner Behinderung benötigt er Hilfe im Haushalt seiner Wohnung, wenn es etwa um das Kochen, das Waschen oder das Einkaufen geht. Diese Hilfstätigkeiten werden über sogenannte Fachleistungsstunden erbracht, in diesem Fall von der Lebenshilfe. Es sind die Art der Tätigkeiten festzulegen, deren Umfang und wieviel die Fachleistungsstunden kosten. Angedacht sind vier Stunden pro Woche, die vom Schwager selbst zu zahlen sind, da er Vermögen besitzt. So viel Papierkram haben wir ausgebreitet, dass die Informationen zu den Fachleistungsstunden auf dem Stuhl Platz gefunden haben.

5. Dezember 2020


Die Handwerker, die im Haus des verstorbenen Schwiegervaters arbeiten, kommen aus aller Herren Länder. Die Chefs und Firmeninhaber sind Deutsche, viele kommen aus unserer Stadt, während das arbeitende Volk der ausführenden Arbeiter gerne aus irgend welchen entfernt entlegenen Staaten kommt. Ein Netz von Subunternehmern verknüpft die Bauwirtschaft, die ein Sammelbecken ist für Arbeitskräfte aus Osteuropa. Genau diese Erfahrung haben wir auf unserer Baustelle gemacht. Die Fensterbauer kamen aus Polen und aus Russland, dabei war eine Unterhaltung kaum möglich, da nur ein polnischer Arbeiter der deutschen Sprache mächtig war. Die Trockenbaufirma hatte Arbeiter aus ähnlichen Ländern rekrutiert mit demselben Effekt, dass der eine des anderen Sprache nicht mächtig war. Momentan läuft es genauso bei den Putzarbeiten. Die Arbeiter von der Subunternehmerfirma kommen diesmal aus Albanien und nicht aus Osteuropa. Sie legen sich bei ihrer Arbeit mächtig ins Zeug, liefern beste Qualität ab, aber sie sprechen kein Deutsch. Sprachprobleme und Sprachbarrieren gab es ebenso bei den Fliesenlegern, die die Fensterbänke in die Zimmer hinein trugen. Das wiederum störte den Arbeiter, der den Laminatboden verlegte. Er, der Firmeninhaber, ein in unserem Ort wohnhafter Deutscher, hatte bereits in zwei Zimmern im Obergeschoss den Laminatboden verlegt, der frisch verlegt besonders sensibel war gegenüber Herumlaufen und jeglichen Tritten. Unternehmer und Subunternehmer, Deutsche und Ausländer, an diesem Tag rannten Arbeiter aus gleich mehreren Gewerken im Haus herum, davon die Fliesenleger, die die Fensterbänke für alle Fenster im Haus auf eine Decke auf den frisch verlegten Laminat legten. Der Firmeninhaber wollte den Umstand der Neuverlegung des Laminats erklären, doch die Kommunikation scheiterte an der Sprache. „Dann rennen die hier herum, sie wissen nicht was sie anrichten und man kann mit denen nicht reden, weil sie kein Wort Deutsch verstehen“, so wandte er sich händeringend an uns. Dies konnten wir allerdings auch nicht ändern, wie das Gefüge von Subunternehmern gestrickt war, welche Sprache sie sprachen und auf welche Art und Weise man ich verständigen konnte.

6. Dezember 2020


Ein bißchen Schleichwerbung darf erlaubt sein. Der Laminatboden ist in den Wohnräumen im Haus des verstorbenen Schwiegervaters verlegt, und der warme helle Farbton sieht wirklich phantastisch aus. Ein Laminatboden zum Wohlfühlen, an dem die drei Bewohner bestimmt ihre Freude haben werden. Noch steht das frühere Wohnzimmer im Untergeschoss voller Gerätschaften, die der Innenausstatter bei seinen weiteren Verlegearbeiten noch benötigen wird. Da der verlegte Laminatboden noch sehr sensibel ist, haben wir ihn abgeklebt. Am besten sei Milchtütenkarton, das hatte der Innenausstatter gemeint. Gegen das Betreten des Laminats sei dieser aufgeklebte Schutz am wirkungsvollsten. Unschwer ist zu erkennen, wo meine Frau diese Rolle mit dem weißen Karton gekauft hat. „Mobau – echte Experten“, so wirbt die Aufschrift für die Baumarktkette. Bei so viel Expertenerfahrung kann da nichts schief gehen. Mit diesem Oberflächenschutz kann dem Laminatboden nichts schlimmes passieren, gegen alles Umhergehen wird er unempfindlich sein, damit er sein perfektes und schönes Aussehen bis in alle Ewigkeit bewahren wird.

7. Dezember 2020


Es sieht so aus, als könnte sich das Ohmsche Gesetz zum absoluten Stolperstein unserer Tochter entwickeln. Mit den Naturwissenschaften und der Mathematik steht sie auf Kriegsfuß, bei den Schulnoten in diesen Fächern gibt es jede Menge Luft nach oben. Das Fach Physik wird im Epochalunterricht erteilt, was bedeutet, dass die Halbjahresnote des ersten Halbjahres auf dem Schulzeugnis des zweiten Halbjahres, das versetzungsrelevant ist, stehen wird. Der erste Test im Fach Physik war ungenügend, und nun darf sich unsere Tochter im zweiten Test mit dem Ohmschen Gesetz befassen. Da ist sie beratungsresistent, wenn wir ihr weiter helfen wollen, und sie will die Übungsaufgaben selber üben. Ob das ausreicht, wagen wir zu bezweifeln, da ihre Wissenslücken groß waren, wenn wir ihr Fragen zum Ohmschen Gesetz gestellt haben. Womöglich müssen wir uns auf das Szenario einstellen, dass wir mit unserer Tochter noch so manches Problem in der Schule haben werden.

8. Dezember 2020


In diesem Jahr ist alles so traurig, alles nur noch auf Abstand und Distanz, menschliche Kontakte sind zu reduzieren, Enthaltsamkeit, Verzicht auf viele schöne Dinge, die zum Leben dazugehören. Geselligkeit und Freundschaften sind auf Eis gelegt, und Behinderte leben als Hochrisikogruppe in einem dauerhaften Zustand der Kontaktvermeidung, so dass alle Treffen bis auf weiteres abgesagt sind. In den Sommermonaten trafen die Behinderten sich noch zum Kegeln, das seit Oktober nunmehr ausgefallen ist. Als wir in den Sommerferien einen Tag an die Mosel gefahren waren, hatten wir in einem Weingut 2 Kisten Rotling gekauft, um die Flaschen Wein in der Vorweihnachtszeit an die Behinderten zu verteilen. Das Kegeln fällt aus, und so fehlt die Gelegenheit, den kostbaren Tropfen von der Mosel den Behinderten zukommen zu lassen. So bleibt uns nichts anderes übrig, als die Flaschen von Haustüre zu Haustüre zu verteilen. Da es abends dunkel ist und ich Schwierigkeiten habe, mit dem Auto die Wohnungen zu finden, erledige ich dies mit dem Schwager an den Wochenenden.

9. Dezember 2020


Corona-bedingt ist in diesem Jahr alles so unwirklich, dass das Gefühl vollkommen abhanden gekommen ist, wie viele Tage noch bis Weihnachten sind und was der Stand ist, wie viele Weihnachtsgeschenke wir beisammen haben. Das ist so ungefähr noch nichts, und ich selbst habe praktisch keine Ideen. Events hatte ich in den vergangenen Jahren gerne verschenkt, Comedy, Ralf Schmitz, Michael Mittermeier, Kaya Yanar, Theaterkarten, Konzerte in der Lanxess-Arena. Solche Geschenke kommen in diesem Jahr nicht in Frage, und ein Stück weit weigere ich mich, nach alternativen Geschenken zu suchen. Es geht aber nicht nur mir so, auch in unserer Familie fehlt das Gesamtkonzept, wer wem was schenken soll. Mit einer Arbeitskollegin hatte ich heute telefoniert, die für den Kreis ihrer Familie alles zusammen hatte. Davon können wir nur träumen. Wir verspüren allerdings auch keinerlei Druck, weil Weihnachten wie so vieles andere ganz anders ist in diesem Jahr.

10. Dezember 2020


Die medizinischen Dienstleistungen für Tiere können schon speziell sein. So war unser Kater Oskar von einem Augentierarzt behandelt worden, der einen Herpesvirus an seinen Augen diagnostizierte. Seine treffende, schnelle und präzise Diagnose half uns weiter, so dass sich das gerötete und entzündete Auge rasch besserte. Nicht ganz so speziell sind Tierzahnärzte aufgestellt. Da in unserer näheren Umgebung kein Tierzahnarzt existiert, musste diesmal die Tierärztin in unserem Ort ran. Diesmal war unser Kater Rambo an der Reihe, der einer professionellen Zahnreinigung unterzogen werden musste. Zahnstein hatte sich gebildet, der sich auf das komplette Gebiss ausgeweitet hatte. Was bei Menschen eine Routine ist, die nicht einmal der Zahnarzt, sondern die Zahnarzthelferin beackert, das ist bei Katzen eine größere Aktion. Unter Vollnarkose musste unser Kater betäubt werden. Um neun Uhr morgens brachte ihn meine Frau in die Tierarztpraxis, gegen zwölf Uhr mittags holte sie ihn wieder ab. Danach, auf der Straße, kam sie ins Gespräch. Zufälligerweise begegnete sie dort einer Arbeitskollegin, die gerade den Hund ihrer Freundin spazieren führte. Der Situation entsprechend, unterhielten sich die beiden Frauen über vierbeinige Haustiere. Meine Frau erzählte von der professionellen Zahnreinigung, der Prozedur der Narkose und der Dauer, bis sich unser Kater Rambo nach dem Eingriff wieder erholen würde. Die Arbeitskollegin erzählte indes von ihrer Schwester, die an die Zahnpflege ihrer Katze ganz anders heran ging. Viel einfacher, ganz konventionell, wie beim Menschen, betrieb sie die Zahnpflege. Mit einer Zahnbürste putzte sie ihrer Katze die Zähne. Das funktionierte, so dass eine etwaige professionelle Zahnreinigung entfallen konnte. Unserem bärenartigen Kater Rambo mit der Zahnbürste die Zähne putzen ? Diese Vorstellung fiel uns bei dem Schwergewicht unseres Katers Rambo schwer, zumal wir, wenn wir damit begonnen hatten, die Zähne von zwei weiteren Katzen bearbeiten müssten.

11. Dezember 2020


Stichtag Heute 11.12.20. Die Küche wird geliefert. Zuletzt hat der Elektriker seinen Teil dazu beigetragen. Aber auch die Fassade musste fertig sein, damit die Folie von den Rolladen runter konnte. Tja, dann fehlt uns noch die Zuwegung, mit alten Zimmertüren, Schaltafeln und einer Diele haben wir über die gröbsten Unebenheiten einen Weg zur Terrasse geschaffen. Jetzt steht das gute Stück da, die Arbeitsplatte um die Herdplatte wollte nicht, daher wird es eine Nachlieferung geben, hoffentlich noch in diesem Jahr.

12. Dezember 2020


In diesen Tagen mutet es wie ein Wunder an, wie wir es geschafft haben, den Keller leer zu räumen. Nachdem sich der Hausrat bis zur Decke gestapelt hatte, nachdem sperrige Möbel großflächigen Platz eingenommen hatten und nachdem allerhand Kleinkram sich dort angesammelt hatte, den wir bei den Dorftrödelaktionen nicht verkauft bekamen, hatte ich selbst kapituliert. Ich hatte mir bereits vorgestellt, dass die Dinge bis auf weiteres bis zum Sankt-Nimmerleinstag dort stehen bleiben würden, doch dann kam unser Raumausstatter mit der Laminatverlegung dazwischen. Er wollte den Laminatboden verlegen, und er drängte uns. Unsere Aktion war halb hilflos und halb durchdacht, um den Kellerraum frei geräumt zu bekommen. Wir mussten ran, es blieb uns nichts anderes übrig. Da der Laminatboden in alle Räume neu verlegt wurde, standen uns Flächen zur Verfügung, wo wir Kartons aus dem Keller abstellen konnten. Mehrere Anläufe mussten wir nehmen, bis wir so weit waren, wie es nun aussieht. Unser Sohn half uns, die anderen Kellerräume um- und freizuräumen, diese Aktion erstreckte sich über mehr als einer Woche. Den Buffetschrank in die Küche durch das Treppenhaus im Keller zu tragen, daran sind wir ungefähr verreckt, weil er dermaßen schwer war. Trotz aller Widrigkeiten ist das Wunder vollbracht worden. Es ist nur noch wenig wegzuschaffen, damit der Laminatboden verlegt werden kann.

13. Dezember 2020


In Zehn- oder Fünfzehn-Minuten-Zeit-Slots ringe ich darum, im Home Office meinen Kopf wieder frei zu bekommen. Home Office und die Aktivitäten auf der Baustelle bekomme ich kaum noch übereinander, dazu fehlt die Bewegung oder die Fahrradfahrt ins Büro. So ein wenig mutiert das Home Office zum Hamsterrad, und die Zeitfenster sind zu eng, um dem zu entkommen. An Orten, die mich besonders inspirieren, suche ich die knappen Momente der Entspannung zu konzentrieren. Das ist die sogenannte Panzerstraße zum Rhein. Die Konstante des Rheins fließt, selbst Wesseling stößt nicht ab und verwandelt sich in eine Industrieromantik. Abgewandt vom Rhein, schütteln die Pappelreihen all den inneren Stress ab, weil die Natur mich lehrt, mich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Dass ich am Rhein durch geatmet habe, wirkt zu Hause im Home Office wenige Momente nach. Ich fühle mich nicht mehr frei, im Gegenteil, eingesperrt. Zwischen dem Rhein und dem Home Office liegen Welten, die einen Kulturschock ausmachen.

14. Dezember 2020


Ein bißchen Zusammenfegen, ein bißchen den Teppich ausrollen, ein bißchen den Esstisch umstellen – die Um-, Weg- und Hin- und Herräumerei im Haus des verstorbenen Schwiegervaters zog sich in die Länge. Es nervte mich, wie sehr die Sonntagnachmittage dafür in Anspruch genommen wurden. Dies war nun der dritte Sonntag nacheinander, dass wir im Haus zu tun hatten. Ein vom Prinzip her durch getakteter Sonntag, der wenige Ruhezeiten bot und erst Recht keine Zeiten, um das nötige Maß an Bewegung zu erreichen. Dabei hatte ich mich von der Absicht meiner Frau irritieren lassen, dass die Dauer mal kurz sein sollte. „Nach dem Mittagessen mal kurz ins Haus“, das war die Ansage meiner Frau. Das Spülen dauerte nach dem Mittagessen, und in demselben Nachklang verlief unser Betreten des Hauses. Stolz auf den Anblick der Einbauküche und auf den positiven Baufortschritt, war meine Frau fasziniert. Am liebsten hätte sie Kaffee aufgeschüttet, sich hingehockt und das Geschirr anschließend weggespült, was aber nicht so funktionierte, weil die Spüle in der Einbauküche noch nicht angeschlossen war. Es war kein Entkommen. Das kurze Vorbeischauen weitete sich auf Anderthalb Stunden aus. Die Hoffnung, die nötige Bewegung zu bekommen, verflog. Als wir nach Hause zurück gekehrt waren, drängte ich. Am späten Nachmittag, als es längst dunkel geworden war, drehte ich mit meiner Frau eine Runde durch den Mondorfer Hafen.

15. Dezember 2020


Ein wunderbares Foto im schrägen Lichteinfall, nachdem das Gerüst abgebaut worden ist. Im dezenten Sonnenlicht ist zu erkennen, wie die Fassade im halb einstrahlenden Sonnenlicht aufgewertet wird. Nach dem neuen Außenputz umgibt das Haus eine vollkommen neue Hülle, die hell wie nie zuvor erstrahlt. Zuvor, das war ein verblasster und in die Zeit gekommener Außenputz, der eine trübe Stimmung verbreitete. Was doch eine Fassade hermachen kann. Sie sieht nun freundlich und aufgehellt aus, sie verbreitet Optimismus und hebt sich mit ihren Konturen ab. Zudem spart sie mit ihrer 14 Zentimeter-Wärmedämmung Energie und leistet einen Beitrag zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Man kommt sich so vor, als wäre das Haus komplett neu und rundum erneuert.

16. Dezember 2020


Ständig dieselben Laufwege, zu denselben Stellen in unserem Ort. Laufwege zum Supermarkt, zu den Wocheneinkäufen, zum Bäcker oder zum Haus des verstorbenen Schwiegervaters. Monotonie beherrscht den Alltag. Abwechslung und neue Perspektiven tun sich nicht auf, eine Anregung von Geist und Gehirn bleibt aus. Weil Eindrücke fehlen, stumpft das Gefühlsleben ab, und das Ringen um Abwechslung wächst. In dem arg gestressten Alltag, in dem die Balance zwischen Home Office und Baustelle schwerfällt, sind die Zeitfenster für Abwechslungen äußerst knapp. Gerade einmal eine halbe Stunde stand am Nachmittag zur Verfügung, zwischen Home Office und Baustelle, um mich auf das Fahrrad zu schwingen. Dabei konnte ich kein Ziel ins Auge fassen, das schön war. Es war nicht mehr als ein kurzer Trip durch die hiesigen Felder. Abgeerntet und winterlich kahl, passte die Monotonie in das Bild der ständig identischen Laufwege, die in Zeiten von Corona wenig Abwechslung bieten. Aber nun ging es dann doch hinaus in die frische Luft, immerhin. Das war ein bißchen mehr als gar nichts. Durch die Felder, die sich aufspannten, amtete ich durch. Daheim gebliebene Vögel reihten sich an Hochspannungsleitungen auf. Obschon das Wetter zuletzt trocken war, dominierten die Pfützen den Wirtschaftsweg. Matsch verschlammte die Ränder des Weges, was mich mit dem Rennrad in unangenehme Fahrspuren zwang. Eine solch kurze und zurecht gestutzte Tour war nichts für dieses knappe Zeitfenster, wenngleich die frische Luft meinen Herzschlag wieder auf Touren brachte. In Zeiten von Corona ist man ja so glücklich über die Abwechslung von Himmel und Horizont. Diese waren in der Tat prächtig, inmitten des Wechselspiels von Sonne und Wolken.

17. Dezember 2020


So lange habe ich die Felder nicht mehr durch kreuzt, so wenig habe ich die Veränderungen mitbekommen. Es sind Veränderungen, deren Vorlauf sich über ungeheuer viele Jahre erstreckt. Was als wahnsinnig lange gilt, ist bei Infrastrukturvorhaben normal. So bläht sich in einer demokratisch-rechtlichen Grundordnung das Planfeststellungsverfahren zu einem schwerfälligen Monster auf, das alle Beteiligten mit ihren Bürgerrechten zu Wort kommen läßt und ihre Rechte einzeln vor Gerichten auseinander dividieren läßt. Vorhaben im Straßenbau oder neue Bahntrassen zu planen, das kann Jahrzehnte dauern. Nun ist es in unseren Feldern dann doch geschehen. Im Jahr der Geburt unserer kleinen Tochter, die nun 15 Jahre alt ist, wurde die Umgehungsstraße in unseren Ort gebaut. Diese Umgehungsstraße soll nun einen sagenhaften Kilometer verlängert werden. 15 Jahre Planung für einen Straßenkilometer, aber wenigstens betätigen sich nun die Bagger, was deutlich zu sehen ist. Erdreich haben sie massiv weggebaggert, die Fahrspur der Straßentrasse ist nun auszumachen. Es bewegt sich etwas. Den Wirtschaftsweg haben die Bagger auf meiner Fahrradfahrt noch nicht angetastet. Dies wird sich bestimmt bald ändern, wenn das Erdreich in die andere Richtung weiter ausgebaggert wird.

18. Dezember 2020


Dass in den Abendstunden noch etwas zu tun ist, das nervt. Es geht an die Substanz und ist zu viel. Nach dem Abendessen und dem Spülen ist nicht alles vorbei, sondern die Arbeit geht weiter. Das ging über mehrere Abende so, dass im Haus des verstorbenen Schwiegervaters noch Dinge auf- und wegzuräumen waren. Dazu kamen die drei letzten Sonntage, an denen wir dort tätig waren. Heute ist Sperrmüll. Das nervt zusätzlich, dass die Tätigkeiten im Dunkeln zu erledigen sind. Lichtquellen sind zwar vorhanden, aber künstliche, die die eigene Trägheit nicht aufmuntern können. Die Menge ist nicht groß, Koffer, Lampenschirm aus unserer Garage. Meine Frau ist alleine zum Haus des verstorbenen Schwiegervaters gefahren, um diverse Holzreste zu holen. Die Aktion und der Zeitaufwand waren überschaubar. Und dennoch fühle ich mich matt, mein Akku ist leer und die Aussichten, ihn wieder aufzuladen, sind eher bescheiden.

19. Dezember 2020


In der nächsten Woche habe ich vor Weihnachten Urlaub, und endlich konnten wir den Tag etwas ruhiger und entspannter angehen lassen. Weihnachten war noch so fern, obschon es ganz nahe war. Mit einem Mal hatte sich der Zeitdruck in Wohlwollen aufgelöst, und in einer geübten Langsamkeit schlürfte ich die Tasse Kaffee in mich hinein. Sie zählten sich zusammen zu mehrere Tassen Kaffee, wir quatschen und verquatschen uns. Wir lagen im Zeitplan mit unserem Umbauprojekt. Heute würden wir einen entscheidenden Schritt weiter sein, wenn die Türenbauer das Haus mit ihren neuen Türen verschönern würden. Die Metallbauer waren mit ihrem Balkongeländer fertig geworden, und es sah viel versprechend aus, dass die beiden Mieter zum Jahreswechsel einziehen konnten. Die Gewerke, die noch zu erledigen waren, waren abzählbar. Ich trank so lange den Kaffee, bis es klingelte. Es war der Dekorateur, mit dem sich meine Frau verabredet hatte wegen der Gardinen. Während Frau und Schwager fleißig auswählten, damit sein Zimmer immer wohnlicher würde, spülte ich und im Anschluss rückte ich mir die Zeit zurecht, um die Steuern zu vervollständigen. Steuern sind umfangreich und nicht ganz unkompliziert, so dass sie Zeit benötigen, die ich mir an diesem Tag nehmen wollte. Dies geschah dann auch, ich sortierte die Einzelpositionen der Anlage V ein bißchen anders, zählte die Summen zusammen, bildete die Gesamtsumme von 2018 und 2019 und schrieb die Beträge ab in die Anlage V. Ich war erleichtert, die Dinge mit etwas mehr Ruhe angehen zu können.

20. Dezember 2020


Der vierte Advent ist so etwas von anders, und das ist vielleicht auch gut so. Noch vier Tage bis Heiligabend, und von vorweihnachtlicher Stimmung ist nur wenig zu spüren, sieht man vielleicht ab von unserem weihnachtlich geschmückten Tannenbaum in unserem Garten. Unser Adventskranz hat abgespeckt, er reduziert sich auf vier Teelichter in sechseckigen Glasschalen, und eine wirkliche Adventsstimmung will so nicht aufkommen. Da der alljährliche Weihnachtsstress durch Corona entfällt, sind wir wenigstens in der Lage, uns auf das Umbauvorhaben zu konzentrieren. Ohne Corona hätten wir gar nicht die Zeit, parallel das Umbauvorhaben und die Weihnachtsgeschenke zu managen. So geht der vierte Advent ohne Druck vorbei, die letzten Weihnachtsgeschenke zu ordern, den Speiseplan für die Weihnachtsfeiertage aufzustellen, den Wintergarten zu räumen, um den Weihnachtsbaum aufzustellen, oder den Einkaufszettel für die nächsten Wocheneinkäufe aufzuschreiben.

21. Dezember 2020


Immer wohnlicher sieht es aus, nachdem Möbel Porta heute das kombinierte Wohn- und Schlafzimmer aufgebaut hat. Es war heute wie an manch anderen Tagen: die Handwerker haben sich die Klinke in die Hand gegeben. Zu fünft haben die Elektriker die Satelliten-Schüssel auf dem Dach montiert, sie haben sich mit der Sprechanlage herum geschlagen und die Bewegungsmelder für die Beleuchtung in Flur und Treppenhaus eingestellt. Der Fliesenleger hatte den Fliesensockel im Flur geklebt. Und draußen waren die Gärtner mit dem Bagger im Garten herum gekurvt. Während die beiden Möbel-Montage-Leute die Möbel durch den Flur schleppten, fühlten sich die Fliesenleger anscheinend genervt, weil die Möbel in die Quere kamen. Sie packten ihre sieben Sachen mit Fliesenstücken und Werkzeugen zusammen und verschwanden. Die Möbel-Monteure waren derweil fleißig. Die Reihe von Schränken und Regalen wuchs zusammen, alles in dem wunderschönen dezenten braunen Farbton, der harmonisch zu den Türen und dem Laminatboden passte. Das Zimmer meines Schwagers hatte sich zu einem gelungenen Werk entwickelt.

22. Dezember 2020


Es waren nicht nur die Handwerker, die sich in ihrem Endspurt vor Weihnachten mächtig ins Zeug legten. Um dem Amtsgericht zufriedenstellend Auskunft erteilen zu können, wollte meine Frau die Geldanlage meines Schwagers erfolgreich zum Abschluss bringen. Das Amtsgericht hatte sich bei ihr gerührt, was denn aus dem ausgezahlten Erbanteil geworden sei. In ihrem Jargon wies uns das Amtsgericht auf eine mündelsichere Geldanlage hin. Wobei die Anlagemöglichkeiten stark begrenzt waren, überhaupt einen Zins bei einer sicheren Geldanlage erzielen zu können. Ein paar Euro, besser als gar nichts, warf eine Rentenversicherung ab. Und da drängte sogleich die Eile. Unter der dauerhaften Nullverzinsung stöhnte – wie so viele andere – die Versicherungswirtschaft. Diese musste eine Mindestverzinsung für Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und andere Produkte gewährleisten. Von oben war abgesegnet worden, dass die Zinsen auf 0,2% gesenkt werden durften. Weil sich dies änderte, musste alles Ratzfatz in aller Schnelle geschehen. Frau und Schwager hatten unterschrieben, mit der Post kam heute der Versicherungsschein. Um die Unterlagen zum Amtsgericht weiter zu reichen, fuhr meine Frau zur Sparkasse, wo die Rentenversicherung abgeschlossen wurde, und kopierte jede Menge Berechnungen und Zinserträge und Ein- und Auszahlungen, jede Menge Kleingedrucktes, Zahlenkolonnen und Zahlungsformalitäten. Sehr viele legten sich noch mächtig ins Zeug wenige Tage vor Weihnachten.

23. Dezember 2020


Um unser Umbauvorhaben zu vollenden, war uns bei einigen Restarbeiten der Lockdown dazwischen gekommen. So hatte es kurz vor dem Lockdown meine Frau geschafft, ein Geschäft für Raumausstattung aufzusuchen wegen der Gardinen. Dem Lockdown zum Opfer gefallen waren hingegen Duschvorhänge und Spiegelschränke in den Badezimmern. Vollkommen digital unterwegs war meine Frau bei der Waschmaschine und beim Trockner. Telefonisch und per Whatsapp gab sie ihre Bestellung auf. Sie telefonierte mit dem Hausgerätegeschäft auf der anderen Rheinseite in Bornheim. Per Whatsapp schickte ihr das Geschäft zwei Videos zu, wie die Waschmaschine und der Wäschetrockner zu bedienen war. Telefonisch stellte sie noch diverse Fragen. Als sie diese beantwortet bekam, schloss sie den Kauf ab. Die Lieferung erfolgte dann in den Kellerraum.

24. Dezember 2020


Ein denkwürdiger Heiligabend, in Zeiten von Corona, mit Kontaktbeschränkungen, weniger Geschenken, aber alles vollkommen entspannt. Und wegen der Lockerheit, Stressfreiheit und Entspanntheit war dieser Heiligabend schöner als in den anderen Jahren. Der Druck war weg, alle Geschenke beisammen haben zu müssen, der Druck, das ganze Haus von oben bis unten durch geputzt haben zu müssen. Der Druck fehlte genauso, hektisch aktiv sein zu müssen und dass niemand untätig herum sitzen durfte. Unsere große Tochter hatte ich am Vortag am Bonner Hauptbahnhof abgeholt, und ihr hatte ich geschildert, dass sie ein totales Chaos bei uns vorfinden würde. Die Abläufe am Heiligabend hatten nun wenig mit Aufräumen und Saubermachen gemein, so dass wir gar nicht dazu kamen, und mit dem Chaos zu befassen. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten hatte sich vielmehr zum Haus des verstorbenen Schwiegervaters verlagert. Mein Schwager packte Kartons, diese Kartons fuhren wir zum Haus und dort räumte meine Frau in die neuen Möbel ein. Es war bereits der späte Nachmittag, es wurde zunehmend dunkel, da wagte ich ein Vorhaben, das an normalen Nicht-Corona-Heiligabenden undenkbar gewesen wäre: der Tank unseres Autos war leer, so dass ich im Nachbarort tanken wollte. Kein Problem, meinte meine Frau, und am besten sollte ich den Schwager noch mitnehmen, damit er aus unserem Haus heraus käme und sich am besten die Füße etwas vertreten sollte. Gesagt, getan. Und so machten wir im Nachbarort nach dem Tanken einen Spaziergang vom Rathaus am Altenheim und an der Kirche vorbei zum Rhein über den Spielplatz zurück zum Rathaus, wo wir unser Auto geparkt hatten. Zu Hause zurück gekehrt, ließ es sich dann doch nicht vermeiden, dass Hektik aufkam. Meine Frau war dabei, die letzten Geschenke einzupacken, was aber keine Großaktion war, da deren Anzahl überschaubar war. Wir hatten bereits nach 18 Uhr, da begannen wir mit dem Kochen. Das hatten wir ebenso höchst einfach geplant. Am Vorabend hatten wir eine Tomatensoße zubereitet, zu der wir Maultaschen machen wollten. Wir einigten uns darauf, dass meine Frau für das Tischdecken mit der Tischdekoration zuständig war, während ich mich um das Essen kümmern sollte. Dies war dann doch schwieriger als gedacht, da neben den Maultaschen noch Bratwürstchen zu braten waren und die Salatsoße für den fertig gelesenen Kopfsalat zuzubereiten war. Mit der Salatsoße fühlte ich mich etwas überfordert, so dass meine Frau aushelfen musste. Das Abendessen verlief dann vollkommen harmonisch ohne irgendwelche Dissense oder gar Streitereien. Ein Novum war, dass wir unseren Christbaum nicht im Wintergarten aufgestellt hatten, sondern wir hatten unseren draußen vor dem Wintergarten wachsenden Tannenbaum geschmückt. Seine Lichterkette leuchtete hell, der gekringelte Verlauf der aneinander gereihten Lichter war bis in unsere Essecke zu sehen. Bei Maultaschen und Bratwurst tranken wir einen süffigen Rosé-Wein, zum Nachtisch gab es Eis mit Schokoladenüberzug in Form eines Tannenbaums. Bei der anschließenden Bescherung war weniger mehr. Wir schenkten das, was wir noch kriegen konnten vor dem Lockdown. Oder das, was in Supermärkten oder Online im Internet zu haben war. Unsere Kinder bekamen Geld geschenkt, wir schenkten Bettwäsche, unser Sohn hatte für unsere Tochter im Internet einen Kopfhörer aufgetrieben. Unsere große Tochter schenkte uns Fotos von sich und ihrem Bruder von ihrer Uni-Abschlussfeier. Für meine Frau hatte ich nichts organisiert bekommen, sie schenkte mir ein handsigniertes Buch des Kabarettisten Christoph Brüske. Ein Weniger an Geschenken war ein Mehr an menschlichem Beisammensein. Uns war es gelungen, der Überflussgesellschaft zu entkommen und den Dingen ihre ursprüngliche Bedeutung wieder zurück zu geben.

25. Dezember 2020


Bei unserem Spaziergang am Ersten Weihnachtstag war es zusehends dunkler geworden. Mit meiner Frau und unserer großen Tochter waren wir in der Wahner Heide unterwegs, wo ich inzwischen den Verlauf einiger Rundwege verorten konnte. Unser Auto hatten wir am Forsthaus Telegraph geparkt, wo wir zunächst über einen schmalen und matschigen Weg voller Blätterlaub tappsten. Dann bogen wir ab auf den Stellweg, ein breiter Weg mit dem Symbol der Eidechse. Der befestigte Weg war gut begehbar, es ging geradeaus, leicht bergab und in diesen Dezembertagen senkte sich die Dunkelheit frühzeitig hinab auf den dichten Bestand an Kiefern, Mischwald und Eichen. Die Dunkelheit brach ein, die Wegstrecke zurück wurde länger, so dass wir beschlossen, an einer Wegekreuzung umzukehren. Genau an dieser Stelle lichteten sich die Kieferreihen, der Himmel war aufgerissen und lichtes Gewölk verschwand am Horizont. Die angestrahlte Scheibe des Mondes stand hoch, genau mittig zwischen hoch aufragenden Kiefern. Der Mond leuchtete, so nah und gleichzeitig doch so fern. An dieser Stelle drehten wir ab und schritten auf demselben Weg zu unserem Auto zurück.

26. Dezember 2020


Es war ungefähr ein ganzer Umzugskarton voller Tassen und wir rätselten, wo denn diese Menge an Tassen hergekommen war. Im Zimmer des Schwagers packten wir die Tassen aus und stellten sie ins Regal. Vorübergehend würden sie dort verbleiben, bis einige Exemplare den Weg in die Küche finden würden. Die Anzahl der Tassen ging allerdings weit über den Bedarf des Schwagers hinaus, um Kaffee zu trinken. Manche Tassen zeigten sich mit Nikolaus oder Weihnachtsmann eindeutig im weihnachtlichen Outfit, so dass sie bei irgendwelchen Weihnachtsfeiern verschenkt worden waren. Viele Tassen dürften von Behindertentreffs hergekommen sein, wo der Glaube vorherrschte, dass Tassen nützlicher seien als viele andere Dinge. In der Weihnachtszeit dürfte es dann das Wichteln gewesen sein, wo Tassen die wesentlichen Objekte des Wichtelns gewesen waren. Während es anderen gelungen war, sich der Tassen zu entledigen, häuften sich diese beim Schwager an. Dinge, dessen Gebrauchswert sich nicht durch deren Anzahl vervielfachte.

27. Dezember 2020


Heute haben wir uns mit der wichtigsten, der zentralen Sache beschäftigt, die den Lebensmittelpunkt des Schwagers ausmacht: der Fernseher. Wie man so viel Ausdauer mitbringen kann, den ganzen Tag von morgens früh bis abends spät vor dem Fernseher zu verbringen, das läßt sich kaum erklären. In unserem Wohnzimmer hat der Schwager so viel vor dem Fernseher gesessen, dass alle Ärzte oder Kardiologen warnen dürften vor solch einem sitzenden Lebensstil, wo der Gang zum Kühlschrank bereits ein hohes Maß an Abwechslung darstellt. Der Lebensmittelpunkt wird sich nach dem Umzug verlagern: vom Fernseher in unserem Wohnzimmer zum Fernseher im Zimmer des Schwagers im umgebauten Haus. Diesen Fernseher haben wir heute mit dem Fernsehschrank transportiert und aufgebaut. Die Stereoanlage funktioniert, das Radio empfängt die nahen Sender mit der Wurfantenne, der CD-Player läuft, für den Fernseher brauchen wir noch einen SAT-Receiver, da die Fernsehsender über eine Satellitenschüssel empfangen werden. Einstweilen haben wir den bisherigen DVB-T-Receiver angeschlossen. Das Senderangebot ist nicht unbedingt gering, aber über die Satellitenschüssel wird das Angebot explodieren. Dem exzessiven Fernsehkonsum steht also nichts entgegen.

28. Dezember 2020


Nichts wird in diesen Tagen mehr hin- und herbewegt als Umzugskartons. Sukzessive transportieren wir Sachen des Schwagers von uns zum Haus des verstorbenen Schwiegervaters. Engpassfaktor sind nicht die Häufigkeit der Fahrten, um die Umzugskartons zu transportieren, sondern es ist die Arbeitsplatte in der Küche. Diese hatten die Monteure bei der Lieferung der Küche am 11. Dezember beschädigt, so dass eine neue Arbeitsplatte bestellt werden musste. Diese Neubestellung dauert nun. Anfang Januar nannte das Küchenstudio, ohne ein genaues Datum. Nun warten wir, während wir fleißig die gepackten Umzugskartons ins Haus fahren. Jede Menge CDs aus der Garage haben wir rübergeschafft, Deko, Geschirr, Gläser und noch mehr Tassen als Gläser. Geleert bringen wir die Kartons zu uns zurück, wo sie sich stapeln. Im Flur warten sie darauf, neu gefüllt zu werden, damit sich der Kreislauf des Hin- und Herfahrens wieder in Gang setzt.

29. Dezember 2020


Dass sich unsere Gesellschaft in eine Rüpel-Republik gewandelt hat, so der Titel eines Buches aus dem Jahr 2012, dazu tragen maßgeblich auch Rechtsanwälte bei. Der Autor Jörg Schindler beschreibt in diesem Buch, dass verbale Aggressionen, Rumrüpeln, Vordrängeln, Anraunzen im Alltag sich allzu sehr verbreitet haben. Im Straßenverkehr, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im nachbarschaftlichen Verhältnis halten sich immer weniger Menschen an die Grundregeln menschlichen Beisammenseins. „Der Mensch sei dem Menschen ein Wolf“, so hatte es der Philosoph Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert beschrieben. Wir erleben in diesen Tagen, dass Rechtsanwälte maßgeblich zu einer solchen Grundstimmung der Rücksichtslosigkeit beitragen. Deren Forderung hatten wir mit einem bestimmten Euro-Betrag anerkannt, aber darüber hinaus als überhöht abgelehnt. Das Vokabular, womit die Rechtsanwälte antworteten, war so rüpelhaft, wie es der Autor Jörg Schindler in seinem Buch „Die Rüpel-Republik“ beschrieb. Rücksichtslosigkeit und Aggressionen bestimmen unseren Alltag, und genau in diesem Stil war das Antwortschreiben der Rechtsanwälte formuliert. „Auf die Abmahnung wurde bisher keine Einigung zu Erledigung der Angelegenheit erzielt …In der Vorkorrespondenz hatten wir die gerichtlichen Inanspruchnahme bereits angekündigt … diese wird nun erfolgen … soll die Fortsetzung des Rechtsstreits vermieden werden, ist der ausgewiesene Betrag … zu zahlen.“ Ein Stück weit fühlten wir uns ins Mittelalter zurück versetzt. So als würden uns die Rechtsanwälte die Daumenschrauben anlegen wollen oder an einen Marterpfahl anbinden wollen. Mit Streit und rüpelhaftem Benehmen ein Geschäftsmodell zu begründen, dürfte unsere Gesellschaft noch tiefer spalten als sie bereits gespalten ist.


30. Dezember 2020


Einen Tag früher als geplant fuhr unsere große Tochter mit dem Zug nach Hause. Diesmal ging es zum Siegburger Bahnhof, von wo aus sie einen ICE nahm. Die Ankunft des Zuges verlief vollkommen planmäßig. Im Parkhaus gegenüber dem Bahnhof war es menschenleer. Zehn Minuten betrug der Zeitpuffer vom Parken im Parkhaus zur Abfahrt des Zuges. In aller Gemütlichkeit rollten wir den Koffer über den Zebrastreifen zum Bahnsteig, wo nur wenige Reisende am Bahnsteig warteten. Die Einfahrt des weiß-silbrigen ICE war unspektakulär. Ein Weggehen als Routinevorgang. Ich spürte, wie sich unsere Tochter in ihrer Welt rund um Freiburg bald wieder heimisch fühlen würde. Die Zeit mit ihr war wunderbar gewesen, aber nun war sie verflossen.

31. Dezember 2020


In kleinem Kreis den Jahreswechsel zu feiern, war auch ein bißchen angenehm. Dass die Zeiten von Corona die Planungsmechanismen außer Gang gesetzt hatten, hatte die Abläufe erleichtert. Die Anzahl der Personen beschränkte sich auf unseren Haushalt. So blieb uns eine abgemessene Anzahl von Flaschen Sekt, dazu Weizenbier für den Schwager, das wir sowieso im Haus vorrätig hatten, etwas Wein für mich, dazu Sekt für meine Frau. Nachdem wir zu Abend gegessen hatten, waren wir so ausreichend satt, dass wir auf Knabbereien oder Snacks nicht zu achten hatten. Der Jahreswechsel um Mitternacht war dann denkbar einfach. Mit Sohn, Tochter und Schwager stießen wir zusammen an. Unsere Tochter trank Cola im Sektglas, unser Sohn Multivitaminsaft, der Rest trank Sekt. Knaller und Böller hatten wir keine besorgt. Diese waren auch nur im Getränkemarkt erhältlich gewesen. Ein Silvesterabend, der wegen der Übersichtlichkeit nicht weniger gemütlich war als in den letzten Jahren.


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