die Weisheiten eines Julian Nagelsmann
Eine geraume Zeit ist es her, dass unser Bundestrainer Julian Nagelsmann mit einigen klugen Sätzen Aufmerksamkeit erregte. Das war nach dem Ausscheiden unserer Fußball-Nationalmannschaft im Viertelfinale gegen Spanien nach einem wirklich tollen Kampf gegen einen fantastischen Gegner, der später Europameister wurde. Die Gemeinschaft seiner Mannschaft beschrieb er als einzigartig, eine Gemeinschaft, in der jeder Spieler das letzte aus sich herausgeholt habe, was die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in den letzten Jahren so oft hatte vermissen lassen. Seine Mannschaft betrachtete er als Symbolfiguren der Nation, was sie während der Fußball-EM geleistet hatten, und übertrug diesen Gemeinschaftssinn auf die Gesellschaft. Bei einer Pressekonferenz am 6. Juli 2024 äußerte er, dass er dieses Miteinander auch in der Gesellschaft wieder öfter sehen wollte, „weg von dieser unfassbaren Individualität hin zu mehr Gemeinsamkeit“. Unsere Nation sah er in einem Zustand, wie er die Nationalmannschaft übernommen hatte: eine Mannschaft im Abstieg und in der Überforderung, ein Mannschaft voller Probleme, an der sich die Wut der Nation abarbeiten konnte. „Ich glaube, wir können alle anpacken, dass es nicht so traurig ist, wie es gerade wirkt und nicht alles schwarzgemalt werden muss, wie es gerade schwarzgemalt wird. Man kann immer Probleme sehen – und wir haben Probleme im Land. Man kann aber auch immer in Lösungen denken.“ Das habe er mit seinem Trainerteam vorgemacht. „Wir hatten im DFB auch brutale Probleme.“ Es bringe nichts, „immer nur zu meckern, zu sagen, alles ist blöd, alles ist traurig, aber ich bin nicht verantwortlich“. In der Pressekonferenz erinnerte Nagelsmann daran, dass Deutschland „ein Land der Vereine“ sei. „Die Leute haben dort viele schöne Stunden miteinander verbracht.“ Dahin möchte er wieder: „Heute ist es manchmal mehr wert, an einem schönen Bergsee zu stehen und ein Instagram-Foto zu machen. Alleine!“ Er habe „noch nie einen Menschen getroffen, der Dinge alleine macht und dann weiter kommt, als wenn er es mit jemandem zusammen macht“.

Schon einen Tag zuvor war der Bundestrainer grundsätzlich geworden: „Die Jungs sollen mitnehmen, dass sie es gemeinschaftlich geschafft haben, das Land, das viel zu viel stetig und ständig in Tristesse und Schwarzmalerei verfällt, aufzuwecken und ihm schöne Momente zu bescheren.“ Er hoffe, „dass diese Symbiose nachhaltig zwischen Fans und Fußballmannschaft auch in weit wichtigeren Bereichen der Gesellschaft stattfände und wir begreifen, dass wir gemeinsam mehr bewegen können und nicht, wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht. Gemeinsam ist man stärker, mit Fans ist man stärker als ohne, mit seinem Nachbarn ist man stärker als ohne.“ Das waren wahrhaft große Worte eines Bundestrainers, der vollkommen zurecht den Teamgeist seiner Mannschaft mit der Lage der Nation in Verbindung brachte. Innerhalb meines Arbeitslebens gehörte das Denken in Teamstrukturen zu den Grundlagen, dass die Summe der Arbeitsergebnisse der einzelnen Mitarbeiter größer ist, wenn diese miteinander vernetzt sind, als wenn jeder einzeln für sich seine Arbeit macht. Dieses gilt um so stärker für übergeordnete Ebenen und Abteilungen, um einen Silo-Effekt zu verhindern. Zu Hause war ich allerdings allzu oft in diesen Instagram-Effekt getappt – obschon ich nicht in Instagram aktiv bin – den Nagelsmann beschrieben hatte: dass es mehr Wert ist, alleine an einem schönen Bergsee zu stehen und ein Instagram-Foto zu posten. Bei mir sind all diese Bilder des Gesehenen und Erlebten enorm, so gerade, was ich während des Arbeitslebens an anderen Orten erlebt habe, die Fülle hat eine wahnsinnige Vielfalt, aber alles alleine, ohne geteilt zu haben, ein Konglomerat von ungeordneten Bildern und Zeichen, nicht verknüpft und ohne roten Faden. Würde diese Aufarbeitung gelingen ? Weg von der Individualität zu mehr Gemeinschaft: getreu dem Leitsatz eines Julian Nagelsmann, habe ich mir vorgenommen, dieses Prinzip noch etwas besser zu leben als ich dies bisher getan habe. Bei mir selbst sehe ich dieses Potenzial nach oben.
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