die irische Rockgruppe U2 wünscht ein frohes neues Jahr
Die irische Rockgruppe U2 wünscht ein frohes neues Jahr mit ihrem Stück „New Years Day“. Dieses Stück gehört zum Konzeptalbum „War“ aus dem Jahr 1983, dessen zehn Titel sich mehr oder weniger mit Krieg befassen. In seiner ursprünglichen Intention hatte der Sänger Bono dieses Stück als Liebeslied komponiert. „I want to be with you night and day“ und „I will be with you again“, diese Zeilen hatte Bono seiner Ehefrau Ali gewidmet. Doch dann wandelte er die Botschaft des Stückes ab, sein Interesse an den Geschehnissen im damaligen Ostblock war zu groß. Polen war dasjenige Land, das sich zu Beginn der 1980er Jahre dem Status als Satellitenstaat der damaligen UdSSR am stärksten widersetzte. Die Gewerkschaft Solidarność wurde gegründet, es wurde gestreikt, dieser Streik drohte sich auszuweiten zu einem Volksaufstand. Die polnische Regierung reagierte darauf, indem sie im Dezember 1981 das Kriegsrecht ausrief, die Gewerkschaft wurde verboten, die führenden Köpfe der Gewerkschaft wurden inhaftiert. „Under a blood red sky … A crowd has gathered in black and white“, diese Zeilen gehen mit dem wabernden Klängen von Gitarre und Keyboard unter die Haut und befeuern Aufstand, Revolution und Niederschlagung im damaligen Polen. Wie oft habe ich mir dieses Youtube-Video angeschaut mit der Band im Schnee (die wahnsinnig gefroren haben muss), mit dem rollenden Panzern, dem Aufmarsch von Soldaten und den Einschlägen von Granaten.
Das mochte überzogen sein in der Art und Weise, wie der Aufstand in Polen nieder geschlagen worden war, doch acht Jahre später, mit dem Fall des eisernen Vorhangs erfüllte sich die Sehnsucht des polnischen Volkes nach Freiheit und nach Selbstbestimmung. Die geopolitische Lage hat sich seitdem umgekehrt. Die UdSSR zerfiel, die Bündniszugehörigkeit Polens wechselte vom Warschauer Pakt zur NATO, der Polen 1999 beitrat. Nun trennt die polnische Ostgrenze rund 600 Kilometer von der Front in der Ukraine, wo seit Februar 2022 der russische Angriffskrieg tobt. So sind die Panzer, der Aufmarsch von Soldaten und die Granateinschläge in dem Youtube-Video von U2 aktueller denn je. Die Gewerkschaft und die Bevölkerung in Polen hatten damals für Freiheit gekämpft mit dem Ergebnis, dass autokratische Herrschaftssysteme von Demokratien abgelöst worden waren. Der Slogan „Under a blood red sky“ könnte all die Kriegsrhetorik beschreiben, die von den autoritären Herrschaftssystemen zu den Werten des Westens zurück schwappt. Aktuell ist es aber nicht nur diese Kriegsbedrohung: im Inneren wühlen Messerstecher unsere Republik auf, wobei Politiker eine Kerze nach der anderen anzünden und zum Zuschauen verdammt sind; Islamisten haben sich so sehr gegen den Westen verbohrt, dass sie alles Westliche in die Luft sprengen wollen; nach außen wissen wir, dass wir einem Krieg nicht gewachsen sein werden, wie das überfallene Polen im Zweiten Weltkrieg werden wir in uns zusammen fallen; und am Horizont eines blutigen roten Himmels sorgt der kommende US-Präsident nicht unbedingt für Optimismus. „Though torn in two we can be one“, dieser Schlussakkord von U2 könnte vielleicht uns alle vereinen, gemeinsam aufzustehen, die Ärmel hoch zu krempeln und anzupacken.
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