Tagebuch Juli 2019
1. Juli 2019
An meinem 60. Geburtstag war ich froh, dass es ein ganz gewöhnlicher Tag war, der nicht aus der Reihe fiel. Dazu trug maßgeblich mein Arbeitstag bei, der voll gepackt war mit Terminen. Von 13 Uhr bis 16 Uhr war ich durchgängig in Terminen, so dass ich seit dem Morgen damit beschäftigt war, mich einzulesen in Themen, die Termine vorzubereiten und wichtige Sachverhalte heraus zu schreiben. Ich verschwendete keinen Gedanken an diesen bedeutungsschweren Tag, und ähnlich erging es meinen Kollegen. Nur ein Kollege gratulierte. Ein anderer Kollege wollte mich unbedingt während der nahtlos ineinander übergehenden nachmittäglichen Termine sprechen, leider musste ich ihn abwimmeln. Mein Chef dachte erst am nächsten Tag an mich und gratulierte nachträglich. Dass nicht großartig „Happy Birthday“ gesungen wurde oder große Geschenke überreicht wurden, war mir sehr lieb. So mancher mag über die Oberflächlichkeit von sozialen Netzwerken schimpfen, doch in dieser Hinsicht erfüllen sie genau ihren Zweck. Insgesamt 25 Facebook-Freunde hatten mir zum Geburtstag gratuliert, darunter viele, bei denen zuletzt meine eigenen Geburtstagwünsche infolge Zeitmangels untergegangen waren. Gegenüber den übrigen Gratulanten waren diejenigen aus der Facebook-Community am zahlreichsten vertreten. Als ich zu Hause ankam, war es nicht so, dass das Telefon pausenlos bimmelte. Die eigene Familie war dabei, Freunde aus Düsseldorf und Freunde aus dem Saarland. Per SMS kam nichts an, Whatsapp habe ich nicht auf meinem Handy. Etwas komisch, verzerrt und nicht unbedingt erwünscht waren Glückwünsche aus irgendwelchen Kundendatenbanken. So gratulierte mir etwa die Raiffeisenbank, obschon ich gar kein Konto bei der Raiffeisenbank habe. Andere Kundendatenbanken hatten mir Knauber als Gratulanten beschert, die mir einen Einkaufsgutschein über einen einstelligen Betrag zukommen ließen.
2. Juli 2019
Der Tag danach war derjenige Tag, an dem wir feiern wollten, zumindest ein bißchen. Dass wir vor unserem eigenen Herde stehen und kochen würden, danach war mir nicht zumute. So fiel die Abfrage, in welchem Restaurant wir essen gehen wollten, auf die Siegfähre. Montags war das Lokal geschlossen, so dass wir unseren Restaurantbesuch auf den Folgetag verschoben. Da die Speisekarte im wesentlichen die Schnitzel-Küche im Angebot hatte, gehörte dieses Restaurant nicht unbedingt zu meinen Lieblings-Restaurants. Dafür war aber die Lage nicht zu überbieten. Ein Biergarten direkt an den Ufern der Sieg, ein Fährhaus mit einem großen Lokal, dessen Außengastronomie unter einem alten Baumbestand reichlich Plätze bereit hielt. Weil dieser Biergarten ein Alleinstellungsmerkmal besaß, da es nichts vergleichbares in der näheren Umgebung gab, war es dementsprechend voll. Draußen erwischten wir eine der letzten unbesetzten Tische, doch nachdem die Kellnerin unsere Bestellung aufgenommen hatte, wechselten wir in den Innenraum. Ohne Jacke war es meiner Frau zu kalt. Beim Wechseln in den Innenraum hörte ich von einem Tisch … „die kenne ich doch aus der Grundschule“. Es war die Mutter einer Klassenkameradin, die in derselben Klasse war wie unsere Tochter. Gelegentlich traf ich sie während der spät abendlichen Einkäufe im Supermarkt. Da sie ein ganzes Stück entfernt saß, winkten wir ihr zu und führten kein Gespräch. Kurz bevor wir unseren Tisch wechselten, hatte ein irres Hundegebell einen Höllenlärm erzeugt, weil der eine Hund beim Verlassen des Biergartens mit einem anderen Hund aneinander geriet, wie wild kläfften sie sich gegenseitig an, wobei beide Hunde sich einfach nicht beruhigen ließen. Als wir drinnen an einem Ecktisch Platz genommen hatten, taten wir uns schwer mit der Speiseauswahl für unsere Tochter, die wegen Durchfall krankgeschrieben war und seit einer Woche die Schule nicht besucht hatte. Die Tomatensuppe war uns zu unsicher, genauso die Folienkartoffeln. Schließlich war es ein Korb mit ganz normalem Baguettebrot, das uns auf der Rechnung nicht berechnet wurde und welches unsere Tochter in größeren Mengen verspeiste. Unser Sohn wählte Medaillons aus, meine Frau aß einen Salatteller, mein Schwager aß Wiener und ich selbst Jägerschnitzel. Da das Fleisch nicht wirklich zart war, hatte ich mit dem Restbestand meiner Zähne, von denen einige ausgefallen waren, meine Probleme. Alles in allem schmeckte das Schnitzel mit der Soße voller Pilzen und den weichen und gleichzeitig beißfesten Fritten durchaus lecker, wobei ich effektiv wegen der weniger vorhandenen Zähne langsamer aß als die anderen. Während des Essens hatten wir Gelegenheit, auf den gemütlichen Flusslauf der Sieg zu schauen und darauf, was die Menschen am anderen Ufer der Sieg so umtrieb. Ein Hund hatte sich weit in das Flussbett hinein getraut und es bereitete ihm offensichtlich Spaß, seinen großen Körper in den Wassern der Sieg zu baden. Andere lagen der Länge nach faul im Gras und ließen sich von der Abendsonne bescheinen. Unsere Tochter bezeichnete dieses Nichtstun als „Yoga“, wobei sie hinterfragte, was man im Sinne von Meditationstechniken eigentlich unter „Yoga“ verstehe. Die genaue Begrifflichkeit von „Yoga“ konnten wir unter uns nicht klären. Indes lag das Pärchen weiterhin untätig faul im Gras herum, während sich nichts um sie herum regte. Nachdem wir aufgegessen hatten, bestellte meine Frau noch einen Portugieser Weißherbst, der einen feinherben Geschmack hatte. Nachdem sie diesen ausgetrunken hatte, machten wir uns auf den Nachhauseweg, und am anderen Siegufer praktizierte das Pärchen weiterhin ihr Yoga-Nichtstun.
3. Juli 2019
Dass man wie bei Restaurants auch Auszeichnungen für Eiscafés vergeben kann, das klingt vom Prinzip her logisch. Sind es bei Restaurants Sterne, womit sie sich bei einer ausgezeichneten Qualität des Essens zieren können, so ist es bei Eiscafés eine Hitliste. Eisprofis werden den Geschmack von Speiseeis bewerten können, wie erfrischend und wie lecker es ist. Per Zufall, als es draußen heiß war und mein Körper nach etwas Kühlem und Erfrischenden von innen verlangte, stoppte mein Fahrrad auf dem Rückweg vom Büro an einer roten Ampel in Bonn-Beuel. Dort beobachtete ich, wie eine Familie mit zwei Kindern aus einem Eiscafé kam und, Eis schleckend, vor dem Rotlicht der Ampel warteten. Die Hitze brannte, und so bewegte ich mich augenblicklich in das Eiscafé. Der Name „Eislabor“ klang außergewöhnlich und hatte nichts mit Chemie zu tun. Die Kugeln Malaga- und Pistazien-Eis schmeckten wirklich lecker, der Geschmack drang intensiv durch und brachten mein Inneres auf ein angenehm gekühltes Niveau. Auf die Fensterscheibe aufgeklebt, erblickte ich die Hitliste. Was war anderes zu erwarten ? Den ersten Platz belegte ein Eiscafé in Italien, es folgten Eiscafés in Irland, England und den USA. Dann aber, auf dem fünften Platz, erschien genau dieses Eislabor, wo ich mich gerade befand. Ein erlesener Fleck also, mit dem fünftbesten Eis auf der ganzen Welt.
4. Juli 2019
Alles in allem, war das eine feine Sache. Das Angenehme konnte ich mit dem Nützlichen verbinden, auf der Fahrt mit meinem Rennrad vom Büro aus nach Bornheim. Bornheim, ein unentdeckter Flecken in einer ziemlich direkten näheren Umgebung. Die Fahrt führte mich in einer relativ wüsten Anordnung über Nebenwege und Seitenstraßen vorbei an der Rheinischen Landesklinik, vorbei am Verteilerkreis, durch die Gewerbegebiete von Tannenbusch und Dransdorf, schließlich geradeaus über die Landstraße von Roisdorf nach Bornheim. Linksrheinisch und abseits von unserem Wohnort gelegen, sind die Fahrradfahrten in der Bornheimer Umgebung äußerst selten. Es ging zur Fußpflege nach Bornheim. Nachdem die Fußpflegerin ihre Praxis in unserem Wohnort aufgegeben hatte, hatte sie diese nach Bornheim verlegt. Einzelne Rennradtouren hatten mich durch Bornheim geführt, und nun sollte ich die Stadt, ein Konglomerat von 14 Orten zwischen Köln und Bonn, die hier ihren Sitz der Stadtverwaltung hatte, aus Sicht der Fußpflege kennen lernen. Es war das zweite Mal Fußpflege, die eine höchst sinnstiftende Prozedur für meine in die Jahre gekommenen Füße war. Das Schneiden und die Massage taten gut, nur zum Schluß kitzelte und kribbelte es bei der Behandlung unter den Füßen. Danach fühlten sich meine Füße wie neu geboren, so ungefähr wie meine Zähne nach einer professionellen Zahnreinigung. Anschließend drehte ich mit dem Rennrad eine Runde durch den Stadtkern von Bornheim, wo ich im Brauhaus hängen blieb und ein Weizenbier trank. Ein Brauhaus in Bornheim: großspurig nannte es sich „Kaiserhalle“, in zentraler Lage gegenüber der Stadtverwaltung, der Sitzbereich draußen gestaltete sich in Zweierreihen großzügig. Am Tisch gegenüber schüttete eine Schar von Rentnern ein Bier nach dem anderen herunter, wobei ich die Verbindung nicht hinbekam, wieso gerade ein Kaiser dem Brauhaus den Namen geliehen hatte. Merkwürdigerweise lag das Brauhaus auf der Königstraße, und darüber hinaus gab es Kaiser zuhauf, das konnten römisch-deutsche Kaiser gewesen sein bis hin zur Kaiser-Wilhelm-Dynastie. Nachdem ich mich wieder auf mein Rennrad geschwungen hatte, lernte ich, dass Bornheim ein Verkehrsknotenpunkt von Pilgerrouten war. Viele Wege führen auf Pilgerwegen nach Rom oder nach Santiago de Compostella. Einer dieser Pilgerrouten führt von Walberberg nach Bornheim und dann nach Euskirchen. Wie die Pilgerwege durch Bornheim verlaufen, das konnte man an einer Säule studieren, die an dem nächsten Kreisverkehr aufgestellt war. Über den Apostelpfad, der sicherlich seine eigene Bedeutung hatte, verließ ich Bornheim.
5. Juli 2019
Die Kalkulation steht, die Angebote sind eingeholt, die Handwerksfirmen sind in Lauerstellung. Der Business-Plan liegt in den letzten Zügen, die Bank hat ein Hypothekendarlehen zugesagt. Die Umbaumaßnahme im Haus des verstorbenen Schwiegervaters zu drei Behinderten-WGs nimmt Formen an. Und wie so oft bei solchen rosigen und sinnstiftenden Plänen, sind es die Behörden, die einem in die Suppe spucken wollen. Wir haben ein Schreiben des Landschaftsverbandes erhalten, der die Gelder bereitstellt, womit die Kosten für die Unterbringung des Schwagers im Behindertenwohnheim bestritten werden. Der Landschaftsverband gewährt diese Gelder ab Mai nur noch als Darlehen, weil der Schwager nach der Vererbung Vermögen im Form eines Hauses besitzt. Der Landschaftsverband verzichtet erst dann auf die Rückforderung, wenn der Schwager tatsächlich die Immobilie selbst nutzt und bewohnt. Ab Mai werden erst einmal zehntausend Euro für die Monate bis Juli fällig. Dieses Schreiben traf uns wie ein Schlag, da der Sachbearbeiter des Landschaftsverbandes fernmündlich gegenüber meiner Frau genau die gegenteilige Auskunft erteilt hatte. Am Tag danach hatten wir einen Termin beim Amtsgericht, in dem ein Ersatzbetreuer zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und Verträgen bestellt wurde. Dem Ersatzbetreuer, der Rechtsanwalt war, erzählten wir von den Rückforderungen des Landschaftsverbandes. Wir hatten einen Anhörungsbogen erhalten, in dem wir uns innerhalb von einer Woche äußern sollten. Er kopierte sich das Schreiben des Landschaftsverbandes, er wollte um Fristverlängerung bitten, uns in dieser Angelegenheit behilflich sein und schlug einen gemeinsamen Termin mit dem Landschaftsverband vor. Er sah die Sache allerdings skeptisch, da der Landschaftsverband ansonsten gerne auf den Buchstaben des Gesetzes beharren würde.
6. Juli 2019
Nach längerer Zeit sind wir heute wieder bei der Tierärztin gelandet. Dass unser Kater Jumbo heute Morgen nicht gefressen hat, haben wir als Alarmzeichen gewertet, denn ansonsten strotzt er stets vor Gefräßigkeit, Ausgehungertheit und Gier nach Fressen. Stets beugt er sich über die Küchenanrichte, bevor er sein Fressen bekommt, und er frißt ständig den beiden anderen Katern ihr Fressen aus dessen Schale weg. Folglich musste etwas mit ihm nicht stimmen, zumal er am Vortag hechelnd in der Küche saß, nachdem unsere Tochter mit ihm im Garten gespielt hatte. Kurz darauf hatte er gewürgt, ohne sich zu erbrechen, dazu war sein Stuhlgang weich bis flüssig. Die Tierärztin diagnostizierte eine Halsentzündung, wobei er fest mit seinen beiden Schneidezähnen zubiss und sich nicht in den Hals hinein schauen lassen wollte. Eine Katze, die vor Jumbo an der Reihe war, hatte genau dieselben Symptome, und daraus schlussfolgerte sie die Halsentzündung, da sich diese Katze in den Rachenbereich hinein schauen ließ. Die Tierärztin verpasste Jumbo eine Spritze, so dass Jumbo bei der abendlichen Mahlzeit wieder unser gefräßiger, ausgehungerter, gieriger Kater war, so wie wir ihn kannten. Nachmittags erledigten wir unsere Wocheneinkäufe bei real, wobei wir auch wegen Anziehsachen für unsere Tochter bei TKMaxx und bei H&M hinein schauten. Frau und Tochter wurden fündig mit mehreren Hosen und T-Shirts.
7. Juli 2019
Was alles so herum steht. Das Haus des verstorbenen Schwiegervaters steht immer noch voll mit allerhand Hausrat, Kleinkram, Alltagsgegenständen, und was wir irgend wie verwerten oder auch entsorgen, läßt sich ungefähr an einer Hand abzählen. Immerhin, diese Eule wird einen neuen Liebhaber finden. Ein Bewohner des Behindertenwohnheims, der in das betreute Wohnen ausgelagert ist, sammelt Eulen aller Art. Diese Eule wird nun seine Sammlung bereichern. In unserer Küche, wo die Unordnung erneut Überhand genommen hat, haben wir die Eule nun gespült und sauber gemacht. Damit sie bald ihren Besitzer wechselt.
8. Juli 2019
Wie Bauvorhaben unsere Gesellschaft spalten in Arm und Reich. Der ganze Bereich des Wohnungsbaus passt in seinem Gefüge nicht zur Einkommensverteilung und ist in seinen Wohnlagen nach oben offen. Unser System der Marktwirtschaft regelt einen bedarfsgerechten Wohnungsbau nicht aus. Es gibt nicht genügend preisgünstigen Wohnraum, während hochpreisige Wohnlagen in viel zu großem Umfang vermarktet werden. Wie in anderen Bereichen, zieht sich das System der Marktwirtschaft an seinen Provisionen hoch. Diese befördern die Gier und das Gewinnstreben, um schnelles Geld zu verdienen. Direkt am Rhein entsteht Wohnraum für Reiche und Superreiche, während die Immobilienpreise allgemein stärker steigen als das Lohnniveau. Arme werden so immer ärmer, während Reiche und Superreiche durch Geschäftsmodelle und Gewinnspannen dazu verdienen. Das System der Verteilung auf Arm und Reich kollabiert.
9. Juli 2019
Ein Kugelschreiber, ein nützliches Instrument. Gestern hatte ich die Ehre, in einem funkelnagelneuen RRX-Zug der Deutschen Bahn fahren zu dürfen. Das Fahrgefühl war angenehm in dem RRX, der auf der Bahnlinie von Bonn nach Koblenz verkehrt. Der RRX war sogar pünktlich, so dass das angenehme Fahrgefühl in keinster Weise getrübt wurde. Mit ihrem silbrig-metallenen Outfit sind die RRX-Züge schon von außen ein Hingucker, und auch von innen war das Sitzgefühl angenehm auf den grau gepolsterten Sitzen, die gut zu dem Design des Personenzuges passten. Vor dem Aussteigen am Bonner Hauptbahnhof ließ sich die Deutsche Bahn etwas besonderes einfallen, um ihre Kunden zu verwöhnen. Eine freundliche und hübsche Dame zückte aus ihrer orangen Umhängetasche einen Kugelschreiber heraus. Ob sie mir einen Kugelschreiber als Dankeschön überreichen könne, weil ich als Bahnkunde den RRX benutzt hatte. Dankend nahm ich den Kugelschreiber an, zumal wir zu Hause und auch im Büro einen allgemeinen Mangel an Kugelschreiber haben. Die Minen an vielen Kugelschreibern sind leer. Wir sind zu faul, neue Minen zu kaufen, und wenn wir welche kaufen, dann stecken in den Kugelschreibern irgend welche komischen Minenformate, so dass sie nicht hineinpassen. Ich bin mir sicher, dass ich mit dem RRX-Kugelschreiber wichtige Notizen, wichtige Texte und allerhand wichtige Kritzeleien abfassen werde.
10. Juli 2019
Zwei Anstiege auf dem Rennrad waren vorüber, davon ein anstrengender über die Margarethenhöhe und der zweite von Oberpleis nach Westerhausen. Es war so selbstverständlich und auch so schön, dass nach der munteren Abfahrt von Söven nach Hennef mein Körper nach etwas Flüssigem verlangte. Die Kehle war trocken und ausgebrannt, der Durst äußerte sein dringendes Verlangen. Bei dieser Tour über die Margarethenhöhe nach Hennef war das Hennefer Wirtshaus mein Stammlokal für eine Pause, und obschon die Anzeichen der Ermüdung kaum ausgeprägt waren, genoss ich die Pause, das Innehalten und das Verweilen. Die Umgebung des Hennefer Wirtshauses bestach zwar nicht durch ihre Schönheit, aber es war ständig etwas in Bewegung. Hinter dem Hennfer Wirtshaus, das früher der Bahnhof war, versammelten sich die Züge, die hielten und abfuhren. Busse kamen und gingen in dem nahen Busbahnhof, Menschen spazierten unsortiert daher. Am Nachbartisch lamentierten drei Rentner darüber, wie sehr bei den Jüngeren die Welt zusammenbrach, wenn die Internetverbindung lahm gelegt war. „Kein Internet“ war ein Schimpfwort, in dem sich Regungslosigkeit und Verzweiflung entladen konnte. Ein ganzes Weltbild konnte in sich zusammen stürzen. Während ich das Stiftungsbräu aus Erding trank, beobachtete ich das Treiben und hörte den Gesprächen zu. Dem Stiftungsbräu gelang es bestens, meinen Durst nachhaltig zu löschen und neue Energie zu sammeln für die Rückfahrt nach Hause.
11. Juli 2019
Welcher Aufwand in den Feldern bei Troisdorf betrieben wird, um diese zu bewässern, ist irrsinnig. Schon alleine der Düsenwagen auf dem Anhänger ist groß, und die Leitungen, um das Wasser der Beregnung zuzuführen, queren die ganze Breite der Felder. Der Aufwand wird unüberschaubar, wenn man sich vorstellen muss, von wo das Wasser herkommt, welche Quellen angezapft werden müssen, um an diese Wassermengen heranzukommen, und auf welchen Wegen das Wasser in die Felder geleitet wird. Noch ist das Ausmaß des letzten Dürresommers nicht erreicht, doch die Vorzeichen weisen in dieselbe Richtung. Ich erinnere mich an Gespräche, denen ich gelauscht hatte, über fünf aufeinander folgende Dürresommer in Kalifornien. In den letzten Dürrejahren waren die Städte und Gemeinden per Dekret angewiesen worden, vierzig Prozent Wasser während der Hitzewellen des Sommers einsparen zu müssen, da die Wasserreserven effektiv nicht vorhanden waren. Drohen solche Szenarien auch auf den hiesigen Feldern ? Man wird es nicht gänzlich ausschließen können. In Dürrephasen übersteigt der Wasserbedarf der Landwirtschaft denjenigen der privaten Haushalte bei weitem, da Bewässerungen und Beregnungen einen großflächigen und extensiven Charakter haben. Einstweilen flößen einem diese Anlagen zur Bewässerung der Felder Respekt ein, als Zeichen des Klimawandels.
12. Juli 2019
Nun haben wir den Zustand erreicht, den wir aus den Wintermonaten allzu gut kennen. Ein erster Tierarztbesuch mit unserem Kater Jumbo letzten Samstag, und nun sind all unsere drei Katzen mit unterschiedlichen Krankheitssymptomen krank. Oskar plagt wieder der Herpesvirus, so dass wir ihm Augentropfen geben müssen. Unseren Kater Jumbo, der zuletzt eine Spritze gegen seine Halsentzündung bekommen hatte, hätten wir nachbehandeln müssen, das meinte die Tierärztin bei unserem heutigen Tierarztbesuch, wohin wir außer Jumbo unseren Kater Rambo mitgenommen hatten. Beide Kater, Jumbo und Rambo, fraßen nicht, dazu lag Jumbo den ganzen Tag apathisch im Haus herum. Bei Rambo klappten weder Fressen noch Verdauung. Wenn er denn fraß, erbrach er sich und breitete das heraus gewürgte Essen auf dem Fußboden herum. Die Tierärztin hörte bei beiden Katern die Herztöne ab, sie ertastete die Bauchgegend, sie maß Fieber und schaute in die Rachen hinein, wobei es ihr bei Jumbo diesmal gelang, seine zubeißenden Schneidezähne weit genug auseinander zu spreizen, so dass sie seinem energischen Biß entkommen konnte. Kein Fieber, die Rachen entzündet, Rambos Bauch zeigte Blähungen. Zwei Spritzen bekamen die Kater verpasst, Jumbo gegen die Rachenentzündung, Rambo gegen das Erbrechen, wobei Rambo überraschend ruhig und gelassen blieb, als die Nadel der Spritze in sein Fell einstach, denn das Medikament, das er eingespritzt bekam, musste wie verrückt brennen, das meinte die Tierärztin. Am Folgetag sollten wir beobachten, wie ihr allgemeiner Zustand sei, und uns telefonisch melden. Am darauf folgenden Tag entweder Tabletten verabreichen oder jeweils eine weitere Spritze in der Tierarztpraxis geben. Die Tierarztpraxis würde ich vorziehen, da war ich mir sicher. Tabletten in Rambo hinein zu bekommen, war ein Kraftakt sondergleichen. Gegen ein mehr als sehr Kilogramm schweres sich wehrendes Kraftpaket durchzusetzen, das war eine äußerste schwierige Prozedur.
13. Juli 2019
Obschon der Tag vollgeladen war mit Arbeit und mit Problemen, war er etwas besonderes. Es war der letzte Arbeitstag vor den Sommerferien, und wir freuten uns, dass wir mehr Zeit haben würden, dass wir ausschlafen könnten und die Zeit großzügiger verplanen könnten. Doch in diesem Jahr waren die Vorzeichen komplett anders. Spät kam ich nach Hause, nachdem ich an meinem Arbeitsplatz alles richtig sortiert und hinterlassen hatte. Mein Schwager saß bei uns zu Hause auf der Couch, nachdem er mit seinem Behindertentreff Minigolf gespielt und Eis gegessen hatte. Unsere Tochter hatte ihr Schulzeugnis erhalten, sie war versetzt worden. Allerdings war bei ihren Schulnoten einige Luft nach oben. Meine Frau erwartete mich, indem sie mir die Neuigkeiten erzählte zu dem Sachstand, dass der Landschaftsverband die Zahlungen an das Behindertenwohnheim nur noch in Form eines Darlehens gewährt wollte, was für die ersten drei Monate einen Betrag von rund zehntausend Euro ausmachte oder einen Jahresbetrag von vierzigtausend Euro. Im Endeffekt ging es um unser Umbauvorhaben, im Haus des verstorbenen Schwiegervaters drei Behinderten WGs einzurichten. Solange der Schwager dort nicht wohnte, wollte der Landschaftsverband die Zahlungen zurückfordern. Meine Frau hatte mit einem Mitarbeiter des Behindertenwohnheims in Königswinter-Itttenbach telefoniert, der ihr weiter helfen wollte, indem er seine Argumente aufgelistet hatte und ein Schreiben entworfen hatte. Gleichzeitig war ein Schreiben des Rechtsanwaltes mit der Post angekommen, den das Amtsgericht zum Ersatzbetreuer bestimmt hatte. Bei dem Termin im Amtsgericht hatte er den Sachverhalt eher skeptisch betrachtet. Unter diesen Begleitumständen und dennoch froh, in den nächsten drei Wochen nichts von der Arbeit um die Ohren zu haben, großzügiger mit der Zeit umgehen zu können und vielleicht sogar Zeit für schöne Dinge zu haben, fuhr ich Getränke einkaufen, während meine Frau das Abendessen – Nudeln mit Gehacktessoße – zubereitete. Schön während des Einkaufs waren düstere Wolken aufgezogen, die den ersehnten Regen brachten. Später, als es bereits dunkel war, zog sich der Himmel nochmals zu, indem es donnerte und blitzte. Beim Betrachten der düsteren Wolken kam ich nicht umhin, ein Unbehagen zu verspüren angesichts der Begleitumstände, um welche Größenordnungen es bei dem Umbauvorhaben ging und welche Risiken dieses Vorhaben in sich barg.
14. Juli 2019
War es vor ziemlich genau einem Jahr noch irre heiß, so fand in diesem Jahr das Street Food Festival in unserer Nachbarstadt bei angenehm abgekühlten Temperaturen statt. Dieses Street Food Festival bewies allerdings in diesem Jahr, dass Menge nicht unbedingt Qualität bedeuten muss. Die Anzahl der Stände hatte sich vergrößert und reichte bis vor das Rathaus. Wie bei anderen Street Food Festivals, waren die Stände mit Burgern und Pulled Pork überproportional vertreten. Da Burger nicht unbedingt zu unseren Lieblingsspeisen gehörten, waren wir bisweilen etwas orientierungslos. Zunächst suchten wir Thitas Imbissstand mit thailändischer Küche auf, wo wir ein Reis-Curry-Gericht verspeisten und zwei andere, dessen thailändische Bezeichnungen ich mir nicht merken konnte. Ich probierte von allen drei Gerichten, die allesamt ausgezeichnet schmeckten. Dabei plauderten wir mit Thita, die wir seit dem Street Food Festival vor einem Jahr nicht mehr gesehen hatten. Beim Bummeln über das übrige Street Food Festival begann die Orientierungslosigkeit, da wir das, was wir suchten, nicht fanden. Vor einem Jahr gab es einen Stand, der Pancakes verkaufte, den wir diesmal vermissten, ebenso ein Stand, an dem es Fritten aus frischen Kartoffeln gab, der fehlte. Mein suchender Blick verlor sich zwischen Friteusen an Pulled-Pork- oder Burger-Imbissständen, wo ich die Zubereitung von Fritten nur als Fertigprodukt entdecken konnte. Schließlich nahmen wir Fritten an einer mexikanischen Burger-Imbissbude, die nicht wirklich lecker schmeckten. Die Fritten waren gerade lauwarm, sie schmeckten geringfügig mehr nach frischen Kartoffeln als in der Frittenbude in unserem Ort und meiner Frau waren sie viel zu krümelig. Danach verschlug es meine Frau an einen Stand, wo es Maultaschen mit geschmelzten Zwiebeln gab, worauf ich allerdings keinen Hunger mehr hatte, weil ich zuvor die Portion Fritten meiner Frau mitessen durfte, weil sie ihr nicht geschmeckt hatten. Die wenigen Bisse, die ich probierte, schmeckten köstlich. Bei soviel vergeblichem Suchen kam schließlich ein Black-Out dazu. Die Veranstalter hatten sich offensichtlich bei der Stromversorgung verkalkuliert. Die Anzahl der Stromaggregate passte nicht mehr zu der erweiterten Anzahl der Stände, so dass an einigen Ständen der Strom ausfiel. Derweil positionierte die Musikgruppe „die Rockgören“ ihre Instrumente auf der Bühne. Würde sie überhaupt spielen können ? Ohne Strom eine Herausforderung. Ohne Mikrofon und ohne E-Gitarre wäre die Musik nur noch halb so viel Wert.
15. Juli 2019
Nochmal Street Food Festival. Am zweiten Tag beschlossen wir, zu Fuß in den Nachbarort zu laufen, hin über den Rheindamm und zurück die Landstraße entlang. Auf dem Hinweg studierten wir die Pflanzen und die Vegetation, und ich fügte kulturhistorische Notizen an wie zum Beispiel die Geschichte und den Baustil der Niederkasseler Kirche. Nach der Orientierungslosigkeit am Vortag gelang es uns diesmal besser, eine Struktur hinein zu bekommen, an welchen Ständen wir was in welcher Reihenfolge probieren wollten. Mitsamt Schwager waren wir zu viert, und den Reiz eines Street Food Festivals macht das häppchenweise Austesten an ausgewählten Imbissständen aus. So gingen wir vor und wir vermieden es, uns sogleich mit großen Portionen satt zu essen, sondern wir verteilten die Sättigung unseres Hungergefühls auf mehrere Stände. Als Auftakt wählten wir den schwäbischen Imbissstand mit den Maultaschen, wovon wir uns eine Portion unter uns vier aufteilten. Zwei Portionen für uns vier- so testeten wir uns an Thitas obligatorischen und ausgezeichneten Thailändischen Imbissstand bei Frau Panya Thaifood durch. Curryreis mit Huhn und knusprig gebackene Austerntaschen waren ein Genuss. Weiter ging es von Thailand nach Indonesien – eine kulinarische Reise, bei der sich die ausgezeichnete indonesische Küche mit der ausgezeichneten thailändischen Küche vollkommen auf Augenhöhe befand. Wir aßen Huhn mit einer Saté-Soße, was nur noch meine Frau und ich auskosteten. Zwischendurch gab es einen indonesischen Gemüse-Stau, weil dieses zur Neige gegangen war und neu zurecht geschnitten werden musste, so dass wir auf unsere Saté-Portion eine längere Zeit warten mussten. Ein Augenschmaus, wie unsere Gaumen feststellten, schön wie ein Kunstwerk arrangiert mit dem Reis in der Mitte, dem Gemüse, den Krabbenchips, dem Hähnchenfleisch und der Erdnusssoße am Rand. Derweil stieß die Befragung des Schwagers, an welchen Ständen er sich gerne verköstigen würde, auf keine nennenswerte Resonanz. Er hatte sich auf eine Krakauer versteift, die allerdings nirgendwo in die Angebotspalette der zahlreich vertretenen Burger- und Pulled-Pork-Stände fiel. Betrachteten wir die Gesamt-Auswahl aller Stände, so waren Burger und Pulled Pork überproportional vertreten, während sich Stände mit einem feineren Gaumenschmaus zurück hielten. Selbst für eine ganz normale Currywurst, die hier als „Pottcurrywurst“ angeboten wurde, vermochte der Schwager sich nicht zu begeistern, weil er auf die Krakauer fixiert war. Schließlich begaben wir uns an einen der Pulled-Pork-Imbissstände, wo eine ganz normale Portion Fritten den Durchschnittsgeschmack von uns vieren am besten bediente. Bereits am Vortag waren wir verzweifelt, dass es unter all diesem Pulled-Pork-Gedönse keinen Stand gab, der Fritten aus frischen Kartoffeln zubereitete- ein innerhalb der Frittengastronomie inzwischen gängiger Qualitätsstandard. So nahmen wir Vorlieb mit dem Industriestandard von Fritten, die einmal schnell in die Fritteuse geschmissen wurden und dann fertig waren. Bereits gesättigt, beobachtete ich, wie Frau und Schwager die langen goldigen Stäbchen in sich hinein stopften. Bevor wir uns bei Thita, unserer thailändischen Freundin, verabschiedeten, wartete noch ein Leckerbissen auf unsere Tochter. Die Krabbenchips, die sie auf dem Saté-Teller bemerkt hatte, gab es bei Frau Panya Thaifood in der Tüte. Die Krabbenchips aus der Tüte vor sich her knabbernd, verließen wir über die Hauptstraße das Street Food Festival. Als wir noch in der Nähe der Bühne gestanden hatten, hatten wir vernommen, dass das dritte Event in dieser Art wohl genau in einem Jahr statt finden wird. Zu Recht, obschon am Tag zuvor ein Stromausfall das Event spätabends glatte drei Stunden lahm gelegt hatte. Wir kommen sicherlich gerne in einem Jahr wieder.
16. Juli 2019
Bisweilen lassen sich die Dinge bei uns außergewöhnlich viel Zeit. Nicht zum letzten Weihnachtsfest, sondern zum Weihnachtsfest vor anderthalb Jahren hatten wir unserer Tochter einen Smoothie-Maker geschenkt. Ein Gerät, das alsbald auf der Küchenanrichte herum stand. Ein Gerät, das in der allgemeinen Unordnung zwischen dem Wasserkocher, wechselnden zu nehmenden Medikamenten, meiner eigenen Zettelwirtschaft und der Ablagestelle für Geldbörse, Autoschlüssel, Brille, Schlüssel für das Fahrradschloß unterging. Ein Gerät, das schnell in Vergessenheit geriet, und wir dachten auch gar nicht daran, uns mit Smoothies zu befassen. Smoothies ? Seiner Zeit, vor mehr als anderthalb Jahren hatte unsere Tochter Neugierde und Interesse geäußert, was man sich an Smoothies und Drinks zusammen mixen kann. Ganz viel Obst, exotische Säfte mit einem Hauch der Tropen, herzerfrischend in der heißen Jahreszeit. Drinks, die in der kalten Jahreszeit im wohl temperierten Wohnzimmer auf der Couch auf der Zunge zergehen sollten. Phantasie und Einfälle waren groß, doch wir brachten keinerlei Smoothies auf die Reihe. Mir kam all die Mixerei zu abgehoben vor, während der Rest der Familie im Internet effektiv nicht fündig wurde. Nichts, was so interessant wie unsere Vorstellungen klang, war dabei. Stückwerk in Google, Stückwerk in Youtube. Die zündenden Rezepte fehlten. Das blieb auch so, so dass ich nach einem Jahr, in dem das Smoothie-Gerät einfach nur herum stand, dieses in das oberste Fach unseres Küchenhochschrankes abschob. Die Abschiebepraxis beförderte das Gerät in immer tiefere Schichten der Vergessenheit. Es verstaubte auf dem Dachboden unserer Erinnerung, doch dies änderte sich heute mit einer Idee. Natürlich hatte meine Frau diese Idee. Wie lecker man die Zutaten miteinander kombinieren kann, was zusammen am besten schmeckt, welche leckeren Ideen man zusammenbringen kann, ohne sich an sture Rezepte zu halten, darin ist meine Frau ein Genie. Nicht nur im Behindertenwohnheim, wo sie in der Küche steht, sondern auch zu Hause besticht sie mit ihren Ideen. Ursprünglich waren es die Bananen, die wir wegwerfen wollten, weil sie niemand gegessen hatte. Die Schale hatte braune Stellen, doch man konnte sie noch essen, so dass sie zum Wegwerfen zu schaden waren. Dann, wie aus dem Nichts, besann sich meine Frau auf den Smoothie-Maker und zauberte ein Rezept aus dem Hut, womit sie all den Google-Suchergebnissen kilometerweit überlegen war.
17. Juli 2019
Warum steht das bei den Viechern nicht dran, meinte meine Frau. Wir beide waren fassungslos, wie viel organisches Leben wir womöglich vernichtet hatten. Weiße längliche Larven von bestimmt zwei Zentimetern Länge waren uns in unserem Komposthaufen und auch in unseren Hochbeeten, als wir diese abgeschichtet und geleert hatten, aufgefallen. Diese hatten wir als Schädlinge vermutet und so weit es ging, vernichtet. Doch die Welt sah nun mit einem Mal anders aus. Meine Frau hatte einen stämmigen und dicken Käfer gesichtet, der vor den Ziegelsteinen unseres höher gelegten Beetes umher krabbelte. Ein stattliches Exemplar, mehr als fünf Zentimeter lang, sehr hübsch anzusehen. Die Maikäfer, die ich als Kind im Garten meiner Eltern beobachtet hatte, waren in demgegenüber in ihrer Größe geradezu lächerlich. In Google recherchierten wir, dass es sich bei diesem übergroßen Exemplar eines Käfers um einen Nashornkäfer handeln musste. Von der Verwandlung von der Larve über die Puppe bis zum Käfer lag ein übermäßig langer Zeitraum, wobei unsere Hochbeete den idealen Lebensraum für die Verpuppung darstellen. Dort legt das Weibchen kleine gelbliche Eier ab, dessen weiße Larven zu einer Länge von ein bis drei Zentimeter wuchsen. Das Stadium von Larven und Verpuppung dauert extrem lange über zwei bis fünf Jahre, während die eigentliche Lebenszeit des Nashornkäfers sehr kurz war, nämlich gerade einmal zwei bis drei Monate. Genau dieses Glück wurde uns beschert, als wir dieses krabbelnde Etwas als einen Nashornkäfer identifizieren konnten. Ein Nützling und kein Schädling, worüber uns Google aufklärte. Wir staunten nicht schlecht über den Nashornkäfer, aber wir waren entsetzt, welche Menge von Larven wir beseitigt hatten. Künftig werden wir die Larven des Nashornkäfers in unseren Hochbeeten fleißig in Ruhe lassen. So dass sie sich demnächst in unserem Garten super-wohl fühlen werden und in einer noch größeren Anzahl umher krabbeln werden.
18. Juli 2019
So wenig Stress beim Packen hatte ich selten miterlebt, als wir dem Legoland unseren alljährlichen Besuch abstatteten. Vier Tage waren wir diesmal weg von zu Hause, wobei sich die Packerei dadurch erleichterte, dass wir nur zu dritt waren. Schwager, Tochter, meine Wenigkeit, wegen Katzen und so weiter hütete meine Frau das Haus. Mit einem Mal wurde die Packerei, die uns in der Vergangenheit bisweilen an den Rand der Verzweiflung gebracht hatte, weil die wichtigsten und notwendigsten Dinge in der Ferienwohnung gefehlt hatten, zu einer selbstverständlichen und unkomplizierten Angelegenheit. Das Prinzip war ganz einfach: wir packten fast nichts am Vortag, sondern alles am Abreisetag. Sollte etwas fehlen, sollte es in der Stadt des Legolandes in Günzburg eingekauft werden, da die Infrastruktur von Supermärkten dort nicht schlechter war als sonstwo. Um seinen Koffer hatte sich der Schwager gekümmert, unsere Tochter um ihre Kulturtasche. Wurst, Käse und Verpflegung für die Autofahrt hatte ich in die Kühltasche gesteckt, Mineralwasser in die Kofferraum geladen, die Box mit etwas Kleinkram genauso. Um die Anziehsachen der Tochter kümmerte sich meine Frau, für die Autofahrt hatte die Tochter DVDs, das Abspielgerät, diverse Zeichenblocks und Buntstifte eingepackt, wobei sie sich später im Auto die meiste Zeit mit ihrem Smartphone beschäftigte. Alles also ganz einfach, und als mir kurz darauf einfiel, dass ich keinen Fahrzeugschein dabei hatte und dass wir die dreibeinigen Sitzstühle nicht mitgenommen hatten, verschwendete ich keinen Gedanken mehr daran. Es war so denkbar unkompliziert, in der geänderten Umgebung mit dem Familienererlebnis des Legolands sich neu sortieren und neu sammeln zu können. Irgendwann konnte der Alltag zur Last werden, und diese Last galt es nun abzustreifen. Ohne Stau ging es natürlich nicht. Nummer 1 lag im Hunsrück hinter Boppard, der zweite Stau bei Pforzheim, als sich der Spuren der Autobahn auf zwei Spuren verengten, Nummer 3 auf der Autobahn A8 bei Stuttgart vor der Ausfahrt Wendlingen. Dieser Stau war besonders nervig, weil ich die Autobahn verlassen hatte und in Nürtingen ein Desaster erlebt hatte. Die Stadtmitte war Baustelle, so dass der Verkehr über irgendwelche Seitenstraßen umgeleitet wurde, wo es sich extrem staute. Als ich über die Bundesstraße auf die Autobahn fahren wollte, ging nichts mehr, weil sie genau zu derjenigen Ölspur an der Autobahnausfahrt führte, die Ursache für den Stau war, dem ich auszuweichen gesucht hatte. Dadurch musste ich noch einen weiteren Schlenker über einen Stadtteil von Nürtingen drehen. Bis ich an der gegenüberliegenden Fahrspur der Ölspur auf die Autobahn fuhr, hatte mich dies rund eine Stunde gekostet. Eine Stunde, die ich genauso im Stau gestanden hätte, wenn ich auf der Autobahn geblieben wäre, das hatten danach die Verkehrsnachrichten gemeldet. In der Ferienwohnung genoss ich es, irgendwo anders angekommen zu sein, wo so vieles vertraut war und dennoch so verschieden, dass ich mich auf diese Tage des Ausspannens unendlich freute.
19. Juli 2019
… Impressionen aus dem Legoland Günzburg. Unsere Tochter meinte, ich sollte mich meiner Angst stellen, womit sie meine Höhenangst auf Achterbahnen und ähnlichen waghalsigen Fahrgeschäften meinte. Am ersten Tag unseres Legolandbesuchs arbeitete ich an der Überwindung meiner Angstgefühle auf der X-Treme-Achterbahn, allerdings mit mäßigem Erfolg. Das erste Mal verschloss ich während der kompletten Fahrt meine Augen, das zweite Mal verschlugen mir mit geöffneten Augen die Fliehkräfte in den Kurven in luftiger Höhe ohne festen Boden unter den Füßen den Atem, weil ich dachte, ich würde jeden Moment aus dem Gefährt heraus geschleudert. Doch am Schluss der Fahrt kam ich heil an, und so ganz konnte ich nicht begreifen, wie solch ein Nervenkitzel vollkommen abgehoben über dem Erdboden andere begeistern konnte. Egal. Wie gewohnt, war es am ersten Tag im Legoland das harmonische Familienerlebnis inmitten der Steine, die die Welt bedeuten, wie wir es kannten. Wir staunten über all die schönen Dinge, die man mit den Legoklötzen bauen konnte. Wir stiegen ein in die Fahrgeschäfte, stürzten auf der Wildwasserbahn hinab in die Tiefe, wir lernten die neue Attraktion von nachgebauten Heißluftballons kennen. Wir fuhren mit der Eisenbahn und dem Bötchen, wir tauchten in die Unterwasserwelten der versunkenen Stadt Atlantis ein. Wir schlugen die Schlachten auf der Piratenbahn und wurden von allen Seiten nassgespritzt, wobei die feindlichen Piraten eine ähnliche Menge Wasser abbekamen. Den Nervenkitzel des Power Builder, des Flying Ninjago und der Drachenachterbahn meisterte unsere Tochter alleine. Von oben, von unten, in rasender Geschwindigkeit und still beobachtend wechselten unsere Blickwinkel ständig. Sonne und Wolken im Wechsel, nicht zu heiß und begleitet von ein paar sich verirrenden Regentropfen, war das Wetter ideal temperiert. Dennoch war der Besucherandrang überschaubar, so dass die Wartezeiten überraschend kurz waren. So gelangten wir auf ganz viele Fahrgeschäfte, wahnsinnig viel rannten wir kreuz und quer von einer Ecke in die andere auf dem Gelände des Freizeitparks. Dementsprechend müde und voller Eindrücke waren wir, als die Fahrgeschäfte um 19 Uhr schlossen und der Freizeitpark um 20 Uhr schloss.
20. Juli 2019
Am zweiten Tag unseres Legolandbesuches war der Besucherandrang weitaus reger, und man konnte sogar behaupten, dass es regelrecht voll war im Legoland. So stellte sich die Situation komplett anders dar, da wir an den Fahrgeschäften dementsprechend lange warten mussten. Schließlich hatten wir Samstag, und am Werktag zuvor spürte man, dass in Bayern und Baden-Württemberg die Kinder noch in der Schule waren, weil die Sommerferien noch nicht begonnen hatten. In Kombination damit, dass das Wetter wärmer war, geradezu heiß, beeinflusste dies die Auswahl der Fahrgeschäfte. Da unserer Tochter nicht danach zumute war, in prallem Sonnenschein in langen Warteschlangen stehen zu müssen, schränkte dies die Auswahl der Fahrgeschäfte ein. Nicht in Frage kamen die X-Treme-Racer-Achterbahn sowie die Wildwasserbahn wegen der zu langen Warteschlangen, außerdem brodelte die Warteschlange vor dem Flying Ninjago in der prallen Sonne. So mussten wir unsere Aktivitäten verlagern. Im wesentlichen dorthin, wo die Warteschlangen sich in Innenräumen zusammen reihten. So entwickelte unsere Tochter eine ungeahnte Leidenschaft für den Power Builder, dessen Zusammenspiel, wie sehr der Mensch in den Fängen der Technik gefangen war, ich skeptisch betrachtete. In diesem Zusammenspiel zwischen Mensch und Industrieroboter kettete sich der Mensch auf eine spielerische Art an den Roboter an, wobei er wählen konnte, auf welchen Levels ihn wie der Industrieroboter durch die Luft wirbeln konnte. Das erinnerte mich an den Stummfilm „Modern Times“ mit Charlie Chaplin, in dem der Mensch in das Zahnrad einer Maschine hinein geriet und all seine Physiognomie an dieses Räderwerk anpassen musste. Andere Attraktionen, wo sich die Warteschlangen in Innenräumen formierten, waren der Ninjago-Ride oder die Tempel-X-Pedition. Gleich mehrfach hintereinander schlugen wir große Schlachten in der Piratenschlacht, die wir klatschnass und mit allen Wassern vollgespritzt verließen. Das war genau die richtige Abkühlung bei den heißer gewordenen Temperaturen. Den höheren Temperaturen entkamen wir ebenso im 4D-Kino, wo ein Ninjago-Film abgespielt wurde. Als Wolken am frühen Nachmittag am Himmel aufmarschierten und sogar ein paar Spritzer Regen für Abkühlung sorgten, normalisierten sich die von uns ausgewählten Fahrgeschäfte. Mit dem Normalmaß der Warteschlange war die X-Treme-Racer-Achterbahn nicht mehr zu verhindern. Wir fuhren mit der Eisenbahn, zum Schluss klappte es mit der Wildwasserbahn und zwischendurch genossen wir den Blick von ganz oben. Ein majestätischer Blick von ganz oben vom Legoturm aus. Ein Blick, der auch nzeigte, wie das Leogland gewachsen war mit immer mehr Attraktionen, die wir seit unserem allerersten Besuch im Jahr 2003 kontinuierlich mit verfolgen konnten.
21. Juli 2019
Der Stau war ärgerlich, doch ohne Staus geht anscheinend auf den Autobahnen in unserem Lande nichts. Zehn Kilometer Stau waren auf der Autobahn A7 zwischen Aalen/Oberkochen und Dinkelsbühl/Fichtenau gemeldet, so dass ich bei Aalen/Oberkochen die Autobahn verließ und den Stau zu umfahren versuchte. Dass dies vollkommen misslungen war, bemerkte ich an der nächsten Auffahrt auf die Autobahn A7 bei Ellwangen, wo ich prompt genau in denjenigen Stau hinein geriet, den ich eigentlich umfahren wollte. Dort stand ich mehr als eine halbe Stunde, weil sich der Autoverkehr über eine einspurige Verkehrsführung durch den zu sanierenden Tunnel quälte. Diese Verzögerung hatte massive Auswirkungen auf den Zwischenstopp, den ich in Rothenburg ob der Tauber einlegen wollte. Das Zeitfenster schrumpfte so sehr, dass wir nicht einmal eine Stunde Zeit hatten. Unser führte auf direktem Weg zum Rathausplatz, wo ich ein paar Fotos machte, und dann direkt in den Ratskeller, wo wir bei früheren Abstechern gegessen hatten. Die Kellner waren schnell mit dem Servieren des Essens. Den Rundgang durch den Weihnachtsladen von Käthe Wohlfahrt sparten wir uns, zurück ging es mit einem direkten Marsch zum Parkplatz vor dem nördlichen Stadttor, wo wir unser Auto geparkt hatten.
22. Juli 2019
Schwerstarbeit bei 35 Grad Hitze. Dass wir die Kartoffeln ausmachen, ist überfällig. Die Tätigkeiten sind in der Hitze nicht organisierbar, da die Zeitfenster am frühen Morgen und am späten Abend sehr schmal sind. So bleibt nichts anderes übrig, dass Gartenarbeit auch in der unerträglichen Hitze des Nachmittags zu erledigen ist. Dementsprechend langsam sind die Bewegungen, die Mineralwasserflasche steht bereit, Flüssigkeit wird in großen Mengen getrunken. Ohne Schatten, denke ich an Sklavenarbeit auf Zuckerrohrplantagen in den USA, wo Sklaven bis in das 20. Jahrhundert unter ähnlichen Bedingungen arbeiten mussten. Während ich allerdings nach zwei Reihen Kartoffeln nach einer Stunde kapituliere, mussten Sklaven in der Affenhitze tage- und wochenlang schuften. Nach meiner Flucht ins Innere unseres Hauses durfte ich mich mit leichteren und weniger anstrengenden Tätigkeiten beschäftigen.
23. Juli 2019
Das war eine Art von Kick-off im Haus des verstorbenen Schwiegervaters. Wir haben losgelegt mit denjenigen Arbeiten, die wir selbst machen können. Und dies bei unerträglichen Temperaturen draußen, die sich im Haus ein wenig gemäßigt haben. Mit dem Tapete-Abreißen haben wir losgelegt. Viel viel Wasser, jede Menge Wasser und immer wieder Wasser auf die Tapete, das hat meine Frau gepredigt. Obschon wir beinahe eine Überschwemmung zustande gebracht haben, gestaltete sich das Abreißen mühselig. Alles Stückwerk, nie ließ sich die Tapete in ganzen Bahnen abreißen, der Spachtel musste sich Stück für Stück vorarbeiten. In zwei Tagen haben wir den Flur im Obergeschoss geschafft. Jede Menge weitere Arbeiten in Form von Abbruch, Demontage und Tapete-Abreißen warten auf uns.
24. Juli 2019
In diesen Tagen der Hitze bleibe ich meinen Grundsätzen des Trinkens wenig treu. Verbreitete 40 Grad meldet der Wetterbericht für Morgen, wobei St. Augustin mit 40,2 Grad den heutigen Spitzenwert in NRW erreicht hat. Natürlich muss man sich von innen ordentlich abkühlen, damit man die Hitze ertragen kann. Da Mineralwasser nur zeitweilig effektiv den Durst löscht, müssen andere Getränke her. Auf Rot- oder Weißwein, den ich gerne in den angenehmeren Jahreszeiten trinke, verzichte ich, da große Mengen Flüssigkeit den Alkoholpegel rasch durcheinander bringen. Bei solchen Hitzewellen bevorzuge ich Bier, das zu den übrigen Jahreszeiten nahezu unangetastet im Keller herum steht, weil ich viel Fassbrause, wenig Wein und nahezu kein Bier trinke. In der Tat, kühlt ein Bier aus dem Kühlschrank optimal gegen die Rekord-Sommerhitze. Dabei liebe ich es, die Biersorten aus der reichen Auswahl deutscher Biere zu variieren. Normalerweise stehe ich auf Biersorten mit vielen Bitterstoffen – wie zum Beispiel Bitburger – doch so manches andere Bier befindet sich mindestens auf Augenhöhe mit meinem Lieblings-Bier aus der Eifel. So habe ich in den vergangenen Hitzewochen etwa das Schwarzbier von Köstritzer genossen, das vollmundig herbe Jever aus Ostfriesland oder ein klar schmeckendes Krombacher aus dem Sauerland. Ich habe es sogar gewagt, mich in die seichteren Gefilden des Bierbrauens nach Bayern zu begeben. Bayrisches Bier ist mir stets zu weich, zu geschmacksneutral, zu sehr dem Mainstream folgend gewesen. Einen Kasten Mönchshof-Kellerbier habe ich heute im Getränkemarkt im Angebot gekauft. Schmeckt nicht schlecht, haut mich aber nicht unbedingt vom Hocker. Abwechselnd mit Bitburger getrunken, ist es vielleicht genau die richtige Kombination mit einem durchdringenden und intensiven sowie einem leichten Geschmack. Gegen die Abendhitze genau die richtige Abkühlung.
25. Juli 2019
So ganz richtig war ich gestern nicht unterwegs. Die Fakten stimmten nicht, denn Geilenkirchen war mit 40,5 Grad der heißeste Ort in NRW und nicht St. Augustin. Damit es heute mit den Fakten seine Richtigkeit hat, habe ich aus dem Wetterbericht in der Aktuellen Stunde einen Screenshot gemacht. Rekordwerte wurden mit 41.8 Grad in Marl gemessen, Neuss war mit 41,6 Grad dabei, die Messwerte von Köln, Bonn und Umgebung erschienen nicht ganz oben auf der Hitliste. Ich hasse solche Hitzewellen, da die normalen Tagesabläufe maßgeblich beeinträchtigt sind. Draußen erschlägt einen die Hitze, und jede Bewegung fällt schwer. Die Tageszeiten, in denen man die Tätigkeiten in einem gewohnten Pensum erledigen kann, schrumpfen auf ein Minimum. Ab der frühen Nachmittagszeit geht kaum noch etwas. Wir flüchteten in unseren klimatisierten VW Golf, der halbwegs Schutz bot. Die Fahrt zur Entsorgungsanlage der RSAG in Troisdorf hin und zurück war erträglich. Am späten Abend, kurz vor zehn Uhr, der Gang zum Supermarkt ein paar Straßen weiter. Es war nahezu nicht abgekühlt. Ganz schwer stapften meine Schritte daher. Die Hitze drückte unverändert wie eine Last. Jede Bewegung fiel schwer, und ich war froh, als ich das kühlere Innere des Supermarktes erreichte.
26. Juli 2019
Die Idee war genial, dem Höhepunkt der Hitzewelle durch unsere Wocheneinkäufe zu entkommen. So fuhren wir ins HUMA-Einkaufszentrum, wo das ganze Innere der Einkaufsmeile klimatisiert war. Wir stöberten in aller Ruhe, schauten nach Schuhen bei Deichmann, nach Hosen bei TKMaxx und nach Anziehsachen für unsere Tochter bei Orsay. Die Mayersche Buchhandlung ließen wir nicht aus, wir aßen beim Thailändischen Imbiss und wir dehnten unsere Wocheneinkäufe bei real in die Länge. An die vier Stunden verbrachten wir bei auszuhaltenden Temperaturen im HUMA-Einkaufszentrum, um danach zu Hause von der Hitze wieder erschlagen zu werden.
27. Juli 2019
Freiburg im Schnelldurchlauf mit einem Wiedersehen. Wir hatten uns mit unserer großen Tochter in Freiburg verabredet. Nach der Rekordhitze mit über 40 Grad, die bis zum Vortag angedauert hatte, kamen uns die Temperaturen wie eine Erlösung vor. Man konnte es wieder aushalten, und der leise durch die Häuserschluchten säuselnde Luftzug war angenehm. Für 13 Uhr hatte unsere große Tochter einen Tisch in einem indischen Restaurant bestellt, das in einer Ladenpassage am Rand der Gerberau lag, dem früheren Gerberviertel von Freiburg. Dieses Restaurant hatten wir bei unseren anderen Freiburg-Besuchen als ausgezeichnet kennen gelernt – vor allem wegen der feinen und würzigen Soßenzubereitung. Nachdem wir uns gehend neben den Schienen der Straßenbahn zusammen gefunden hatten, folgten warmherzige Umarmungen, herzliche Begrüßungen und eine anhaltende Wiedersehensfreude im Familienkreis, als der Kellner uns die Plätze im Außenbereich des Restaurants zugewiesen hatte. Nie hatten wir in unserer rheinischen Heimat in einem indischen Restaurant gespeist, und nun verwöhnten uns exotisch klingende Speisenamen wie Chicken Tikka Masala, Lamm Karahi oder Nizam Handi. Unsere kleine Tochter begnügte sich mit Fladenbrot, den gelblich schimmernden Basmatireis vermengten wir mit den in Soße getunkten Hähnchenstücken, mein Schwager genoss sein statusgemäßes Weizenbier, das für ihn so zu Essen gehörte wie der Dom zu Köln. Nach dem Mittagessen bummelten wir ausgiebig durch die Stadt.
28. Juli 2019
Der Blöff gelang mit dem Leihwagen bestens. Am späten Nachmittag fuhr ich mit dem für das Wochenende geliehenen Peugeot 3008 zu meiner Mutter, wo mein Bruder anwesend war. Er hatte beobachtet, wie ich mit dem großen geräumigen Gefährt rückwärts in die Zufahrt vor dem Anbau gefahren war. Der Peugeot 3008 war kaum kleiner als sein SUV von BMW. Ob ich unseren Vento eingetauscht hätte, fragte er mich. Ich war auf die Frage irritiert, weil seit drei Jahren keinen Vento, sondern einen Golf fahren. Ob er den Golf meinte, fragte ich zurück. Jaja, ob wir den Golf eingetauscht hätten und uns ein großes Fahrzeug zugelegt hätten, so präzisierte er seine Fragestellung. Schließlich erzählte ich, wie es war. Dass es ein Leihwagen war und dass der ursprüngliche Anlass war, mit einem geräumigen Fahrzeug unsere Tochter in Freiburg besuchen zu wollen. Der Peugeot 3008 war in der Tat ein Traumauto, das butterweich auf der Straße lag, jede Menge Platz bot und ein Fahrgefühl vermittelte, als würde man über allen Wolken schweben.
29. Juli 2019
Am Ende des Tages war ich emotional platt. Es begann mit einem Paukenschlag, als ich unser gemietetes Traum-Auto, einen Peugeot 3008, bei Europcar zurückgab. Wie es dazu kommen konnte, dass der Stoßfänger direkt unter dem linken Scheinwerfer klar und deutlich sichtbar eingedrückt war, dafür hatte ich keinerlei Erklärung. Die Situation war mehr als merkwürdig. Unterhalb dieser Stelle lag ein Kratzer, der mit dem Übergabeprotokoll dokumentiert war. Darüber lag die eingedrückte Stelle, die nur durch einen Unfall oder eine Kollosion entstanden sein konnte. Einen Unfall oder dergleichen hatte ich definitiv nicht mit dem Leihwagen gehabt. Die einzige Erklärung hatte ich, dass dieser Schaden während der Parkzeit im Parkhaus am Schwabentor in Freiburg von 12 Uhr bis 18 Uhr von einem unbekannten Dritten verursacht gewesen sein könnte. Ich hatte die Vollkaskoversicherung mit einer Schadensbeteiligung von 450 Euro abgeschlossen, so dass ich diese Schadenshöhe im Nachhinein auf mich zukommen sah. Dieses Gemengelage zu klären und auseinander zu dividieren, wenn bereits ein Vorschaden knapp an derselben Stelle vorhanden war, sah ich als Chance, was die Verleihfirma Europcar auszuregeln hatte. Den Tagesablauf bestimmten insgesamt vier Termine, wovon wir den nächsten in der Sparda Bank in Köln wahrnahmen. Am Nachmittag wollten uns Freunde bei unserer Renovierungsaktion im Haus des verstorbenen Schwiegervaters helfen, am Abend wollten wir an unserem Haus Sperrmüll an die Straße stellen. Der Termin bei der Bank zur Aufnahme einer Hypothek verlief glatt und problemlos, wonach wir anschließend im Lokal Schweinske im Kölner Hauptbahnhof zu Mittag aßen. Die Welt war mit einem Mal wieder in Ordnung, als wir aus der Speisekarte Putenschnitzel mit Fritten sowie Käsespätzle für wenige Geld auswählten. Unsere Diskussionen kamen in geregelte Bahnen, weil das Finanzierungskonzept mit aller Umsicht und Vorsicht bedacht war. Es war gelungen, all die komplizierten Fallstricke auf einfache Vorgehensweisen zurück zu führen. Beim Mittagessen genossen wir diese entspannte Phase des Tages, als die Dinge bei einem Glas Cola und einem tiefen Blick in die Augen in einem klaren Licht erschienen. Später, nachdem der Energieberater mit uns Kontakt aufgenommen hatte, stellten wir allerdings fest, dass wir alle Möglichkeiten, Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erhalten, nicht vollständig durchdacht hatten, so dass wir die Kostenschätzung überarbeiten mussten. Am späten Nachmittag halfen uns Freunde, im Laufe des Abends vervollständigte sich der Sperrmüll vor unserem Haus. Ganz spät, geriet ich mit meiner Frau sogar aneinander, weil wir den Schreibtisch, den unser Sohn erhalten sollte, zerlegt hatten und in die Garage gestellt hatten. Es würde zu lange dauern, bis der Schreibtisch im Zimmer unseres Sohnes wieder aufgebaut würde, so dass die Gefahr bestand, dass der Schreibtisch in der Garage vergammeln könnte.
30. Juli 2019
Alles schaut auf das Datum des 7. September, wann sich dieses Chaos des herum stehenden Hausrats lichten soll. An diesem Datum findet der erste Dorftrödelmarkt in unserem Ort statt, an dem sich insgesamt 35 Haushalte beteiligen wollen. Die Resonanz ist groß bis übergroß, wer welche Menge an lieb gewordenem Hausrat loszuwerden sucht. Ich betrachte derweil skeptisch, was sich in dem Hause alles angesammelt hat und ob solche Mengen an neue Besitzer gebracht werden können. Auf dem Taperziertisch stapelt es sich, und ich bin gespannt, welcher Käuferkreis sich von den 35 Flohmarktständen angezogen fühlt und genau das benötigt, was wir im Haus des verstorbenen Schwiegervaters übrig haben.
31. Juli 2019
Was so alles zusätzlich an Dokumenten, Schreiben und Papierkram zum Vorschein kommen kann, womit kein Mensch gerechnet hat. Massen an Papierkram hatten wir im Haus des verstorbenen Schwiegervaters gesichtet, sortiert, abgeheftet oder weggeschmissen, doch nun tauchten aus den Urgründen des Chaos neue Papierberge auf. Wir hatten nicht mehr damit gerechnet, dass wir höchst aufwändig Schriftstück für Schriftstück uns ansehen müssten. Im großen und ganzen kam derselbe Mischmasch hinzu, durch den wir uns vor mehreren Monaten hindurch gekämpft hatten. Manche Unterlagen waren geradezu historische Dokumentationen – wie etwa die Gehaltsabrechnungen oder die Krankengeschichte der 1996 verstorbenen Schwiegermutter. Gründlich war der Schwiegervater auch in der Aufbewahrung von Urlaubskarten. Aus so ziemlich allen Urlaubsorten hatten wir ihm Karten geschickt, so dass wir zahlreiche Urlaubsorte verorten konnten, zumindest diejenigen, die wir alleine ohne den Schwiegervater verbracht hatten. Davon einer von fünf Urlauben auf Mallorca. Gewissermaßen war Mallorca eine Trauminsel gewesen, trotz der zum Teil häßlichen Hotelarchitektur und der zum Teil alles verschlingenden Bebauung. Die schönen Ecken der Insel hatten wir schätzen gelernt, das mediterrane Lebensgefühl hatte uns beflügelt. In dieser Unordnung von zu sortierendem Papierkram wurden die Urlaubserinnerungen mit einem Schlag wieder präsent. Das Vorhaben war äußerst mühselig, uns themenweise durch diese Berge von Papier hindurch zu wursteln.