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Tagebuch Juni 2019

1. Juni 2019

Ein tragischer Unfall ereignete sich vor einem Jahr beim Maibaumsetzen im Ortsteil Nierendorf in der Gemeinde Grafschaft, als der Dorfmaibaum beim Aufstellen wegrutschte und auf einen 15-jährigen fiel. Durch den Baumstamm wurde der 15-jährige so schwer verletzt, dass er starb. Wie die Gemeinde dazu stehen würde, dies dürfte sich zwischen Ratlosigkeit und blindem Aktionismus bewegt haben. Die Gemeinde entschied sich, beim diesjährigen Maibaumsetzen einzugreifen, indem sie Vorgaben erließ. Wie können solche tragischen Unfälle bis auf weiteres verhindert werden ? Durch einen Erlass der Gemeinde Grafschaft soll das Risiko soll minimiert werden. Maibäume dürfen nicht mehr von der Hand aufgestellt werden, sondern nur noch durch Spezial-Kräne. Die Junggesellenvereine sehen darin das Ende einer Tradition. Anstelle von Maibäumen haben sie Holzpfähle aufgestellt mit einem Schild „das Ende einer Tradition“, so neben der Kirche in Grafschaft-Ringen.

2. Juni 2019

Dass ein Bienenvolk mal einfach so ausschwärmen und wegfliegen kann, das war eine vage Vermutung meiner Frau. Als Hobby ist unser Nachbar seit einigen Wochen unter die Imker gegangen. Ein Freund, der die Imkerei betreibt, hatte sein Bienenvolk geteilt und zwei geteilte Bienenstämme unserem Nachbarn überlassen. Als meine Frau nachmittäglich ihre Gartenarbeit verrichtete, beobachtete sie, wie die Traube von Bienen am Bienenstock immer größer wurde. Doch der Schwarm von Bienen vergrößerte sich nicht nur, sondern setzte sich irgend wann in Bewegung, eroberte die Lüfte und flog ganz einfach weg. Insekten und Katzen kann man zwar nicht vergleichen, aber das Wegfliegen erinnerte sie an unseren Kater Oskar, der mit einem Mal verschwunden und nicht wieder aufgetaucht war. Am Samstag beschrieb unser Nachbar seinem Bienenfreund dann die Beobachtungen meiner Frau. Sie hatte richtig hingeschaut. Die Bienenkönigin war nicht mehr im Bienenstock. Einfach weggeflogen mit dem Bienenschwarm, vereinzelten sich die zurück gebliebenen Bienen im Bienenstock. Das sei zwar außergewöhnlich, aber grundsätzlich kein Problem. Die Zyklen von Bienenvölkern seien sehr kurz, da Bienen nur rund zwei Jahre alt werden. Bienenköniginnen schlüpfen ständig neu, und danach würde unser Nachbar eine neue Bienenkönigin mit einem neuen Bienenstamm erhalten.

3. Juni 2019

„Never change a running system“, diese Redensart hat sich in unserem Kollegenkreis heraus gebildet, was die IT und die dazugehörigen Plattformen betrifft. Gibt es grundsätzliche Wechsel oder Versionswechsel, kann es schwerfallen, in all seinen Einzelkomponenten ein funktionierendes Gesamtsystem wieder herzustellen. Eine solche mittlere Katastrophe habe ich letzten Freitag, bei dem Wechsel von Windows 7 auf Windows 10 erlebt. Die Tücken, welche IT mit welcher anderen funktioniert oder nicht funktioniert, hatte ich nicht durchschaut. Ungefähr nichts ist an meinem Rechner an Dateien noch vorhanden, weil ich die Dateien zwar gesichert hatte – auf externe Festplatte – aber nicht entschlüsselt. Und nun klappt die Entschlüsselung nicht mehr. Meine komplette Verzeichnisstruktur ist in Outlook verloren gegangen, irgend welche Verlinkungen zu Laufwerken sind nicht mehr vorhanden. Tragisch für mich, meinem Arbeitgeber wird dies egal sein: auch einige private Dateien lassen sich nicht mehr entschlüsseln. Heute wird dann ein großer Helpline-Tag werden. Da ich so gut wie nicht arbeitsfähig bin, wird sich die Helpline, die Sprachrohr für die Windows 10-Umstellung ist, darum kümmern müssen, meine Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen.

4. Juni 2019

Die weißen Striche auf der Bank, die von irgend welcher Vogelkacke stammen könnten, stören. Doch ansonsten ist dieses Foto wie geleckt. Eine perfekte Schönheit sammelt sich in der Gesamtkomposition des Fotos. Das Rot des Klatschmohns lodert im Getreidefeld, ein Rot, das sich so sehr sammelt, dass von Getreide kaum noch etwas zu sehen ist. Im Vordergrund verankern der einzeln stehende Baum und das Wegekreuz eine solche Ruhe, dass man automatisch in sich gekehrt ist. Es ist eine ergreifende Stimmung, die die Schönheit der Natur hervor hebt.

5. Juni 2019

Die Nachwirkungen der Jahreshauptversammung des Bayer-Konzerns sind noch nicht entfernt worden. 2 Wochen sind mittlerweile vergangen, als es ordentlich geknirscht und gekracht hatte, und die Hinweistafel zum WCCB, wo die Lenker des Konzerns ihre Geschäftszahlen vorstellten, hängt noch da. Es wurde protestiert, Aufruhr unter den Aktionären. Niemand kann Schädlinge in Gärten und auf Feldern gebrauchen, niemand braucht in unseren Zeiten des technischen Fortschritts Ernteausfälle und Hungersnöte zu befürchten, dennoch haftet Pflanzenschutzmitteln etwas Obskures, Verruchtes oder vielleicht sogar etwas Verbotenes an. Chemie in Form von Pflanzenschutzmitteln als dunkle Seite der Macht. Nachdem der Agro-Konzern Monsanto geschluckt wurde, teilen sich neben dem Bayer-Konzern die Jumbos Dow Chemical und Chemchina die Produktion von Pflanzenschutzmitteln auf dem Weltmarkt auf. Das Obskure, Verruchte oder vielleicht sogar Verbotene drückt sich in geheimnisumwitterten Formeln aus. Traktoren, die Carbaryl, Diazinon oder Metalaxyl versprühen, machen dann Schädlingen den Garaus. Chemische Formeln sind gleichzeitig Segen und Fluch der Menschheit, wenn Risiken vernachlässigt werden. Nach der Übernahme von Monsanto durch den Bayer-Konzern sind nun alle erbost. Zwei Menschen, die in den USA an Krebs erkrankt sind, haben Schadensersatzforderungen in einem dreistelligen Millionenbetrag gerichtlich durchgesetzt, weil im Unkrautvernichter Roundup Glyphosat enthalten war. Nun haben sich die Produkthaftungsklagen auf 13.400 Verfahren angehäuft, und danach ist der Kurs der Bayer-Aktie um 40% eingebrochen. Den Menschen wird bewusst, dass der Bayer-Konzern mit schmutzigen Geschäften sein Geld verdient. Gentechnisch erzeugte Pflanzen verunreinigen konventionellen Raps, Pflanzenschutzmittel gefährden die Biodiversität, das Bienen-Sterben wird gefördert, und Risiken und Nebenwirkungen wie Krebs können nicht weg diskutiert werden. Der Verantwortung gegenüber der Umwelt und dem Menschen muss sich auch ein Chemie-Konzern stellen.

6. Juni 2019

Diese Wolken stehen nicht wirklich für den Wortbegriff, sondern sie sind in einer übertragenen Bedeutung gemeint. Nach der Umstellung auf Windows 10 bin ich an meinem Arbeitsplatz wieder arbeitsfähig. Eine Kollegin hat mir mächtig dabei geholfen, ganz viele Dateien wieder zu entschlüsseln, so dass die privaten Dateien allesamt gerettet werden konnten. Was aber bleibt, das ist der Wandel in unserer Zeit. Die Dinge sind so schnell um Fluss, dass das, was heute richtig und gut ist, Morgen falsch und verkehrt sein kann. Die übertragene Bedeutung der Wolke steht hier für eine Cloud, das sind Verzeichnisstrukturen und Speicherkapazitäten in den virtuellen Weiten des Netzes. Eine Wolke wird auf meinem Rechner für ein sogenanntes One-Drive-Laufwerk angezeigt, um Dateien in den virtuellen Weiten des Netzes abzuspeichern. Die persönlichen Postfachdateien in Outlook haben ausgedient, weil sie den Sicherheitsanforderungen nicht mehr genügen, ebenso externe Festplatten. Diese Entwicklungen hin zur Cloud sind an mir vorbei gegangen, weil ich Neues nicht mehr ausprobiert habe. Selten ist mir der Zwang so bewusst geworden, sich mit den technologischen Entwicklungen befassen zu müssen, weil man ansonsten abgehängt wird und droht, nicht mehr arbeitsfähig zu sein.

7. Juni 2019

So zerknittert wie auf diesem SPD-Wahlplakat hat die Parteienlandschaft in Deutschland längst an Glanz verloren, nicht nur die SPD und nicht erst seit den Europawahlen. Das alte Links-Rechts-Schema hat ausgedient, das Flüchtlingsthema, egal, wie viele oder wenige Flüchtlinge bei uns gestrandet sind, hat die Parteienlandschaft neu aufgemischt. Parteien am Rand nehmen den Volksparteien die Stimmen weg. Auf die wirklich wichtigen Fragen, die die Menschen brennend interessiert, wissen die Parteien keine Antwort. Wie ein Phönix aus der Asche stehen die Grünen im Aufwand des Klimawandels. Inhalte des politischen Tagesgeschäftes sind immer weniger auszumachen, politische Diskurse werden abgelöst durch Shitstorms in sozialen Medien. Wer regiert uns ? Die Parteien und die Demokratie sind so zerknittert wie auf dem SPD-Wahlplakat. Der Gang zur Wahl wird mehr getrieben durch die Furcht vor einer zweiten NSDAP als durch die Chance, mit dem Stimmzettel Einfluss nehmen zu können auf das politische Tagesgeschäft. Es fehlt der Entwurf, die Vision, das Konzept. Wahrscheinlich ist die Schere zwischen den drängenden Fragen der Gegenwart und dem, was Politiker tun, nie größer gewesen.

8. Juni 2019

Den Namen dieser wunderschönen blauen Blume mit den zerfaserten Stängeln in unserem Garten kenne ich leider nicht, doch auch was drum herum wächst, fasziniert uns. Es sind die Kartoffelpflanzen, die mit ihrem Blattwerk wuchern und dicht an dicht und Reihe an Reihe stehen. Bei reichlich Regen von oben haben sie sich prächtig gemacht. Meine Frau meinte sogar, dass ihr Wachstum so schnell ist, dass wir ihnen beim Wachsen zuschauen können. Die ersten Blüten sind an den Kartoffeln ausgetrieben, so dass wir sie in den Sommerferien ernten können.

9. Juni 2019

Heute kam etwas Bewegung in den lähmenden Stillstand. Im Haus des verstorbenen Schwiegervaters half vormittags ein Freund, die Wohnzimmercouch, einen Hängeschrank im Badezimmer sowie Einzelteile des abgebrochenen Wohnzimmerschranks abzutransportieren. Dies war nun deutlich im Wohnzimmer zu sehen, da die Wohnzimmercouch die ganze Wandfront eingenommen hat. Nach dem Mittagessen haben wir es am Pfingstsonntag geschafft, uns nicht nur mit Hausarbeit, Gartenarbeit oder dem Haus des verstorbenen Schwiegervaters zu befassen. Zu dritt waren wir am Marktplatz in unserem Ort eisessen. Tochter und Schwager wussten sogleich, welches ihre Lieblingseisbecher waren. Das waren ein Kiwibecher und ein Eierlikörbecher, während ich ein großes Spaghettieis aß, und der Schwager und die Kellnerin kannten sich sogar bestens, denn diese begrüßte ihn mit seinem Vornamen und freute sich, dass er wieder da war. Mit unserer Tochter redete ich über Animes und sie klärte mit auf ihrem Smartphone auf, dass „Nyu“ eine Anime-Figur war, die tatsächlich nur das Wort „Nyu“ hervor brachte. Alles war „Nyu“, und die anderen Anime-Figuren verstanden sie anscheinend. Sie zeigte mir Comics von Animes auf ihrem Smartphone und sie hatte sogar ein Taschenbuch von „Black Bullet“ mitgenommen, einer Anime-Serie ohne „Nyu“. Ich blätterte darin herum, und so ganz erschloss sich mir die Welt der Anime-Figuren nicht. Nach etwas weniger als einer Stunde verließen wir die Eisdiele, und die leeren Eisbecher hatten wir sorgfältig ausgelöffelt.

10. Juni 2019

Es gab viel zu tun, so manches war erledigt, und die Ordnung begann, Oberhand über den Wildwuchs zu gewinnen. Unsere Freundin war unter die Hobbygärtner gegangen und hatte sich einen Kleingarten zugelegt. In Wesseling, in unsichtbarer Reichweite der petrochemischen Industrie, grünte und blühte es vor sich hin. In einem kurzen und gemächlichen Fußweg spazierten wir zwischen den Kleingärten hindurch, wo mal in akkurater und sauberer Bepflanzung die Gemüsereihen standen, die mal verlassen waren, weil die türkischen Besitzer längere Zeit in ihrem Heimatland verweilten, und die mal ungeordnet vor sich her wucherten, weil die Besitzer nur das Notwendigste taten. Die Tomatenstangen, die wir ihr aus dem Haus des verstorbenen Schwiegervaters mitgebracht hatten, konnte sie gut gebrauchen. Ihre Tomatenpflanzen, die Stöcke hoch kletterten, hatten einen stattlichen Wuchs erreicht. Wenn die Stängel die Tomatenstangen hoch ranken würden, könnten sie reiche Ernteerträge versprechen. Auf dem Stück davor hatte sie im Frühjahr den Rasen entfernt, und an dieser Stelle hatte sie Beete mit Zucchini, Kräutern und allerhand Gemüse angelegt. Sauber im Viereck eingerahmt, gelang es den zerkleinerten Eierschalen, dessen Vorgehensweise sie von uns übernommen hatte, Schnecken und anderes Ungeziefer fern zu halten. Etwas ungeordneter sah der Bereich zum Nachbargrundstück aus, wo eine Thujahecke unsystematisch vor sich her wucherte. Es kostete Zeit und Mühe, das Gestrüpp vom Nachbargrundstück ständig wegschneiden zu müssen, anstelle sich der Bepflanzung auf dem eigenen Gartengrundstück widmen zu können. Ungeordnet ging es auch auf dem Teich zu, der einmal von Grund auf gesäubert werden müsste. Hahnenfuß hatte sich breit gemacht, eine Birke und anderes Gestrüpp hatten Fuß gefasst, und der Lauf eines plätschernden Baches war über die Steinchen hinweg zum Teich überwuchert mit einer anderen Hahnenfußsorte, die in einem zarteren Gelb blühte. Sie war zwar hübsch anzusehen, aber deutete nur noch den Lauf des Wassers an. Ein großes Netz überspannte den Teich, an dessen Rand sich Sonnenhut in einem breiten Streifen überreichlich ausgebreitet hatte. Ihr Vorbesitzer meinte, es sei Phlox, doch wie konnten ihr erklären, dass es sich um Sonnenhut handele. Zur Blütezeit des Sonnenhutes müsse es umwerfend am Teichrand aussehen, urteilten wir, was sie aus dem Vorjahr klar bestätigen konnte.

11. Juni 2019

Glaubt man der Legende, so hat das Bäckerhandwerk der Stadtgeschichte von Andernach eine entscheidende Wendung gegeben. Wie so oft im Leben, ging es dabei um das Geld. Dieses floß in Andernach wieder reichlich, nachdem der Kaiser den Rheinzoll im 16. Jahrhundert von Linz nach Andernach zurück verlegt hatte. Linz verarmte, während es den Andernachern wieder besser ging. Die Linzer und Andernacher Bürger kannten sich bestens, und so wussten die Linzer, dass die Andernacher gerne bis in die Nacht einen becherten und morgens lange schliefen. Und um die Andernacher zu ärgern und den Rheinzoll zurück zu erobern, planten die Linzer einen Überfall. Dieser Überfall sollte genau zu den Unzeiten statt finden, wenn die Andernacher ihren nächtlichen Rausch ausschliefen. Sogar der Nachtwächter war eingeschlafen, als die Linzer in aller Herrgottsfrühe, als kaum die Sonne aufgegangen war, mit Waffen, Schilden und Schwertern anrückten. Zu diesen Unzeiten kreuzten sie den Weg von zwei Bäckerjungen, die hellwach waren und auf dem Weg zu ihrer Backstube wussten, was sie zu tun hatten. In die Stadtmauer hatten sich nämlich mehrere Bienenstöcke eingenistet, und so nahmen die Bäckerjungen die Bienenstöcke und schmissen sie ganz einfach den anstürmenden Linzer Soldaten entgegen. Diese ergriffen daraufhin die Flucht. Der Rheinzoll verblieb somit in Andernach. Um die Bäckerjungen für ihren mutigen Einsatz zu danken, backten die Andernacher Bäcker einen Kuchen. Glaubt man der Legende, nannten die Andernacher diesen Kuchen „Bienenstich“. In Erinnerung an diese Heldentat ist das Bäckerhandwerk in Andernach allgegenwärtig, so auf dem Marktplatz. Auf dem Brunnen des Marktplatzes findet man die beiden Bäckerjungen, die die Weite des großzügigen Marktplatzes überblicken.

12. Juni 2019

Lost Places – Orte jenseits des ökonomischen Denkens, die, abseits liegend, verloren und vergessen sind. Bei der Fahrradfahrt ins Büro tun sich solche Orte auf, wo im Schatten von produzierenden Fabriken Grundstücke brach liegen, die nach einer ökonomischen Sinngebung suchen. Einen Nutzen oder einen Zweck im Sinne der Mikroökonomik läßt sich herleiten, da Paletten immer gebraucht werden. All diese Stapel von Paletten werden sicherlich irgend wann für logistische und Transportzwecke benötigt werden, egal von wem. Aber dieser schrottreife PKW ? Wie er in diese Parkposition inmitten der aufgewühlten Erde und von Unkraut hineingelangt ist, erscheint wie ein Rätsel. Der PKW dient zu nichts, er erfüllt keinen Zweck. Er scheint auch nicht zu stören, da er wochenlang einfach nur herum steht. Niemand kümmert sich darum, der Besitzer wird in weiter Ferne sein. Eine Sinnlosigkeit, um die sich bald wild wuchernde Brombeersträucher ranken werden.

13. Juni 2019

Last-Minute-Aktion für die Schule. Mit Dreiecken beschäftigte sich der Mathematikunterricht, und vor rund zehn Tagen hatte die Lehrerin die Schüler angewiesen, einen Zirkel zum Mathematikunterricht mitzubringen. Weil wir keinen Zirkel besaßen, kaufte ich einen. Wozu dieser Zirkel genau benötigt wurde, das hatten wir gestern gelernt. Es waren nämlich aus den Buchstaben S und W bestehende Aufgaben zu lösen, die in der Buchstabenkombination dann SSS-, SWS- oder WSW-Aufgaben hießen. Die Kürzel S und W standen dabei für die Seiten und die Winkel eines Dreiecks. Aus bekannten Winkeln und Seiten mussten die Schüler das gesamte Dreieck zeichnen. Für bestimmte Kombinationen – so SSS-Aufgaben – benötigte man einen Zirkel. Morgen wurde eine Mathe-Arbeit geschrieben, und beim Üben stellten wir fest, dass der Zirkel gar nicht verwendbar war. Es fehlten die Minen – irgend wie waren diese abhanden gekommen. In der Schule hatte unsere Tochter dieses Problem umgangen, indem sie sich von einem Mitschüler einen Zirkel geliehen hatte. Daraufhin versuchten wir, Bleistiftminen, die wir verfügbar hatten, in die Zirkelspitze einzuführen. Doch dies klappte nicht, weil das Rädchen zum Befestigen der Mine sich durch drehte. Mittlerweile hatten wir 20 Uhr erreicht, so dass alle Schreibwarengeschäfte in der Umgebung definitiv geschlossen hatten, um einen neuen Zirkel zu besorgen. Unsere letzte Hoffnung war der HIT-Supermarkt um die Ecke, dessen Angebot an Schreibwaren allerdings eher dürftig war. Bei dieser schlechten Auswahl mutmaßte ich, dass ein Zirkel kaum zu haben war, doch die Überraschung war positiv. Ich bekam einen Zirkel mit Minen – und wir atmeten auf. Nach dieser Last-Minute-Aktion drückten wir fleißig die Daumen, damit bei der Mathematikarbeit eine möglichst gute Note heraus kommen würde.

14. Juni 2019

Nein, Autos bedeuten mir nichts als Ausdrucksform, die andere Männer als Symbol ihrer Männlichkeit benötigen. Luxuskarrossen, die gerne einen Stern vorweg tragen, stehe ich gleichgültig gegenüber. Doch bei einem Gang durch das Haus der Geschichte sortieren sich die PKW-Marken und die Dinge anders. Der Stern auf der Kühlerhaube definiert sich mit einem Mal auf eine andere Art und Weise. Obschon ich nie seine Partei gewählt habe, repräsentiert der Dienstwagen unseres ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer Größe, Würde und Macht. Der Merzedes sieht stattlich aus und angemessen für das erste Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen der U-Bahn-Station und dem Eingang zum Haus der Geschichte stehend, überwältigen die Formen. Der Dienstwagen, womit Konrad Adenauer von 1951 bis 1956 unterwegs war, prägte entscheidend die Nachkriegsgeschichte der noch jungen Bundesrepublik Deutschland. Die Staatskarrosse begleitete Konrad Adenauer im In- und Ausland, so zum Beispiel auf der Reise 1955 zum Kreml nach Moskau. Dort konnte er bei spektakulären Verhandlungen mit Chruschtschow und Bulganin die Freilassungen eines großen Teils der Kriegsgefangenen erreichen. Diese Staatskarrosse mit dem Stern hat Geschichte geschrieben - mit seinen Formen, die noch Schönheit und Stil verkörpert haben.

15. Juni 2019

Ein dicht gedrängelter Tag, an dem wir ein schmales Zeitfenster um die Mittagszeit nutzten, um einen Erdbeerkuchen zuzubereiten. Wochenlang sind die Termine rar, doch dann kommt alles auf einmal. An diesem Samstag war es das Europafest unserer Tochter in der Realschule am Morgen und das Sommerfest der Messdiener am Nachmittag. Dazu musste meine Frau morgens arbeiten; vor dem Beginn ihrer Arbeit hatte sie um 7.30 Uhr einen Friseurtermin. Ich fuhr sie hin, brachte die Tochter zur Schule, fuhr in unser Haus zurück und holte sie dann beim Friseur wieder ab. Meine eigene Frisur wucherte indes im Wildwuchs, so dass sich die günstigen Umstände ergaben, dass die meiner Frau nachfolgende Kundin abgesagt hatte, so dass ich diesen Anschlusstermin wahnehmen konnte konnte. Passend zum Arbeitsbeginn meiner Frau, brachte ich sie auf meinem Weg zurück nach Hause um 9 Uhr zu ihrem Arbeitsplatz, nachdem sie mich vom Friseur abgeholt hatte. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich rund drei Stunden Zeit, diejenigen Dinge zu erledigen, die zu erledigen waren. Ich ließ es mir nicht nehmen zu frühstücken, und den Vormittag verbrachte ich mit den Wocheneinkäufen, wobei die Erdbeeren, ein Biscuit-Tortenboden, Tortenguss und Sahnesteif besonders wichtig waren, weil für das Buffet des Sommerfestes der Messdiener am Nachmittag etwas mitgebracht werden sollte. Eine Schleife musste ich zum HIT-Supermarkt drehen, da der LIDL keinen Porree und der REWE-Markt keine Würznudeln im Angebot hatte, die unsere Tochter zum Mittagessen verspeisen wollte. Zwischendurch machte ich einen Stopp an der Tankstelle, da das E10-Benzin mit 1,36 Euro günstig zu haben war und nach den Beschüssen von zwei Öltankern an der Straße von Hormuz ein Hochschnellen der Benzinpreise zu befürchten war. Um 12 Uhr kochte ich für unseren Sohnemann und für mich, außerdem zerkleinerte und zuckerte ich die Erdbeeren. Um 13 Uhr holte ich meine Frau von der Arbeit ab, die sich in dem schmalen Zeitfenster bis 14 Uhr an den Erdbeerkuchen machte. Viertel nach eins war offizieller Schulschluss der Tochter, zu Hause aß sie dann Würznudeln. Nicht ganz pünktlich schafften wir es um 14 Uhr zum Sommerfest der Messdiener. Während sie beim Sommerfest weilte, schafften wir etwas Gartenarbeit.

16. Juni 2019

Die U-Bahn-Station hat hier etwas festgehalten, was nicht hoch genug zu bewerten ist. Noch im 19. Jahrhundert wurden Menschen eingekerkert, wenn sie ihre Meinung gesagt hatten. Zeitungen wurden zensiert und dienten alleine zur Hofberichterstattung der Herrschenden. Alles in allem muss das Kaiserreich ein repressiver, unterdrückender und totalitärer Staat gewesen sein, so wie es heute die Regime in Russland oder der Türkei sind. Die Menschen haben gekämpft für eine Pressefreiheit, die sich in der heutigen Form erst mit dem Grundgesetz etabliert hat. Bonn gibt sich als Stadt des Grundgesetzes. In Sichtweite des Hauses der Geschichte sind die Grundrechte am gläsernen Zugang herunter geschrieben. Die Pressefreiheit ist nicht hoch genug zu bewerten. So manche Berichterstattung hat geholfen, Missstände aufzudecken. Und so mancher Politiker ist durch die Aufdeckung von Skandalen zu Fall gekommen.

17. Juni 2019

Ich hasse Unzuverlässigkeiten. Man muss sich darauf verlassen können, was der andere sagt, und wenn Uhrzeit und Ort verabredet sind, dann bin ich mehr als angefressen, wenn der andere nicht erscheint, ohne irgend etwas von sich hören zu lassen. So geschehen, als ich über Ebay-Kleinanzeigen Klinkersteine, die in einer Ecke unserer Garage standen, verschenken wollte. „Perfekt. Dann bis Morgen, rufe Sie an“, mit diesem Wortlaut hatte sich über Ebay-Kleinanzeigen ein F.T. angekündigt, wobei er zuvor nachgefragt hatte, wann er die Klinkersteine abholen könne, worauf ich ihm eine Uhrzeit ab 17.30 Uhr genannt hatte. Nach 17.30 Uhr tat sich dann überhaupt nichts. Weder ein Anruf, noch ein Erscheinen des F.T., um die Klinkersteine abzuholen. Am Tag zuvor war bereits ein Termin geplatzt. F.T. wollte sonntags von 9-12 Uhr die Steine abholen, und gegen 10.30 Uhr hatte er sich gemeldet, dass es nicht klappen würde. So war der Termin einen Tag später ab 17.30 Uhr zustande gekommen. Ich hasse Unzuverlässigkeiten. Bei F.T. habe ich mich danach nicht mehr gemeldet.

18. Juni 2019

Einmal mit dem Rennrad quer durch das Siebengebirge rund um den Ölberg. Sichtbar oder verdeckt durch die mehr als sieben Berge, begleitete der Ölberg die Tour. Im Schatten des Ölbergs, wechselten Berg und Tal unablässig ab, so dass das Höhenniveau niemals eben war. Kurz vor Thomasberg, nachdem der Anstieg von Stieldorf aus geschafft war, positionierte sich das Rennrad vor der überragenden Bergkuppe des Ölbergs. In Thomasberg folgte die Nebenstraße einem wilden Auf und Ab und kratzte am Bergfuß des Ölbergs. Nach Ittenbach, Aegidienberg und Kretzhaus machte ich in Linz Pause und löschte den Durst mit zwei Weizenbier. Über den Radweg entlang des Rheins ging die Tour auf einer ebenen und weniger anstrengenden Strecke zurück.

19. Juni 2019

Spurensuche auf dem Friedhof in Aegidienberg. 1923 war ein Jahr, in dem die noch junge Weimarer Republik bedenklich wackelte. In München erschütterte Adolf Hitler mit seinem Putschversuch, der letztlich scheiterte, die Grundfesten der Demokratie. 1923 waren es im Rheinland keine rechtsextremen und völkischen Gesinnungen, die die Demokratie erschütterten, sondern die Besetzung durch Truppen aus Frankreich und Belgien, um die Reparationszahlungen aus dem Ersten Weltkrieg beizutreiben. In diesem Umfeld fassten politische Gruppierungen Fuß, die das Rheinland von den noch bestehenden Strukturen des preußischen Staates ablösen wollten und eine eigenständige, nach Frankreich orientierte, Rheinische Republik durchsetzen wollten. Diese separatistischen Bewegungen der Abspaltung entwickelten in Aachen und Koblenz ihre Eigendynamik, indem die Separatisten die Rathäuser besetzten, die Bürgermeister heraus beförderten und die „Freie und unabhängige Republik Rheinland“ ausriefen. Die Besetzung unterstützten belgische und französische Truppen. Von Koblenz aus marschierten die Separatisten rheinabwärts und erreichten am 12. November 1923 Bad Honnef, wo sie das Rathaus besetzten und die Rheinische Republik ausriefen. Sie plünderten Lebensmittel und alkoholische Getränke und veranstalteten am 14. November 1923 im Kurhaus eine große Feier. Danach drangen die Separatisten durch das Schmelztal auf die Höhen des Siebengebirges vor und gerieten unter Beschuss. Im Jagdhaus zum Schmelztal sammelten sie sich und forderten Verstärkung an. Am 16. November 1923 wagten sie einen erneuten Vorstoß auf Aegidienberg, um den Ort zu erobern. Die Aegidienberger hatten indes aus den umliegenden Ortschaften eine Bürgerwehr organisiert, um Widerstand zu leisten. Als die Separatisten mit 80 Bewaffneten auf Aegidienberg vordrangen, nahmen sie fünf Einwohner als Geiseln und stellten sie, an Pfähle gefesselt, in die Schusslinie gegen die anrückende Bürgerwehr. Einer der Geiseln, Theodor Weinz, starb am 16. November 1923 durch einen Bauchschuss. In der Folge kam es zu einer regelrechten Schlacht zwischen der Bürgerwehr und den Separatisten, die die Aegidienberger gewannen. Die Separatisten flohen durch das Schmelztal nach Bad Honnef zurück und kehrten nicht wieder. Die Spurensuche auf dem Friedhof von Aegidienberg führte zum Grab des Theodor Weinz, der am 16. November 1923 im Alter von 65 Jahren erschossen wurde. Anonym sind auch vierzehn Separatisten auf dem Friedhof beerdigt, die bei der Schlacht um Aegidienberg von der Bürgerwehr erschossen wurden.

20. Juni 2019

Alken an der Mosel, ein kleiner Ort, der von seinen Weinbergen, seiner Burg und seinem kleinen Haufen Touristen lebte. Der Tourismus kam auf einem seichten Niveau dahin, die herumspazierenden Touristen hatten nichts Erdrückendes, obschon ein dickes Kreuzfahrtschiff an der Anlegestelle lag. Alken an der Mosel, ein sympatischer Ort, nicht nur mit seiner an den Hängen des Hunsrücks hängenden Burg, sondern auch mit seinem mittelalterlichen Burghof, seinem Ensemble an Fachwerkhäusern und seinen engen Gassen. Vom Blickwinkel der Mosel aus, die in ihrer Breite an dieser Stelle mehr stand als floss, ein imposantes Bilderbuchpanorama mit der Burg als Dekoration im Hintergrund. Wieso ausgerechnet Alken ? Was hatte uns nach Alken geführt ? Die Behinderten treffen sich regelmäßig zum Kegeln, und natürlich gibt es eine Kegeltour, die alle zwei Jahre an die Mosel führt. Die Behinderten haben die Mosel für sich entdeckt, und nachdem vor zwei Jahren der zu Koblenz gehörende Ort Dieblich das Ziel der Tour war, ging es in diesem Jahr fünfzehn Kilometer weiter moselaufwärts nach Alken. Meine Frau begleitete meinen Schwager, und weil wir mit dem Auto anreisten anstelle von Bus und Bahn, die den Rest der Gruppe benutzten, wurden einige nervös. Am Tag zuvor hatte mein Schwager noch einen Zahn gezogen bekommen, so dass wir unseren Golf zur Anreise bevorzugten. Nach dem Mittagessen waren wir spät an der Reihe. Während der Autofahrt auf der Autobahn A61 wurden fleißig Whatsapp geschrieben, wo wir uns befanden. Gegen 16 Uhr trafen wir ein, und damit nichts schief gehen konnte, hatte der Rest der Gruppe den Schlüssel des Doppelzimmers für meine Frau und für ihren Bruder an der Rezeption hinterlegen lassen. Bei der Übersichtlichkeit des Ortes gestaltete sich die Parkplatzsuche bei unserer Ankunft unkompliziert, genauso wie die Suche nach dem Hotel, das sich direkt an der Moselpromenade platziert hatte. Nichts konnte schief gehen, den Rest der Gruppe sollten wir finden, und als wir vor dem Eingang des Hotels standen, das sich Burg-Café nannte, begrüßte uns prompt eine winkende Frau aus der Kegelgruppe, die uns aus ihrem offenstehenden Fenster im ersten Stock erblickt hatte. Nichts konnte schief gehen, als wir den Zimmerschlüssel an der Rezeption abholten. Nett und freundlich bekamen wir den Weg zum Zimmer mit der Nummer 110 erklärt, und beim Betreten des Zimmers ging der erste Weg auf die Toilette.

21. Juni 2019

Wieder solch eine unbekannte Schönheit einer Pflanze, die mir bei der Fahrradfahrt nach Troisdorf auf den Feldern begegnet ist. Am Rand einer früheren Kiesgrube scharen sich die Pflanzen zusammen, auf einem dichten Streifen fasziniert der Aufmarsch von Blüten in Blau mit einem leichten Stich von Violett. Die feinen Blätter laufen an den Stängeln spitz zusammen, so dass die Gewächse entfernt an Disteln erinnern. Doch es sind keine Disteln, nichts Stacheliges haftet diesem Blütenwunder an, ohne Hemmungen läßt sich die Pflanze berühren. Am Rande haben sich ein paar Sonnenblumen hinein gemogelt und werden bald mit ihrem prallen Gelb alles überstrahlen.

22. Juni 2019

Eine Umgehungsstraße, Krankenhausarchitektur und das Siebengebirge, eine treffende Zusammenfassung der Stadt Troisdorf. Ein ganzes Netz von Umgehungsstraßen schlängelt sich mittlerweile an der Stadt und an den Stadtteilen vorbei, wobei dieses Netzwerk von Umgehungsstraßen aber auch unterbrochen ist. Je nachdem, von welchem Punkt man aus startet, kommt nicht unbedingt schneller von dem einen Ende an das andere Ende der Stadt. Krank wie die Krankenhausarchitektur sind vor allem die Baustellen. Die Verantwortlichen unterliegen dem Irrglauben, dass man die Stadt verschönern könne, indem man Vorhandenes abreißt und durch eine schöne, neu gebaute Architektur aufhübscht. Doch viel kommt dabei nicht heraus. Die ständigen Baustellen nerven, und die schöne, neu gebaute Architektur ähnelt dann einer Krankenhausarchitektur, wie sie etwa in der Mitte des Bildes durch den Klotz des Sieglarer Krankenhauses wieder gegeben wird. Das Siebengebirge liefert hingegen eine positive Assoziation, obschon es glatte fünfundzwanzig Kilometer entfernt vom Stadtgebiet liegt. Geprägt als Arbeiterstadt und auch durch die Krankenhausarchitektur, überraschen die Anteile von Natur, die direkt im Stadtgebiet beginnen. Das sind vor allem die Flussläufe von Agger und Sieg sowie die Wahner Heide. Vielleicht zehn Gehminuten von der Fußgängerzone entfernt, befindet man sich direkt in der Wahner Heide, dessen Abwechslungsreichtum mit unterschiedlichen Vegetationsformen enorm ist. Ginster, Besenheide, Tümpel oder auch Kiefernwälder breiten sich auf sandigen Böden aus. Ein Highlight der Natur ist ebenso die Siegaue, wo der Fluss in seinem breiten Flussbett leise vor sich herplätschert. Die Fahrradfahrt auf dem Damm macht Spass und liefert eine komplett andere Perspektive, die nicht nur aus Umgehungsstraßen oder einer Krankenhausarchitektur besteht.

23. Juni 2019

Brachte diese Katze eine Art von höherer Einsicht ? Ich sollte die Baggage, also einen Teil der Familie samt Gepäck, am Casa del Gatto abholen, einer Pizzeria am Kaiserplatz, wo ich gefühlte tausende Male vorbei gelaufen war, aber nie dort gegessen hatte. Der Ort, wo ich alles abholen sollte, war mehr als ungünstig, weil ich nirgendwo wusste, wo ich parken sollte, zumindest, seitdem die UNI-Tiefgarage geschlossen war. Die Suche nach einem freien Parkplatz war dementsprechend schwierig, so dass ich in all meiner Verzweiflung vor einer Ausfahrt hielt und bei einem kurzen Fußweg auf eine schnelle Verabschiedung hoffte. Am Casa del Gatto hatte es sich die Behindertengruppe gemütlich gemacht, sie ließen ihr verlängertes Wochenende an der Mosel geruhsam ausklingen und einige Gläsern Weizenbier auf den zusammengestellten Tischen belegten eine gewisse Feierlichkeit, mit der dieses mit Eindrücken vollgespickte Ereignis abgeschlossen wurde. Zu Hause angekommen, kam meine Frau sogleich ins Schwärmen. Eine runde Sache sei die Kegeltour an die Mosel gewesen. Ein rundes Programm, mit Schiffstour, mit einer Tour durch Cochem, mit einer Weinprobe, bei der der Rotling besonders lecker geschmeckt hatte, und einem abendlichen Musikprogramm, bei dem sich eine Polonaise auf die Straße tanzte und ihr Bruder „Atemlos“ von Helene Fischer am Mikrophon vorsingen durfte. Und wie nah doch die Mosel sei. Nur eine Stunde Autofahrt und so viele Sehenswürdigkeiten seien dort zu sehen. Ich stimmte zu: Alken war hübsch, Cochem würde mich ebenso interessieren und in Alken hatten ihnen die Zufallsbegegnung mit einem Lokalhistoriker einen einstündigen Vortrag über die rund eintausendjährige Geschichte Alkens beschert, die mich herzlich interessiert hätte. War es diese höhere Einsicht, dass die schönen Dinge gar nicht so weit weg lagen ? Dass man eine Pause einlegen muss von all diesen Reibungsverlusten im Alltag, die einen aufzehren und die einen die wesentlichen Dinge aus den Augen verlieren lassen. Ich hoffte auf diese höhere Einsicht, dass sich all die Verkrampfungen in unserer Zeitplanung lockern würden und dass sich die Dinge anders gewichten würden.

24. Juni 2019

Plauderei beim Zahnarzttermin mit der Zahnarzthelferin, wie gefährlich e-Bikes sein können. Ein Bekannter hatte sich ein e-Bike geliehen und war damit fleißig losgefahren. Ich selbst wundere mich ständig, wenn ich mit meinem Rennrad in einem ordentlichen Tempo unterwegs bin, in welchem Affenzahn ich dann von irgend welchen e-Bikes überholt werde. Dabei ist mein eigenes Tempo schon so dimensioniert, dass ich aufpassen muss. Bremswege und Reaktionszeiten muss ich einkalkulieren, insbesondere, wenn die Fahrbahn uneben ist oder wenn Fußgänger oder Eltern mit Kindern unterwegs sind. Der Bekannte der Zahnarzthelferin ist dann so los gebrettert, wie ich es von so manchen anderen e-Bike-Fahrern kenne. Eine rutschige Stelle voller Staub an einer scharfen Kurve, und der Bekannte stürzte. Genau auf die Schulter, so dass er sich diese brach. Der Bruch ist so kompliziert, dass er im Krankenhaus liegt und der Bruch sechs Wochen braucht, um zu verheilen. Allgemein hatte ich gelesen, dass die Unfälle mit e-Bikes in die Höhe geschnellt sind. Man unterschätzt das Tempo, das einiges höher sein kann wie etwa auf meinem Rennrad. Der Unfall an für sich ist nicht nur tragisch, sondern auch, dass der Bekannte der Zahnarzthelferin ein Restaurantbesitzer ist. Mindestens sechs Wochen ist er außer Gefecht gesetzt, um mit anpacken zu können. Und er hat nur einen einzigen Koch, der vollkommen überlastet sein wird, um den Restaurantbetrieb aufrecht zu erhalten. Ein existenzbedrohender Unfall, so beschrieb die Zahnarzthelferin die Situation. Bildlich klopfte ich auf Holz, dass ich in all den Jahrzehnten meiner Rennradtouren nur einen schlimmeren Unfall zu verbuchen hatte, als ein Autofahrer über eine rote Ampel fuhr und mir die Vorfahrt nahm. Darüber hinaus glaubte ich, ein Gespür für Gefahrensituationen zu haben, ein Gespür, welches dem Bekannten der Zahnarzthelferin wohl gefehlt hatte.

25. Juni 2019

Leerstände, ein Indikator für den Niedergang ? Die Königswinterer Fußgängerzone gibt ein uneinheitliches Bild ab. Billigläden wechseln mit Boutiquen ab, die Imbisse überwiegen vor höherwertigen Restaurants, Läden mit gebrauchter Kleidung haben sich etabliert. Dennoch widerstehen urige Weinstuben dem Abwärtstrend mit schönen Fachwerkfassaden, eine Apotheke aus dem Jahr 1801 hat die Zeiten überdauert. Das Erscheinungsbild der Stadt steht und fällt mit dem Tourismus, vieles focussiert sich auf den Rhein, und abseits der Rheinromantik präsentiert sich die Fußgängerzone weniger als ein romantisches Idyll. Königswinter ist ambivalent. Einerseits beleben die Eindrücke und sind immer noch vielfältig, andererseits verpassen so manche verlassene Häuserfassaden einem einen Schock. Nachdem die Touristen ausgeblieben sind, hat das Hotel Siebengebirge längst bessere Zeiten gesehen. Die Rolläden sind heruntergelassen, die Hotelzimmer und das Restaurant stehen leer, die zartrosane Fassade verblasst im Dämmerzustand. Perspektivlosigkeit in der einen Ecke der Fußgängerzone von Königswinter.

26. Juni 2019

Perspektivenwechsel unter die Siegbrücke. Die Geräumigkeit und die Breite des Autobahnzubringers schlägt aus der Perspektive der Tiefe in eine Leere um. Ein Hohlraum unter der Brücke, ein inneres Loch, dessen Inhalte abstrakt und wenig greifbar sind. Die Brückenpfeiler stützen, darauf lastet die Fahrbahn mit ihrer Betonunterdecke, jede Menge Statik trägt die Last der Fahrbahn, die Betonunterdecke läßt nichts von all dem Autoverkehr erahnen, der in einer hohen Verkehrsdichte tagtäglich darüber hinweg braust, ist nichts zu sehen. Die Perspektive unter der Brücke, ein Ort, an dem man sich am liebsten verstecken möchte. Ein Déjà-vu-Erlebnis, an dem man vorbei eilt und nie wirklich hinsieht.

27. Juni 2019

Ein wahres Schmuckstück, das mein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zukommen läßt, so urteilte unser Sohn. Unter den dienstlichen Mobiltelefonen, die wir uns aussuchen konnten, war auch ein iPhone dabei. In der Vergangenheit hatte ich SONY- oder Samsung-Handies genutzt, aber noch nie ein iPhone. Bei der Installation half mir unser Sohn, da iPhones insofern exklusiv sind, weil die einzelnen Schritte der Installation hier und da erklärungsbedürftig sind. Nachdem die SIM-Karte frei geschaltet war und ich mich mit allen Funktionalitäten vertraut machen konnte, war ich begeistert. Schon alleine wie das iPhone in der Hand lag und mit wie viel Gefühl sich meine Finger mit dem Touchscreen vereinigten, hat mir der Arbeitgeber ein Super-Produkt als Dienst-Handy überlassen. Doch alsbald erhielt meine Begeisterung einen Dämpfer. Auf dem Rennrad hatte ich das iPhone in die rückseitige Tasche des Oberteils meiner Rennradbekleidung gesteckt. Alle Fahrbewegungen machte das iPhone in der rückseitigen Tasche nicht mit, so dass es irgend wann in der Bonner Rheinaue heraus fiel. Es purzelte auf den Teerweg, und da war das Unglück bereits geschehen. Eine dicke Macke an der abgerundeten oberen rechten Ecke, ein haarfeiner Riss durch den unteren Teil des Displays. So etwas hatte mein altes SONY-Handy besser verkraftet. Das war höchst ärgerlich, nach wenigen Wochen des Besitzes solch einen Schaden einkassieren zu müssen. Wie gefühlvoll sich mit dem Handy telefonieren ließ, das wollte kurz darauf meine Frau testen. Wie bei mir lag es weiterhin butterweich in ihrer Hand und hob sich mit seinem Handling weiterhin deutlich von den Fabrikaten wie SONY, Samsung, Huawei oder LG ab. Vom Schaden des Herabfalllens war nichts zu spüren, doch die Macke in der oberen rechten Ecke war deutlich zu sehen.

28. Juni 2019

Wie die Mechanismen des Marktes einschlagen können wie eine Bombe. Am 15. Juni hat der Gesetzgeber die sogenannte Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung erlassen, welche die Benutzung von E-Rollern in Stadtgebieten erlaubt. Die Anbieter von E-Rollern, die lange auf diese Gelegenheit gewartet haben, haben nun zugeschlagen. Die Stadtwerke haben sich mit einem Verleiher zusammengetan, und nun sind die E-Roller in großer Anzahl im Stadtgebiet ausgeschwärmt. Überall sieht man sie, große Menschenscharen nutzen sie. Manchmal kommt es so vor, als seien mehr E-Roller als Fahrräder unterwegs. Als Geschäftsmodell machen E-Roller hochgradig Sinn. So wie Fahrräder sind sie viel wendiger als Autos, die Parkplatzsuche entfällt, die Nutzer sind CO2-frei unterwegs. Die Nutzung ist zwar mit 0,15 Cent pro Minute relativ teuer, aber dafür entfällt das Treten, wenn man alternativ mit dem Fahrrad unterwegs wäre. Besonders am Rhein ist der Andrang von E-Rollern bisweilen groß. Menschen plaudern lautlos daher gleitend zusammen, ohne dass ihr Atem und ihre Bewegungen anstrengen, wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs wären.

29. Juni 2019

20 Minuten kam ich in den Gottesdienst zu spät, doch irgend wie war es egal. Gähnend leer war es in der Klinkumer Kirche, die Kirchgänger vereinzelten sich zwischen den Bänken. Nachdem ich mich in der allerletzten Reihe auf einen Stuhl gehockt hatte, wohnte ich dem wichtigsten Moment des Gottesdienst bei. Bei den Fürbitten nannte die Gottesdienstleiterin, die genauso wie der andere bärtige Herr im Altarraum kein Priester war, den Namen des vor einem Jahr verstorbenen Vaters. Folglich handelte es sich bei diesem Gottesdienst, der als Wortgottesdienst gehalten wurde, um das Jahrgedächtnis. Messdiener waren abwesend, dennoch wurde eine Kommunion ausgeteilt. Als neugotische Kirche um die 1900er-Jahrhundertwende gebaut, verstärkte das hohe Kirchenschiff die Leere zwischen den Bankreihen. Längst vergangen waren die Zeiten, als zu meiner Schulzeit zur frühen Sonntagsnachmittagszeit die Kirche bei der Christenlehre prall gefüllt war. Die Predigtkanzel, auf der der Pastor damals von einem höheren Ort aus zum wahren Glauben zu bekehren suchte, war indes vom Mittelgang abseits in die Ecke der linken Bankreihe verlagert worden. Neben der Autorität der Kirche verkörperte die Predigtkanzel aber auch Schönheit, da sie mit ihren Schnitzarbeiten ein wahres Prachtstück war. Schön waren auch die Platten mit den Kreuzwegstationen an den Seitenwänden, die hohen Fenster im Stil der Neugotik im Chorraum oder die Blattkapitelle auf den Innensäulen. Beim Gang zur Kommunion sichtete ich, wie übersichtlich sich meine Verwandten zwischen den Sitzbänken verteilten. Meine Tante saß zwei Reihen vor mir, ein Onkel und eine andere Tante weit vorn in der Mittelreihe, mein Bruder plus Mutter plus Schwägerin plus Tochter abseits in der linken Bankreihe. Zu Hause saßen wir im engsten Familienkreis beisammen. Nachdem ein Gärtner tätig geworden, sah der Vorgarten mit den zurecht geschnittenen Sträuchern schön und ordentlich aus, während es im Garten an so manchen Stellen wild wucherte. Schnellsalat, das war ein loses Gemisch aus Mandarinen, Ananas, Spargel, jede Menge Erbsen und klein geschnittener Fleischwurst, hatte meine Mutter zubereitet. Mit den aufgebackenen Baguette-Brötchen wirkte das Abendessen improvisiert, die Zusammenstellung war bei dem heißen Wetter aber vielleicht richtig und angemessen. Gemeinsam zählten wir die Jahre zusammen, dass unsere Mutter mittlerweile 83 Jahr alt war. Den Wunsch meines Bruders, die Mutter solle noch zwanzig Jahre leben, stuften wir als utopisch ein. Es gab Ärger mit der Krankenkasse, die mehrere Euro Pflegegeld aus dem Jahr 2016 zurückforderte, weil sie sich bei meinem Vater verrechnet hatte. Wir unterhielten uns über Verjährungsfristen und darüber, wann welche Berechnungsformen der Pflegegeldzahlung auf welche anderen Berechnungsformen in 2016 umgestellt worden waren, und ob dies seine Berechtigung hatte. Längst dominierten Krankheitssymptome und Arzttermine den Alltag. Wegen ihrer Lunge wollte meine Mutter am Montag zum Hausarzt. Dazu musste jemand sie begleiten, doch mein Bruder und meine Schwägerin mussten jeweils arbeiten. Nun wollte meine Mutter es versuchen, ob ihr Hausarzt ihr einen Hausbesuch abstatten konnte. Einmal monatlich suchte er sie ohnehin zu Hause auf. Mehr als eine Stunde quasselten wir zusammen, über dieses und jenes, über das Älterwerden und über einen runden Geburtstag, den ich in Kürze feiern sollte. Es war so gegen halb neun, als ich in unserem Auto das Elternhaus verließ.

30. Juni 2019

Die Hitze stresst nicht nur den Menschen, sondern auch unsere Katzen. Besonders hart trifft die Hitze unseren Kater Jumbo, der mir seinem schwarzen Fell die Hitze geradezu anzieht wie ein Magnet. Mit Höchsttemperaturen im Schatten von 36 Grad dürften die Temperaturen seines Fells in der Sonne unerträglich sein. Während unsere anderen Kater Rambo und Oskar es irgend wie hinkriegen, es draußen unter Sträuchern und im Schatten auszuhalten, flüchtet sich Jumbo nach drinnen. Bereits, wenn wir die beiden anderen Katzen durch die Küchentüre über den Wintergarten ins Freie lassen, zögert er und weicht zurück. Er wird wohl warten müssen, wenn zu Beginn der nächsten Woche die Temperaturen erträglich werden, dass er wieder durch unseren Garten streifen kann. Einstweilen liegt er regungslos auf der Tagesdecke in unserem Wohnzimmer, er läßt die Zeit vorbei streichen und breitet seinen langen Katzenkörper aus.

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