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Bürger und Staat - ein gestörtes Verhältnis ?

Wenn ich mit Behörden zu tun habe, dann baut sich eine Beziehung auf, die ständig von Misstrauen geprägt ist. Das ist kein partnerschaftliches Verhältnis, in dem man sagt, was man will, in dem man offen miteinander umgeht und in dem man den anderen jeweils auf Augenhöhe betrachtet. Werden auf privatwirtschaftlicher Ebene die finanziellen Dinge offen angesprochen, für welche Leistungen man wie viel Euro zahlen muss, so werden bei der Zweierbeziehung von Bürger und Staat Hürden aufgebaut und eine Mauer dazwischen gezogen. Der Bürger wähnt eine unsichtbare Macht im Hintergrund, dass die Handlanger des Staates so lange im Kleingedruckten suchen, bis der Staat seine Leistungen verweigern kann. Umgekehrt sieht der Staat seine Bürger nicht in einem partnerschaftlichen Verhältnis, sondern er fällt in ein Obrigkeitsdenken zurück, das glatt aus der Kaiserzeit stammen könnte. Jeder Bürger wird als ein potenzieller Feind betrachtet, der mit bürokratischen Mitteln im Zaum gehalten werden soll. Geht es um Sozialleistungen, so steht in allen Formularen offen der Hinweis auf den Betrugssachverhalt. Eine solche gegenseitige Atmosphäre des Misstrauens ist wenig förderlich in einer Solidargemeinschaft, in der der Bürger auf Staat angewiesen ist und der Staat genauso auf seine Bürger.

In unserem eigenen Fall haben wir es momentan mit der Bundesagentur für Arbeit zu tun. Nachdem unsere älteste Tochter 25 Jahre alt geworden war, hatten wir bei meinem Arbeitgeber die Weiterzahlung des Kindergeldes über das 25. Lebensjahr hinaus beantragt. Dieser hatte den Vorgang im Juli diesen Jahres zuständigkeitshalber an die Bundesagentur für Arbeit abgegeben, von wo aus wir prompt einen Bescheid erhielten, dass die Weiterzahlung abgelehnt wird. Am 25. September hatten wir gegen die Ablehnung Einspruch eingelegt. Die Bundesagentur für Arbeit in Köln, zuständig für die Region Nordrhein-Westfalen-West, forderte weitere Informationen an, die wir am 11. Oktober zur Verfügung stellten. Daraufhin rechneten wir in den nächsten Wochen entweder mit einer Genehmigung des Kindergeldes oder mit einer Ablehnung. Doch nichts tat sich. Es war wie beim Finanzamt. Wenn der Steuerzahler Geld vom Finanzamt erwartete, konnte es endlos dauern. Wenn er hingegen Steuern zu zahlen oder nachzuzahlen hatte, dann ging alles in Windeseile. War Geld an das Finanzamt zu zahlen, dann flatterte der Vollstreckungsbescheid schneller ins Haus als einem lieb war. Legte hingegen der Steuerpflichtige Einspruch gegen einen Steuerbescheid ein, dann konnte es über ein Jahr dauern, bis sich das Finanzamt bequemte, sich damit zu befassen.

Rückumschlag an die Agentur für Arbeit (oben), Anschreiben mit Frist 3.1.2019 (Mitte), Formulare (unten)

Mehr als zwei Monate hat nun die Agentur für Arbeit gebraucht, um über den Einspruch nachzudenken und sich eine Entscheidung zu überlegen. Entschieden ist längst nichts. Heute haben wir ein Schreiben der Agentur für Arbeit erhalten, welches uns einen Einblick in das Gefüge von Über- und Unterordnung gewährt. Wenn der Bürger etwas von der Agentur für Arbeit will, kann diese sich Zeit lassen ohne Ende. Will die Agentur für Arbeit aber etwas von ihren Bürgern, dann bekommt man regelrecht die Pistole auf die Brust gesetzt, so kurzfristig sind die Termine. Wohnhaft in Freiburg, soll sich unsere Tochter beim berufsärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit in Freiburg vorstellen. Wie bei Behörden üblich, ist dazu ein Stapel von Formularen auszufüllen. Nachdem uns das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit am 27. Dezember zugestellt wurde, haben wir eine Frist gesetzt bekommen bis zum 3. Januar 2019, mithin haben wir also fünf Tage Zeit für die Rücksendung.

Der Bürger als Bittsteller, der mit bürokratischen Mitteln in die Knie gezwungen werden soll. Stapel von Formularen, die zu Manövern verwendet werden, um den Bürger ins Leere laufen zu lassen. Stapel von Formularen, die Phantasielosigkeit und Ignoranz offenbaren. Wären die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit hingegangen und hätten Gutachten und vorliegende Informationen durchgelesen, dann hätte das Ausfüllen von vier Seiten des fünfseitigen Formulars entfallen können. Zu den Formularen waren dann noch zwei Erklärungen abzugeben, die bislang fehlten. Heutzutage reden so viele von Müllvermeidung oder Zero-Waste, vielleicht sollte die Agentur für Arbeit bei sich selbst damit anfangen.

Vor sehr langer Zeit hatte ich in meiner Ausbildung einmal gelernt, dass die Aufgabe des Staates die Daseinsvorsorge für ihre Bürger ist. Nicht nur Sozialstaat, sondern im Sinne der Demokratie ein System aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und ausführenden Staatsorganen. Es sieht so aus, als würde nichts anderes dabei heraus kommen als dass der Bürger sich in einem Räderwerk von Gesetzen, Vorschriften, Handlungsanweisungen und Formularen verheddert.

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