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Burn-Out der Natur

Bisweilen war es ein trostloser Anblick, wie die Baumreihen die Autobahn entlang huschten. Die Reihen von Gesträuch und Gestrüpp, die mal vereinzelt, mal zu einem dichten Streifen zusammen gewachsen waren, hatten die Autobahn begleitet, die wir bis zum Kreuz Jackerath benutzten, um nach der Weiterfahrt auf der Landstraße in der Kirche das Sechswochenamt des verstorbenen Vaters zu feiern. Obschon die Abfolge der Baumreihen so schnell wie ein Film vorbei lief, trat klar und deutlich hervor, was die Trockenheit angerichtet hatte. Mit dem fahlen und blassen Blattwerk, das sich wie ein Krebsgeschwür bis in die Baumkronen ausgebreitet hatte, schien der totale Burn-Out unaufhaltsam.

Nicht grundlegend anders sah die Natur aus, als ich die tagesübliche Strecke mit dem Rennrad ins Büro fuhr, wenngleich die Unterschiede erheblich waren. In Rheinnähe war die Natur dem Burn-Out nicht ganz so nahe, da ein bißchen Wasser und Grundwasser verfügbar war. Wie sehr mussten die Wurzeln in tiefere Schichten des Erdreichs vordringen, um an das überlebensnotwendige Wasser zu gelangen ? Manchen Bäumen und Sträuchern gelang dies besser, anderen schlechter. Manche waren schlimm in Mitleidenschaft gezogen, andere trotzten hartnäckig der Trockenheit und hielten mit einem aufrechten und erstarrten Grün dagegen, das in den Blättern ausgehalten hatte.

Bei uns zu Hause hatte es zuletzt Mitte Juni ausgiebig und in einer gewissen Regelmäßigkeit geregnet. In der Sommerperiode folgten zwei bis drei kurze Schauer, das war es. Dazwischen herrschte eine Affenhitze von zeitweise bis zu 38 Grad. In den letzten Tagen hatte es wieder vom Himmel geregnet, sogar mit einem kurzen, wolkenbruchartigen Gewitterschauer.

ausgetrocknete Natur an Radwegen, Wirtschaftswegen, an der Autobahnauffahrt und auf dem Bonner Marktplatz

Die Fahrt mit dem Fahrrad war ähnlich deprimierend wie die Autofahrt am Wochenende an den Niederrhein. Schlaglichter des Burn-Outs der Natur traten an etlichen Stellen hervor. Bäume und Sträucher waren aber nicht typisierbar, dass bestimmte Arten besonders schlimm gelitten hatten. An dem Rheinarm der Diescholl hatte eine Eiche die Blätter nieder gestreckt, was bei dieser eigentlich robusten Baumart weniger zu vermuten gewesen wäre. Eine Eberesche war kahl bis in die Baumspitze, anderen Ebereschen ging es aber vergleichsweise gut. Am meisten waren es Linden, die mir mit ihrem besorgniserregenden Zustand auffielen.

Dem Burn-Out waren Baumreihen ganz nahe, die in ihrer kompletten Reihe frühzeitig in die Jahreszeit des Herbstes mit vielen braunen und bereits abgefallenen Blättern übergegangen waren. An manchen Stellen waren es einzelstehende Bäume, die besonders bedrückend und beklemmend wirkten, weil der Blick in dem bebauten Umfeld automatisch angezogen wurde.

Die Autobahnauffahrt beherrschte vom Prinzip her dasselbe Bild des Burn-Outs, das wir Tage zuvor anderenorts wahrgenommen hatten. Niedergeschlagenheit und Ohnmacht, trotz des Beharrungsvermögens der Natur. Die Stellen hatten sich gehäuft, wo sich das Laub eingekräuselt hatte, schlapp herunter hing und frühzeitig abgefallen war. Den Radweg markierte ein brauner Streifen dieser herunter gerieselten Blätter. Zweige waren dabei abzusterben, an manchen Stellen hatte das Astwerk aufgegeben. Der Autoverkehr rauschte vorbei an verwelkten Grüntönen und an rostrot gefärbtem Blattwerk, das sich wie eine Wand aufbauschte. Autofahrer mussten sich an der Autobahnauffahrt einfädeln zwischen lichten Baumkronen und Astwerk, dem die Form abhanden gekommen war.

Wie schlimm der Zustand tatsächlich ist, müssen wir abwarten. Inwieweit sich die Natur wieder erholen kann, wenn nassere Perioden folgen, wird sich zeigen. Das werden wir wohl im nächsten Frühjahr sehen, wenn Bäume und Sträucher austreiben. Wachsen Blätter heran oder bleiben Äste und Zweige kahl ? Ist der Burn-Out der Natur aufzuhalten ? So wie bei der Diskussion über das Waldsterben in den 1980er Jahren, verbergen sich die Ängste latent und im Verborgenen. Die Diskussion um den Klimawandel ist unstrittig in den Köpfen der Bevölkerung angekommen. Aber was tun ? Anstelle zu handeln, wird nur noch diskutiert.

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