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Urlaubstagebuch Freiburg - Anreise

Der SC Freiburg gegen den FC Augsburg. Als wir im Oktober letzten Jahres unsere Tochter in Freiburg gesucht hatten, war die Innenstadt aus allen Nähten geplatzt, als der SC Freiburg ein Heimspiel hatte. Die Fussballfans hatten auf der einen Seite einen 2:1-Sieg bejubelt und auf anderen Seite das eigene Pech und die Stärke des Gegners anerkannt. Nachgefeiert, diskutiert und analysiert wurden die einzelnen Spielszenen bei mehreren Gläsern Bier. Der Ort der lebhaften Diskussionen, die in den Freiburger Vereinsfarben Schwarz-weiß und den Augsburger Vereinsfarben Rot-weiß geführt wurden, waren Kneipen, Cafés und Restaurants in der Freiburger Innenstadt, so dass es uns an jenem Oktobersamstag nur mit Mühe und Not gelang, überhaupt ein Restaurant zu finden, um satt zu werden. Dabei hatten wir Wunschlokale wie das Brauhaus Martinsbräu mit regionalen, badischen Spezialitäten streichen müssen, weil bereits der Eingang so voll gestopft war, dass wir erst gar nicht hinein gelangten.

Unser Anreisetag in unsere Freiburger Ferienwohnung war anstrengend gewesen. Fünf Uhr aufstehen, ich hatte gerade etwas mehr als vier Stunden geschlafen, mehrere Kaffee zum Munterwerden hatte ich herunter gekippt. Um das Ladevolumen bewältigen zu können, hatten wir zusätzlich zu unserem VW Golf einen VW Touran gemietet. Nachdem wir die letzten Sachen in unserem Mietwagen verstaut hatten, holten wir um 6:30 Uhr den Schwiegervater in unserem Ort ab. Da wir mit zwei Autos verreisten, passte selbst sein sperriger Rollator und seinen Koffer in den Kofferraum. Beim Autofahren gähnte ich mir freie Fahrt. An diesem frühen Sonntagmorgen war auf der Autobahn A61 nichts los, so dass wir in Eifel, Hunsrück und Rheinhessen durch starten und Gas geben konnten. Ein weiterer Kaffee in der Autobahnraststätte Bruchsal brachte meine Lebensgeister endgültig auf Touren.

Die Ferienwohnung in Freiburg-Betzenhausen, wohin uns das Navigationsgerät in unserem Leihwagen in einer schlafwandlerischen Sicherheit lotste, war Spitze. Die flachen Dächer, die grünen Fensterläden und die pastellfarbenen Fassaden der gegenüberliegenden Reihenhäuser schufen ein mediterranes Umfeld, eine südländische Zone in der Wärme des Sonntagmittags. Durch eine Hecke abgetrennt von einer ruhigen Seitenstraße, unter der herunter gelassenen Markise, konnten wir es uns an einem Vierertisch draußen gemütlich machen, wohin wir vom Wohnküchenbereich durch eine Schiebetüre gelangen konnten. Auf dem Rasen wuchs eine Palme, auf dem Nachbargrundstück miaute eine Katze.

Ferienwohnung (oben links), Schusterstraße (oben rechts), Konviktstraße (unten links), Münzgasse (unten rechts)

Sonntags nachmittags, nachdem wir uns in unserer Ferienwohnung eingerichtet hatten, wagten wir uns in die Innenstadt. Wir fuhren in unser Lieblings-Parkhaus, der Schlossberggarage. Der Ausgang des Parkhauses führte geradewegs auf die Schusterstraße, die sogleich die Konviktstraße kreuzte. Wie die Bezeichnung „Schusterstraße“ verriet, hatten sich in diesem Stadtviertel Handwerker angesiedelt, und zwar seit dem 11. Jahrhundert. So hübsch, filigran, verspielt, mit nostalgischen Ladenschildern und die Gasse überspannenden Rankgewächsen, solch ein heraus geputztes Erscheinungsbild einer der vielleicht schönsten Ecken von Freiburg war erst in der Nachkriegszeit entstanden. Bis in die 1950er Jahre war die Konviktstraße ein verschmuddeltes Arbeiterviertel, wo die Sauberkeit nicht die oberste Priorität hatte. Letztlich waren es die Kriegszerstörungen, die bewirkt hatten, dass die Stadt Freiburg Auflagen gemacht hatte, sich beim Wiederaufbau an der original vorhandenen Bausubstanz zu orientieren. Heute sind die Konviktstraße und die Schusterstraße gespickt mit so vielen liebevoll gestalteten Details, dass man kaum weiß, wohin man als erstes schauen soll.

Spontan, unsystematisch, ohne jegliches Konzept und ohne jegliches Ziel bummelten wir an all den liebevoll gestalteten Details vorbei. Wir sogen das mediterrane Flair in uns auf, ließen uns von den sanft vor sich her plätschernden Bächle verzaubern, beobachteten so manche Kinder, die Boote auf den Bächle hinter sich herzogen und sich beizeiten auch mit den Füßen in dem kühlenden Nass abkühlten. Wir waren zu Unzeiten in der Innenstadt unterwegs, am späten Sonntagnachmittag beziehungsweise frühen Abend, ohne dass die Geschäfte geöffnet waren. Während anderenorts zu dieser Uhrzeit die Innenstädte ausgestorben waren, waren wir in Freiburg verblüfft, wie viel Menschenvolk an diesem warmen Sommertag unterwegs war, auch ohne dass der SC Freiburg gegen den FC Augsburg gespielt hatte.

Wir spürten, wie die Grenzregion in den Pulsadern dieser Stadt schlug. Das Straßenleben fand unter freiem Himmel statt. Zu Zweit, in Grüppchen oder in Gruppen stand man zusammen, man schwätzte, diskutierte, Gespräche wogten auf und ab. Gruppen und Grüppchen von Jung und Alt flanierten durch die Stadt, in den Cafés aß man Eis oder Kuchen, man strömte in die Kinos hinein, man verweilte an Plätzen wie dem Augustinerplatz, dem Münsterplatz, dem Bertholdsbrunnen oder dem Platz an der alten Synagoge. Und wenn wir die Menschen miteinander reden hörten, dann waren Wortbrocken von Französisch und Schweizer Deutsch in wiederkehrenden Sequenzen nicht zu überhören. Aber es waren auch die Studenten, die das Stadtleben aufmischten. Sie belebten die Lokale, die an das Kollegiengebäude der Universität angrenzten. Reges Treiben herrschte in den Kneipen von der Brunnenstraße bis zum Martinstor.

Dass wir zum Abendessen beim Martinsbräu landeten, entsprang keiner sorgfältig durchgeführten Planung, sondern dem Zufallsprinzip. Wir ließen uns von den Schaufensterauslagen berieseln, blickten in das Angebot von Schuhen, Klamotten und Krimskrams hinein. In der Nähe des Martinstores, welches das mittelalterliche Freiburg eingegrenzt hatte, waren wir in die Fischerau gelangt, wo die Menschen einst in einem Seitenkanal der Dreisam vom Fischfang lebten.

Vom Bertholdsbrunnen spazierten wir die Kaiser-Joseph-Straße entlang, schauten hier, schauten da, schauten zwischen den Ladenlokalen und in die Geschäfte hinein. In derjenigen Seitengasse, die sich vor dem Martinstor öffnete, erblickten einen markanten Schriftzug, dessen eckige und gleichzeitig runde Form an den Jugendstil erinnerte. Die geschwungenen Großbuchstaben fügten sich zu dem Wort „Martinsbräu“ zusammen. Die Außenplätze des Brauhauses, welches sich mit dem Titel der ersten Freiburger Gasthausbrauerei schmückte, ragten weit in die Seitengasse hinein. Unser Entschluss, dort zu Abend zu essen, fiel einstimmig. Wir wollten uns aber nicht draußen hinsetzen, sondern ganz unten in den Tiefen des Bierkellers. Mit dem Rollator des Schwiegervaters war der Weg nicht ganz unkritisch, da zuerst buckeliges Kopfsteinpflaster die Seitengasse bedeckte. Danach hatten wir keinerlei Probleme, die Eingangstüre zu durch schreiten, da der Eingangsbereich an diesem Tag nicht mit Fußballfans des SC Freiburg und des FC Augsburg verstopft war. Allerdings hatte der Schwiegervater andere Probleme, da etliche Treppenstufen mit dem Rollator zu bewältigen waren, die in den Bierkeller führten.

Etwas schwer ist vorstellbar, dass sich in dem Gebäude zuvor eine Druckerei befand. 1989 eröffnete die Gasthausbrauerei Martinsbräu und gesellte sich zu den anderen Brauhäusern Ganter und Feierling in der Freiburger Innenstadt hinzu.

Ein gemütlicher Bierkeller, wo der Gast sich wohl fühlen konnte, das stellten wir auf Anhieb fest. Ein Blickfang waren die beiden bronzefarbenen Sudkessel. Sympathisch war auch der offene Küchenbereich, der in den Kellerraum integriert war, so dass man jederzeit einsehen konnte, was gerade gebraten, gekocht und gebruzzelt wurde. Vieles war aus Holz: Bänke, Stühle, helle Tische in einer groben Maserung, eine dunkle Wandvertäfelung, all dies fügte sich zu einer Bodenständigkeit zusammen, die über den beiden Sudkesseln das in Blau gehaltene Straßenschild „Freßgässle“ unterstrich. Unter der Decke kreisten Ventilatoren, das sorgte für ein angenehm temperiertes Raumklima.

Martinsbräu:

von außen (oben links), Inneneinrichtung (oben und unten rechts),

Sudkessel (Mitte links), Knöpfle nach Freiburger Art (unten links)

Die Regionen mögen in Deutschland darum konkurrieren, welche Küche die beste und die schmackhafteste ist. Für mich persönlich steht eines fest: die badische Küche steht mit ganz oben auf der Liste. Baden als Landstrich der selbst gemachten Spätzle oder auch Maultaschen war mir stets durch den Magen gegangen. Und unsere große Tochter, die in Freiburg studierte, klärte aus auf, dass es nicht nur regionale, sondern auch lokale Besonderheiten gab. Bratkartoffeln werden in Freiburg nicht grundlegend anders zubereitet, doch im badischen Ländle liebt man die Variationen. Gerne belässt man in Freiburg die klein geschnittenen Kartoffeln in runden Scheiben, sie werden in Schmalz gebraten, garniert mit Speck und Schnittlauch. Diese Variation findet man auf der Speisekarte als „Brägele“. Vermissen wird man in Restaurants oftmals Spätzle. Sie werden nicht in der länglichen Teigform aus der Nudelform heraus gepresst, sondern in einer Rundform, woraus sie dann als kleine Kugeln in dem kochenden Wasser abgekocht werden. Die Kugelform der Spätzle wird dann als „Knöpfle“ verspeist.

Genau in diesem Trend der lokalen badischen Küche wählte ich mein Essen aus: Knöpfle nach Freiburger Art mit Speck, Zwiebeln und Biersauerkraut, die übrige Familie aß eine Schwarzwälder Platte und Maultaschen. Die Knöpfle Freiburger Art schmeckten nicht nur sehr lecker, sondern schonten auch das Portemonnaie. Für 8,60 € hatte ich mich gut satt gegessen. Das Brauhaus beeindruckte ausserdem mit seiner Auswahl an Craft-Bieren. Jedem Monat wurde ein eigenes Bier gebraut, welches man aus Rezepturen aus der ganzen Welt bediente. Im Juli war es das „Saphir Lager“, ein leichtes Bier mit 3,8% Alkohol, mit fruchtigen Hopfenaromen. Die Biere in den übrigen Monaten trugen exotische Namen wie „Amber Ale“, „India Pale Ale“ oder „Chocolate Malt Porter“, während das „Helle Festbier“, das „Helle Bock“ oder auch das „Freiburgsch“ an hiesige Bierbrautraditionen anknüpften.

So wie wir in das Martinsbräu gelangt waren, unsystematisch und ohne jegliches Konzept, bummelten wir zum Parkhaus zurück. Durch den entspannten Sonntagabendverkehr fuhren wir in unsere Ferienwohnung zurück.

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