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Winterwald Troisdorf

Es war einer jener Nachmittage, die mit lauter Widrigkeiten begannen. Wir fluchten, dass uns die Lust vergangen sei, wir wollten am liebsten umkehren und nach Hause zurück fahren. Und dann endete der Nachmittag doch als gelungenes Familienerlebnis.

Uns drohte nämlich dasjenige Problem zum Verhängnis zu werden, wenn man das Auto öffentlichen Verkehrsmitteln vorzieht. Gegen halb vier Uhr nachmittags, hatte sich unser Auto bereits in der Zufahrt zum Parkhaus am Urusulaplatz eingefädelt. Wir konnten weder vor noch zurück, als wir bemerkten, dass nur kleckerweise die Autos in das Parkhaus hinein fuhren, wenn ein anderes dieses verließ, denn es war eigentlich rappelvoll. Die Zufahrt in der Röhre aus schmutzigem Beton stieg an, so dass das Anfahren am Berg nervte, weil das Anfahrmanöver bei angezogener und wieder losgelassener Handbremse reichlich Konzentration beanspruchte. Die Hängepartie vor der Parkhausschranke dauerte so sehr an, dass wir uns im Zaum halten mussten, einen offenen Streit vor unserer Tochter zu vermeiden.

Stand mit Christmas-Burger im Hellen

Dieses innere Anschwellen des Zorns legte sich augenblicklich, als wir aus der Einkaufszeile am Ursula-Platz heraus schritten. Es war bestimmt fünf Jahre her, dass wir den Troisdorfer Winterwald gebummelt waren. In dem Überangebot fällt es manchen Weihnachtsmärkten schwer, ein gewisses Maß an Originalität und Authentizität zu bewahren. Weihnachtsmärkte sind oftmals dann schön, wenn örtliche Vereine die Marktstände prägen und sich selbst mit ihren Basteleien betätigt haben. Da unsere Zeitplanungen zudem arg gestresst waren, begrüßten wir es, dass viele Geschäfte gemeinsam mit dem Weihnachtsmarkt geöffnet waren.

So kam es zu einem Beieinander von Einkaufen und Weihnachtsgefühl, das sich gleichmäßig in der Fußgängerzone der Kölner Straße verteilte und mit seinem Maß an Eindrücken niemanden überforderte. Dabei überwogen bei unserem Bummel die Abstecher in Geschäfte, während die vorweihnachtlichen Gerüche von Glühwein, Eierpunsch, Grog, Zimtstangen und Waffeln in unsere Nasen fächelten.

So folgten wir unserer Neigung, in Ein-Euro-Läden zu stöbern. TEDI war genau richtig für unsere Vorgehensweise, ohne wirklichen Plan Weihnachtsgeschenke zu kaufen, und wir wühlten fleißig zwischen den Ein-Euro-Kramsachen herum. Eine Verkäuferin diskutierte mit Freunden: „Ich würde Euch gerne etwas schöneres präsentieren“ – ihr passte die Unordentlichkeit und der unsortierte Eindruck in den Regalen überhaupt nicht. „Ich kann nichts daran machen, wie die Kunden sich verhalten“, glaubte sie, sich entschuldigen zu müssen. Unseren Laufwegen, im Unsystematischen etwas zu finden, was wir brauchten, tat dies keinen Abbruch. Schließlich brachte TEDI ein überraschendes Ergebnis. Wir entdeckten Weihnachtsgeschenke für unsere beiden Katzen: zwei runde Decken zum Einkuscheln, um sie zielsicher in die Lieblingsecken zu lenken.

Impressionen von Winterwald Troisdorf:

Freilichtbühne (oben links), Parkhaus (oben rechts), auf der Kölner Straße (unten links),

Stand mit Handtaschen (unten rechts)

Adventskränze, Tannenbäume, Krippen, Weihnachtskugeln: viele Verkaufsstände ähnelten denjenigen auf anderen Weihnachtsmärkten, an einer Stelle harrte ich aber längere Zeit aus, während Frau und Tochter sich an einem Stand umsahen, der Handtaschen verkaufte. Ich inspizierte einen Stand, der Christmas-Burger verkaufte. Was für eine Stilblüte ! Dem Einfallsreichtum waren keine Grenzen gesetzt. Zwei Hälften von Laugenbrötchen schlossen den Christmas-Burger ein, garniert mit einer Spekulatiussoße, dessen weihnachtlichen Geschmack ich mir schwer vorstellen konnte. Dazu wurden alternativ Rotkohl oder Preiselbeeren gereicht, die Ofenkartoffeln gab es mit einer Sour Cream.

Der Andrang war mäßig, die Christmas-Burger waren anscheinend kein Besuchermagnet. So verließen wir rasch den Stand, wo an einem tonnenförmigen Ofen mit einem langen Ofenrohr die Burger gebraten wurden. So spazierten wir weiter, vorbei an Imkern aus der Region, an Gewürzen aus aller Welt, an Schmuckgalerien, an einem Von-Herz-zu-Hand-Stand, an original Solinger Stahlwaren, an Lebkuchenherzen und Zuckerwatte.

Unserem Mädchen schwebte noch ein Highlight vor, das war der Saturn. Seiner Zeit hatte ich in meinem Blog geschimpft über die „größenwahnsinnige Baustelle“, als das Bürgerhaus in der Stadtmitte abgerissen worden war und eine riesige Baugrube sich in ihre Untiefen erstreckte. Seit 2014 ist alles schön und neu in der Galerie Troisdorf hinter der Natursteinfassade und der großen Glasfront, bei der Drogerie Müller, bei C&A, Friseur, Reisebüro oder Optiker – der Ankermieter im Jargon der Betreiber war der Saturn. Sie wollte sich von ihrem Taschengeld eine DVD von den Lochis, ihrer Lieblings-Band mit den beiden Lochis-Zwillingen, kaufen. Da das Angebot an CDs und DVDs ausuferte, bedurfte es einer gewissen Suchaktion, bis wir die DVD fanden. Am Ende, als sie die DVD in ihren Händen hielt, war unser Mädchen überglücklich.

Als wir aus dem Einkaufszentrum auf den Fischerplatz hinaus traten, lauschten wir den weihnachtlichen Klängen einer Jazz-Band. Der Sound der Big Band beeindruckte, der geschwungene Jazz-Stil nahm den gleichförmigen und trägen Rhythmus aus den Weihnachtsliedern heraus und machte sie in neu geborenen Klangwelten lebendig.

Die musikalische Abwechslung auf der Freilichtbühne war schön, und nachdem wir zwei bis drei Weihnachtsliedern gelauscht hatten, schritten wir über die Seitenstraße der Alten Poststraße zum Weihnachtsmarkt auf der Kölner Straße zurück. Dort blieben Frau und Tochter prompt an dem Stand mit den Handtaschen hängen. Die Lust am Herumstöbern hatte nicht nachgelassen, im Gegenteil. Unsere Tochter fühlte sich zu den Handtaschen mit den modischen Fransen hingezogen. Die Tasche, die sie sich ausgesucht hatte, war in einem hellen, vor Kraft strotzenden Braun.

Stand mit Christmas-Burger im Dunkeln

Derweil interessierten mich die Machenschaften meiner beiden Frauen wenig, so dass ich mich außerhalb des Weihnachtsstandes aufstellte. Dem hin- und her trippelnden Menschenstrom sah ich zu. Längst hatten die Schatten der Dunkelheit den Weihnachtsmarkt erfasst. Der Stand mit den Christmas-Burgern, den unverändert wenige Passanten frequentierten, war nun in ein komplett anderes Licht getaucht. Die Beleuchtung, die sich über das Geäst schwang, glitzerte. Lichtpunkte schwirrten in luftiger Höhe umher, spiegelten sich in Fenstern und zeichneten sich scharf in den Nachthimmel hinein, während das Feuer, auf dem die Christmas-Burger gebraten wurden, loderte.

Als der Einkauf an dem Stand mit den Umhängetaschen perfekt war, klagte die Inhaberin des Standes. Sie wäre reif für die Klinik. Vor allem ihre Hände seien reif für diese Klinik, weil sie klamm vor Kälte waren. Morgens hatte es noch geschneit, und selbst danach, als die ansteigenden Temperaturen den Schnee schmelzen ließen, sei es im dem Zelt noch so kalt gewesen, dass sie vor Kälte die ganze Zeit gebibbert habe. Wir teilten das Mitgefühl, und gleichzeitig zogen wir aber den Schluss, dass zu einem wohligen Gefühl auf einem Weihnachtsmarkt, zu den Gerüchen von Glühwein, Eierpunsch, Grog, Zimtstangen und Waffeln die Kälte dazugehört. Und keine lauen Temperaturen.

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