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1475 - die Belagerung von Linz

Im Endeffekt ging es um Geld. Rheinzölle waren eine sprudelnde Geldquelle, und um die Verteilung, wer an welchen Stellen den Zoll erheben durfte, tobte ein zäher Machtkampf. Ein Machtkampf, den die großen Städte für sich beanspruchten, wobei im Flusslauf des Rheins auch die kleinen Städte ihren Anteil abbekamen. Wer durfte den Zoll erheben ? Wer legte diejenigen Stellen fest, an denen der Zoll erhoben wurde ? Nicht anders als heute, formierten sich Machtkonstellationen entlang einer Linie, wo finanzielle Überschüsse erwirtschaftet werden. Die Macht verteilte sich auf viele Köpfe. Wer konnte es mit wem, wer konnte es mit wem nicht und wer stellte sich auf welche Seite: daraus wurden Koalitionen geschmiedet, monolithische Machtblöcke trafen aufeinander, und das Ergebnis war Krieg, nicht in großen, aber in kleinen, rheinischen Dimensionen. Mitte des 15. Jahrhunderts konnte niemand in Linz ahnen, dass sich die Stadt den falschen Bündnispartner ausgesucht hatte. Das sollte fatale Folgen für die Stadt haben.

Die Örtlichkeit „Linchesce“, die um 870 in einer Urkunde als „Weingut, verbunden mit einer hofartigen Anlage“ an das Klosterstift Gerresheim übergeben wurde, ließ sich Zeit, bis aus der Ansiedlung als „villa“ oder „dorp“ ein „oppidum“ wurde. Mit dieser Begrifflichkeit, die eine befestigte Stadt umreißt, richtete 1321 der Kölner Erzbischof Heinrich von Virneburg seine Anliegen an die Bürger der Stadt Linz. Er war es dann auch, der den Bau einer Zoll- und Zwingburg „mit muyren mit tuermen ind mit portzen mit yrre gunst“ veranlasste, so steht es in einer Urkunde aus dem Jahr 1365. Nach andauernden Streitigkeiten war der Kölner Erzbischof so sauer auf die Andernacher, dass er den Rheinzoll von Andernach nach Linz verlegte. Fortan war der Rheinzoll vier Jahrhunderte lang ein Fundament für die Macht und die wirtschaftliche Blütezeit der Stadt Linz.

Burghof der Zoll- und Zwingburg Linz

Doch dieses Fundament sollte im 15. Jahrhundert Risse bekommen, denn die Linzer setzten auf einen falschen Kurfürst und auf falsche Bündniskonstellationen. Mit dem Konstrukt, dass der Kölner Erzbischof gleichzeitig Kurfürst mit einer unheimlichen Machtfülle war, hatte sich bereits der Erzbischof Dietrich von Moers himmelweit von seinem Auftrag, das Wort Gottes zu lehren, entfernt. In Personalunion mit dem Kurfürsten trat der Kölner Erzbischof als Feldherr auf, er schlug Schlachten, führte Kriege und verlor jegliche Bodenhaftung zu seinen Gläubigen.

1463, als der Kölner Kurfürst und Erzbischof Dietrich von Moers starb, hatte er seinen Traum eines Großreiches in Rheinland und in Westfalen in etlichen Feldzügen realisiert und sich mit dieser Kriegslast massiv verschuldet. Sein Nachfolger Ruprecht von der Pfalz in dieselben Fußstapfen, machte die Dinge nicht so viel anders, weil er sich als rheinisch-westfälische Mittelmacht behaupten wollte. Als er wegen der drückenden Schuldenlast Steuern und Abgaben erhöhte, taten sich zwölf Städte im Rheinland gegen ihn zusammen und begehrten gegen die zu hohen Abgaben auf. Nicht so die Linzer Bürger, wegen des Rheinzolls, der sie auf Gedeih und Verderb aneinander geschmiedet hatte, weil beide Seiten davon profitierten.

So verhasst, wie der Erzbischof Ruprecht von der Pfalz war, erhoben sich die Geistlichen des Kölner Domkapitels und wagten den Umsturz. Während sie ihn als Kölner Kurfürsten beließen, wählten sie 1473 einen Bischof aus ihren Reihen zum neuen Kölner Erzbischof, das war Hermann von Hessen, der sich auf seinen Auftrag, das Wort Gottes zu lehren, zurück besinnen sollte.

An diesem Punkt, als die Revolte eskalierte, sollten größere Mächte auf den Plan gerufen werden. Der römisch-deutsche Kaiser Friedrich III. schaltete sich ein, als Kontrahent trat das Großherzogtum Burgund auf den Plan. Karl der Kühne, der Herzog von Burgund, hatte im 15. Jahrhundert sein von Frankreich unabhängiges Reich bis in die spanische Niederlande ausgedehnt, und mit der Belagerung von Neuss, die von 1474 bis 1475 zwei Jahre lang andauerte, war er weit in das Rheinland eingedrungen.

Die großen Mächte und die großen Herrscher zogen nun größere und kleinere Machthaber auf ihre Seite, Herzöge und Grafen, die Kirche und die Städte. Der Kölner Kurfürst Ruprecht von der Pfalz, sein Bruder Pfalzgraf Friedrich und die Städte Linz, Sinzig, Remagen, Breisig, Unkel, Erpel schlossen sich Karl dem Kühnen an. Der römisch-deutsche Kaiser Friedrich III. scharte das Kölner Domkapitel mit seinem Erzbischof Hermann von Hessen, seinem Bruder Heinrich von Hessen, die Städte Neuss, Bonn, Andernach, Ahrweiler und das strategische Schwergewicht der Stadt Köln um sich.

mittelalterliches Linz

Die Belagerung von Neuss setzte eine Kette in Gang, die auf kriegerische Handlungen hinaus liefen, zunächst, um die belagerte Stadt Neuss zu entsetzen. Daraufhin suchten sich andere Städte mit eigenen Truppen zu verteidigen und sie sammelten Vorräte, um auf eine Belagerung vorbereitet zu sein. Zu ersten Kriegshandlungen kam es, als die Linzer Landgrafen Königswinter besetzten und der Kurfürst Ruprecht von der Pfalz Ahrweiler belagerte.

Das Kriegsgeschehen nahm Fahrt auf, als der römisch-deutsche Kaiser Friedrich III. mit seinem süddeutschen Heer aus Bambergern, Würzburgern, Nürnbergern, Frankfurtern, Ulmern, Wormsern und Speyerern auf marschierte. Über die Höhen des Westerwaldes, machten die Truppen zunächst einen großen Bogen um Linz, weil das Festungssystem, bestehend aus einem Halbring von Burgen auf dem Ockenfels, dem Rennenberg und dem Dattenberg, sehr schwierig einzunehmen war. Zunächst besetzten sie die Städte Erpel, Unkel , Rheinbreitbachund Königswinter. Auf der linken Rheinseite drangen seine Truppen von Andernach aus nach Breisig und Sinzig ein, außerdem eroberten sie die Burgen Landskron und Rolandseck.

Nun war Linz von allen Seiten von feindlichen Truppen umzingelt. In den vergangenen Jahrhunderten hatte Linz zwar Belagerungen wegen des Festungsringes schadlos überstanden, doch diesmal waren die Überzahl und die Stärke der kaiserlichen Truppen erdrückend. Der Versuch am 14. Januar 1475, die Stadt im Sturm zu erobern, scheiterte nach acht Tagen, weil der Beschuss aus dem Festungssystem zu heftig war. Außerdem waren die Wege bei schlechtem Wetter und hohem Wasserstand des Rheins unpassierbar. Nässe und Kälte kratzten sogar so sehr an der Moral der reichsstädtischen Söldner, dass manche desertierten und in ihre Heimat zurück kehrten.

Am 10. Februar 1475 waren es dann Truppen aus Andernach, die erneut die Initiative ergriffen und die reichsstädtischen Truppen unterstützten. Auf der anderen Rheinseite, in Kripp, genau gegenüberliegend von Linz, bauten sie einen Wall aus Erde, Steinen und Holzbohlen, von wo aus sie Linz beschossen. In vereinigter Schlagkraft, kamen die Angreifer näher heran. Der Belagerungsring schnürte sich enger um die Stadt. Die kriegsentscheidende Wendung gelang, als am 26. Februar 1475 die Schanze auf dem Kaiserberg am südlichen Stadtrand erobert werden konnte. Am 2. März 1475 wurde eine Bresche in die Mauer geschossen, am 6. März war die Stadt sturmreif. Teile des Heeres Karls des Kühnen, die von dem belagerten Neuss nach Linz abgezweigt worden waren, kamen zu spät und konnten lediglich die Andernacher Soldaten auf ihrem Bollwerk am anderen Rheinufer in Kripp beschießen.

Weil die Linzer an ihrem Rheinzoll festgehalten hatten und auf den falschen Kölner Kurfürsten gesetzt hatten, waren sie mächtig in die Bredouille geraten. Da die Linzer am 6. März 1475 sofort kapitulierten, konnten sie das allerschlimmste verhindern, indem Plünderungen ausblieben und ein weiterer Beschuss durch Kanonen und andere Geschütze.

Rheintor mit dem ehemaligen Zollhaus

In den Folgejahren konnte sich die Stadt wieder erholen, da ein vertragliches Konstrukt über den Abzug der reichsständischen Truppen über den Zoll fixiert wurde. Im September 1475 einigten sich der römisch-deutsche Kaiser Friedrich II. mit dem Kölner Kurfürst Ruprecht von der Pfalz dahin gehend, dass der Kaiser dem Erzbischof Hermann von Hessen die Erhebung eines Zolls in Linz erlaubte. Aus dessen Einnahmen musste der Erzbischof dem Kaiser jährlich 8.000 Gulden zahlen. Außerdem musste Linz eine Einmalzahlung von 4.000 Gulden an den Kaiser zahlen. Somit konnte der Linzer Zoll fortbestehen. 1482 bestätigte der römisch-deutsche Kaiser der Stadt Linz den Zoll sogar auf ewige Zeiten.

Die mit der Belagerung verbundenen Belastungen strapazierten die Stadt sehr. Das kostete zunächst jede Menge Geld. Die Besatzungstruppen mussten verproviantiert werden, Schäden im Festungssystem mussten instand gesetzt werden. Auch das Dach der St. Martins-Kirche war in sich zusammen gestürzt. Die Besatzungstruppen waren noch über mehrere Jahre hinaus anwesend. Es hätte aber schlimmer kommen können. Im Endeffekt war es der Zoll, der dafür gesorgt hatte, dass die Ereignisse relativ glimpflich abliefen.

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