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Urlaubstagebuch Freiburg - das Augustinermuseum

Lange, genau gesagt, 10 Tage, sollte es dauern, bis wir das Experiment wagten, uns mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Freiburger Innenstadt zu trauen. Bei verregnetem Wetter hatten wir beschlossen, ins Kino zu gehen, das in der Nähe des Stadttheaters lag. Das Parken in Freiburger Parkhäusern ist so eine Sache. Die Schlossberggarage, wo wir sonst geparkt hatten, lag am anderen Ende der Innenstadt. Einmal hatten wir uns in der Schwarzwald-Garage regelrecht verirrt, weil wir die Rolltreppe nicht mehr finden konnten, von wo aus wir vom Untergeschoss in das Einkaufszentrum gelangt waren. In der Nähe des Stadttheaters gab es zwar irgend wo ein Parkhaus, aber gegenüber diesem Gewurstele von Baustellen fühlte ich mich hilflos.

Straßenbahnlinie 1

Somit machten öffentliche Verkehrsmittel grundsätzlich Sinn, zumal unsere Straßenbahn von unserer Straßenbahnhaltestelle am Betzenhausener Torplatz zehn Minuten bis zum Zentrum am Bertholdsbrunnen benötigte. Allerdings mussten wir noch die zehn Gehminuten von unserer Ferienwohnung bis zur Straßenbahnhaltestelle bewältigen – mit Rollator. In der Straßenbahn dann der übliche Verzweiflungskampf gegen den Fahrkartenautomaten. Er war bockig, weil er Geldscheine entweder ausspuckte oder erst gar nicht annahm. Schließlich schluckte der Automat Münzen für die zwölf Euro, die wir für eine Eintageskarte für fünf Personen für das komplette Stadtgebiet von Freiburg bezahlen mussten.

Diesmal teilten wir unsere Unternehmungen auf. Ehefrau und Tochter gingen in den Kinofilm „Ich - einfach unverbesserlich 3“, mein Schwiegervater und ich machten uns auf ins Museum. Ehefrau und Tochter stiegen an der Haltestelle „Stadttheater“ aus, wir fuhren weiter zur Haltestelle Oberlinden, von der aus wir ungefähr in das Augustinermuseum hinein fielen. Es war ein wegweisendes Museum zur religiösen mittelalterlichen Kunst, darüber hatte uns der Reiseführer informiert. Überlesen hatten wir allerdings, dass das Museum nur bis 17 Uhr geöffnet hatte. Dies entsprach nicht den Öffnungszeiten, die wir von Bonner oder Kölner Museen gewohnt waren. Da der Uhrzeiger bereits 16.30 Uhr erreicht hatte, blieb uns mithin nur eine halbe Stunde für die komplette Ausstellung. Ein wenig tröstete uns der reduzierte Eintrittspreis, da wir nur fünf Euro pro Person bezahlen mussten.

Vergleichen konnte man die Ausstellungsstücke des Augustinermuseums mit den Kölner Museen Schnütgen und Wallraf, wobei die mittelalterliche religiöse Kunst und die mittelalterliche Malerei die Schwerpunkte bildeten. Die Fassade, regelrecht verschleiert in Staubschutzwände, verriet, dass das Museum grundlegend saniert und umgebaut wurde. Plakate der Freiburger Museumslandschaft hingen vor Gerüsten und verdeckten den zartgelben Anstrich der Fassade.

Dass umgebaut wurde, erkannten wir auch, als ich meinen Rucksack wegschloss. Kreuzgänge bilden üblicherweise den Mittelpunkt von Klosteranlagen, sie sind viereckig angeordnet und um den Kreuzgang herum gruppieren sich die wichtigsten Klostergebäude. Die Schließfächer befanden sich in dem einzigen zugänglichen Seitengang des Kreuzgangs, an dessen Ende eine Holzwand den weiteren Durchgang versperrte. Die Bögen und die Gewölbe des dieses zugänglichen Seitentraktes verrieten ein hohes Alter, denn das eigentliche Kloster der Augustinereremiten wurde im 14. Jahrhundert gebaut.

Augustinermuseum

Hans Baldung Grien, Schmerzensmann von Engeln beweint (1513) und Amor mit dem flammenden Pfeil (1530)

(oben links und oben rechts),

Tod Mariens (um 1500, darunter links), Fenster der Kaiser Maximilian I. und Philipp dem Schönen (darunter rechts),

der Prophetenzyklus (Mitte links und rechts),

Fassade des Augustinermuseums (darunter links) und Kreuzgang (darunter rechts),

Christus auf dem Esel (1490) und Flügelaltar mit Heiligen (1530)

Die zugänglichen Ausstellungsräume befanden sich in der früheren Augustinerkirche. Nicht ungewöhnlich, aber selten, dass Kirchen in Museen umgewandelt werden. Das ist so beim Museum Schnütgen in Köln, das Freiburger Augustinerkloster ist bereits seit den 1920er Jahren als Museum genutzt worden. Auf drei Stockwerke verteilte sich die Dauerausstellung, im Keller war die Sonderausstellung über Freiburg im Nationalsozialismus zu besichtigen.

Da unser Zeitfenster bis 17 Uhr sehr knapp ausgefallen war, machten wir uns im Eilschritt durch die Ausstellungsräume, die das Kirchenschiff und den Chor der einstigen Augustinerkirche beherbergten. Die Ausstellungsstücke waren alt, sehr alt, oftmals aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Einige Kunstwerke waren direkt der Freiburger Münsterkirche entnommen worden, viele Kunstwerke waren räumlich dem Oberrhein zuzuordnen, also dem geografischen Raum von Straßburg über den Schwarzwald bis Konstanz und Basel. Die Kunst war nicht nur religiös geprägt, sondern sie verkörperte auch den Dualismus von weltlicher und kirchlicher Macht im Mittelalter. Nicht nur Engel, Heilige und Szenen aus der Bibel wurden dargestellt, sondern auch die Kaiserfenster der römisch-deutschen Kaiser Maximilian I. und Philipp dem Schönen aus der Freiburger Münsterkirche, die Skulpturen der vier Grafen von Freiburg oder die Reliquienbüsten der Freiburger Zünfte.

Die Anfänge der Ölmalerei verbinde ich hauptsächlich mit Flandern, mit Rogier van der Weyden, den Gebrüdern van Eyck oder Hieronymus Bosch. Um 1400 entstanden aus Rezepturen von Terpentinölen, Harzlösungen und Farbpigmenten die ersten Ölfarben, die in Flandern die Malerei revolutionierten. Im Augustinermuseum lernte ich, dass ab 1500 diese neue Technik der Ölmalerei auch den Oberrhein erreicht hatte und sich auf Augenhöhe bewegte mit der flämischen Malerei oder auch der Kölner Malerschule um 1500.

Am Oberrhein war es maßgeblich Hans Baldung Grien, der in Ateliers in Straßburg und Freiburg diese neue Maltechnik, umsetzte. Als Sohn einer humanistisch geprägten Gelehrtenfamilie aus Schwäbisch Gmünd, führten ihn seine Gesellenjahre nach Nürnberg, wo er bei Albrecht Dürer von 1503 bis 1507 seine Maltechnik erlernte. Grien, dessen Meisterwerk das Altarbild der Freiburger Münsterkirche ist, löste sich von den ruhigen Formen Albrecht Dürers, er wühlte sie auf, wechselte Anordnungen und Formen, die er letztlich in einem stabilen Bildaufbau wieder zusammen führte. Die drei Gemälde, die im Augustinermuseum zu sehen sind, hat Hans Baldung Grien zwischen 1513 und 1530 gemalt. Dabei verschmilzt die Muttergottes mit dem schlafenden Kind zu einer kompakten und anschmiegsamen Einheit. In dem Gemälde „Der Schmerzensmann von Maria und Engeln beweint“ läuft der gewohnte Bildaufbau aus dem Ruder, weil Engelsgestalten die beiden Hauptfiguren in einer scheinbaren chaotischen Anordnung überlagern. Amor mit dem flammenden Pfeil fesselt schließlich den Betrachter mit seinem todernsten Blick, mit all den tragischen Facetten und Abgründen, die die Liebe herauf beschwören kann.

Straßenmusikanten

Obschon es nur drei Gemälde des Hans Baldung Grien in die Dauerausstellung geschafft haben, stehen viele andere Werke dieser Qualität um nichts nach. Weitere große Namen, die man hier bestaunen kann, sind Matthias Grünewald, Hans Holbein oder Martin Schongauer. Viele Gemälde sind namenlos, was damit zusammen hängt, dass es Werkstattaufträge waren, deren Gemälde dann nicht vom Maler signiert wurden. Wenn die Gemälde auch aufgrund anderer persönlicher Handschriften nicht zugeordnet werden können, heißen die Urheber zum Beispiel „Meister des Hohenlandenberg-Altars von Konstanz“. Wasserspeier der Münsterkirche, Skulpturen und Holzschnitte, Altaraufsätze und Tafelbilder, Kleinplastiken oder die Orgel aus der Abteikirche von Gengenbach aus dem Jahr 1720 vervollständigen die Dauerausstellung.

Überwältigt hat mich der Prophetenzyklus im ersten Geschoss der Augustinerkirche. Das sind zehn Skulpturen aus Sandstein, die zehn der zwölf Propheten darstellen. Sie sind jeweils vier Meter hoch und waren an derjenigen Stelle des Kirchturms der Freiburger Münsterkirche aufgestellt, wo die achteckige Form des Turms in die viereckige Form übergeht. Winzig klein kamen wir uns gegenüber diesen Riesen mit ihren stummen, in sich gekehrten Gesichtern vor, die allesamt um 1300 gefertigt worden waren. Abgase und Verschmutzungen hatten ordentlich an der Substanz genagt. Mit einem Feinstrahl wurden sie gesäubert, Risse wurden mit Kieselsäureesther beigearbeitet. Seit 2010 sind die sanierten Figuren einer breiten Öffentlichkeit im Museum zugänglich gemacht worden.

Die halbe Stunde Zeit, die uns verblieb, raste natürlich viel zu schnell vorbei. Um unsere Museumseindrücke zu verarbeiten, ließen wir uns auf dem Augustinerplatz in der Außengastronomie eines Cafés nieder, nachdem wir das Museum verlassen hatten. Die Malerei des 19. Jahrhunderts im Obergeschoss hatten wir verpasst, ebenso die Sonderausstellung über den Nationalsozialismus in den Kellerräumen. Während wir den Kaffee hinunter schlürften, ließen wir unsere Eindrücke sacken. In der äußeren Ecke des Außenbereichs sitzend, bahnten sich die Passanten ihre Laufwege, während wir auf die mit Plakaten und Gerüsten verhangene Front des Museums schauten.

Langweilig war es an dieser Stelle nicht. Der Strom der Menschen floss an uns vorbei, dann wurden wir mit heiteren Klängen der Musik beglückt. Eine Art von Oper-Air-Konzert. Drei Straßenmusikanten brachten sich in direkt uns gegenüber in Position, packten Gitarre, Akkordeon und Kontrabass aus. Munter sangen sie auf den Akkorden ihrer Musikinstrumente drauf los, in ihren südamerikanischen Rhythmen vibrierten ihre Stimmen. Dreiviertelstunde gaben sie ihre Musik zum besten, und ihr letztes Stück „Guantanamera, guajira Guantanamera“ füllte schließlich das Körbchen mit Münzen und Geldscheinen, als der Gitarrist die Runde durch das Café und den Augustinerplatz machte.

Kino Cinemaxx

Wie gut, dass es die Straßenbahn gibt. Vielleicht zwanzig Meter Fußweg zur Haltestelle Oberlinden, Rollator einschieben, und von dort aus mit der Linie 1 zwei Haltestellen weiter bis zum Stadttheater. Wieder etwa zwanzig Meter laufen, dann waren wir am Kino Cinemaxx, wo Frau und Tochter den Film „Ich – einfach unverbesserlich 3“ in sich hinein sogen. Wie praktisch: neben dem Eingangsbereich des Kinos befand sich prompt ein Café, wo wir bei der nächsten Tasse Kaffee auf unsere Damen warten konnten. Der Kaffee war auch notwendig, denn ich hatte mich nicht schlau gemacht, wie lange der Kinofilm dauern würde. In der Wartezeit studierte ich die ausliegenden Zeitungen – darunter die Badische Zeitung.

Es sollte fast eine Stunde dauern, bis der Kinofilm zu Ende war und Frau und Tochter geradewegs auf uns zusteuerten. Die Minions hatten beide begeistert, und sie schmiedeten schon Pläne, in den Kinofilm „Emoji“ zu gehen, der noch gar nicht angelaufen war.

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