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der Horstmannsteg in Hennef

Es ist die Geschichte einer Brücke, die in die Jahre gekommen ist. Keine ungewöhnliche Geschichte, denn nach mehreren Jahrzehnten der Beanspruchung durch den Verkehr bröckelt normalerweise der Beton, die Bausubstanz schwindet, die Standfestigkeit verschlechtert sich. Es muss gehandelt werden. Die Brücken werden dann saniert. Große Brückenbauwerke werden eingerüstet, der Beton wird bis auf die Bewehrung frei gelegt und fein heraus geputzt, Stahlträger werden gegen Rost geschützt. Danach erstrahlt die Brücke wieder in neuem Glanz. Die Sanierung kann aber auch so teuer werden, dass die Planer einen Brückenneubau bevorzugen.

In Hennef und in Allner sträuben sich so manchem Bürger die Haare, dass sich alles unkompliziert anhört, was den technischen Neubau betrifft. Wenn es im Kleinen an die Umsetzung geht, dann hört sich alles wiederum hoch kompliziert an, aufgebauscht mit Problemfeldern, und schließlich kommt alles ganz anders, als es sich alle gewünscht hatten. Eine kleine Fußgängerbrücke, 230 Meter lang, nur 1,50 Meter breit, so dass kaum zwei Fahrradfahrer aneinander vorbei kommen, wird zum Zankapfel und bringt die Einwohner von Hennef und Allner auf die Barrikaden.

Horstmannsteg von Hennef aus

Unwissenheit oder Ahnungslosigkeit ? Der Horstmannsteg in Hennef, eine Fußgängerbrücke über die Sieg, die Hennef und Allner miteinander verbindet, ist im Laufe der Jahrzehnte marode geworden. 1961 gebaut, verbindet die Brücke die beiden durch die Sieg getrennten Ortschaften. Mittlerweile ist die Brücke so zerbröselt, dass die Statik Gruppen von mehr als 25 Personen nicht mehr aushält. Um die Brückenverbindung aufrecht zu erhalten, dazu bietet die Stadt Hennef eine einfach klingende Lösung an. Da die Sanierung zu viel Geld verschlingt, soll ein Brückenneubau entstehen. Geradlinig die Sieg querend, soll die Brücke zehn Meter kürzer sein, aber dafür doppelt so breit als der bogenförmige Horstmannsteg. Geld ist auch da, weil das Land siebzig Prozent der Baukosten von 2,7 Millionen Euro zuschießen will.

Auf diese Marschrichtung haben sich die Planungsverantwortlichen eingeschworen. Der Zankapfel: die Brücke führt durch ein Naturschutzgebiet. Alles klingt so einfach, doch die Verantwortlichen der Stadt sollten sich irren, dass es sich bei einer unauffälligen Fußgängerbrücke um Kleinkram handele, über den man geflissentlich hinwegsehen könne. Die Wissenslücken sollten sich rächen. So hatten sie die EU-Richtlinie mit dem Kürzel 92/43/EWG, auch genannt Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, nicht auf ihrem Radar stehen.

Diese EU-Richtline hatte im Jahr 1992 Lebensraumtypen definiert, welche Pflanzen- und Tierarten zu welchen Lebensräumen gehören. Bereits mit in Krafttreten der EU-Richtlinie wurde die Siegaue von der Landesgrenze in Nordrhein-Westfalen bis zur Mündung in Niederkassel-Mondorf zum FFH-Gebiet erklärt. Flora, Fauna und Lebensraum werden fortan ganzheitlich betrachtet.

der Horstmannsteg in der Siegaue

Die natürliche Artenvielfalt vereinigt sich in Weichholzauenwäldern, natürlichen eutrophen Seen, Fließgewässern mit Unterwasservegetation, mit Fischarten wie Lachs, Steinbeißer, Groppe, Bitterling, mit Vogelarten wie Zwergsäger, Eisvogel und Schwarzmilan oder mit der Schmetterlingsart „Maculinea teleius“, die speziell am Horstmannsteg herum flattert. 1998 verankerte die Bundesregierung die FFH-Richtlinie im Bundesnaturschutzgesetz, wobei manche Regelungen der FFH-Gebiete strenger sind als für Naturschutzgebiete.

Am 19. Dezember 2016 kam es dann zum Eklat. Hätte man den Horstmannsteg nur saniert, wäre dies im Sinne der FFH-Richtlinie unspannend gewesen, weil es keine neuen Eingriffe in die Natur gegeben hätte. Bei einem Brückenneubau ist der Fall aber anders gelagert. Obschon man die Größenordnung des Brückenbauwerks vernachlässigen kann, kann man den Umfang des Planfeststellungsverfahrens und der Umweltverträglichkeitsprüfung, der laut FFH-Richtlinie noch eine Vorprüfung vorgeschaltet ist, um erhebliche Beeinträchtigungen auszuschalten, mit großen Infrastrukturvorhaben wie Autobahnen, ICE-Trassen oder Flughäfen vergleichen. Die Beteiligten sind anzuhören, die Eingriffe in die Natur sind zu bewerten, unter anderem Kulissen- und Scheucheffekte, der Schutz der Natur ist gegen das öffentliche Interesse eines Brückenneubaus abzuwägen, umweltschonendere Varianten sind zu diskutieren.

Die Planungsphase ist vermutlich so abgelaufen, wie es gerne bei anderen kommunalen Vorhaben praktiziert wird. Die Planungsverantwortlichen lassen sich lenken von Gruppen und Lobbyisten, die Einfluss haben, und nehmen bewusst Kollateralschäden in Kauf. Die Naturschutzverbände dürften sich vor vollendete Tatsachen gestellt gefühlt haben, weil die Verantwortlichen nicht mit ihnen geredet hatten, obschon sie deren Einflussmöglichkeiten und Rechte hätten kennen müssen.

Blick auf die Sieg

Nun muss der Naturschutzbund Deutschland die Wut der Einwohner von Hennef und Allner aushalten. Der Naturschutzbund steht als Spielverderber da, weil er am 19. Dezember 2016 vor dem Verwaltungsgericht gegen den Brückenneubau geklagt hat. Mit der Klage hat der Naturschutzbund die Bürger gegen sich aufgebracht, Vereine haben sich zusammengetan für den Brückenneubau. Am 19. April haben 350 Bürger in der Hennefer Fußgängerzone demonstriert. Die Position des Naturschutzbundes findet kaum Verständnis in der Bevölkerung. „Unsinniger und an den Haaren herbeigezogener profilneurotischer Fundamentalismus“, so äußern sich beispielhaft die betroffenen Bürger über die Sichtweise des Naturschutzbundes. Dieser bringt aber nicht nur sich selbst in Erklärungsnöte, sondern auch die Stadt Hennef in die Klemme. Mit der Vision, die Brücke könnte einstürzen, kriegt die Stadt kalte Füße. So manchem dürfte sich der Magen umdrehen, wenn Verletzte – oder sogar Tote – zu beklagen wären.

Mir ist es jedenfalls gelungen, mit meinem Rennrad die Brücke zu befahren, ohne dass diese eingestürzt ist. Es war einmal der Termin in der Diskussion, dass der Horstmannsteg ab Mitte des Jahres 2017 gesperrt werden sollte. Noch ist die Brücke nicht gesperrt. Dann müssten die Hennefer und Allnerer einen Umweg von mehreren hundert Metern über die Fußgängerbrücke über die Sieg an der Autobahn in Kauf nehmen. Die Sperrung könnte mehrere Jahre dauern oder sogar dauerhaft sein. Erfahrungsgemäß lassen sich die Verwaltungsgerichte sehr viel Zeit, bis sie ihre Urteile fällen.

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