Tagebuch Juni 2016
1. Juni 2016
Es gibt Motive, die sich wiederholen, weil sie im Gang der Jahreszeiten einfach schön aussehen. In diesen Tagen blüht der Klatschmohn in einem mitreißenden Rot, dessen Leuchtfarbe Kraft und Intensität signalisiert. Diese leidenschaftlichen Stimmungen, das Flattern im Wind und die Lässigkeit der Stängel haben viele Fotos eingefangen. Besonders gefällt mir die Fotocollage von Wim de Vries in Facebook: Klatschmohn vom Rodderberg aus mit dem Siebengebirge im Hintergrund. Mit der Komposition seiner Fotos kann ich nicht ganz mithalten. Nichtsdestotrotz bin ich genauso fasziniert, wenn ich den Klatschmohn in unseren Feldern betrachte.
2. Juni 2016
Hochwasser, ein Naturschauspiel ? Heute Morgen war das Hochwasser bereits zurück gegangen, so dass ich nicht mehr das Wasser an der Beachbar fotografieren konnte, so wie es Mona Hahn in Facebook gemacht hatte. Ein geniales Foto. Eine Sandfläche vor der Beachbar direkt vor dem Hochwasser. Wir können uns aber glücklich schätzen, dass Katastrophen ausgeblieben sind. Kein Braunsbach aus Badisch-Sibirien im Rheinland, kein Simbach am Inn. Der Rhein ist da ziemlich träge, bis die Hochwasser aus den tiefen Fernen des Oberrheins ankommen. Das dauert, bis unsere Proportionen des Rheinhochwassers gemächlich ansteigen. Das Hochwasser spielt nunmehr mit den Formen, als unmittelbares, nicht direkt gefährdendes Element, und setzt Akzente in der Bildkomposition. Die Anlegestelle der Fähre hat ausweichen müssen. Das Hochwasser ist zurück gewichen. Die natürliche Kraft des Hochwassers im Griff, ohne dass Wohngebiete gefährdet sind, macht es Spaß, den Überschwemmungen zuzusehen.
3. Juni 2016
Die Café-Kultur hat Formen der Geselligkeit entwickelt, die das Stadtleben bereichern. Unbemerkt und nebenher hat sich diese Kultur entwickelt, so dass ich sie kaum bemerkt habe. Anfangs habe ich den Café-Roller vor dem Hofgarten schlichtweg übersehen, dann hatte sich der Café-Roller eingeprägt, später entdeckte ich einen weiteren Café-Roller an der Ollenhauerstraße. Diese Form des Kaffee-Trinkens hat ein Alleinstellungsmerkmal: improvisiert, mobil, harmonisch eingefügt in die Gartenarchitektur des Hofgartens, open air im Freien an Stehtischen. Bislang hatte ich mich gescheut, in dieser improvisierten und etwas unfertigen Atmosphäre meinen Kaffee zu trinken. Ich weiß nicht, ob es ein solches Phänomen des Kaffee-Trinkens auch in anderen Großstädten gibt. Es lohnt sich. Wenngleich ich heute Morgen den einzigen freien Stehtisch erwischt habe, wo ich in der jovialen und monumentalen Atmosphäre des Hofgartens gleichzeitig ein Buch lesen konnte. Dabei war das Wetter optimal, ein lauer Morgen, windstill, kein Regen, im T-Shirt konnte ich es gut aushalten. Zu anderen Jahreszeiten stelle ich mir das open air an Stehtischen nicht ganz so beflügelnd vor. Im Winter, wenn es knackig kalt ist, wenn es regnet und stürmt. Oder bei ungemütlichen April-Wetterlagen mit Schauern und Sturm, mit Blitz und Donner und Sonnenschein. 1,90 € für einen Kaffee, das kann auch mit Kälte, Regen, Sturm und ungemütlichen April-Wetterlagen zusammen hängen, dass solche weniger frequentierte Zeiten ausgeglichen werden müssen. In Bonn sind die 1,90 € Normalpreis, die man vielleicht bei Kamps & Co günstiger haben könnte. Der Café-Roller lohnt sich. Bestimmt werde ich ihn demnächst öfter besuchen.
5. Juni 2006
Schon immer orientierte sich die Menschheit magisch auf die Antike zurück. Was Griechen und Römer geschaffen hatten, galt als bahnbrechend und befand sich auf aller höchstem Niveau, geisteswissenschaftlich und technisch. So bleibt es nicht aus, dass die Rückbesinnung auf die Antike eine Konstante in der Geschichte ist. Das war bei Karl dem Großen so, als die Gelehrten an seinem Hof in Aachen die Schriften von Homer, Ovid und Plutarch wieder entdeckten. Technische Errungenschaften wie die Wasserversorgung, Heizung, Bäder, Straßenbau, Abwasserentsorgung erreichten erst in der Neuzeit wieder das Niveau, dessen Maßstäbe einst die Römer gesetzt hatten. In der Renaissance wurden in großem Stil antike Schriften wieder gelesen. Später, im Klassizismus und Historismus, flossen antike Stilelemente wie Säulen in die Architektur ein. Es ist nicht uninteressant, jenseits von reich verzierten, vielleicht klassizistischen oder historistischen Gebäudefassaden ein neues römisches Stilelement zu entdecken. Jeder von uns kennt bestimmt diese Darstellung auf einer wenig spektakulären Hausfassade in Bonn-Friesdorf. Das ist der Vitruvianische Mensch, der sich auf Ein-Euro-Münzen wieder findet. Leonardo da Vinci hat ihn im Original gezeichnet, um Maß und Proportion zu skizzieren, die der Urvater aller Architekten, Marcus Vitruvius Pollio, kurz genannt „Vitruv“, in seinen zehn Büchern der Architektur beschrieben hat. Sein Spezialgebiet war die Wasserversorgung von Rom, wo er ein System von elf Äquadukten baute. Schön, dass sich die Hausbesitzer – wissentlich oder unwissentlich – an diesen römischen Urvater aller Architekten zurück erinnern.
6. Juni 2016
Nova de la Guancha hatte mich gebeten, einmal täglich ein Landschaftsfoto zu einem bestimmten Oberthema zu posten. Bei dem ersten Foto handelt es sich um kein Landschaftsfoto, bei den übrigen sechs Fotos habe ich den Rhein als Motiv gewählt.
Dies ist nun der Text zu Bild 1:
„Ist das eine Baustelle oder ist das Kunst ?“ … „sind das Pommes oder Churros ?“ … „größenwahnsinnig“ … „Kindergärten, Altenheime, es gibt so viele Einrichtungen, die das Geld besser gebrauchen können …“, das sind die Kommentare, die die Aktuelle Stunde des WDR zu der neuen Skulptur am Bonner Trajektknoten eingesammelt hatte. Es gab aber auch positive Kritik: „Zu solch einem großspurigen Kreisverkehr gehört eine großkotzige Skulptur.“ Es fließt kein Cent Steuergelder in die Skulptur, das betonte die Stiftung Kunst und Kultur, die diese allein finanziert hatte. Die Stiftung Kunst und Kultur sammelt Gelder von Unternehmungen ein, um Kunst und Ausstellungen zu sponsern. Deren Kasse scheint demnach prallvoll zu sein, um sich eine solche babylonische Skulptur leisten zu können. Die Stiftung Kunst und Kultur sammelt Gelder von Unternehmungen ein, um Kunst und Ausstellungen zu sponsern. Gestern hat der Justizminister Heiko Maas die Skulptur offiziell an die Stadt Bonn übergeben. Alleine 100.000 Euro kostet das Fundament, das gibt zu denken. 42 Tonnen Stahl ragen mit einer Krümmung von 89 Grad in die Höhe, das soll das Jahr der deutschen Wiedervereinigung symbolisieren. Der französische Künstler Bernar Venet hat Skulpturen in einer ähnlichen Machart vor dem Schloss Versailles, in Berlin oder auf dem Bundesgartenschau-Gelände in Koblenz entworfen. Es ist wie so oft mit Kunst im öffentlichen Raum: sie ist umstritten, der Betrachter weiß nichts damit anzufangen, das kann aber nicht der Anspruch von Kunst sein. Diesen Dissens werde ich so hinnehmen müssen. Kunst und öffentliche Meinung vertragen sich anscheinend nicht miteinander. Wenn Skulpturen im öffentlichen Raum aufgestellt werden, geschieht dies nicht über basisdemokratische Verfahren, ob das der Bevölkerung gefällt. Also muss ich diese Skulptur demütig über mich ergehen lassen.
7. Juni 2016
Bild 2 von 7:
Diesmal habe ich keinen langen, ausführlichen Text geschrieben. Ein Foto vom Deich am Rhein, dessen Vegetation am Wegesrand zu dieser Jahreszeit ganz schön bunt aussieht. All der Regen, der anderenorts so viel Schäden angerichtet hat, hat der Üppigkeit von Gräsern und Blüten auf dem Damm sehr viel Gutes getan. Die Fahrradfahrt auf dem Damm macht gleich doppelt so viel Spaß.
8. Juni 2016
Es war nicht nur mein Fahrradunfall, sondern es waren gleich mehrere Holprigkeiten und Widerwärtigkeiten, die mich von meinen Rennradtouren abhielten. Zuletzt waren es die Unwetter. Ich schreckte zusammen, als ich mehrere Stellen in Meckenheim, Grafschaft und Wachtberg wieder erkannte, wo die Wassermassen ihr Zerstörungswerk verrichtet hatten. Ganz Meckenheim stand unter Wasser, Brücken wurden in Wachtberg von den Wassermassen weggerissen, Häuser sind einsturzgefährdet. Meckenheim, Grafschaft und Wachtberg zählen zu meinen Standardtouren in Richtung Ahr und Eifel. Also habe ich heute mit gebührendem Respekt das Satellitenbild beobachtet. Die Unwetter waren nach Süden abgezogen, also war der Weg für die Sonne frei und meine Tour konnte beginnen. Eitorf ist stets eine wunderbare Standardtour, die ich endlos wiederholen könnte. Von Bad Honnef aus über diverse Schleifen und Serpentinen durch das Siebengebirge, auf dem Höhenrücken des Westerwaldes über die Dörfer rund um Buchholz, die atemberaubende Abfahrt durch das Tal des Eip-Baches nach Eitorf. Dann Pause an der Imbissbude in Eitorf und zurück über den Siegtalradweg durch Hennef. Wie immer, war die Tour heute wunderbar. Mit all ihrem explodierenden Grün und den Blütenteppichen am Straßenrand hatte die Natur mächtig aufgedreht.
9. Juni 2016
Bild 3 von 7:
Meine Rennradtour nach Eitorf nutzte ich, um am Rheinufer Motive für meinen nächsten Post über den Rhein auszumachen. Ich wählte das Rheinhotel Dreesen als nächstes Motiv, ein wirklich schönes Hotel im Jugendstil. In das Kreuzfeuer der Geschichte geriet das Hotel im Jahr 1934, dessen Jahr Unheilvolles vermuten läßt. Hitler übernachtete höchst persönlich im Hotel, als er sich am 29. Juni 1934 mit Joseph Goebbels und dem SS-Obergruppenführer Sepp Dietrich traf. Der Machtkampf zwischen der SA und der SS war in vollem Gange, welche paramilitärische Einheit die Vorherrschaft haben sollte. Von Bad Godesberg aus entschied Hitler, dass die SA kalt gestellt werden sollte. Es gäbe Beweise, dass der Sturmführer der SA, Ernst Röhm, mit dem französischen Botschafter Francois-Poncet zusammen arbeite. Am nächsten Tag verließ Hitler Bad Godesberg über den Flugplatz Hangelar, dem die generalstabsmäßig geplante Nacht der langen Messer folgte. Am Tegernsee wurde die gesamte Führungsmannschaft der SA ermordet, das waren rund 200 Leute. Dieses Massaker ging als Röhm-Putsch in die Geschichte ein, gesteuert letztlich von Bad Godesberg aus.
10. Juni 2016
Bild 4 von 7:
… ohne allzu viele eigene Gedanken. Das Bild spricht für sich und ist selbst erklärend. Sonnenuntergang über dem Rhein mit dem Blick vom Petersberg herab. Das Band des Rheines wirft die letzten Sonnenstrahlen wie elektrisiert zurück und schlängelt sich in weiten Bögen durch Bonn. Dabei spielt der Fluss mit all seinen Facetten voller Intensität, Stille und Romantik. Das ist einfach wunderschön.
13. Juni 2016
Bild 5 von 7:
Im Vergleich zu anderen Kartografierungen und Vermessungen ließ man sich bei der Rheinkilometrierung Zeit. Die durchgehende Kilometrierung, die den Rheinkilometer Null in Konstanz festschrieb, um dann rheinabwärts die Kilometerangaben in schwarzer Schrift auf weißem Untergrund folgen zu lassen, gibt es erst seit dem 1. April 1939. Davor gab es Kilometrierungen der früheren selbständigen Rheinuferstaaten Baden, Bayern, Hessen und Preußen sowie der Niederlande, die ihr jeweiliges Stromstück unabhängig von einander vermessen hatten, mithin in einer Zeit, als das Deutsche Reich ein reines Phantasiegebilde war. Jede dieser Kilometrierungen begann mit einer Nullmarke an der Landesgrenze und lief von dort stromabwärts. Zwischen 1883 und 1910 wurde zwar die Gesamtlänge des Rheins vermessen, die Rheinkilometermarkierungen wurden aber mangels strategischer Bedeutung nicht angeglichen. So konnte man bis 1939 an der Königswinterer Fährstelle statt ,,645" die Zahl ,,143" abgelesen. Die ersten Landkarten des Rheinlandes, wie wir sie heute kennen, haben übrigens französische Geografen wesentlich früher gezeichnet, das war ab 1794.
13. Juni 2016
Bild 6 von 7:
Wo ist denn hier der Rhein ? Das wird sich so mancher Betrachter fragen. Eine quirlige Geschäftsstraße und verspielte Häuserfronten in der Südstadt lassen nicht einmal den Hauch des Rheins am Bonner Talweg erahnen. Als die Römer siedelten, war dies freilich noch ein klein wenig anders, denn die Römerstraße und das Römerlager hatten festen Boden und eine sichere, erhöhte Lage unter ihren Fundamenten. Das Relikt eines alten Rheinarms, der mit rund 11.000 Jahren eiszeitlich alt war, und der Rhein selbst schufen diesen sicheren Siedlungsort. Der Rheinarm, der bei Mehlem begann und sich quer durch die spätere Südstadt bis nach Endenich, Tannenbusch und Buschdorf schlängelte, hatte in der Römerzeit Feuchtgebiete und eine versumpfte Landschaft hinterlassen, so dass die Römer ihr Lager auf einer Art von Insel erbauten, die Feinde erst einmal erobern mussten. Sumpf und Feuchtgebiete schwanden im Verlauf der Jahrhunderte, doch den Ausbauplänen der Bonner Südstadt ab Mitte des 19. Jahrhunderts bereitete die sumpfige Vergangenheit enorme Schwierigkeiten. Genau am Rande des alten Rheinarms gelegen, musste der Bonner Talweg trocken gelegt werden, aufgeschüttet, höher gelegt und verbreitert werden. Da dies aufwändig war, taten sich die Stadtplaner der Preußischen Rheinprovinz schwer mit der Entscheidung, das Straßennetz im Gebiet des einstigen alten Rheinarms auszubauen. Am 1. Mai 1870 stimmten die Stadtplaner schließlich Zähne knirschend den Ausbauplänen zu. „Der Bauplätze wegen zu dem Opfer entschlossen“, so hieß es in deren Stellungnahme. Die Spuren, die der Rhein hinterlassen hat, sind indes heute vollständig verschwunden.
15. Juni 2016
Bild 7 von 7:
Die Siegmündung bei Hochwasser. Die Wasser ergießen sich bei hohem Pegel, Haupt- und Nebenfluss vereinigen sich, die allumfassenden Wassermassen des Rheins fließen an der Kirchturmspitze in Grau-Rheindorf vorbei. Es könnte Romantik aufkommen, doch diese wird verfälscht durch die Fülle von Rheinwasser, wo das sanfte Spiel der Wellen die Uferflächen überlagert. Im Gegensatz zu Rhein oder Ahr, hat die Sieg nie Inspirationen geliefert für Dichter und Denker. Obschon die Sieg in ihrem Verlauf über Windeck, Eitorf, Blankenberg vor Rassigkeit und Temperament nur so strotzt, hat kein Dichter und Denker die Sieg zu würdigen gewusst. Es war alleine Ernst Moritz Arndt, der die Sieg etwas abfällig betrachtete: „Die Gegend an der Sieg ist überhaupt merkwürdig genug, zuerst durch ihre vortrefflichen Wiesenbewässerungsanstalten, und weil ihre Berge den besten Stahl Deutschlands liefern.“ Die Romantik ist der Sieg somit abhanden gekommen, was dem Foto aber komplett widerspricht.
17. Juni 2016
Andere Menschen glauben, sie müssten uns dauer berieseln. Kein Moment des Stillstands. Sie meinen, wir bräuchten die Reize von ständig daher flimmernden Fernsehbildern. So im Wartezimmer bei der Kieferorthopädin. Neben den ausliegenden Zeitschriften können die Wartenden nun vor ihrer Behandlung auf einen Flachbildschirm schauen. Das Schauspiel auf dem Bildschirm ist höchst monoton, wie von unsichtbarer Hand gelenkt. Eine Modenschau. Models stolzieren in ihren Perfektionsmaßen und ihrer durchgestyleten Kleidung auf und ab, eine große Gruppe von Zuschauern drängt sich bis an ihre vorgezeichneten Laufwege. Die Mechanik ihrer Schritte und Bewegungen ist so identisch, als handele es sich um Roboter. Nichts Natürliches haftet den hübschen Fassaden von Frauengesichtern an. Model muss ein schrecklicher Beruf sein.
18. Juni 2016
Das wechselhafte Wetter und all der Regen haben auch ihre guten Seiten. Gewitterwolken bauschen sich drohend auf, ihre düsteren bis pechschwarzen Wolkenformationen lassen den Platzregen herunter prasseln. Episoden von Ambosswolken und blauem Himmel wechseln einander ab. Drohende Szenarien gehen dann über in überraschende Schönheiten, wenn der peitschende Regen in ein leises Tröpfeln übergeht, weggeschoben von einer großen Lücke blauen Himmels. Regenbogen über Geislar. Der Wind streichelt über Felder von Getreide. Mit einem Mal offenbart das abgezogene Grollen des Donners eine heile Welt voller Harmonie.
19. Juni 2016
Nachbarschaftsstreitigkeiten, Gerichtstermine. Ein vierjähriges Schreikind, das alle Kindergärtnerinnen zur Verzweiflung bringt. Das teure Pflaster New York, wo eine Portion Fritten acht Euro kostet. Fotos unseres kleinen Mädchens auf meinem Smartphone, die die anderen nur im Kindergartenalter kennen gelernt hatten. Gute Restaurants und schlechte Restaurants. Das Essen in Nikos Restaurant schmeckte vorzüglich. Unsere Gespräche kreisten. Schon seit fünf Jahren hatte sich unser VHS-Französisch-Kurs aufgelöst, doch der Geist und die Leidenschaft für die französische Sprache leben seitdem fort, indem wir uns im Halbjahresrhytmus treffen. Das ist wunderbar, dass unsere Gruppe, zufällig zusammen gewürfelt, zusammen hält. Fünf Personen machten vorgestern den harten Kern aus. Eine von uns macht in diesem Jahr Urlaub in der Bretagne. Zwei von uns büffeln weiterhin gemeinsam für die französische Sprache. Ich selbst halte meine Blog-Kontakte zu französischen Bloggern aufrecht. Es ist schön, dass wir neben all den Alltagsthemen, die uns plagen, unsere Kontakte für die Schönheit der französischen Sprache weiterhin pflegen.
20. Juni 2016
Es gibt Wege im Leben, da scheiden sich die Geister. Das ist wie bei einem Wegekreuz bei einer Wanderung: in vier, fünf, sechs unterschiedliche Richtungen zweigt der Weg ab. Jeder geht irgendwo anders hin, die Wege trennen sich, vielleicht auf Nimmerwiedersehen. Die Gruppe der Wandernden wird neu durch mischt, Neues wird sich zusammenfinden. Gestern hatten wir das Abschluss-Grillen der Klasse 4a der Grundschule. Ein wegweisendes Ereignis. Bewegend waren die Abschiedsworte der Klassenlehrerin Alexandra Zimmermann, die, herzlich ihre Mitschüler umarmend, von jedem eine Rose geschenkt bekam, untermalt von einem treffenden Spruch. Die Überreichung der Rosen kam mir vor wie eine umgekehrte Hochzeitsfeier: keine Ehescheidung, aber eine schwierige Loslösung, schließlich stehen drei Wochen Unterricht bis zum Sommerzeugnis noch aus. Eine gelungene Abschlussfeier, die in ihrer Location – einem sorgfältig restaurierten Altbau im Ortskern – es mit den überdachten Sitzgelegenheiten schaffte, den widrigen Wetterverhältnissen mit Regenschauern und zeitweise Platzregen zu trotzen. Danke an die Klassenlehrerin, die es auch in schwierigen Situationen geschafft hat, unser kleines Mädchen zu motivieren. Ich hoffe und gehe davon aus, dass wir positiv der Zukunft unseres kleinen Mädchens in der weiterführenden Schule entgegensehen können.
21. Juni 2016
Eine kleine Gedenktafel erinnert daran, dass an diesem Ort des Untergangs ein Stück Vergangenheit fortlebt. Der Untergang geschah am 18. Oktober 1944, als 129 britische Lancaster-Bomber, aus einem Vorhof der Hölle auftauchend, die Bonner Altstadt in einen Berg aus Schutt und Asche verwandelten. Was den britischen Bombern nicht gelang, das besorgte der Mensch. Während man sich jenseits der Bundesstraße B9 in der Nachkriegszeit viel Mühe gab, Altes wieder herzustellen, wurde das Areal zwischen der B9 und dem Rheinufer, das eigentliche Kerngebiet der Bonner Altstadt, platt gemacht. Die Überreste wurden abgetragen, das Gelände wurde aufgeschüttet um einer besseren Hochwasserlage willen. Der Boeselagerhof, ein barocker Stadtpalast aus der Zeit des Kurfürsten Clemens August, oder die Gertrudiskapelle im romanischen Baustil, hätten gerettet werden können, wenn der Wille da gewesen wäre. Dass in diesem sterilen Areal rund um das Hilton-Hotel und der Oper die Vergangenheit fortlebt, daran erinnern nur noch wenige Zeitzeugen. Bis zur Zerstörung im Oktober 1944 stand auf dem Gelände des Hilton-Hotels das Elternhaus von Johanna Kinkel, das war die Ehefrau von Gottfried Kinkel, der einer der führenden Köpfe der Revolution 1848/49 war. Die Hinweistafel überrascht, weil der Seitentrakt des Hilton-Hotels sie in den Schatten des Gebäudekomplexes stellt, unbemerkt von der stromlinienförmigen Verkehrsführung von Radweg und Durchgangsstraße zum Rheinufer.
22. Juni 2016
Mentale Schwerstarbeit und Erschöpfung. Gestern war die Präsentation der Projektergebnisse im Rahmen der dreieinhalbjährigen Fortbildung meiner Ehefrau. 20 Minuten lang trug das dreiköpfige Projektteam, darunter meine Ehefrau, die Projektergebnisse vor. Rund 20 Zuhörer hörten aufmerksam den Recherchen, der Methodik, den Handlungsempfehlungen und dem Konzept zu, darunter auch die Dozenten, die die drei im Anschluss mit ihren Fragen löcherten. Drei Monate lang hatten die drei das Thema „Optimierung von Beschaffungsprozessen von Verbrauchsartikeln bei der Lebenshilfe Rhein-Sieg e.V.“ beackert. Die Geschäftsleitung hatten die drei mit ihren Analysen neugierig gemacht, was es alles bei den Beschaffungsprozessen im Food-Bereich zu verbessern gab. So manche Samstage, Sonntage und Feiertage hatten die drei sich die Finger wund geschrieben, Denkansätze aufgebaut, wieder verworfen, selektiert, neu zusammen gefasst, Strukturen wieder und wieder überarbeitet, bis das Konzept mit über 40 Seiten fertig war. Zu der Projektpräsentation gehörte auch der Stand der Lebenshilfe Rhein-Sieg e.V., den die drei aufgebaut hatten. Jedermann und jederfrau konnte dort Fragen zum Projekt loswerden. Das Thema erzeugte sogar so viel Interesse, dass ein Reporter des General-Anzeigers auftauchte. Für eine der nächsten Ausgaben machte er ein Foto des Projektteams. So viel Bedeutung. So viel Nervosität vor der Projektpräsentation. Am Ende des Tages waren alle wie plattgewalzt.
24. Juni 2016
Wohin flüchten bei dieser Affenhitze ? Hinein gezwängt in den Talkessel der Köln-Bonner Bucht, ist das freilich schwer. Wälder sind Mangelware, und nach schattigen Flecken muss man suchen. Abkühlung habe ich im Biergarten gesucht. An den Ufern der Sieg, vor der hin- und her pendelnden Fähre, ist die Lage wirklich idyllisch. Doch an eine Biergartenkultur, wie ich sie aus Bayern kenne – oder auch aus Freiburg, wo unsere Tochter studiert – kommt das Rheinland nicht heran. Ich habe es gut ausgehalten, danach habe ich mich selbst wieder dieser Affenhitze übergeben, die wohl nur kurz andauern soll. Heute Morgen sind dann gleich die ersten Regentropfen gefallen.
25. Juni 2016
So etwas hätte ich nie zu denken gewagt. Die Vision eines Europa, das sich wieder in die einzelnen Nationalstaaten auflöst. Erst Großbritannien, dann Frankreich, die Niederlande, Deutschland ? Die Rechtspopulisten freuen sich, und ich war entsetzt, als ich hörte, dass in den Niederlanden etwa 300.000 Stimmen ausreichen, damit Geert Wilders & Co dieselbe Prozedur wie in Großbritannien lostreten könnten. Noch ist es freilich nicht so weit, doch die Visionen eines Europa vor 1939 könnten Konturen erhalten. Ausländerfeindlichkeit, Ausgrenzung von Bevölkerungsgruppierungen, rechte bis rechtsextremistische Bewegungen. Meinungen polarisieren sich. Ein kritisches Denken des gesunden Menschenverstandes ist nicht mehr erwünscht, das zu denken, was in der Mitte liegt. Um möglichst wenige Flüchtlinge aufnehmen zu müssen, schotten sich die Nationalstaaten gegenseitig ab. Es wird aufgegeben, dass sich Europa als Solidargemeinschaft begreift, in der, basierend auf der Anziehungskraft gewachsener Kulturen und eines gemeinsamen Marktes, die Stärkeren die Schwächeren unterstützen. Das Rad der Geschichte Europas zurück zu drehen, so wie es zusammen gewachsen ist, wäre fatal.
25. Juni 2016
Weise Voraussicht. Vorgestern Abend teilte uns die Trainerin die Nachricht mit, dass die Teilnahme der E-Mädchen-Jugendmannschaft an dem Fußballtunier in Köln-Höhenberg nicht zustande kommt, da sich zu wenige Mädchen gemeldet haben. Heute hat es den ganzen Tag über geregnet. Der Regen plätscherte, tröpfelte, schüttete, der Regen ergoss sich in Bindfäden, ununterbrochen. In den frühen Morgenstunden begann der Regen, und bis zu den späten Abendstunden hörte er nicht auf. Unser Regenfass war längst übergelaufen. Von 13 Uhr bis 18 Uhr hätte das Fußballturnier gedauert. Im Dauerregen, hätte dies nur einen stark begrenzten Sinn gemacht.
26. Juni 2016
„ … es sollen allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gerste, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden. Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit dieses Faß Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtig weggenommen werden.“ So lautet das Bayrische Reinheitsgebot, welches zum Georgi-Tag in Ingolstadt anno 1516 der Herzog von Bayern Wilhelm IV. bekannt gegeben hatte. Anknüpfend an das 500-jährige Jubiläum des Reinheitsgebotes, hatte der Getränkemarkt im Supermarkt um die Ecke eine brilliante Idee. Als ich einen Kasten Paulaner-Weizenbier gekauft hatte, gab es ein Jubiläums-Weizenbierglas gratis obendrauf. Mit den Gravuren aus Weizen-Ähren, dem Paulaner-Logo und rankendem Blattwerk sieht die Jubiläums-Edition wirklich toll aus. Aus solch einem Weizenbierglas schmeckt das kostbare Getränk gleich um ein vielfaches leckerer.
27. Juni 2016
Es geschah wie in dem Film „Zoomania“. Der Fuchs und der Polizeihase Hoppsi waren auf Verbrecherjagd, und das Straßenverkehrsamt sollte den Halter eines Fahrzeuges mit einem bestimmten Autokennzeichen ermitteln. Doch an dem Kundenschalter saßen nur Faultiere. Ihre Bewegungen liefen im Zeitlupentempo ab, Silben und Worte zogen sich schier endlos in die Länge. Der Fuchs und der Hase Hoppsi verzweifelten, bis sie nach einer gefühlten Ewigkeit den Namen des KFZ-Halters genannt bekamen. Es sieht so aus, als wären ebenso beim Finanzamt Siegburg lauter Faultiere beschäftigt, zumindest in der Abteilung, die sich mit Widersprüchen befasst. Im Endeffekt ging es um den Steuerbescheid aus Juni 2015, in dem das Finanzamt die vorweg genommenen Werbungskosten meiner Ehefrau Iris Wimmers, resultierend aus der Fachschule für Wirtschaft, nicht anerkannte, da es keine Einkünfteerzielungsabsicht sah. Meine Ehefrau und ich, beide Ü50, fanden diesen Sachverhalt an für sich bereits Alters-diskriminierend. Obschon meine Ehefrau insgesamt sieben Absagen aus Bewerbungen vorlegen konnte, blieb das Finanzamt stur. Die Einkünfteerzielungsabsicht stellte es weiter in Frage, mein Vorgang wurde an die Abteilung für Widersprüche abgegeben, von wo aus ich einen endgültigen Widerspruchsbescheid erhalten sollte. Das war im Juli 2015. Eine Zeitlang hörte ich nichts. Im September 2015 landete meine telefonische Rückfrage in der Widerspruchsabteilung, wo mein Vorgang angekommen war und in Bearbeitung war. Im Dezember 2015, als ich erneut nachfasste, wurde mir ein Widerspruchsbescheid im Januar 2016 in Aussicht gestellt. Doch das Amt der Faultiere vertröstete mich weiter. Im April 2016 war mein Vorgang unverändert in Bearbeitung. Meine Nachfrage im Juni 2016 lieferte dann das überraschende Ergebnis, dass mein Bescheid unterwegs sei. In der letzten Woche war der Widerspruchsbescheid dann, man glaubt es kaum, in der Post. Immerhin akzeptierte das Finanzamt unsere Gründe und erstattete weitere 600 Euro. Solche Bearbeitungszeiten können allerdings nicht der Regelprozess sein. Ich war drauf und dran, mich persönlich beim Amtsvorsteher zu beschweren oder einen Rechtsanwalt einzuschalten. Die Verantwortlichen scheinen in der Tat nicht mehr Herr der Dinge zu sein, was in ihrem Betrieb so alles abläuft.
28. Juni 2016
Gerade die fünfte Rennradtour habe ich mit meinem traumhaft rollenden CANYON-Rennrad gefahren. Zuletzt war das schlechte Wetter Schuld, dass ich entweder keine Lust hatte, mich klatschnass regnen zu lassen oder in irgendein Unwetter hinein zu geraten. Immerhin ging es bei der gestrigen Tour quer durch das Siebengebirge über Niederholtorf, Stieldorf, Thomasberg, Ittenbach, Aegidienberg und Kretzhaus nach Linz. Eine wunderbare Tour, bei der ausnahmsweise das Wetter mitgespielt hatte. Von Linz bis nach Hause bin ich den Rhein entlang gefahren. 75 Kilometer sind zusammen gekommen, und am Ende des Tages habe ich mich über ein kühles Weizenbier gefreut.
29. Juni 2016
Sie sah wie eine typische Tagestouristin aus. Ungläubig verloren sich ihre Blicke zwischen massivem Fachwerkgebälk, in welches eine Mischung aus Rätselraten, Staunen und Entzücken eindrang. Ihre Digitalkamera im Anschlag, steuerte sie ein potenzielles Fotomotiv in der Altstadt von Linz an: ein wirklich hübsches Fachwerkhaus, aus Holzbalken zusammen gezimmert für eine Ewigkeit. „Die moderne Zeit frißt alles auf“ nickte sie bedächtig. „Nichts ist, wie es einmal war“ setzte sie nach, und ihr Ehemann, distanziert neben ihr her trottend, schwieg und widersprach nicht. Einen Moment lang reflektierte ich die beiden Aussagen. Ich hätte nicht widersprechen können, denn es steckte ein Kern von Wahrheit darin. Wieso sind romantische Städtchen wie Linz, Ahrweiler oder Bad Münstereifel eine Insel der Glückseligkeit für Tagestouristen ? Weil die Architektur der Moderne - Wohnarchitektur, Büroarchitektur oder öffentliche Bauten – es kaum schafft, so gebaut zu werden, wie es den Menschen gefällt. Manchmal ist das reine Propaganda: jeder liefert Erfolgsmeldungen ab, jeder hat seinen eigenen Beitrag geleistet, um seine Ziele zu erfüllen, doch in einer ganzheitlichen Betrachtung ist das nicht stimmig. Im Gesamtbild wirkt das Moderne zu oft funktional, optimiert, zweckbestimmt, nüchtern, kalt, abweisend. Das Moderne frißt in der Tat homogene, gewachsene und alte Strukturen auf. Der Tagestouristin kann ich nicht widersprechen.
30. Juni 2016
Wenn ich durch Godesberg spaziere, dann ist der soziale Brennpunkt der Islamisierung schnell unübersehbar. Frauen sind mitunter bis zu den Augen so tief verschleiert, dass ich es als eine Provokation empfinde. Ganz schlimm: selbst Kinder, vielleicht wie unsere kleine Tochter gerade 11 Jahre alt, werden in diesen Zustand der Vollverschleierung hinein gepfercht. Wenn angeprangert wird, dass sich der Islam in Parallelwelten isoliert und es ablehnt, sich zu integrieren, dann hier. Die arabische Schrift ist hier allgegenwärtig. Eigene Obst- und Gemüseläden, eigene Imbisse mit arabischen Schriftzeichen, das belebt noch das Stadtbild. Dann eigene Handyläden, ein eigener Friseur, eigene Kioske, ein eigenes Hotel, sogar eine eigene islamische Kosmetikerin, wobei mich wundert, dass islamische Frauen sich schminken lassen, wenn man es in der Öffentlichkeit hinter ihrem Schleier gar nicht sehen kann. Und eigene Immobilienmakler, davon gleich eine ganze Reihe. Ich habe im Internet nachgeforscht. Es sieht so aus, als würden ganze Straßenzüge von arabischen Immobilienmaklern in der Godesberger Innenstadt vermarktet. Das erklärt wiederum diese Parallelwelten: ganze Straßenzüge haben Neubauten der 1970er Jahre verunstaltet. Nachdem Deutsche diese Wohnungen nicht mehr nachgefragt haben, hat die islamische Welt davon Besitz ergriffen. Die arabischen Makler werben damit, dass unsere Mitbürger aus den islamischen Ländern genau diejenige Infrastruktur finden, die sie brauchen: „Around the flat a lot of shops offering halal food, there are halal restaurants and you will find all you need for the daily necessities.Taxis, Train- and bus-station are easy to reach. Different mosques are also in this area. Move in and feel at home!!!”