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der Domdechantshof in Niederkassel-Mondorf

Um 1900 nannte man sie noch „Verwahrschule“. Die finanziellen Spielräume waren nicht anders als heute, so dass die Frauen – neben dem Vater als Familienvorstand – arbeiten mussten , in Haus, Hof, Garten, Feld oder in einer Fabrik, um einen gewissen Lebensstandard zu wahren. In der Kaiserzeit waren „Verwahrschulen“ oder „Kinderbewahranstalten“ in den sozialen Brennpunkten von Großstädten entstanden, um nicht schulpflichtige Kinder, deren Eltern beide berufstätig waren, vor Verwahrlosung zu schützen. Diese „Verwahrschulen“ übernahmen dann Aufgaben der „Verwahrung und Belehrung“. Im Endeffekt waren diese „Verwahrschulen“ nichts anderes als ein Kindergarten nach heutigem Verständnis, wenngleich nicht so geschliffen mit modernen kinderpädagogischen Theorien.

Das war um 1900, als eine solche „Verwahrschule“ im sogenannten „Domdechantshof“ eingerichtet wurde. Der damalige Bürgermeister von Mondorf, das heute zum Stadtgebiet von Niederkassel gehört, hatte den Domdechantshof verkauft. Offensichtlich gab es Betreuungsbedarfe für nicht schulpflichtige Kinder, denn der Käufer, die Gemeinde Mondorf, richtete dort eine „Verwahrschule“ ein.

Wie der Name besagt, war es das Haus eines Domdechanten, das waren die unmittelbar dem Kölner Erzbischof unterstehenden Geistlichen. Fünf Jahre lang hatte der Graf Karl Aloys von Königsegg-Aulendorf, Neffe des Kölner Erzbischofs Maximilian Franz, 1770 in St. Pantaleon zum Domdechanten geweiht, gespart. Von seinem Ersparten wollte er sich ein repräsentatives Herrenhaus leisten, welches nicht unweit von Rhein liegen sollte. Am 19. März 1787 war es dann soweit: der Kölner Erzbischof legte ein Bau-Berechnungsdokument zum Bau des Domdechanthofes vor, welches sich heute im Kölner Stadtarchiv befindet, ein Jahr später wurde der Domdechantshof fertiggestellt.

In den Folgejahren sollte Graf Karl Aloys von Königsegg-Aulendorf allerdings wenig Spaß mit seinem Domdechantshof haben. 1789 brach die Französische Revolution aus, und 1792 drangen französische Revolutionstruppen in das Rheinland ein. Sie schafften sämtlichen Kirchenbesitz ab, so dass der Erzbischof mit seinen Domdechanten floh. Alleine Graf Karl Aloys von Königsegg-Aulendorf harrte als Domdechant von Mondorf aus und versuchte das zu regeln, was an Amtsgeschäften des Erzbistums Kölns noch geduldet wurde. 1796 starb Graf Karl Aloys von Königsegg-Aulendorf, danach fiel der Domdechantshof durch die Säkularisierung in die Hände des Staates.

Über der Eingangsfront hat sich der Graf dauerhaft verewigt. Über dem Giebelbereich schaut das Wappen heraus. Zwei Löwen tragen einen ovalen, gerauteten Schild und kreuzen den Bischofsstab und die Bischofsmütze, gekrönt mit den Herrschaftsinsignien der Grafenkrone und des Prälatenhutes. Nach 1815 war es erst der Preußische Staat, später waren es Privatleute und die Gemeinde, die Eigentümer wurden. Der Kölner Erzbischof hatte seitdem nichts mehr mit dem Domdechantshof zu tun.

Wappen von Graf Karl Aloys von Königsegg-Aulendorf (Mitte)

Damit ging die mehr als eintausendjährige Herrschaft des Kölner Erzbischofs zu Ende. Urkunden des Kölner Erzbischofs nennen „Munnendorp“, heute Mondorf, erstmals im Jahr 797 als Ansiedlung. Das Kölner Dom-Stift ist laut dieser Urkunde neben dem Zisterzienserkloster Altenberg und dem Kloster Gräfrath (Solingen) Besitzer eines Fronhofs und einer Hofkirche. Eine weitere Urkunde vom 18. Juli 1134 bestätigt, dass in „Muninthorp“ eine „villa“ lag, das war eine Grundherrschaft, bestehend aus mehreren Gutshöfen. Die Grundherren wechselten, um 1060 waren es die Grafen von Saffenburg an der Ahr, später das Kölner Machabäerkloster, noch später das Kölner Stift St. Kunibert, das war um 1224. Ab diesem Zeitpunkt unterstand die Grundherrschaft einem Domdechanten.

Es mag zu den Merkwürdigkeiten der Geschichte gehören, dass es einen Kölner Domhof, ein Kölner Domkapitel und Kölner Domdechanten gab, noch bevor mit dem Bau des Kölner Doms begonnen wurde. Die Institutionalisierung kirchlicher Herrschaftsstrukturen hat mit Aufgaben der Güterverwaltung zu tun, welche die weltlichen Herrscher, also Kaiser, Könige, Grafen, Fürsten, der Kirche übertrug. Der Domdechant war ein „rechter Grundherr von der erden bis an den hymel“, so steht es in den Urkunden. Als Verwalter der „villa“ führte der Domdechant Güterverzeichnisse, indem er etwa jedes Stück Vieh oder jeden Bauern zählte, um sich Klarheit über die Größe des Besitzes zu verschaffen. Vor allem erhob er Abgaben, den sogenannten „Zehnten“, der in Form von Naturalien an den Grundherren abzuliefern war. Dieser „Zehnte“ leitete sich direkt aus dem Alten Testament ab, nämlich aus dem dritten Buch Moses, dass „die Israeliten dem Herrn einen Zehnten vom Ertrag des Landes und den Früchten der Bäume sowie von den Rindern und Schafen geben sollen“. So standen dem Kölner Domkapitel der zehnte Anteil der Ernteerträge zu, dasselbe galt für die Weinlese, die in einer „Zehntbütte“ aufbewahrt wurde. Darüber hinaus standen dem Domdechanten die Fährrechte über den Rhein zu, der „Zehnte“ der „unter dem Eise gefangenen Fische“ und eine „freie Fischerei“.

Der Domdechant hatte allerdings nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Er hatte sich um den Bau und die Instandhaltung der Kirche zu kümmern, er musste Zuchttiere für die Landwirtschaft zur Verfügung stellen und Lehmgruben für den Hausbau.

Foto aus dem Jahr 1929

Das Gelände, welches der Domdechant als kirchlichen Besitz verwaltete, war riesig. Dem Domdechanten stand eine eigene Gerichtsbarkeit zu, so dass ein Pranger und eine Gefängniszelle zum Besitz gehörten. Auf diesem Gelände tagte auch ein Hofgericht, welches ein eigenes Gerichtssiegel führte. Das Foto aus dem Jahr 1929 zeigt schräg gegenüber dem Domdechantshof eine großräumige Zehntscheune, wo der „Zehnte“ gesammelt wurde. Diese Zehntscheune wurde 1967 abgerissen, und dort plazierte sich der Neubau der Raiffeisenbank.

Dieses Schicksal drohte dem Domdechantshof nicht, glücklicherweise. Anstatt dessen wurde dieser in den 1980er Jahren unter Denkmalschutz gestellt und saniert. Mit seinem roten Ziegelstein-Anstrich und den weißen Fensterläden hat sich dieser hübsch heraus geputzt und bildet – abgesehen von der Pfarrkirche – den einzigen Überrest dieser einst umfassenden kirchlichen Besitzungen.

Quelle:

Josef Schnabel: Das Gemeindehaus in Niederkassel-Mondorf - ehemaliger Domdechantshof - wurde 200 Jahre alt; in: Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 1988

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