Tagebuch Mai 2016
2. Mai 2016
erste Rennradtour mit dem CANYON-Rennrad
Endlich ! Nachdem ich vorletzte Woche mein neues CANYON-Rennrad vom Typ Endurace AL 6.0 geliefert bekam, passten heute das Wetter und freie Zeitfenster so zusammen, dass ich eine allererste Tour fahren konnte. Die Strecke wählte ich vorsichtig und nicht zu ambitioniert, da ich seit Oktober letzten Jahres keine einzige Tour mehr gefahren war und nicht unbedingt auf eine gesunde Ernährung geachtet hatte. So wählte ich die Tour durch das Siebengebirge, über die Margarethenhöhe und Ittenbach nach Oberpleis, wieder den Berg hoch nach Pleiserhohn, über Söven nach Hennef wieder in das Tal der Sieg hinunter, zurück über den Siegtalradweg und Troisdorf nach Hause. Weder die 8% Steigung zur Margarethenhöhe konnten mir etwas anhaben noch die Streckenlänge von 50 Kilometern. Ein wirklich geiles Fahrgefühl, noch einiges sanfter und geschmeidiger als auf meinem BULLS-Rennrad. Ich habe gespürt, wie viel High-Tech und technisch hochwertige Komponenten zusammen gewirkt haben. In meinem Rhythmus des Erlebens auf dem Fahrrad bin ich wieder angekommen.
5. Mai 2016
Christi Himmelfahrt
Christi Himmelfahrt, ein Feiertag voller Geschäftstätigkeit. Unser Pastor hatte in der Messe zu Christi Himmelfahrt noch betont, dass die Begrifflichkeit des Himmels in dem Feiertag „Christ Himmelfahrt“ dehnbar ist, wobei jede Menge Horizont und Optimismus und Verbindung zum Vater mit schwingt. Es war so einiges los bei uns. Morgens Messdienen der Tochter. Ich hatte sie begleitet, danach verließ mich die Prozession, weil sich eine Arbeitssession angekündigt hatte. Die Projektgruppe meiner Ehefrau. Es wurde fleißig debattiert über Target Costing, über Datenkonsistenz, über die Planung von Mahlzeiten, über KPIs, alles zu einem eigentlich banalen Thema, nämlich den Lebensmittelausgaben in ausgewählten Behindertenwohnheimen. Derweil durfte ich die Projektgruppe bekochen – die positiven Urteile über meine selbst gemachten Käsespätzle überwogen die negative Urteile. Nachmittags besuchte uns dann unser großes Mädchen: ich holte sie ab am Bonner Hautbahnhof, Ankunftszeit 16:44 Uhr, EC8 nach Hamburg-Altona, und bei uns zu Hause waren wir froh, wieder alle beisammen zu sein.
6. Mai 2016
Rennradtour nach Sinzig
Zweite Tour mit meinem neuen CANYON-Rennrad. Wieder ein himmlisches Fahrgefühl bei einer etwas ambitionierteren Strecke. Die Tour ging nach Sinzig, über Godesberg, Wachtberg-Pech, Grafschaft-Ringen, Bad Neuenahr, kräftiger Anstieg in die Eifel hinein nach Königsfeld, Sinzig, Remagen, über den Rhein-Radweg nach Hause. Obschon ich weniger auf eine gesunde Ernährung geachtet hatte, machte meine Kondition mit. 4 Stunden brauchte ich auf die 80 Kilometer lange Strecke. Auf dem Platz vor der Sinziger St. Peters-Kirche machte ich eine Pause und schüttete ein Weizenbier herunter. In seiner Weitläufigkeit strahlte der Marktplatz eine selige Ruhe aus, ohne Touristen oder Tagesausflüger, denen Sinzig trotz seiner Schönheit einfach zu unbekannt war. Unterstützt durch den Rückenwind, rollte mein CANYON-Rennrad geräuschlos und sanft nach Hause. Erst hinter der Bonner Stadtgrenze wurden meine Beine müde. Zu Hause musste ich erst einmal Massen an Flüssigkeit trinken. Bei dieser Tour gab es ein Novum, nämlich Sonne, Rückenwind und freie Fahrt auf dem Rhein-Radweg. Da von Fahrradfahrern bei schönem Wetter überschwemmt, bereitet der Rhein-Radweg ansonsten wenig Vergnügen. Das war diesmal grundlegend anders. Der Radweg war wie leer gefegt. Die schönen Ausblicke auf das Panorama von Unkel, auf den Rolandsbogen und auf den Drachenfels konnte ich somit ungestört genießen.
9. Mai 2016
PEUGEOT-Rennrad
Ich hoffe, ich verwirre niemanden. Es sind zwei Aktionen, die parallel laufen. Ich habe stets ein gutes und ein schlechteres Rennrad besessen. Eines, um längere Touren zu machen, und ein anderes, um zur hellen Jahreszeit ins Büro zu fahren. Durch den Unfall ist mein besseres Rennrad mehr oder weniger zu Schrott gefahren worden. Der Rahmen hat sich verzogen, mithin sind irgendwelche atemberaubenden Abfahrten durch das Siebengebirge oder durch die Eifel zu riskant. Für solche Zwecke habe ich mir das CANYON-Rennrad gekauft. Ein anderes, schlechteres PEUGEOT-Rennrad hatte ich mir im letzten Herbst zu Schrott gefahren, nicht durch einen Unfall, sondern beim Herunterschalten von einem sehr großen in einen sehr kleinen Gang hat sich der hintere Umwerfer verbogen, er ist quer in das Hinterrad hinein geraten. Um dies zu reparieren, hätten Umwerfer, Kette, Gangschaltung, Hinterrad erneuert werden müssen. Das war mir zu teuer. Seit Herbst letzten Jahres hatte ich meine Fahrten ins Büro mit dem guten, im Februar verunfallten BULLS-Rennrad zurück gelegt. Über www.kalaydo.de habe ich nun ein gebrauchtes, 30 Jahre altes, PEUGEOT-Rennrad erworben. Hat ein paar Rostflecken, sieht ansonsten blendend aus, läuft geschmeidig und prima, hat einhundert Euro gekostet. Mit einem Mal ist das ein anderes, höherwertiges Lebensgefühl, mit dem Fahrrad wieder ins Büro fahren zu können.
12. Mai 2016
Marien-Altar
In der Kirche habe ich gelernt, dass der Maimonat der Marienmonat ist. Ich habe gelernt, dass Heilige eigentlich eine Männer-Domäne. Solche schönen Altäre mit einer Marien-Skulptur versuchen dann, dieses Frauen-Defizit auszugleichen.
14. Mai 2016
Katze an der Hausfassade
Es ist erstaunlich, wie einfach man all diese einfallslosen Hausfassaden, von denen es im Rheinland eine ganze Menge gibt, aufhübschen kann. Mietwohnungen, Mehrfamilienhäuser, die einfach nur in die Höhe schießen und möglichst vielen Bewohnern zu möglichst wenig Geld Platz bieten sollen, gähnen mitunter vor Langeweile. Die Menschen in Wesseling, welches, zusammengequetscht zwischen all der chemischen Industrie, wirklich keine Augenweide ist, haben bewiesen, dass sie mit ihrer Kreativität eine solche Stadt gestalten können. Viel ist nicht dazu nötig. Montiert an einem Geländer, schaut die schwarze Katze mit weißem Kinn die trübe, graue Häuserfront herunter. Fast sieht sie wie echt aus.
15. Mai 2016
ruhiges Pfingsfest
Ruhiges Pfingstfest. Ich hätte es auch lauter haben können. Im Nachbarort regt sich der Kirmesrummel des traditionellen Strandfestes. Einige Freunde, Bekannte, Nachbarn oder sonstwie bekannte Gesichter hätte ich dort treffen können, bis in die Nacht hätte ich feiern können. Ich habe mich zurück gelehnt und habe es ruhig angehen lassen. Eine kurze Stippvisite in die Rheinaue, wo ich ein Stück römischer Geschichte bestaunt habe. Römische Grabsteine säumen einen schmalen Teerweg, umstanden von blühenden Kastanienbäumen. Die herabgefallenen und verblühten Blüten verstreuen sich über den Weg.
18. Mai 2016
Sympathy for the Devil
Da mit dem Fahrrad vom Büro aus erreichbar, habe ich den Tatort des schrecklichen Verbrechens an Niklas P. aufgesucht. Kameraleute von ZDF, n-tv, WDR und RTL waren unterwegs. Vis-a-vis stand ich sogar Konrad Beikircher gegenüber, der gerade interviewt wurde. Ich hörte seine Worte heraus, dass die Hemmschwelle gesunken sei. Verbrechen würden immer brutaler. Am Tatort dachte ich an die Rolling Stones mit ihrem Stück „Sympathy for the Devil“:
"Please allow me to introduce myself I'm a man of wealth and taste I've been around for a long, long year Stole many a man's soul and faith And I was 'round when Jesus Christ Had his moment of doubt and pain Made damn sure that Pilate Washed his hands and sealed his fate."
So beginnt ihr Stück. Im weiteren Verlauf ihres Stückes werden der Zar und John F. Kennedy ermordet, ein General führt in einem Panzer einen Blitzkrieg. Niklas P. muss in der Tat dem Teufel begegnet sein. Die Rolling Stones machen sich einen Spaß daraus, dass man dem Teufel Sympathie entgegenbringen sollte, weil man ihn aus der Welt nicht wegdenken kann. Es sieht so aus, als ob das Böse im Menschen eine Initialzündung erlebt hat.
21. Mai 2016
Angry Birds
Das war ein Wochenende nach dem Geschmack unseres kleinen Mädchens ! Gleich zu zwei Kindergeburtstagen ist sie eingeladen worden. Am Samstag hatte sie eine Klassenkameradin in den Kinofilm „Angry Birds“ eingeladen. Obschon der Filmtiel „böse Vögel“ hieß, hatten sie die Kinder ordentlich zum Lachen gebracht. Passend zum Film, speisten die Kinder anschließend bei Mc Donald’s. Passend zum Film, gab es dort ein Happy Meal der „Angry Birds“. Am Sonntag dann das nächste Kindergeburtstags-Event. Die Kinder trafen sich im Hallenbad. Unser Mädchen schwärmte von der großen Rutsche in dem Spaßbad. Da will sie möglichst schnell wieder hin.
23. Mai 2016
Kessel's Espresso Studio
Angenehme Begegnung in der Mittagspause. Eine Zeugin, die bei meinem Fahrradunfall am 16. Februar am Unfallort war, hatte ihre Visitenkarte hinterlassen. Mehrere Wochen später, hatte ich ihr per E-Mail mitgeteilt, dass es mir soweit gut geht und dass alles viel schlimmer hätte kommen können. Gleichzeitig hatte ich ihr meine Blog-Adresse mitgeteilt mit dem Hinweis, dass sie dort alles nachlesen kann, was mich so umtreibt, auf meinem Fahrrad, zu Fuß, zu Hause, in meiner Freizeit und sonst wo. Genau das hatte sie getan, nämlich meinen Blog durch gelesen. Ihr Ehemann ist Inhaber des Cafés „Kessel’s Espresso Studio“ in der Friedrichstraße. Montags hilft sie ihrem Ehemann, und da sie von meinem Blog so begeistert war, hat sie mich zu einem Capuccino eingeladen. Neben einigen Besorgungen beim Kaufhof habe ich es in der heutigen Mittagspause geschafft, ihre Einladung zum Capuccino anzunehmen. Ein wirklich schön eingerichtetes Café, das in der Mittagspause ganz schön voll war. Den Capuccino habe ich genossen in einer derjenigen Ecken in der Fußgängerzone, die mir weniger bekannt sind.
24. Mai 2016
Helmut Hansen - der Tod eines Facebook-Freundes
Man schreibt gerne, dass Facebook nicht das wahre Leben ist, da virtuell, im Äther des World Wide Web, eine Dauerbeschallung mit Posts, Fotos und unnützen Nachrichten. Ich habe eben nachgezählt: meine Facebook-Freunde umfassen rund 40% persönliche Kontakte und 60% virtuelle Kontakte, von denen ich die meisten Facebook-Freunde wahrscheinlich niemals in meinem Leben persönlich kennen lernen werde. Oft sind es gerade die 60% virtuelle Kontakte, denen ich besonders verbunden bin, weil deren Posts wirklich schön abgefasst sind, weil sie interessante Themen beackern oder die einfach schöne Fotos machen. So berührt es mich ganz besonders, wenn einer meiner Facebook-Freunde verstorben ist, ohne dass ich jemals persönlichen Kontakt mit ihm hatte. Ich hatte bereits all seine Posts, manchmal waren es mehrere pro Tag, vermisst. Gestern hatte ich die Samstags-Ausgabe des General-Anzeigers überflogen, und ich stolperte über eine Todesanzeige: Helmut Hansen, sein Foto hatte sich eingeprägt, befreundet war ich mit seinem Facebook-Synonym „Helu Hansen“, davor nannte er sich „Lui Gängsta“. Bis letzten Sommer hatte er Massen an Fotos geschossen, es muss unglaublich gewesen sein, wieviele Kilometer er in Bonn zurückgelegt hat, um seine Fotos in „Du kommst aus Bonn, wenn … „ zu veröffentlichen. „Den Blickwinkel ändern“, unter dieser Überschrift postete er seine Fotos in ungewöhnlichen Perspektiven, die einem die Augen öffneten. Besonderes Augenmerk schuldete ich seinen älteren Fotografien, die vor dem Zeitpunkt 1988, als ich in die Bonner Gegend gezogen war, entstanden waren. Nun hat er seine letzte Ruhe in einem ganz neuen Blickwinkel gefunden: von oben, vom Himmel aus, in alle Ewigkeit, er ruhe in Frieden.
26. Mai 2016
Anka Zink
Anka Zink, eine Kabarettistin zum Anfassen. In ihrer Vorstellung am 5. April in der Bonner Springmaus hatte sie die Sinnfrage gestellt, ob uns soziale Medien und neue Kommunikationstechnologien in unserem Leben weiter helfen oder ob diese zum Informationsmüll des menschlichen Beziehungsnetzwerkes gehören. Gemäß ihrem Thema „Zink extrem positiv“ war ihre Antwort nicht abwertend, sondern in ihrer Eigenschaft als Kabarettistin antwortete sie zweideutig mit Witz und Humor auf diese Sinnfrage. Sie begab sich sogar hinab in die Niederungen von Befragungen und Tests, wie sie etwa in der Marktforschung gehandhabt werden. Der „WLAN-Sinn“ war genau diese Kenngröße, welche den Entwicklungsstand zu neuen Kommunikationstechnologien beschreiben sollte. Dazu stellte sie sieben Fragen wie zum Beispiel.. „Besitzen Sie in ihrer Wohnung Geräte, von denen Sie nicht wissen, wie man sie ein- und ausschaltet ?“ … Zu diesen Sinnfragen von sozialen Medien und von neuen Kommunikationstechologien hatte sie das Buch „Sexy ist was anderes“ geschrieben. Ihre Vorstellung war brilliant, wobei all ihr Humor zu ganz banalen Dingen zurück sprang wie etwa dem 45. Geburtstag ihrer Schwester. Nach ihrer Vorstellung konnte man ihr Buch „Sexy ist was anderes“ kaufen, und sie saß sogar leibhaftig an der Theke der Bonner Springmaus, um sich mit den Zuschauern zu unterhalten. Wir nutzten die Gelegenheit. Das Buch interessierte uns brennend. Wir kauften es, sie signierte das Buch, wir quasselten mit ihr, wobei sie sich dafür interessierte, ob ihre Pointen bei uns angekommen waren. Eine sehr nette Unterhaltung. Im Sinne von „Zink extrem positiv“ bestätigten wir ihren Auftritt, dass ihre Pointen bei uns als extrem positiv angekommen waren. Etwas zeitversetzt, lese ich nun ihr Buch. „Sexy ist etwas anderes“ ist nicht nur intelligent geschrieben, sondern das Lesegefühl macht mit ihrer persönlichen Widmung gleich doppelten Spaß. Anka Zink, eine Kabarettistin zum Anfassen.
27. Mai 2016
Alia, unsere alte Dame
In die Jahre sei sie gekommen, meinte die Tierärztin. Sechzehn Jahre sind ein beträchtliches Alter. Bei Menschen hätten in einer solchen Alterskategorie die Wehwehchen längst eingesetzt, kleine, große oder auch schlimme. Unsere Katze Alia hatte es am rechten Auge erwischt. Richtig zugeklebt war es, so dass sie es gar nicht öffnen konnte, obschon sie in ihrer üblichen unentschiedenen Art unser Haus durch streifte. An der Haustüre rein, durch unsere Küchentüre und den Wintergarten zum Garten wieder hinaus, dann wieder zurück über den Wintergarten und die Küchentüre hinein in die gute Stube und durch die Haustüre wieder hinaus an die frische Luft. Ließen wir sie nicht herein oder hinaus, dann hagelte es heftige miauende Proteste. Eine perforierte Hornhautentzündung, das diagnostizierte die Tierärztin. Wir gaben Augentropfen, die den perforierten Entzündungsherd sogleich in seine Schranken wiesen. Dem rechten Auge geht es nunmehr deutlich besser. Gleichzeitig nahm sie eine Blutprobe und stellte fest, dass unsere Katze Alia – altersbedingt – an einer starken Schilddrüsenunterfunktion leidet. Die Blutwerte sind um ein fünffaches schlechter als der Normalwert. Zweimal täglich müssen wir ihr nun eine Tablette geben. Das stellt uns vor große Herausforderungen. Wenn wir diese Tablette dem Nassfutter beifügen, macht unsere Katze einen großen Bogen um ihre Fressschale. Irgendwie hat sie übersinnliche Fähigkeiten entwickelt, ihre Tablette als Gefahrensituation wahrzunehmen und dass sie sich möglichst weit davon fernzuhalten hat. Unsere Versuche, die Tablette in ihren Mund hinein zu zwingen, war nicht weniger abenteuerlich, weil ihre Gegenwehr lange von Erfolg gekrönt war. Schaun wir mal, welche Formen die täglichen Kämpfe gegen die Tablette annehmen werden.
28. Mai 2016
Widerwärtigkeiten
Zu viele Widerwärtigkeiten behinderten mich in dieser Woche, um mit meinem Fahrrad ins Büro zu fahren. Montag regnete es den ganzen Tag, Dienstag vormittags. Montag und Dienstag benutzte ich öffentliche Verkehrsmittel. Mittwochs morgens fuhr ich bestens gelaunt auf meinem neu erworbenen alten PEUGEOT-Rennrad durch die Fußgängerzone, als dieses auf dem Hinterrad platt wurde. Ich deponierte es an der U-Bahn-Haltestelle Universität/Markt, und fuhr vom Büro aus gegen 10 Uhr zurück und reparierte es. Leider war ich beim Abtasten des Schlauchs zu ungenau, denn mein Rennrad wurde erneut platt, bevor ich mein Büro erreichte. Später stellte ich fest, dass irgend ein spitzes Metallstück nur schwach im Mantel hing, so dass ich tiefer den Schlauch hätte abtasten müssen. Heute zog ich das spitze Metallstück mit einer Zange aus dem Mantel heraus, doch nun zog eine neue Widerwärtigkeit herauf, um die Rückfahrt mit dem Rennrad nach Hause zu verhindern. Eine Gewitterwolke hatte den Himmel verdüstert, Blitz und Donner grollten, der Regen schüttete. Ich wartete eine halbe Stunde, und dann ging es zurück nach Hause.
29. Mai 2016
PEGIDA und Jerome Boateng
Was so im Netz kursiert. Die EM-Kampagne der Kinderschokolade, die auf ihrer Verpackung die Fußball-Nationalspieler Jerome Boateng und Ilka Gündogan als Kinder zeigt, kommentierte die PEGIDA Baden-Württemberg in Facebook wie folgt: „Vor Nichts wird Halt gemacht. Gibt’s die echt so zu kaufen ? Oder ist das ein Scherz ?“ Dieser Post wurde dann 66 mal geliked und 196 mal geteilt. Immer wieder bin ich schockiert, welches asoziale Niveau Posts, Meinungen und Sichtweisen im Netz erreichen. Niemand macht sich Gedanken darüber, was inhaltlich in diesen Posts steht, und liked diese dann. Dieser fremdenfeindliche Post gegen Jerome Boateng und Ilka Gündogan sorgte für Wirbel: niemand wollte etwas von Ausländerfeindlichkeit wissen, allen voran der PEGIDA-Vorsitzende Lutz Bachmann. Er kenne diese Gruppe in Baden-Württemberg gar nicht. Der Deutsche Fußballbund reagierte genauso empört. Dieser Post ist mittlerweile vom Netz genommen worden. Während meines Einkaufs bei REWE hatte die Verpackung, die ich im Regal entdeckt hatte, einen schalen Beigeschmack. Jerome Boateng, der verdiente Fußballweltmeister von 2014, ein sperriger und wieselflinker Verteidiger, der all seine Angreifer kalt gestellt hatte, als Kind. Armes Deutschland, wie tief bist Du gesunken. Im Netz werden solche rassistischen Meinungen gehört, und sie werden sogar verbreitet, indem diese geliked werden.
30. Mai 2016
Telegrafenberg
Ein Ausflug in die Steinzeit der Telekommunikation. Wenn heute auf Smartphones herum getippt und herum gesimst wird, wenn Nachrichten in Sekundenschnelle durch das Mobilfunknetz gejagt werden und vom Empfänger gelesen werden, dann war das um 1830 noch echte Handarbeit. Buchstabenfolgen, die sich heute automatisch in binären Codes verschlüsseln, mussten damals Buchstabe für Buchstabe mühselig per Hand codiert und wieder decodiert werden. Sind es heute Mobilfunkantennen mit moderner 3G- oder 4G-Übertragungstechnik, so bediente man sich damals mit Balken und Querbalken, die, aufgesetzt auf einen Mast, je nach Positionierung auf einem erhöhten Punkt im Gelände die einzelnen Buchstaben des Alphabets darstellten. Diese Stationen der optischen Telegrafie mussten in Sichtweise auseinander liegen, das waren rund zehn Kilometer, so dass man mit einem Fernrohr die Signale der Nachbarstation noch zweifelsfrei erkennen konnte. Die Preußen bauten eine ganze Telegrafenlinie auf, nämlich von Berlin über das Rheinland nach Koblenz. Immerhin: auf einer Strecke von 270 Kilometern dauerte die Übertragung eines Buchstabens zwei Minuten, das hat man damals gemessen, was auf eine hohe Auffassungsgabe der Telegrafisten schließen läßt. So steht der Telegrafenberg in Troisdorf-Spich vollkommen im Zeichen der optischen Telegrafie. Die Nachbarstationen befanden sich in Köln-Porz-Zündorf und Hennef-Söven, und der Telegrafenberg ragte mit 132 Metern Höhe aus der Wahner Heide heraus. Das Forsthaus Telegraf hat sich als Ausflugsziel mitten im Wald wunderbar heraus geputzt, und den Mast mit Balken und Querbalken für die optische Telegrafie muss man sich dazu denken.
31. Mai 2016
No future
In den 1970er-Jahren war es die No-future-Generation, heute sind es Schreie der Aufmerksamkeit, die in den Kürzeln „NADOP“, „RWS“ oder „INF“ an ausdruckslose Wände geschmiert werden. Überall sind wir umgeben von Zeichen und Symbolen, das hatte die Börsenexpertin Anja Kohl im WDR2-Montalk geäußert, und es ist Ansinnen der menschlichen Wahrnehmung, diese Zeichen und Symbole zu decodieren. Bei der Decodierung der Botschaften „NADOP“, „RWS“ oder „INF“ sehe ich jede Menge Inhaltslosigkeit oder Leere, weil der Glaube fehlt. Geprägt durch das technisch-naturwissenschaftliche Weltbild ist, suchten die Menschen verstärkt ab den1970er-Jahren nach Orientierung, weil der ganzheitliche Überbau im Sinne des „Einen, Wahren, Guten“ nicht mehr existent war, wie es in der Antike etwas Sokrates formuliert hatte. Die Marktwirtschaft lieferte Ersatz, Unterhaltung, Brot und Spiele sowie den Glauben an den perfekten Markt, der Konsumtempel in die Landschaft pflanzte. Als die Arbeitslosigkeit in den 1970er-Jahren besorgniserregend wuchs, lehnten sich die Sex Pistols mit „No future“ gegen die Gesellschaft auf. Die Perspektive von Marktwirtschaft und Konsum hatte ausgedient, anstatt dessen Anarchie und die Aufforderung an die Gesellschaft, Inhaltslosigkeit und Leere mit einer neuen Perspektive auszufüllen.
“Don't be told what you want, you want And don't be told what you need There's no future, no future No future for you”
So setzten sie ihre Gesellschaftskritik an. Sehr viel anders fällt die Gesellschaftkritik heutzutage nicht aus. Weiterhin liefert die Marktwirtschaft Ersatz, Unterhaltung, Brot und Spiele sowie den Glauben an den perfekten Markt, der Konsumtempel in die Landschaft pflanzt. Der einzige Unterschied zu den 1970er-Jahren besteht darin, dass die Einkaufszentren noch größer geworden sind und dass jede unbedeutende Stadt, dessen Name niemand in der Republik kennt, ihr eigenes Einkaufszentrum haben will. Dafür ist auch die Konsumkraft gewachsen, schließlich dümpelt die Arbeitslosigkeit auf einem ziemlich niedrigen Niveau. Der Sachverhalt bleibt: so manche betrachten unsere Konsumgesellschaft perspektivlos. No future bleibt no future, wenngleich auf einem anderen Niveau.