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Wochenrückblick #14/2016

5. April 2016

Ich weiß nicht, wo sie ihren Anfang genommen haben. Man findet solche offenen Bücherschränke nicht nur in Bonn, sondern auch in Troisdorf, Siegburg, Niederkassel, Hennef, Rheinbach, Euskirchen und so weiter. Sie stehen nicht nur im Rheinland, sondern bundesweit von Nord nach Süd, von Ost nach West, von Flensburg bis Kempten im Allgäu, von Cottbus bis Aachen. Jedermann und jederfrau, so wie er/sie möchte, kann dort Bücher mitnehmen oder auch gebrauchte Bücher deponieren. Kostenlos, versteht sich. So manche offenen Bücherschränke umfassen regelrechte Bibliotheken, obschon ich überlegen muss, welche Bücher mich interessieren, wenn ich genau hinein schaue. 80/20 lese ich Sachbücher und Romane. In diesem offenen Bücherschrank ist das Verhältnis genau umgekehrt. Ganz viel Bellestristik, Konsalik, Utta Danella, Hera Lind, Dora Heldt und so weiter, ein bißchen Klassik, Lessing, Fontane, Herder. Ein paar Bildbände. Nüchtern stelle ich fest, dass das Buch des niederländischen Psychologen Frijthof Capra „Das neue Denken“ so ungefähr das einzige Buch ist, welches mich wirklich reizt. Dennoch fasziniert mich diese Idee, an zentralen Stellen in der Stadt die Lust am Lesen auf diese Art und Weise heraus zu stellen. Eine Idee, die möglichst viele Städte übernehmen sollten.

6. April 2016

Nach längerer Pause haben wir es noch einmal in ein Kleinkunsttheater geschafft. In der Springmaus in Bonn-Endenich ist Anka Zink aufgetreten. „Zink extrem positiv“, so nannte sie ihr Programm, dabei sollte „Zink“ auf das englische „think“ anspielen, also denken, nachdenken. Ihre Gedankenspiele trug sie flüssig, nicht allzu kompliziert, bisweilen auch etwas politisierend vor. Treffsicher gelang es ihr, in ihren Gedankenspielen Pointen zu setzen. „Extrem positiv“, damit meinte sie, von den vielen Weltanschauungen und Ereignissen auf der Welt positive Blickwinkel zu gewinnen. Sie arbeitete in Clustern von Themen, so würde ich es betriebswirtschaftlich formulieren, die in sich abgeschlossen waren, nichts mit einander zu tun hatten. Damit verband sie wie ein Netz all ihre Gedankenspiele. Diese Themencluster waren banal und außergewöhnlich zugleich: das war der 45. Geburtstag ihrer Schwester, wo sich jede Menge gewöhnliche und ungewöhnliche Dinge ereigneten, das war ihre Grundsatzfrage, was die NSA, ein Veganer und der FC Bayern München miteinander zu tun haben – nämlich, dass sie alle keinen Humor haben, das war die Brandschutzverordnung, die sich wie ein roter Faden im Alltag durch Gebäude und Großbaustellen zog, oder das Familienpasswort, stellvertretend für die Unterwanderung von Familie und Beziehungen durch neue Medien der Kommunikation. So sprangen ihre Gedanken im Kreis herum und fanden sich kontinuierlich bei diesen Themenclustern wieder. Die Form ihres Vortrags trug intellektuelle Züge, wobei es ihr glänzend gelang, ihre Themen einem breiten Publikum verständlich und mit sehr viel Humor vorzutragen. Ein sehr schöner Abend.

7. April 2016

Ein Plattfuss im ungünstigen Augenblick, obschon solche Augenblicke grundsätzlich ungünstig sind, denn die Zeit, die für andere Dinge vorgesehen war, muss abgeknapst werden. Heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit. Etwas schummrig wurde es unter der Autobahnbrücke, als ich mit meinem Rennrad über einen dickeren Stein holperte. Ich hatte ihn auf der Fahrspur des Radwegs übersehen, denn ich schaue nicht ständig auf den Boden. Eine kurze, ruckartige Bewegung, ich zwang meinen Lenker geradeaus, sicher ging die Fahrt weiter. Doch dann, vielleicht zehn Meter weiter, gab das Hinterrad nach, die hintere Felge schepperte über den Radweg. Plattfuss. Ich ärgerte mich, denn ich hatte weder Flickzeug noch einen Reserveschlauch in meinem Rucksack. Im Oktober letzten Jahres hatte ich meinen letzten Plattfuss, dann kam der Winter, dann der Fahrradunfall, und darüber hatte ich es übersehen, einen neuen Reserveschlauch zu besorgen. Zu meinem Leidwesen hatte ich den Plattfuss mitten in der Walachei, nämlich an der großen Verkehrskreuzung der Autobahnauffahrt Bonn-Beuel-Nord. Keine Haltestelle einer Buslinie in der Nähe, bis Schwarz-Rheindorf und Bonn-Beuel waren mehrere Kilometer zu schieben. Mein Tagesablauf wurde auf den Kopf gestellt: viel zu spät im Büro, ging ich mit halb-fertigen Excel-Tabellen in eine Besprechung. Zeit zum Brötchen-Holen hatte ich nicht, so dass ich den Morgen halb verhungern musste. Mein Rennrad, welches nach meinem Unfall übrigens noch halbwegs fahrtüchtig ist, deponierte ich am Konrad-Adenauer-Platz. Mit der Straßenbahn bin ich dann zur Arbeit und wieder zu meinem Rennrad zurück. Im Fahrradgeschäft habe ich zwei neue Schläuche gekauft, davon einen Reserveschlauch, damit mir vorläufig solch ein Malheur nicht mehr passieren wird. Nach dem Flicken des Plattfusses läuft nun das Rennrad wieder.

8. April 2016

Eine Großveranstaltung steht der Stadt bevor. Im Hofgarten war mir ein Haufen von kleinen Zelten aufgefallen, Stromkabel verliefen wild über den Rasen, rot-weiße Absperrbänder zur Koblenzer Straße. Dahinter ein großes Zelt, welches das Geheimnis lüftete: am kommenden Sonntag wird die halbe Stadt mobilisiert, sportlich ambitioniert geht es zu, Bonn-Marathon. Zur Schulzeit unserer älteren Tochter durfte ich einige Male beim Köln-Marathon und beim Bonn-Marathon zuschauen, als sie ihr Teilstück beim Schülermarathon bewältigte. Das waren bewegende Ereignisse. Ich selbst bin nie einen Halbmarathon mitgelaufen, geschweige denn, einen Marathon. Aber die Volksfeststimmung hat mich mitgerissen, überall Jubel und Bewunderung für die Läufer, die ihre Körper zu Höchstleistungen antrieben, mit sich selbst kämpften und deren strapazierte Gesichter durchhielten bis zum Zieleinlauf. Unbekannterweise, drücke ich den Athleten für den nächsten Sonntag die Daumen, dass sie das bestmögliche aus sich heraus holen !

9. April 2016

Trauriger Rückblick in die Vergangenheit. Vom zweiten bis zum dritten Lebensjahr hatte unser kleines Mädchen eine Kinderbetreuungseinrichtung im Nachbarort, den sogenannten „Mäusetreff“, besucht. Dieser „Mäusetreff“ war auf private Elterninitiative entstanden. Eltern bezahlten Erzieherinnen, ohne dass die Stadtverwaltung Zuschüsse gewährte, so dass die Kosten für die Kinderbetreuung das Niveau von Kindergärten überstiegen. Der „Mäusetreff“ war in den Räumlichkeiten eines Mehrfamilienhauses untergebracht, mit einem langgestreckten Garten, wo ein Schuppen vollgestopft war mit Spielgeräten, dazu Tische, Bänke, Stühle, ein Sandkasten zum Austoben. Nicht an erzieherische Vorgaben gebunden, waren die Erzieherinnen kreativ und gaben sich reichlich Mühe. Die Kinder wurden in einem Zeitfenster von 9 bis 12 Uhr vormittags betreut – danach mussten wir Eltern sie wieder abholen. Als die Kindergärten die Betreuung der Zwei- bis Dreijährigen übernahmen, entfiel die Grundlage für den „Mäusetreff“, der dann um 2012 schloss. In die Räumlichkeiten zog danach ein Anbieter von Torten jeglicher Art ein. Wie ich seit geraumer Zeit festgestellt habe, gibt sich der Hauseigentümer wenig Mühe, die Außenanlagen in einem gepflegten Zustand zu erhalten. Zu Zeiten des „Mäusetreffs“ war der Rasen stets gemäht, die Hecke geschnitten, das Unkraut wurde im Zaum gehalten. Das ist jetzt nicht mehr so. Der Rasen wuchert, die Hecke wuchert, das Efeu wuchert über den gepflasterten Weg, wo wir einst unser schönes Abschlussfest gefeiert hatten. Die Erinnerungen verbleichen und drohen, mit einer solchen Vernachlässigung unterzugehen.

10. April 2016

In der Familie von meiner Seite ist es zur Tradition geworden, große Familienfeiern in der Burg Wegberg zu feiern. Die Geschichte der Burg Wegberg läßt sich bis ins Jahr 1343 zurückverfolgen, als in einer Urkunde der Ritter Johann von Berck erwähnt wurde. Als typisch rheinische Wasserburg diente sie über Jahrhunderte hinweg als repräsentativer Wohnsitz, bewohnt vom Grafengeschlecht der Nesselrodes, welches hauptsächlich im Münsterland beheimatet war. Der links neben dem Herrenhaus liegende Torturm stammt in Teilen noch aus dem 16. Jahrhundert. Den 70. Geburtstag meiner Mutter, den 70. Geburtstag meines Vaters, die Hochzeit meines Bruders sowie die Goldhochzeit meiner Eltern hatten wir in der Burg Wegberg gefeiert. Heute kam das nächste feierliche Ereignis: die Erstkommunion meiner Nichte. In den Räumlichkeiten der Burg finden sich gleich mehrere Restaurantsäle, so dass vielleicht fünf Erstkommunionen parallel gefeiert wurden, ohne dass man sich in die Quere kam. Das Buffet war reichlich, der Goldbarsch schmeckte vorzüglich, und als Nachtisch verspeiste ich eine frisch gebackene Waffel mit heißen Kirschen und Vanilleeis. Wir feierten mit rund zwanzig Personen, und das Wetter spielte mit blauem Himmel und Sonnenschein prächtig mit. Die Kinder konnten sich auf dem weitläufigen Gelände mit einem Spielplatz prächtig austoben. Am späten Nachmittag war die Feier vorbei, als die Gäste nach und nach verschwanden. An diesem Zeitpunkt trennten wir uns von unseren Lieben. Ich gehe davon aus, dass unsere Nichte diesen Tag der Erstkommunion noch lange, sehr lange in ihrem Gedächtnis behalten wird.

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