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der Aachener Frieden von 1748

Es war eine Ehrerweisung, die an große vergangene Zeiten anknüpfen sollte. 1558 war der letzte römische Kaiser deutscher Nation, das war Ferdinand I., mit großem Spektakel in Aachen gekrönt worden. Mit Pomp, Prunk und großem Hofstaat war der Kaiser eingetroffen. Fürsten und Kurfürsten des Reiches hatten parat gestanden, um den Kaiser in den achteckigen Zentralbau zu begleiten. Der Kaiser hatte die Schwuresformel bestätigt, der Kölner Erzbischof hatte ihn gesalbt. Mit Zepter, Reichsapfel und Krone hatte der Kaiser den Dom verlassen. Über Wochen hinweg herrschte Feststimmung in allen Ecken der Stadt. Danach verschob die Habsburger Monarchie das Zentrum ihrer Macht nach Süden: Frankfurt schnappte den Aachenern die prestigeträchtige Krönung weg, und die Stadt Aachen fristete ihr Dasein in einer Randlage des heiligen römischen Reichs deutscher Nation.

Nachdem der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 ganz Mitteleuropa ausgezehrt und auseinandergerissen hatte, sollte die Friedensordnung des Westfälischen Friedens die europäischen Großmächte stabilisieren. Vom Prinzip her gelang dies auch über einen Zeitraum von etwas mehr als einhundert Jahren, wobei die Kräfteverhältnisse zwischen großen europäischen Mächten festgeschrieben wurden und Gleichgewichtsverschiebungen über ein kompliziertes Netzwerk zu begrenzen waren. Im wesentlichen waren es der Eroberungsdrang Frankreichs, die im Westfälischen Frieden geregelte Unabhängigkeit der Niederlande und Erbstreitigkeiten, welche mit den daran hängenden Kriegen das Friedenssystem aus dem Gleichgewicht brachten.

Nachdem die Friedensverhandlungen des Westfälischen Friedens als Kongress gestaltet worden waren, indem die großen europäischen Herrscher und Diplomaten miteinander verhandelten, waren an den nachfolgenden Kriegen oftmals Frankreich, die spanische Niederlande und die Niederlande beteiligt, so dass Aachen räumlich nahe zu den Kriegsparteien lag.

Erstmals wurde 1668 Aachen als Kongressort für Friedensverhandlungen ausgewählt, als im sogenannten Devolutionskrieg Frankreich den südlichen Teil der spanischen Niederlande einkassierte. Danach verhandelten England, die Niederlande und Schweden im Aachener Rathaus. Das Ergebnis des am 2. Mai 1668 verhandelten Ersten Aachener Friedens war, dass Frankreich die eroberten Gebiete in den spanischen Niederlanden wieder zurückgeben musste. Dabei wurde Frankreich zugestanden, dass es mehrere Städte in Hainaut – wie etwa Lille oder Tournai – befestigen durfte.

Es folgten weitere Kriege, die überwiegend Erbfolgekriege waren und in den Friedensschlüssen von Nijmegen (1679), Rijswijk (1697) und Utrecht (1713) beigelegt wurden. Nachdem 1668 auch in Aachen Friedensverhandlungen erfolgreich beendet werden konnten, warb die Stadt aktiv als Kongressort. Schon im Herbst 1696 hatte der Aachener Gesandte Leonhard von Dautzenberg sich in Den Haag bemüht, den Friedenskongress zur Beendigung des Pfälzischen Erbfolgekrieges nach Aachen zu bringen. Dieser Friedenskongress tagte dann in Rijswijk. 1748 war es dann soweit, dass Aachen seine Chance bekam.

Einhundert Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg waren die Zeiten fortgeschritten. Grafen, Fürsten und Könige stellten ihr ureigenes Herrschaftsbedürfnis in das Zentrum, ihre Ansprüche an die Repräsentation stiegen. Absolutistische Herrscher vom Kaliber eines Ludwig XIV. setzten Maßstäbe. Dieses neue Verständnis von Macht führte dazu, dass formale Anforderungen von Protokoll oder Repräsentation beinahe mehr zu beachten waren als die eigentlichen diplomatischen Gespräche. Unterkünfte für Herrscher und Gesandte mussten dementsprechend hergerichtet werden, Räumlichkeiten für die Verhandlungen ebenso. Freizeitaktivitäten mussten organisiert werden – dazu eigneten sich die Aachener Bäder bestens.

Zu beendigen war diesmal der Österreichische Erbfolgekrieg, in den die europäischen Mächte von Spanien bis Russland und von Schweden bis Neapel verwickelt waren. Dabei ging es um die Anerkennung Maria Theresias als Österreichische Thronfolgerin, was Bayern mit Unterstützung von Frankreich und Spanien ablehnte. Darauf bauten sich weitere Konflikte auf zwischen Preußen und Österreich wegen Schlesien oder zwischen Frankreich und England wegen der Kolonien in Amerika.

Als im Spätsommer 1747 die ersten Gerüchte aufkamen, dass Aachen den Zuschlag als Kongressort bekommen sollte, begannen fieberhafte Aktivitäten zur Verschönerung der Stadt und zur Herrichtung der Quartiere für die Diplomaten. Das freute Vermieter und Gastwirte, und im November durfte sich der Stadtrat mit den ersten Beschwerden über überzogene Preisforderungen befassen, so dass der Stadtrat eine eigene Verordnung gegen Mietwucher erließ.

Am 8. Januar 1748 schloss die Stadt Aachen einen Vertrag mit dem Maler Francesco Bernardini zur Ausmalung des großen Rathaussaales. Im März wurde angeordnet, dass mittwochs und samstags vor den Häusern zu kehren sei, und dass man von den Bürgern gutes Benehmen in der Öffentlichkeit, vor allem in den Wirtshäusern, erwarte.

Am 24. April 1748 war es dann soweit: der Troß der hohen europäischen Herren trudelte in Aachen ein, darunter die Gesandten aus aller Herren Länder Europas mit klangvollen Namen aus Spanien (Jaime Masones de Lima y Sotomayor), England (Earl of Sandwich), Genua (Francesco Maria Doria) oder der Niederlande (Baron van Wassenaar) samt Vertreter weiterer Mächte und Fürsten.

Die illustre Gesellschaft amüsierte sich anscheinend hervorragend. Es fanden Festmähler, Bälle und Konzerte im Rathaus statt, Gesandten und Herrscher feierten Geburtstage zusammen, sie picknickten, auf dem Lousberg bewunderten sie ein Feuerwerk, Komödianten traten auf, auf einem Maskenball wurde getanzt.

Es wurde aber auch verhandelt, und zwar in einer ganz anderen Form als bei all den Zerstreuungen und Festivitäten. Der französische Graf Saint-Séverin versuchte seine Gegner zu spalten und wollte mit England gemeinsame Sache machen. Saint-Séverin zog den englischen Gesandten Sandwich auf seine Seite, indem er behauptete, Spanien und Österreich stünden vor dem Abschluss eines Separatfriedens.

Nach gerade einer Woche waren die Friedensverhandlungen vorbei, als ein sogenannter Präliminarfrieden geschlossen wurde, das war ein vorläufiger Frieden, dem das eigentliche Friedensvertragswerk noch folgen sollte. Obschon die Franzosen die Zeitverzögerung nutzten, um Maastricht zu belagern, unterzeichneten alle europäischen Mächte im Nachgang den Präliminarfrieden, wenngleich Österreich nur unter Protest seine Unterschrift leistete.

Mit dem Datum 18. Oktober 1748 ging schließlich der Frieden von Aachen in die Geschichte ein. Dabei wurde das Aachener Rathaus eigens für die Gesandten der fünf beteiligten europäischen Großmächte baulich verändert. Für jeden wurde eine eigene Türe in den Raum gebrochen, damit alle gleichzeitig an den Verhandlungstisch treten konnten, um sich anschließend zur Beratung in die dahinter liegenden Zimmer zurückziehen konnten.

Erneut protestierte Österreich gegen die Friedensbedingungen. Es sollte weitere Wochen dauern, bis der Österreichische Graf Wenzel Anton von Kaunitz so weit beackert war, dass er unterschrieb. Engländer, Franzosen und Niederländer waren sich einig geworden, erobertes Terrain wieder zurück zu geben. Österreich hatte sich diesen Zugeständnissen anzuschließen, indem es Eroberungen in Oberitalien wieder zurück zu geben hatte. Das tat Österreich schließlich zähneknirschend. So kam es an jenem 18. Oktober 1748 zu keiner feierlichen Verkündigung, wie es ansonsten bei Friedensschlüssen üblich war. Er wurde nicht mit Böllerschüssen auf dem Aachener Marktplatz gefeiert, das Friedenswerk wurde ebenso nicht öffentlich verlesen. Anstatt dessen reisten die hohen Herren und Diplomaten sang- und klanglos ab.

Immerhin: im nachhinein sollte die Geschichte lehren, dass der Aachener Frieden von 1748 nicht brüchig war, sondern hielt. Erst mehr als vierzig Jahre später wurden wieder Kriege geführt, das war in den Nachwirren der französischen Revolution, als 1792 Preußen und Franzosen aufeinander losgingen. Als Erinnerung an den Friedensschluss hängen heute noch die Portraits der neun Gesandten im Aachener Rathaus.

Quelle: Michael Römling: Aachen - Geschichte einer Stadt

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