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Elsa Simon - Hexe aus Pützfeld / Ahr

Neid und Mißgunst, Angst und Misstrauen hatten die Ortschaft aufgewühlt. Es wurde kolportiert, geklatscht, getratscht, die Lüge wurde zur Wahrheit erklärt. Nachbarn trauten sich nicht über den Weg. Elsa Simon aus Pützfeld im Ahrtal, in jungen Jahren hatte sie „mit den Knechten in den Buschen umb Unzucht zu betreiben nachzulaufen gepflegt“, so steht es später im Protokoll, um ihren Ruf zerriss sich das Dorf. Ihre Ehe musste eine Dauerkrise gewesen sein. Es roch nach Verrat, der schlechte Ruf eilte der Elsa Simon voraus. Irgend jemand wollte sie loswerden und flüsterte den Hexenkommissaren, die die Kirche ausgesandt hatte, die Information der „mala fama“ zu – das war der schlechte Ruf. Am 17. Juli des Jahres 1649 wurde die Hexenjagd auf Elsa Simon eröffnet, indem sie einen Haftbefehl über sich ergehen lassen musste, der mit der „vox communis“ und „mala fama“, also ihrem schlechten Ruf, begründet war. Vollständig entkleidet und rasiert, damit sie keine Gegenstände der Zauberei hinein schmuggeln konnte, musste sie im Burgverlies der Burg Are in Altenahr der Dinge ausharren, die auf sie zukamen. Anschließend wurde ihr bloßer Körper auf Hexenmale untersucht.

Der Verdacht reichte aus, und vergleichbar mit Betrug, Raub, Totschlag oder Mord in unserer heutigen Zeit, erwartete Elsa Simon denselben zwingenden Automatismus eines Strafprozesses. Jahrhunderte zurück, hatte 1215 das IV. Laterankonzil beschlossen, dass Gottesurteile durch forschendes Nachfragen abgelöst werden sollten. Die Inquisition, abgeleitet aus dem lateinischen Wort „inquirere“ für nachforschen, wurde fortan angewendet auf Andersgläubige und Ketzer. Die Kirche verbog Recht und Gesetz zu ihren Gunsten, und 1486 schrieb der Dominikaner Heinrich Kramer im Hexenhammer seine katholische Hexenlehre nieder. Das erste Strafgesetzbuch des Mittelalters, die „Peinliche Halsgerichtsordnung“ aus dem Jahr 1532, eingeführt vom römisch-deutschen Kaiser Karl V., das durchaus als Fortschritt in der Justiz betrachtet werden kann, war zu durchlässig für die Ideen der Inquisition.

Hexenstuhl im Schloss Bernburg

Nachdem 1507 in Köln die erste Hexe verurteilt wurde, schwappten um 1600 Wellen von Hexenprozessen in das Rheinland hinüber. Inwieweit die Hardliner-Variante des Hexenhammers angewendet wurde, hing stark vom Rechtsempfinden der herrschenden Fürsten ab. Dabei läßt sich eine klare Trennlinie ausmachen: die Fürsten des Herzogtums Kleve-Jülich-Berg waren aufgeklärter, daher wurden Hexen kaum in nennenswertem Umfang verfolgt, anders gestaltete sich die Situation im Erzbistum Köln, welches aus seinen Reihen den Kölner Kurfürsten stellte. So stehen rund 2.000 Hexenprozessen im Erzbistum Köln, das weit bis in die Eifel hinein reichte, rund einhundert Hexenprozesse im viel größeren Gebiet von Kleve-Jülich-Berg gegenüber. Groß war ebenso das Stadt-Land-Gefälle. Während sich die Stadt Köln auf wenige aufsehenerregende Prozesse – wie gegen die Postmeisterin Katharina Henot - beschränkte, loderten in den ländlichen Gebieten von Eifel und Voreifel die Scheiterhaufen das eine ums andere wiederholte Mal. Die Zahlen sind allerdings mit großer Vorsicht zu genießen, da die Quellen sehr rar sind – am zuverlässigsten sind die Einnahmen von Gerichtskosten infolge von Hexenprozessen. Zudem hat die Kirche aktiv daran gearbeitet, die Spuren ihrer dunklen Vergangenheit zu vernichten – das waren Protokolle, Gerichtsakten, Zeugenaussagen.

Es war der Kölner Erzbischof Ferdinand von Wittelsbach (1577-1650), der einen wahren Hexenwahn entfachte. 1607 eröffnete er die Hexenjagd, indem er die Kurkölnische Hexenprozessordnung erließ.

Einige Historiker bezeichnen dieses Werk sogar als „Endlösung der Hexenfrage“. Diese Hexenprozessordnung erlaubte keinerlei Verteidigung der Angeklagten, da Hexerei als „crimen exceptum“, auf Deutsch „Ausnahmeverbrechen“, bewertet wurde. In einer Art von „Checkliste“ wurden Kriterien geprüft, inwieweit es sich um eine Hexe handelte. Die Folter war ausdrücklich vorgesehen, wenn die „peinliche Befragung“ zu keinem Ergebnis führte. Als Katalysator wurden Hexenkommissare eingeführt, denen das Erzbistum Köln die Angelegenheiten der Hexenverfolgung persönlich übertrug, um die Möglichkeiten des Hexenhammers auszuschöpfen.

Als Ursache allen Übels wurde der Teufel identifiziert, dazu wurde die Bibel in den Evangelien des Matthäus, Markus und Lukas zitiert, so Kapitel 4, Vers 1-11 bei Matthäus: „Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ usw.

Theologen und Juristen entwickelten ein theoretisches Gedankenkonstrukt, welches Hexen in pseudo-wissenschaftliche Zusammenhänge einbettete. Diese Hexenlehre besagte, dass sich Hexen mit dem Teufel trafen und eins mit ihm wurden. Neue Hexen rieben sich mit einer Hexensalbe ein, der Teufel nahm sie mit zum Hexentanzplatz, wo sich alle Hexen mit ihren Besen versammelten. Zauberei und Hexsprüche waren ein kleiner Hauch von Bibi Blocksberg-Romantik, wie man sie aus Zeichentrickfilmen kennt.

Gerichtsstätte bei Pützfeld

Quelle: www.aw-wiki.de

Die Wirklichkeit war aber brutal. Der Fragenkatalog, den Elsa Simon über sich ergehen lassen musste, klang zunächst harmlos. Name, Alter, Familienstand, Eltern, Verhältnis zu den anderen Dorfbewohnern. Bohrend wurden die Fragen, welche anderen Hexen, die bereits verbrannt worden waren, sie kannte. Wie das Verhältnis zum Teufel war, wo sie ihm begegnet war, wo sie sich mit den anderen Hexen verschwor. „Der Teufel wäre nitt fleischlich, sondern wie Holz und kalt gewesen“, diese Aussage Elsa Simons steht in den Vernehmungsprotokollen. Da sie weiterhin alle Hexerei abstritt, wurden ihr die Beinschrauben angelegt. Zäh wie sie war, musste sie danach auf den Folterstuhl – und sie gestand: Teufelspakt, Teufelsbuhlschaft, Hexenflug, Hexensabbat und Zauberei. Elsa Simon konnte zwar fliehen von der Burg Are, sie wurde aber wieder gefasst. Am 2. August 1649 wurde das Urteil gesprochen: Elsa Simon wurde zum Tode verurteilt. Dabei erstaunt, dass sie sich sogar für das Urteil bedankte, dass sie von ihrem sündigen Leben erlöst worden sei. Am selben Tag wurde sie auf der Richtstätte bei Pützfeld hingerichtet.

2008 wurde auf der ehemaligen Hochgerichtsstätte des Kurkölnischen Amtes Altenahr „Auf Wolfgraben“ bei Pützfeld auf dem Höhenzug nach Kesseling ein Denkmal eingeweiht, wo gleichzeitig ein Hexentanzplatz vermutet wurde. Ein Gedenkstein symbolisiert die Hinrichtung von Elsa Simon durch einen Scheiterhaufen, einen Galgen und einem Kreuz.

Quelle: Gerhard Knoll: Hexenverfolgung im Kreis Ahrweiler 1500-1660

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