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Carl Schurz - Freiheitskämpfer aus Erftstadt-Liblar

Fragte man ihn nach seiner Heimat, so antwortete er zweideutig auf Lateinisch: "Ubi libertas, ibi patria" – oder auf Deutsch: wo die Freiheit ist, da ist das Vaterland. Schließlich hatte er die weitaus größte Zeit seines Lebens in den USA gelebt, wo er im Gegensatz zu Deutschland etwas bewegen konnte. Sein Drang nach Freiheit und Bürgerrechten hatte sich gegen die rückwärts gewandten Preußischen Herrscher festgerannt, so dass er im Alter von 23 Jahren beschloss, "die Vereinigten Staaten zur bleibenden Heimat zu machen", wie er in seinen Erinnerungen niederschrieb. Dort gründete er eine Zeitung, eine neue demokratische Partei, er verfasste eine Petition zur Abschaffung der Sklaverei. Als Generalmajor nahm er am amerikanischen Bürgerkrieg teil, dessen Ergebnis – zumindest auf dem Papier – 1865 die Abschaffung der Sklaverei war. Seine Karriere brachte es zum Innenminister unter Präsident Abraham Lincoln, und 1913 ehrte ihn das amerikanische Volk so sehr, dass ihm in New York ein Carl-Schurz-Denkmal aufgestellt wurde.

Hierzulande steht auch ein Carl-Schurz-Denkmal, das 1929 anläßlich seines einhundertsten Geburtstages eingeweiht wurde. In seinem Geburtsort Erftstadt-Liblar kennen sicherlich etliche Einheimische seinen Namen, ebenso diverse Historiker und Kenner der 1848er-Revolution, doch abseits solchen Spezialwissens weiß wohl kaum jemand etwas mit dem umtriebigen Rheinländer Carl Schurz (1829-1906) anzufangen.

Carl Schurz, Denkmal in Erftstadt-Liblar; Hintergrund Schloss Gracht

Quelle: Wikipedia

Geboren wurde Carl Schurz auf Schloß Gracht, schräg gegenüber des besagten Denkmals. Auf dieser Wasserburg, gegründet in der Renaissance, eine der umfassendsten Schloßanlagen im Rheinland, verbrachte Carl Schurz seine Kindheit. Zu dieser Zeit musste die Anlage um einiges größer gewesen sein, da der landwirtschaftliche Betrieb weitflächiges Ackerland rund um Liblar bewirtschaftete. Sein Großvater war Burghalf des Schlosses, das war eine Art von Verwalter, seine Mutter war die Tochter des Großvaters, sein Vater war Dorflehrer und hatte demzufolge ein Händchen dafür, wie er seinen vier Kindern die Lust an der Bildung vermitteln konnte.

Davon gab es reichlich in seinem Elternhaus. So beschreibt Carl seinen Großvater in seinen Erinnerungen als einen Meister der Erzählkunst, dem er begeistert zuhörte, wenn er Geschichten aus der Zeit Napoleons erzählte. Kaum zehn Jahre alt geworden, nahm Carl gemeinsam mit seinem älteren Bruder zweimal wöchentlich einen Fußmarsch nach Brühl in Kauf, der anderthalb Stunden dauerte, um Klavier und Latein zu lernen. Schließlich schärften die Debatten in seiner Familie über das, was in der Welt vorging, sein Interesse am politischen Tagesgeschehen. Bei seinem Abitur glänzte er mit seinen Kenntnissen in Altgriechisch. Das sechste Buch von Homers Iliade konnte er komplett auf Altgriechisch rezipieren, die Übersetzung ins Deutsche war ein Kinderspiel für ihn.

Es entsprach genau seinen Neigungen, dass er an der Universität Bonn im Wintersemester 1847/48 sein Studium in den Fächern Philologie und Geschichte aufnahm. Dort kreuzte sich sein Lebensweg mit Gottfried Kinkel, das war sein Professor in Kunst- und Literaturgeschichte. Kinkel, damals 32 Jahre alt, besaß Redekraft, seine Vorträge fesselten Carl Schurz, es entwickelte sich ein inniges Verhältnis.

Die Jahre 1848/49 brachten dann Ereignisse, die die Bonner Studenten eng zusammen schweißte. Im Februar 1848 ging das Volk in Paris auf die Straße. Straßenschlachten und Barrikadenkämpfe nahmen so sehr Überhand, dass der französische König Louis Philippe sich genötigt sah zurückzutreten. In deren Folge griffen Unruhen, Protest und Revolution gegen Monarchien in ganz Europa um sich. So auch in Berlin, wo die Lage im März 1848 unübersichtlich wurde und eskalierte. Einerseits wusste sich der Preußische König Friedrich Wilhelm IV. mit seinen Soldaten nicht anders zu helfen als die Revolution nieder zu knüppeln, die dann mit Schüssen mitten in die Menschenmenge hinein feuerten. Andererseits ritt der König mit einer schwarz-rot-goldenen Schärpe durch die Stadt und verkündete die Einheit und Freiheit Deutschlands.

Fernab von der Hauptstadt, reifte in den Bonner Studenten der Traum von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, allen voran Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit, dazu die Einigkeit eines deutschen Staates in den Farben Schwarz-Rot-Gold. Um Agitation und Rebellion unter das Volk zu bringen, übernahm Gottfried Kinkel die Redaktion der „Bonner Zeitung“, welche sich zu einem Sprachrohr demokratischer Bewegungen entwickelt hatte. Er arbeitete Hand in Hand mit Carl Schurz, der redigierte und Leitartikel schrieb. Seine Botschaften adressierte Schurz eineindeutig an die Preußischen Machthaber in Berlin: „Wenn der König dem Volke seine Rechte nicht geben will, wenn eine monarchistische Regierung nicht in der Lage ist, dem Volke eine gerechte Verfassung zu geben, so muss eben eine Republik die bestehende Monarchie ablösen … „ Dabei entwickelte er ein Redetalent, das noch schlagkräftiger war als das seines Ziehvaters Kinkel. Kurzerhand stellte er sich in den Hörsälen vor die Studenten, predigte Demokratie und Freiheit, vor angespannten und begeisterten Zuhörern.

Nachdem Friedrich Wilhelm IV. die Paulskirchen-Wahl zum "Kaiser der Deutschen" im April 1849 endgültig abgelehnt hatte und der Traum eines deutschen Staates in den Farben Schwarz-Rot-Gold geplatzt war, organisierten Schurz und Kinkel Widerstand, um die erste deutsche Verfassung doch noch auf den Weg zu bringen. Um die Preußische Staatskasse zu füllen, sollten die Bauern eine Schlacht- und Mahlsteuer zahlen. Zöllner waren ausgeschwärmt, um die Steuern einzutreiben. Kinkel und Schurz solidarisierten sich mit den Bauern, sie zogen durch die Stadt und protestierten, worauf Lärm, Parolen und Schmährufe die Zöllner aus der Stadt vertrieben. Das spornte die Studenten zu höherem Aufruhr an.

Einhundertzwanzig Studenten hatte Kinkel im Mai 1849 zusammen getrommelt. Das Zeughaus in Siegburg, bis unter die Dachkante vollgestopft mit Munition und Waffen, ein Sinnbild Preußischer Aufrüstung, sollte gestürmt werden. Schurz hatte im Schutz der Nacht Boote organisiert, um den Rhein zu überqueren. Mit Musketen bewaffnet, stieß der Aufmarsch auf Siegburg zu, der aber bei Hangelar kläglich scheiterte: der Plan war verraten worden, eine Kompanie der in Bonn stationierten Dragoner umzingelte den Haufen von Studenten, die augenblicklich wegrannten und sich in Wald, Feld, Sträuchern und Gebüsch verkrochen.

Carl Schurz als Innenminister der USA, 1877

Quelle Wikipedia

Schurz war zu tiefst enttäuscht angesichts von fehlender Ordnung, Disziplin und Durchhaltevermögen. Er kehrte der Stadt Bonn den Rücken zu. Er wanderte rheinaufwärts, in die Pfalz und nach Baden, wo er, Frankreich zugewandt, günstigere Rahmenbedingungen für eine Revolution sah.

Allerdings war er dort vor dem Zugriff der Preußen nicht sicher, denn er wurde im Juli 1849 in der Festung Rastatt verhaftet. Durch einen Abwasserkanal, in dem er sich vier Tage lang versteckte, konnte er über den Rhein in das benachbarte Elsass fliehen. Das gleiche Schicksal ereilte Gottfried Kinkel, den die Preußen in das Spandauer Zuchthaus einkerkerten. Nach seiner eigenen Flucht reiste Schurz inkognito mit anderem Aussehen und unter anderem Namen nach Spandau, um seinen Professor in einer ähnlich halsbrecherischen Aktion zu befreien. Zwanzig Meter Höhe waren es, die Kinkel über ein Seil vom Dach des Zuchthauses in die Tiefen hinabstieg, nachdem Kisten von Wein Wirkung zeigten und die Wachen eingeschläfert hatten. Schurz und Kinkel flüchteten gemeinsam nach Schottland, wo sich ihre Wege wieder trennten. Danach lebte Schurz zwei Jahre lang in England und Frankreich, im Juli 1852 heiratete er eine Engländerin, mit der er anschließend nach Amerika auswanderte.

Als Schurz 1868 seine erste Reise, nachdem er ausgewandert war, in das Deutsche Reich wagte, stand er kurz davor, zum Senator im Weißen Haus ernannt zu werden. Als Alt-Achtundvierziger brauchte er somit nichts zu befürchten. Der Eiserne Kanzler höchst persönlich, also Bismarck, hatte ihn eingeladen. Hemdsärmelig, wie die beiden Männer waren, verstanden sie sich auf Anhieb. Schurz beschrieb Bismarck genau so, wie Schurz in seinen Reden auftrat: „Die sprühende Lebhaftigkeit seiner dann und wann mit französischen oder englischen Sätzen vermischten Rede, die Geistesblitze, die den Gegenstand seiner Betrachtungen umspielten und hinter all dem jene gewaltige Persönlichkeit, die Verkörperung einer mehr als königlichen Macht, ein wahrer Atlas, der auf seinen Schultern das Geschick eines ganzen Volkes trug: das alles war unbeschreiblich."

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