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der Römerkanal von Meckenheim-Lüftelberg nach Swisttal-Buschhoven

Er war ein Allroundgenie, auf römischen Großbaustellen war er nicht wegzudenken. Markus Vitruvius Pollio, seine Kurzbezeichnung war „vitruv“, baute unter Kaiser Augustus Tempel, Festungen, Wohnhäuser, Thermen, Amphiheater, Siegessäulen, kurzum, so manches große und ewig währende, das Rom zu einem Weltreich gemacht hatte. Dazu gehörten auch Wasserleitungen. Mit Fug und Recht konnte er sich als einer der ersten Bauingenieure bezeichnen, obschon es noch mehr als tausend Jahre dauern sollte, bis Universitäten die ersten Bauingenieure hervorbrachten. Vitruv klaubte alles Wissen seiner Zeit über die Architektur zusammen, allen voran über den griechischen Tempelbau. In den Schriften eines Hermogenes oder Aratos von Soloi studierte er die geometrischen Grundformen, die Gliederung von Bauwerken, die Gestaltung von Räumen und die Ornamentik von Verzierungen. Im gesetzten Alter schrieb er sein geballtes Wissen zu all seinen Bauwerken nieder. Sein zehnbändiges Werk „De architektura libri decem“ ist das einzige vollständig erhaltene Werk der Architektur aus der Antike.

Römerkanal - Brückenpfeiler und Hinweistafel in Meckenheim-Lüftelberg

Bei der Besiedlung brachten die Römer all ihre Segnungen der Zivilisation ins Rheinland. Im Jahr 50 nach Christus schaffte es Agrippina die Jüngere, dass ihr Ehemann, der römische Kaiser Claudius, das Oppidum Ubiorum den Rang einer „Colonia Claudia Ara Agrippinensium“ verlieh – oder in römischen Großbuchstaben CCAA. „Colonia“ bedeutete Hauptstadt, benannt nach der Ehefrau des römischen Kaisers, und so wurde das spätere Köln zur Hauptstadt Niedergermaniens.

Der know-how-transfer der Ingenieursbaukunst ins Rheinland gelang perfekt, so dass so manches große und ewig währende, was in Rom gebaut wurde, kurzerhand ins Rheinland kopiert wurde. Neben Tempel, Festungen, Thermen, Wohnhäusern und Straßen waren es auch Wasserleitungen. Nicht anders als heute, standen die Einwohner der CCAA den Dingen skeptisch gegenüber. Den Rhein als Trinkwasser nutzen ? Da stieß die römische Ingenieurskunst in nie für möglich gehaltene Größenordnungen vor. Luftlinie rund 60 Kilometer von der Hauptstadt Niedergermaniens entfernt, bediente man sich frischen Quellwassers aus der Eifel, genauer gesagt, aus der Nähe von Nettersheim.

Die römischen Baumeister bauten so, wie Vitruv es in seinem Werk beschrieb: sie brannten Ziegel, mischten Zement mit Sand, „der gut knirschen musste, wenn man ihn in der Hand reibt“. „Opus caementium“ nannte Vitruv dieses Mauerwerk. Dass das Quellwasser über die teils offene, meist aber geschlossene Wasserleitung den Berg hinunterlief, erledigte sich auf dem ersten Teilstück von selbst. Das Tal der Urft bot ausreichend Gefälle, genauso die auslaufenden Hänge der Eifel auf der Höhe von Euskirchen.

Meckenheim-Lüftelberg - Kapelle in der Kirche St. Lüftildis

Das änderte sich ab Rheinbach gravierend. Erst musste die Wasserleitung ins Tal der Swist hinab folgen, dahinter krümmte sich der Höhenrücken des Kottenforstes mit einem Höhenunterschied von sechzig Meter gegen das notwendige Gefälle. Wasser einen Berg hinab fließen ? Wie war das möglich ? Die römischen Wasserleitungsbauer machten das vom Prinzip her genauso wie die Bauherren der ICE-Strecke Köln-Frankfurt. Ein ebener und platter Verlauf der Trasse, Brückenpfeiler wuchsen in die Höhe, durch Berge wurden Tunnel gegraben.

Meckenheim-Lüftelberg. Die spröden Formen eines Industriegebietes wuchern in die Peripherie hinein. Fassaden aus Wellblech beherbergen eine Druckerei, Lagerhallen ufern aus, ein Holzhandel grenzt an den Waldrand. Dort, wo die Umgehungsstraße die Identitätslosigkeit von Fabrikbauten umkurvt, gelange ich auf die Spuren römischer Ingenieursbaukunst. In diesem Niemandsland verläuft der Römerkanal-Wanderweg in den Zwischenwelten von Verstädterung und ländlicher Unberührtheit. Hinter Rheinbach mussten die römischen Wasserleitungsbauer ihr ganzes Können zeigen. Den Bachlauf der Swist zu Füßen, ging es ab diesem Punkt wieder bergauf. Die Trasse der Wasserleitung musste möglichst weit oben verlaufen. Also bauten die Römer eine Aquäduktbrücke, die 1,4 Kilometer lang war, 11 Meter hoch und 300 Aquäduktbögen zählte. Also ein Brückenbauwerk mit immensen Ausmaßen. Dabei drehte die Wasserleitung eine Schleife, ab Rheinbach über insgesamt 20 Kilometer, hinein in den Kottenforst, um auf gleicher Ebene zu bleiben. Diese Station des Römerkanal-Wanderweges markiert die östlichste Ausgreifung. Wenn die Pfarrkirche St. Lüftildis in Lüftelberg offen gestanden hätte, hätte ich ein weiteres Relikt aus der Römerzeit bewundern können: das Grab der hl. Lüfthildis deckte lange Zeit eine Kalksinterplatte aus der römischen Eifelwasserleitung ab, die mittlerweile in eine Seitenkapelle ausgelagert wurde.

Berghang des Kottenforstes: über diese Anhöhe musste das Wasser durch den Römerkanal hinunterfließen

Schwer vorstellbar, wie die römische Ingenieursbaukunst ohne heutige Standards der Kartografie, der Vermessung oder der Höhendarstellungen klar gekommen ist. Vitruv schöpfte sein geometrisches Wissen aus der griechischen Philosophie, das waren die Lehrsätze von Platon und Pythagoras, die Mathematik des Archimedes, dazu die Erkenntnisse des Eratosthenes und Archytas zur Vermessungslehre. Die Grundlagen in Mathematik, Physik und Statik mögen dürftig erscheinen, aber wie die Geschichte bewiesen hat, hat es gereicht für eine Meisterleistung.

Ab Swisttal-Buschhoven gingen die römischen Ingenieure dazu über, ihre Wasserleitung in die Erde zu buddeln. Da in den Tiefen des Erdreichs eingebuddelt, zeigt sich in Swisttal-Buschhoven der Römerkanal nur an wenigen exponierten Stellen. Unschwer zu erahnen ist dies an der Gaststätte „Zum Römerkanal“, die nicht lügen darf und somit den Römerkanal in ihrer Nähe haben muss. Dem ist auch so, denn im Biergarten der Kneipe befindet sich ein Revisionsschacht zu der unterirdischen Wasserleitung. Der Revisionsschacht sticht tief in das Erdreich hinein, denn irgendwann könnte womöglich etwas verstopft sein, und so musste die Wasserleitung – wie bei den heutigen Kanalnetzen – begehbar sein. Dort hat die Leitung ein minimales Gefälle von 0,12%, was immer noch ein Indiz für die bewundernswerte Ingenieurleistung ist.

Swisttal-Buschhoven - Gasthof zum Römerkanal und Römerbrücke

Den zweiten Punkt, wo sich die Wasserleitung an die Erdoberfläche getraut hat, konnte ich nicht finden. Bereits 1937 wurde die Umgehungsstraße um Buschhoven gebaut, das ist die heutige Bundesstraße B56. Bei den Erdarbeiten stieß man auf zwei Teilstücke des Römerkanals, die man seiner Zeit in die Böschung der Umgehungsstraße einließ. Für Fahrradfahrer ist die Umgehungsstraße verboten, und auch von der Römerbrücke über die Umgehungsstraße konnte ich keine der beiden Teilstücke innerhalb der zugewachsenen Böschung erspähen. Tief eingegraben, setzt sich der Römerkanal in der Richtung des Kottenforstes fort, bis hin nach Köln beziehungsweise der Römerstadt Claudia Colonia Ara Agrippinensum. Dabei ist ein weiteres Rätsel, wie die Römer es geschafft haben, dieses Wurzelwerk von Bäumen freizugraben. Sie müssen von der Seite gegraben haben und den Tunnel regelrecht wie in einer Röhre durchstoßen haben.

Den Römern ist übrigens auch die Wortschöpfung des Ingenieurs zu verdanken. „Ingenius“ ist eine der prägenden Begriffe in Vitruv’s Werk „De architektura libri decem“. Weil Naturwissenschaften in der Antike noch gar nicht existierten beziehungsweise sich in philosophischen Schriften wieder fanden, reicherte Vitruv sein Werk über die Architektur mit hiesigen römischen Schriften an, so mit Ciceros Schriften über die Redekunst. Ciceros Zitate packte er in seine Schriften über die Architektur hinein. Der Mensch kann vieles, so dass vieles der Mühe Wert gewesen wäre, so formte Cicero sein Menschenbild. Dabei sah er den Menschen als „ingenius“, was so viel bedeutete wie „produktiver Geist“, „Verstand“ und „geistreicher Mensch“. Aus diesem produktiven Geist sind später Ingenieure geworden. Diesen waren die Römer um Jahrtausende voraus.

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