die Burgen Kempenich und Eltz - was sie miteinander verbindet
Die Spuren verwischen sich, wenn man nach genauen Beschreibungen der Burg Kempenich sucht, sie verwischen sich, wenn man sich die Größe der einstigen Anlage vorstellen will, sie verwischen sich nach 1420, als Simon, der letzte Graf von Kempenich, starb. Bis dahin haben Chronisten die Burganlage so beschrieben, wie man sich gemeinhin Burgen im Mittelalter vorstellt: mit starken Mauern, Türmen zur Verteidigung, zwei Wassergräben, Zugbrücken und vierfachen Toren, so dass die Burg auf der Höhenlage der Eifel, westlich davon die Nürburg und östlich davon Olbrück, Teil eines schwer einnehmbaren Burgensystems war.
Forsthaus Kempenich, bis zum 18. Jahrhundert Burg Quelle: www.kempenich.de
So wie die Erbfolge, reißen die Beschreibungen der Burg nach dem 15. Jahrhundert ab. Danach beschränken sich diese auf einen Anbau, eine Kapelle, eine Wendetreppe und nichts darüber hinaus. Erstmals 1093 erwähnt, brachte die Burg ein eigenes Grafengeschlecht von Kempenich hervor. Sie überstanden Kriege, indem sie sich mit den Burgherren von Nürburg, Neuenahr und Olbrück zusammentaten. Doch nach dem Jahr 1420 war nichts mehr, wie es vorher war. Ein männlicher Erbfolger fehlte, ein Ereignis, das an anderen Stellen auf der historischen Landkarte Kriege über Jahrzehnte hinweg entfachen konnte. Die Erbfolge bestimmten nun die Eheschließungen der Töchter: so fiel die Burg an die Herren von Schöneck, das war ein Adelsgeschlecht, welches Besitzungen in der Eifel, im Hunsrück und in Rheinhessen angehäuft hatte. Danach verwischen sich die Spuren. Mal wurde die Burg an das Erzbistum Trier verpfändet, mal an das Erzbistum Mainz. 1689 zerstörten Truppen des Sonnenkönigs Ludwig XIV. die Burg.
Burg Eltz, Quelle: http://dobermann-wandern.blogspot.de
Als 1732 Philipp Karl von Eltz zum Mainzer Erzbischof gewählt wurde, erneuerte sich das strategische Machtgebilde von Rheinhessen über den Hunsrück bis in die Eifel. Die Burg Kempenich wurde wieder aufgebaut und markierte den Nordrand des Mainzer Einflussgebietes. Anknüpfend an alte Herrschaftslinien, nannte sich der Mainzer Erzbischof, der gleichzeitig Kurfürst war, Philipp Karl von Eltz-Kempenich. Dabei führen die Spuren der Macht zur Burg Eltz, die im Zentrum dieses Herrschaftsgebietes stand.
Nie zerstört, tief eingegraben im Tal des Eltzbaches, thronend auf einem Felskopf, zählt Burg Eltz zu den schönsten und von Touristen am häufigsten besuchten Burgen in Deutschland. Es werden so viel Touristen durch die Burg hindurch geschleust, dass in Spitzenzeiten alle sechs Minuten eine Führung startet. Das Burgenerlebnis in Burg Eltz ist unvergesslich, da die Burgenromantik ihren Reinzustand aus dem Mittelalter konserviert hat. So präsentiert eine Führung durch Schlafgemächer, Rittersaal, Speiseraum, Waffenkabinett und vieles mehr einen großen Teil der insgesamt 80 Räume. Ja, der Besucher staunt nicht schlecht, dass die Burgherren auch an ein gewisses Örtchen gedacht haben, welches sich hinter einer beichtstuhlartigen Verkleidung verbirgt.
Burg Eltz, Quelle: http://dobermann-wandern.blogspot.de
In meiner Erinnerung ist eine Vielzahl von Sprüchen hängen geblieben, die der Führer aus seinem Nähkästchen erzählt hatte. Unter dem Schutz einer Narrenmaske an der Balkendecke konnte jedermann seine Meinung äußern – das war die Narrenfreiheit. Hinter dem Rahmen über der Bettkante hatten die Menschen Erspartes versteckt – so entstand die Redensart „auf die hohe Kante legen“. Das Schießpulver in den ersten Kanonen enthielt neben Salpeter auch Kuhmist – so dass der Feind weit im voraus „die Lunte roch“.
Mit den bis zu zehn Stockwerken hohen Wohntürmen stößt die Burg Eltz, die 1157 in einer Schenkungsurkunde erstmals erwähnt ist, regelrecht in den Himmel und erinnert fast an die Hochhausarchitektur, wie man sie in Manhattan oder in Frankfurt am Main vorfindet. Wenn man von außen genau hinschaut, dann teilt sich die mit Türmen und Türmchen bespickte Fassade in genau drei Bauteile auf: so wie das Erbe geteilt wurde, so wurden drei separate Wohntürme hoch gezogen. Das war im Jahr 1268, als das Konstrukt einer Erbengemeinschaft die Burg aufteilte, auch genannt Ganerbenburg, was die übliche Erbfolge vom Vater an den ältesten Sohn auf den Kopf stellte.
Burg Eltz, Quelle: http://dobermann-wandern.blogspot.de
Nun nahm die Schicksalsgemeinschaft ihren Lauf. Elias von Eltz ehelichte seine Gattin von der Burg Kempenich, dadurch entstand die neue Herrschaftslinie Eltz-Kempenich. Die beiden anderen Brüder ereilte das Eheglück genauso. Drei Erben, drei Ehefrauen, drei Wohntürme: so wuchsen Burg und Festung über drei Familien in die Höhe, wobei sich die Verbindung Eltz-Kempenich in demjenigen Wohnturm verewigt hat, der auch „Eltz vom goldenen Löwen“ genannt wird.
Die Burg Kempenich wurde indes im 18. Jahrhundert wieder belebt. Das war aber nur für kurze Zeit. Philipp Karl von Eltz-Kempenich, der Mainzer Erzbischof, stand direkt hinter dem deutschen Kaiser Karl VI., der wiederum Habsburger war. Mit dem Österreichischen Erbfolgekrieg veränderte sich die politische Großwetterlage. Die Konstellationen der Macht verschoben sich zum Haus Wittelsbach, das den nachfolgenden deutschen Kaiser stellte. Nach Bayern zentriert, wurde die Achse der Macht von Rheinhessen zum Nordrand der Eifel nicht mehr gebraucht. 1777 verließen die Eltz-Kempenicher aus Rheinhessen die Burg. Burg Kempenich verfiel zusehends und wurde 1822 in ein Forsthaus umgebaut, so unscheinbar am Ortsrand von Kempenich, wie man es heute noch verfindet, versunken im Schlaf der Eifel.